Sonntag, 28. Januar 2024

KW 4, 2024: Die luserlounge selekiert

Quelle: svgsilh.com
(Sb/ms) Hallo, ich bin Teil der schweigenden Mehrheit. Ja, es ist die bequemste aller Rollen. Es so einfach, sich hier schreibend eine Meinung zu bilden und sie dann mit einem Klick zu veröffentlichen. Doch in meinem Alltag sieht das oft ganz anders aus. Da mache ich selten den Mund auf. Egal wann. Wenn Menschen schlecht über andere reden, bin ich still und rege mich danach mit anderen Stillen über die Lauten auf. In anderen Fällen ganz ähnlich. Dass es falsch ist, weiß ich auch. Ich habe Angst vor der Auseinandersetzung, vor der Konfrontation, davor für meine Werte und Überzeugungen einzutreten. Es ist doch so viel bequemer, sich danach auszukotzen. Aber es ändert sich halt nichts. Gar nichts. Oder noch viel schlimmer: Die Lauten bekommen durch mein Leisesein ja Recht. Das ist regelmäßig Thema im Privaten. Das muss sich nun ändern. Zum Einen bestärkte mich Den Revolver Entsichern beim Kettcar-Konzert zu Jahresbeginn stark! Zum Anderen beflügeln mich die Leute, die gerade Demonstration für das Gute organisieren, für ein friedliches Zusammenleben für alle! Punkt! Und dann sind wir los am Sonntag, auf nach Bremen und es waren so viele Leute da. Ich war so gerührt von dieser Menge an guten Menschen! Wir sind so viele. So viele freundliche, liebe Leute, die ganz entspannt auf die Straße gingen und einen großen gemeinsamen Nenner haben. Das hat mir viel Mut gemacht. Ich will nicht mehr Teil der schweigenden Mehrheit sein. Sicher wird es mir nicht immer gelingen, doch dieser Auftakt tat gut! Und ich bin zuversichtlich, dass dieses Zeichen lange anhalten wird! Anhalten muss!

Sofia Portanet
(Ms) Welches Jahrzehnt feiert in welchem Kreis gerade eigentlich Revue? Die 90er in der Mode und die 80er in der Musik, oder? Die 30er werden politisch ja gerade hoffentlich in die Ferne demonstriert! Heute habe ich mitbekommen, dass Kinder wieder Macarena tanzen. Uff!
Bei aller Skepsis finde ich das Aufgreifen der 80er in der Musik ziemlich geil! Diese satten, frequenzstarken Bässe und verspielten Synthies-Sounds. Sie haben damals schon so gut funktioniert und tun es ja gerade offensichtlich wieder. Never change a winning team. Sofia Portanet macht da auch gerne mit und Paralysed ist nicht der erste ihrer Track, der sehr 80er ist. Diese Nummer hat zwar nicht so viel Drive wie manch anderes Stück der Musikerin, doch es nimmt mich auf herrlich unterschwellige Weise mit. Auf ihr neues Album Chasing Dreams (VÖ 5. April) freue ich mich schon sehr und kann mir gut vorstellen, dass es lange leuchten wird!


König Boris
(Ms) So unendlich froh, dass sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet haben! So, so froh! Dass König Boris eine eigene Platte rausbringt, finde ich irgendwie gut. Da kam aber schnell die Erinnerung an das Projekt Der König Tanzt und da geht es mir immer noch eiskalt den Rücken runter, weil schlimm.
Das hier - so viel sei gesagt - ist ganz, ganz groß! Und das auf so vielen Ebenen. Zum Einen betritt er keine ausgetretenen Brot-Pfade, sondern eröffnet einen Neuen. Klanglich, gesanglich. Zum Anderen höre ich hier das erste Mal etwas, das auch nur ansatzweise mit The Streets - also den guten Dingern von Mike Skinner - vergleichbar ist. Und auf welchem Niveau! Die Synthie-Flächen packen mich komplett und dann noch diese Hymne auf die Stadt. Zuhause Angekommen ist ein großer, ehrlicher, aufrichtiger Track, über Hamburg. Kein Klatsch, kein Tratsch, keine Folklore, sondern ganz feine Beobachtung und die Verortung eines Selbst in diesen ganzen Wirren! Als kleiner Schreiberling höre ich viel neue Musik und vieles ist so richtig gut. Das hier ist eine große Ausnahme, eine wunderbare, große Ausnahme, die mich berührt! Es kommt auch noch eine Platte. Sie heißt Disneyland After Dark und ich setze jetzt einfach mal ganz viel Hoffnung darauf, dass das ganz stark wird!


Justice
(Ms) Die Liste an Bands, die ich irgendwann mal gerne live sehen möchte, ist relativ kurz. Ein paar Teenie-Träume wie KoRn und Slipknot sind immer noch dabei, in den letzten Jahren gesellte sich Björk dazu. Ob das noch real wird… mal schauen. Leider ja entweder auf riesengroßen Festivals oder in riesengroßen Hallen. Der vierte Name auf dieser Liste ist Justice! Seit vielen, vielen Jahren begleiten die beiden Franzosen meinen immer wieder präsenten Hang zu sehr tanzbarer, sehr klar definierter elektronischer Musik und der großen Party, die damit einher geht! Das letzte Studioalbum Woman ist tatsächlich schon acht Jahre her, zwischendurch kam noch eine ziemlich geile Remix-Scheibe und Solo-Projekte. Jetzt sind sie wieder da und genauso, wie ich sie mir erwünscht habe. Und das direkt mit zwei Singles, die sie gleichzeitig veröffentlichten. One Night/All Night ist ein Feature mit Tame Impala und eher Disco, Generator ist die derbe Elektro-Nummer für die sie auch bekannt sind und mich direkt packt! Doch sind beide Tracks nicht ganz klar einzufangen, denn sie pendeln immer zwischen verschiedenen Sounds in ihren einzelnen Abschnitten. Genauso soll es auch auf ihrem kommenden Album Hyperdrama zugehen, das am 26. April erscheinen wird. Innerhalb der Stücke soll es zu einer gewissen Art der Konkurrenz der Genre kommen, was ich eine super spannende Herangehensweise finde und mich sehr neugierig macht! Damit ist natürlich auch die Hoffnung verbunden, im Laufe des Jahres einen Namen voller Freude von dieser Liste zu streichen! Noch stehen keine Termine hierzulande fest.

 
Hammerhead
(sb) Sachen gibts, die gibts gar nicht! Da wollen Hammerhead ihr erstes Album seit 1998 (!) veröffentlichen und dann müssen sie den Release kurzfristig verschieben, weil es Beschwerden wegen des Covers gibt. Wie jetzt?

Das ursprüngliche Cover zeigte eine real existierende Burg. Bewohner bzw. Besitzer von Burgen unterscheiden sich offenkundig kaum von Mitgliedern mittel-erfolgreicher Punkbands, die sich permanent selber googeln. Beim Ritt durchs Netz wurde also das ursprüngliche Cover aufgestöbert wie ein Fasan im Unterholz. Statt Schrot gabs ein freundlich und bestimmt formuliertes Schreiben, in dem die bildliche Nutzung untersagt wurde. Dieser Aufforderung kommen Hammerhead selbstverständlich umgehend und vollumfänglich nach und haben ein anderes Cover erstellt.
 
Somit erscheint Nachdenken über Deutschland nun also erst am 09.02., sollte aber unbedingt käuflich erworben werden. Deutschsprachiger Punk/Hardcore von den Veteranen aus Bad Honnef, deren Sänger einst auch für die APPD als Minister für Raumordnung, Mauer- und Städtebau antrat.
 

Samstag, 27. Januar 2024

Live in Bremen: Ghostwoman

Foto: luserlounge
(Ms) Über einen rauschhaften Abend. Als Ghostwoman beim Watt En Schlick im Sommer spielten, war es vor der vermatschten Wiese auch schon reichlich laut, ging der Klang in den Körper über. Dass das in geschlossenen Räumen noch eine Stufe intensiver werden kann, bewies das Duo am Freitagabend im Bremer Lagerhaus. Positiv überrascht war ich über so einen hohen Andrang zum Konzert, später dann mitbekommen, dass Ghostwomans Auftritte in Köln und Berlin dieser Tage ausverkauft sind. Ist hier ein Duo gerade auf dem Weg nach oben?! Kann gut sein, die Liveperformance spricht dafür und auch ihr aktuelles Album Hindsight Is 50/50, das voller Wucht ist und von dem viel zu hören war!

Der Kanadier Evan Uschenko und die Belgierin Ille van Dessel ermöglichen den Rausch ohne irgendwelche Mittelchen. Es braucht nicht mal Alkohol, um komplett mitgerissen zu werden. Es reichen ein paar ausgewählte Zutaten. Nummer 1: Licht. Es hat mich gewundert, dass Uschenko erst nach gut 20 Minuten darum bat, die Lichtleiste am Bühnenrand ausgeschaltet zu bekommen, sie hat vorher auch schon gestört. Danach war es aber immer wieder stockfinster im Lagerhaus. Nur zwei Lampen links und rechts und in der Mitte voll greller Power ein Strobo-Licht. Hui, was kann das für Effekte haben, irre! Es wundert mich nicht, dass es Wege gibt, um mit Illuminationen high zu werden. Licht wurde an dem Abend sehr klug und berechnend eingesetzt. Nummer 2: Lautstärke. Was war ich froh, dass ein paar Tage vorher Ohrstöpsel zu Hause ankamen. Am Freitag habe ich sie zum ersten Mal genutzt und war heilfroh, denn es war berstend laut! Als der Bass zum ersten mal die Brust erreichte, war das zugegebenermaßen ein geiles Gefühl, es sollte sich wiederholen. Doch ich wollte ungern erfahren, wie es ohne Gehörschutz wäre. Dennoch war es ein wichtiges Element, das knallte! Alles wurde enorm dicht, es gab keine Möglichkeit, sich dem zu entziehen. Nummer 3: Minimalismus. Der Gesang spielte kaum eine Rolle, das Hauptaugenmerk lag auf der Wucht der Gitarre, die Uschenko sehr gezielt einsetzte. Bei einigen Tracks kam die Power sehr unvermittelt, bei anderen war es eine reine Demonstration. Dazu gesellte sich ein Mensch gewordenes Mentronom: Ille van Dessel saß schräg zum Publikum, das sieht man selten als Schlagzeugerin. Es ließ sich somit toll beobachten, wie stoisch sie spielte. Die Wiederholung als Rauschmittel, erinnert an Kautrock! Und es ging so gut auf. Nummer 4: Dichte. Das Konzert ging gerade mal ein wenig länger als eine Stunde, die beiden haben kaum mit dem Publikum interagiert, außer einem Typen in der ersten Reihe das Handy aus der Hand geschlagen, was ich wiederum sehr gut fand, denn es gilt ja, sich verdammt nochmal auf die Musik einzulassen! Endlich mal wieder eine Band mit einer klaren Haltung dazu! Innerhalb der kurzen Zeit war es (mir) schnell möglich, in diesen gewaltigen Sound einzutauchen und darin zu treiben, das war sehr, sehr stark! Die Lieder könnten aus meiner Sicht auch noch deutlich in die Länge gezogen werden, um ein noch intensiveres Erlebnis zu erschaffen.

So oder so bleibt festzuhalten: Ghostwoman ist eine Wucht, ein Erlebnis! Ich wünsche dem Duo, dass sie noch öfter in ausverkauften Häusern spielt, sie haben es sich verdient, ich habe jetzt schon Bock auf den nächsten Lärmrausch, aber nur mit Gehörschutz!

Donnerstag, 25. Januar 2024

Monta - Pacific

Foto: Ingo Pertramer
(Ms) „Musik und Leben sind zwei Paar Schuhe - dass ich nicht lache, lass mich in Ruhe.“ - Kettcar

Das Zitat als solches ist ja klar. Aber das hier ist ein Härtefall. Objektive Berichterstattung ist bei diesem Album leider nicht möglich.
Und irgendwie finde ich das gut. Die letzte Monta-Platte The Brillant Masses ist von 2007. Das sind siebzehn Jahre her! Funfact: Da war ich selbst erst siebzehn, habe es aber - auch als Heranwachsender - mit all meinen Sinnen aufgesogen. Noch krasser war es bei Where Circles Begin von 2004, das ich logischerweise noch nicht mit 14 gehört habe, aber später noch eine sehr große Rolle in meinem Leben spielten sollte. Es half beim ersten großen Liebeskummer und den tiefen melancholischen Phasen, die am Ende der Schulzeit vor lauter Orientierungslosigkeit auftauchen. Zu der Zeit ließen einige Leute ihre Musik von last.fm scrobbeln. Monta war stets mein Platz 1 und auch diese Platte von vor nun mehr 20 Jahren. Klar, das hat sich im Laufe der Zeit alles geändert und in der Zeit, als Tobias Kuhn bei und mit anderen Musikern aktiv war und über einen langen Zeitraum nichts Neues mehr von ihm direkt kam, traten die Monta-Platten bei mir auch in den Hintergrund. Doch vergangenes Jahr wurde Where Cirles Begin zum ersten Mal auf Vinyl veröffentlicht und ich habe mich unglaublich stark gefreut, als ein lieber Mensch es mir schenkte. Als die Lieder dann über den Plattenteller rollten, kamen genau die gleichen starken Gefühle auf wie damals. Welch wunderbarer Zauber doch in der Musik lebt! Seine Musik ist in meiner Wahrnehmung sehr, sehr warm. Sie tröstet und bestärkt mich. Ich verbinde so viele Erinnerungen mit ihr, dass die Klänge sich stark in mein Selbst eingebrannt haben und bis heute mit einem bestimmten Lebensgefühl verbunden sind. Die Musik von Monta schwebt für mich in einer übergeordneten Dimension. Bis heute.

So lange wurde über einen Nachfolger von The Brillant Masses gemunkelt. Immer wieder gab es ein paar neue Stücke, doch kein ganzes Album. Als Pacific dann letztes Jahr angekündigt wurde, war die Freude kaum zu beschreiben. Endlich geht die Reise weiter, endlich wieder Lieder, die dieses Gefühl weiterführen. In einem erwachsenen Leben, das Orientierung bekommen hat und die ganz großen Fragen kleiner geworden sind. 

Doch diese Erwartungen sind vielleicht etwas rosarot und verträumt. Dass Tobias Kuhn sich musikalisch entwickelt hat, ist klar. Mit wem er was wann gemacht hat, lässt sich auf Wikipedia wesentlich besser nachlesen. Thees Uhlmann, Die Toten Hosen, The Kooks. Alle wollen Kuhn als Produzenten! Zurecht. Als Hörer habe ich mich natürlich auch entwickelt. Diese schweren, melancholischen Töne brauche ich gar nicht mehr so sehr wie damals. Wünschen tue ich sie mir dennoch. So viel ist zu sagen: Sie sind auf Pacific nicht zu finden. Irgendwie ja auch ganz logisch. Dafür ist halt zu viel passiert und sicher hat Tobias Kuhn auch gar keinen Antrieb mehr, solche Lieder zu schreiben. Pacific ist ein verhältnismäßig fröhliches Album mit klassischer Indiepop-Instrumentierung. Als ich es das erste Mal hörte, war ich schon ein wenig enttäuscht, da es mich so wenig angesprochen und bewegt hat. Mit jedem Hören ändert sich aber meine Sichtweise, immer mehr löse ich mich vom alten Monta. Das hier ist ein Neuer. Beflügelt bin ich von Pacific immer noch nicht, aber es sind wirklich viele schöne Phasen darauf eingefangen. Doch genug des persönlichen Vorgeplänkels… wie hört es sich denn an, das erste Album nach 17 Jahren?!

Leicht, locker, fröhlich. Nach Sommer und Sorglosigkeit. Dragonfly heißt das erste Stück und kommt ganz ohne Schlagzeug daher, nur ein ganz wenig Bass und - wenn ich richtig höre - Glockenspiel und etwas Percussion. Es mag sein, dass auf diesem Album auch viele biographische Streifzüge stattfinden, das ist in einigen Zeilen hier auch zu hören. Doch woher der Anlass? Offenbar hat er alte Super-8-Aufnahmen gefunden, die ihn in die Vergangenheit katapultierten. Tobias Kuhn war schon immer viel unterwegs, das fängt er hier ein. Nach mehrmaligem Hören kam ich beim nächsten Lied auf folgenden Gedanken: Textlich könnte Every Little Lie Hits Before It Hurts genauso auf seinen früheren Platten aufgetaucht sein, nur ohne die Ohhohh-Parts und die unsagbar leichtfüßige Instrumentierung. Ein bisschen Schwere ist also geblieben, das Außen ist anders. Das Titelstück danach berührt mich nur ganz wenig. Es plätschert gut drei Minuten neben mir her, bis es auf ganz zauberhaft leise, verträumte Weise ausklingt und mich in diesen ruhigen Momenten am meisten ergreift.
Dann kommt das zweiteilige Herz dieser Platte: If The Sun Doesn‘t Shine Anymore. Erst kommt Teil zwei, später der Erste. Tobias Kuhn hat viel Pop produziert in den letzten Jahren. Das hier ist großer Pop, aber auch ganz große Emotion. Im Hintergrund hüpfen ein paar Synthie-Sounds durch die Takte, im Vordergrund seine oftmals leicht brüchig erscheinende Stimme und dann türmt sich dieses Lied zum Refrain auf und ein Chor strahlt für die dunklen Stunden. Was tun, wenn die Sonne nicht mehr schein?! „Go Where The People Dance“. Ein einfacher wie genialer Rat. Es ist sicher das eingängigste, aber auch das strahlendste, bleibendste Lied dieser Platte. Und wunderschön zugleich!
Julia und Shimmering Lights sind auch ziemlich poppige Stücke, die kaum bei mir haften bleiben. Vielleicht liegt es ja daran, dass er halt auch sehr viel Pop produziert hat in den letzten Jahren. Das muss er ja auch irgendwie automatisch gut gefunden haben. In meinen Ohren klingt es wenig Monta-mäßig, es ist eher ein bisschen langweilig. When You Know ist ein weiteres Liebeslied, das zwar auch im Refrain eine schöne Aussage vermittelt, aber musikalisch nimmt es mich nicht mit. Anschließend geht es mit dem Herzstück des Albums weiter, Teil eins nach Teil zwei. Es ist nicht nur so, dass hier das vorher schon so tolles Lied nochmal strahlt, ich nehme auch Kuhns Stimme viel wärmer wahr, so wie früher. Was für eine doofe Aussage, aber ich komme nicht davon weg. Richtig warm und zart wird es noch auf Burn For You, klingt zwar auch nicht nach dem alten Monta, ist aber dennoch wunderschön!
Das letzte der zehn Stücke, die ein wenig mehr als eine halbe Stunde Spielzeit haben, ist Woodframe. Das ist erstaunlich sommerlich nochmal. Wieder locker, leicht und unbeschwert. Und erinnert wahnsinnig stark an Dope Lemon! 

Dann ist diese Platte vorbei. Das Album, auf das siebzehn Jahre gewartet wurde. So gerne wollte ich mit der neuen Musik von Tobias Kuhn meine eigene Nostalgie feiern, aber das ist ja auch echt ein käsiger Gedanke! Nicht möglich. Ich bin zum Glück seitdem jemand anders und Monta auch. Das ist immer noch schwer zu verdauen und ich mache keinen Hehl draus: Pacific packt mich nur an ganz wenigen Stellen. Natürlich ist das schade, aber ich habe auch eine große Hoffnung. Die Hoffnung, dass ich beim weiteren Hören diese Lieder irgendwann abgekoppelt von dem alten Material verstehen und bewundern kann.



Sonntag, 21. Januar 2024

KW 3, 2024: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Sb/ms) Wohlhabend und gesund. Wer möchte das nicht sein?! Eben! Diese Woche habe ich das Rezept gefunden, wie alle dieses wunderbare Ziel erreichen können! Es kostet nur gut 17 Euro im Monat, Zeit und Zufall. Fangen wir hinten an, Zufall: Außer Spielen von St. Pauli schaue ich so gut wie gar keinen Sport im Fernsehen. Nun findet aber die Handball-EM der Herren statt und da fand ich mich auf einmal wieder, guter Sport! Das wird abwechselnd auf der ARD und dem ZDF übertragen. Ich bin - ganz ohne Ironie - Fan von beiden! Stichwort Zeit: Zwar geht ein Handballspiel 60 Minuten, aber das ist die Nettozeit, sicher ist es gar nicht so weit von einem Fußballspiel entfernt. Das heißt auch, dran bleiben am Apparat. Heißt auch: Werbung schauen. Und wer genug Werbung im ZDF am Vorabend schaut, sollte eigentlich wohlhabend und gesund sein. Denn eine Werbesequenz besteht nur aus: Lotto - Mainzelmännchen - Medikamente - Lotto - Mainzelmännchen - Medikamente - Lotto - Mainzelmännchen - Medikamente - Lotto - Mainzelmännchen - Medikamente - Lotto - Mainzelmännchen - Medikamente - Lotto. Wer da immer noch was falsch macht, ist offensichtlich selbst schuld!

Olli Schulz
(Ms) Was ist wahr und was weiß ich eigentlich von dem was ich sehe und erlebe?! Wie viele Urteile fälle ich schon über einen anderen Menschen, ohne seine ganze Geschichte zu kennen? Welche Schlüsse sind mir aufgrund der gehörten Vorgeschichte anscheinend vollkommen klar, obwohl ich dafür gar keine Beweise habe? Wie oft sehe ich einen Menschen auf der Straße mit irgendeinem auffälligen Detail und denke mir danach: „Aha, hab ich’s doch gewusst!“
Gar nichts habe ich gewusst. Einen feuchten Kehricht. Ich habe lediglich gemutmaßt und - um alles noch viel schlimmer zu machen - meine Sicht der Dinge bestimmt noch in die Welt hinaus posaunt! Darum geht es in der neuen Single von Olli Schulz. Sie heißt Falsch Erzählt und damit ist ja auch schon irgendwie alles gesagt. Es macht mich auch auf dem nächsten neuen Song von ihm richtig froh, dass er immer noch zeigt, was für ein phantastischer Texter er ist. Punkt!
Am 9. Februar erscheint sein neues Album Vom Rand Der Zeit.

09.02.2024 Bielefeld, Lokschuppen
10.02.2024 Oberhausen, Turbinenhalle
11.02.2024 Stuttgart, Wagenhallen
13.02.2024 Ulm, ROXY
14.02.2024 Leipzig, Haus Auensee
15.02.2024 Nürnberg, Löwensaal
16.02.2024 München, TonHalle
18.02.2024 Berlin, Tempodrom
27.02.2024 Köln, E-Werk
28.02.2024 Wiesbaden, Schlachthof
01.03.2024 Bremen, Pier 2
02.03.2024 Hannover, Capitol
04.03.2024 Hamburg, Große Freiheit 36
05.03.2024 Hamburg, Große Freiheit 36


Alex Mayr
(Ms) Hä?!Warum habe ich das nicht mitbekommen?! Ein neues Stück von Alex Mayr und ich stoße erst viel später darauf. Mist. Naja, halb so wild. Gute Musik braucht kein VÖ-Datum und keine zeitnahe Berichterstattung. Kakao heißt das Lied und ich war vor dem ersten Hören voller Vorfreude auf die nächste tolle Geschichte, die sie erzählt. Und dann muss ich schlucken.
Zuerst habe ich gar nicht geschnallt, worum es geht. Doch dann macht es Klick! Und ich stelle mir die Frage: Wie kann ich am besten über den Tod einer mir fremden Person schreiben?! Gar nicht. Aber ich kann über das Lied schreiben. Denn darin singt Alex Mayr über den Tod ihrer Mutter. Was für ein hartes, tonnenschweres Thema. Aber künstlerisch irgendwie total spannend, denn viele Kreative gehen ganz unterschiedlich damit um. So vieles ist verständlich: Wut, Verzweiflung, Liebe, Trauer. Über allem schweben die zahlreichen Erinnerungen, all die Geschichten, all das, was zusammenhält. Zusammenhielt. Bei Alex Mayr ist es die warme Tasse Kakao, die sie mit ihrem Bruder als Kind genossen hat. Dieses Lied ist ein großes Liebeslied an die eigene Mutter und Alex Mayr schreibt dazu, dass sie dabei war, als sie starb. Puh. Hut ab vor denen, die davon singen können!
PS: Total schön, dann auch meine Mama sagt zu ihren Enkeln Motte!

 
Maximilian Hecker
(sb) Ich erzähl Euch vermutlich nichts Neues, wenn ich behaupte, dass die Welt manchmal ungerecht ist. Wieso ist beispielsweise Chris Martin ein Weltstar und Maximilian Hecker nicht? Natürlich habe ich keine Ahnung, ob Letzterer daran überhaupt Interesse hätte, aber verdient hätte er es allemal. Tatsächlich ist der Wahl-Berliner, der seine Musikkarriere als Straßenmusiker begann, in Asien deutlich erfolgreicher als hierzulande. Warum eigentlich? Heckers Musik begleitet mich seit vielen, vielen Jahren und ist gerade wegen ihrer Unaufdringlichkeit der wärmste Mantel, den man sich vorstellen kann. Man braucht ihn nicht immer, wenn aber doch, dann hilft er umgehend und erfüllt einen mit Sehnsucht, Melancholie und vor allem ganz viel Verständnis. Diesbezüglich macht auch das neue Album Neverheart keine Ausnahme und verzaubert über die gesamte Laufzeit hinweg. Einfach nur wunderschön! Und wenn wir schon dabei sind: Schreiben kann Maximilian Hecker auch, also legt Euch doch direkt noch seinen Roman Lottewelt zu. So, Ende der Durchsage.
 

 
Tafkat
(sb) Zugegebenermaßen habe ich Osnabrück bisher nur mit der Bremer Brücke und dem Zug, in dem man sein Glück findet, in Verbindung gebracht, doch das muss ich jetzt wohl überdenken. Auf dem Konzert von Rantanplan und Wizo in Lindau lernte ich nämlich kürzlich den Sänger von Tafkat kennen, der mir direkt deren neues Album Was Wichtig Ist in die Hand drückte. Danke nochmal! Die Scheibe kam zwar bereits im Oktober raus, landete aber eben jetzt erst bei mir - und ist richtig, richtig gut. Die Texte befassen sich mit den großen Fragen des Alltags genauso wie mit den kleinen nachdenklichen Momenten des Sich-Selbst-Findens. Dabei kommt auch der Humor nicht zu kurz, wobei das Ganze in ziemlich straighten Punkrock eingebettet ist, der gerne auch mal den Mittelfinger zeigt. Eine sehr erfreuliche Entdeckung!
 

Freitag, 19. Januar 2024

Kettcar - Neue Single und Album

(Ms) Dass da eine neue Platte kommt, war spätestens klar, als eine große Frühjahrstour und allerlei Konzerte für den Sommer angekündigt worden sind. Gute Laune Ungerecht Verteilt ist also wirklich der Name für das neue Werk von Kettcar. Es wird am 5. April erhältlich sein und - so die Ankündigung - sehr facettenreich werden. Was das genau bedeuten wird, da müssen wir geduldig sein. Seit heute gibt es zudem die erste Single München und es stellen sich generell einige Fragen.

Ich Vs. Wir war die erfolgreichste Platte der Band. Vorher gab es noch nie so viele gute Texte auf einem Album, so viele neue musikalische Details, so viel Aussagekraft, so viel Energie und so viel lobende Worte. Auch war der Inhalt ihrer Stücke noch nie so politisch wie zu diesem Zeitpunkt. Daran anzuknüpfen scheint nun die größte Herausforderung zu sein. Denn wenn man nun an Kettcar denkt, dann ist die Erwartungshaltung eine andere. Es geht nicht mehr um 48 Stunden oder Deiche, sondern um Haltung und Schmackes! Was funktioniert, hat sich herauskristallisiert. Zum Einen Der Tag Wird Kommen als Wiebusch-Solo, das aber fester Bestandteil vom Bandrepertoire geworden ist. Zum Anderen Sommer `89. Sprechgesang, lange Lieder, große Geschichten, wichtige Geschichte, gut recherchiert, gut erzählt, viele Emotionen.

Dass München nun auch in diese Richtung geht, ist daher wenig verwunderlich. Es scheint, dass die Band eine Wandlung vollzogen hat und dies der (neue) Kern ist. Doch, worum geht es nun?! Um ein altes, jetzt aber (wieder) hochaktuelles Thema: Racial Profiling, Vorurteile, Stigmatisierung von Menschen dunkler Hautfarbe. Hier aus der Innen- und Außensicht gesungen und im Refrain die alte Frage: Wo kommst du eigentlich her?! Aus München, alte Lady! Genau diese Menschen wollen die ekelhaften Arschlöcher der AfD nicht mehr hier haben. Kein Wunder, dass dieses Lied sehr wütend, schnell, ungewohnt gitarrenlastig daher kommt. Und sogar mit einem Gesangsgast. Das ist eine absolute Seltenheit. Bisher hat nur Niels Frevert mal mitsingen dürfen. Dieses Mal ist es Chris von Fjørt! Das klingt nach Gebrüll, aber es ist seine zarte Seite, die hier erklingt. Und ich frage mich: Was soll das?! Das Lied hat das gar nicht nötig. Sowohl textlich als auch gesanglich ist das in meinen Augen keinen Mehrwert. Ja, es ist die Einleitung zum Refrain, von daher dient es in meinen Augen nur einer Funktion. Nun gut.

Das Stück finde ich stark, das Thema wichtig und spitzenmäßig umgesetzt. Irgendwie finde ich es auch gut, dass Kettcar mit dieser Art des Songwritings eine neue, markante Handschrift gefunden haben. Ja, sie werden so etwas vorhersehbar. Das darf aber vollkommen egal sein, andere Bands funktionieren die ganze Diskographie über nach dem gleichen Schema. In dem ganzen Tempo und der ganzen Wut jedoch wirkt München ein wenig eintönig. Oder habe ich es nur noch nicht oft genug gehört?! Wer weiß… In jedem Fall ist dieser Track ein spannender Einblick in die neue Scheibe und ich bin sehr gespannt, was da noch kommt!

11.04. Saarbrücken, Garage
12.04. Wiesbaden, Schlachthof
13.04. Oberhausen, Turbinenhalle 2
14.04. Bremen, Pier 2
16.04. Hannover, Capitol
17.04. Leipzig, Haus Auensee
18.04. München, Tonhalle
19.04. Köln, Palladium
20.04. Berlin, Columbiahalle
21.04. A - Wien, Arena
23.04. Erlangen, E-Werk
24.04. Stuttgart, Im Wizemann
25.04. Bielefeld, Lokschuppen
26.04. Dresden, Schlachthof
27.04. Hamburg, Sporthalle

Donnerstag, 18. Januar 2024

Wizo & Rantanplan - Live in Lindau

Wizo im Club Vaudeville
(sb) Ich bin jetzt 45 Jahre alt, doch schon zu Schulzeiten liefen Jugendliche in Wizo-Shirts rum und natürlich wurde auf Parties der ein oder andere Track der Band aus Sindelfingen gespielt. Dennoch habe ich mich nie so wirklich mit ihnen beschäftigt - bis gestern! Grund für den Konzertbesuch war jedoch eigentlich die Vorband Rantanplan, die ich zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder live gesehen hab. Geil wars!
 
Mein Sohn geht seit September in die Schule, der Kontakt zu seinem Kindergartenerzieher blieb jedoch Gott sei Dank bestehen. Super Typ, toller Musiker und ausgezeichneter Musikgeschmack. Frühkindliche Musikerziehung ist nicht zu unterschätzen und da wusste ich den Filius in besten Händen. Nur leider ist es so, dass wir hier am Bodensee etwas in der musikalischen Diaspora beheimatet sind und es höchstselten vorkommt, dass interessante Bands einen Zwischenstopp im Vierländereck einlegen. Wenn nicht mal ein Act im Dornbirner Conrad Sohm, auf dem Poolbar Festival in Feldkirch oder im Lindauer Club Vaudeville aufschlägt, wirds eng.

Letzterer bildet eine angenehme alternative und stark linksorientierte Alternative zum oberschwäbisch-allgäuerischen Konservatismus und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zum willkommenen Treffpunkt derer entwickelt, die bewusst anders sein wollen. Das Booking ist seit jeher exzellent und legt den Fokus auf die Bereiche Punk, Hardcore und Metal. So verwunderte es auch nicht, dass Wizo den Club Vaudeville auch auf ihrer aktuellen Tour beehrten und als Rantanplan als Support bekanntgegeben wurden, war klar: Da will ich hin!

Ein kurzes Schlucken war dann zwar nicht zu verhindern, als auf dem Ticket 40 Euro (!) stand, denn schließlich sind das 80 Mark und 550 Schilling, aber hey, was lacostet sie Welt? Auch Punks wollen (über-)leben und schließlich wird ja alles teurer. Ihr kennt das ja. Egal, Geld in die Hand genommen und hin da. Zur Belohnung gabs ein echtes Ticket, nicht so einen Drecks-Ausdruck - dass ich das noch erleben durfte!

Mittwoch Abend, der Club brechend voll, die Getränke fließen in Strömen und gleich drei Merchstände (beide Bands plus ein reiner Politik-Stand) laden dazu ein, seine Moneten loszuwerden. Dann aber rein und vor die Bühne, Rantanplan starten. Von der ursprünglichen Besetzung ist nur noch Sänger Torben dabei, die beiden Bläser waren noch nicht mal auf der Welt, als die Band 1995 gegründet wurde. Mit dabei damals übrigens auch: Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff, heutzutage mit Kettcar in ganz anderen Sphären unterwegs. Wobei auch Rantanplan mit ihrem aktuellen Album Ahoi einen Überraschungserfolg erzielten und in Deutschland auf Platz 11 charteten.

Vor über 20 Jahren sah ich Rantanplan in München und Maxhütte-Haidhof, nun also in Lindau. Endlich wieder! Die Alben der Hamburger hatte ich in der Zwischenzeit durchaus verfolgt, live ging es sich aber in all den Jahren aus diversen Gründen nicht aus. Umso größer war die Vorfreude und ich wurde nicht enttäuscht. Ein grandioses Set, in dem sogar Songs vom Debütalbum und von Samba, meiner Lieblingsscheibe von Rantanplan aus dem Jahr 2000, Platz fanden. Gepaart mit starken Ansagen überzeugte das Quintett das Publikum und ich bin mir sicher, dass viele von denen im Oktober wieder in den Club Vaudeville kommen werden, wenn Rantanplan als Hauptband zurückkehren.

Rantanplan in Lindau
Nach einer kurzen Umbauphase kamen Wizo, die vorher bereits ihren Support persönlich angekündigt hatten, auf die Bühne und legten los wie die Feuerwehr. Wie gesagt: Ich hatte mich bislang mit der Band nicht wirklich beschäftigt, kannte quasi kein Lied und wurde doch mitgerissen. Weniger äußerlich, weil ich am Rand stand und das Geschehen eher passiv verfolgte, als vielmehr innerlich, weil die Texte halt doch sehr eindrücklich sind und die Bühnenpräsenz des Trios schon beeindruckend war.

Bezüglich des Alters war ich im Publikum vermutlich ziemlich im Schnitt, aber es war schon schön zu sehen, dass sich auch viele Teens politisch eindeutig positionieren und bereit sind, sich gegen den Rechtsruck zu stellen. Wizo waren laut, die Zuschauer*innen teilweise jedoch noch lauter und krass textsicher - über sämtliche anwesende Generationen hinweg. So entwickelte sich ein sensationeller Konzertabend, an dem vermutlich alle auf ihre Kosten kamen. Ganz, ganz stark - und die investierten 40 Euro mehr als wert!








Dienstag, 16. Januar 2024

Enno Bunger - Der Beste Verlierer

Quelle: ennobunger.de
(Ms) Ein Hoch auf den Trotz! Der Trotz hat keine hängenden Schultern und keinen wackligen Gang. Der Trotz ist keine Gleichgültigkeit und schon gar keine stille Resignation. Auch erträgt der Trotz nicht einfach alles, was auf ihn einhagelt. Vielleicht ist der Trotz eine der größten Stärken, die der Mensch haben kann, wenn er mindestens in der Tasche eine geballte Faust und in der anderen einen ausgestreckten Mittelfinger dabei hat. Dann sagt er sich nämlich: Okay, alles klar, liebe Welt - bis hier her und nicht weiter, ihr könnt mich alle mal, ich mache das hier jetzt ganz anders und dabei zeige ich es euch jetzt! Ich habe einen kräftigen Stand, bin hellwach und hole mir jetzt das, worauf ich Bock habe! Ätsch!

Das ist der eine Punkt, der bei Enno Bungers neuem Album Der Beste Verlierer eine große Rolle spielt. Der Andere ist eine wunderbare Gabe, bei der ich mir bei KünstlerInnen aber immer ein wenig unschlüssig bin, wie ich das denn nun finden soll. Denn wie bei so vielen anderen MusikerInnen auch, zieht Enno Bunger aus furchtbaren Schicksalsschlägen die größte Energie. Oft mit einigen Jahren Verspätung und Aufarbeitung, aber das ist Fakt, davon berichtet seine Diskographie. Seine Texte sprechen mich seit jeher an. Was Berüht, Das Bleibt ist eins der krassesten Alben, die mich je gepackt haben. Es erzählt von vielen schlimmen Wendungen. Und da stellt sich mir auch jetzt wieder die Frage: Wie gehe ich dem den furchtbaren Tiefs um, die Enno Bunger durchlitten hat, um diese Texte und Lieder zu schreiben?! Kann man dem dankbar sein? Ist das Katharsis und ist das okay? Ein heikler Punkt. Nun, es ist so: Große Tiefs ermöglichen auch große künstlerische Hochs und Enno Bungers neue Platte ist ein sehr gutes Beispiel dafür!

Foto: Jan Seebeck
Zudem erscheint sie auf dem eigenen Label. Es hat sich also - mal wieder - viel getan beim Wahlhamburger. 12 Stücke sind auf der neuen Platte und es geht direkt richtig euphorisch los mit dem Weltuntergang. Das erste Lied ist ein gutes Vorzeichen, zwischen welchen Polen dieses Werk pendelt. Zum Einen sind es die persönlichen Geschichten, zum Anderen die Irrungen und Wirrungen der Gesellschaft und wo man sich dort wiederfindet. Ja, an vielen Stellen sieht es momentan nicht so rosig aus, aber - hallo Trotz! - es ist noch lange kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Und das in bester Bunger-Musik: Klassischer Indie mit dem Klavier als Basis. Bunker ist ein schönes Liebeslied in ähnlichen Sphären - tief und hoch -, das trotz der ganzen Dunkelheit um uns herum strahlt! Packen tut es mich nicht so sehr, aber es ist schön. Auch das Feature mit Sebastian Madsen plätschert für mich eher so dahin, Einfache Leute ist eine scharfe Realitätsbeobachtung, mehr aber auch nicht.
Doch dann nimmt das Album so richtig Fahrt auf. Grasgelb ist auch Realitätsbeobachtung, aber halt mit dem positiven Trotz-Blick auf die Welt. Zudem zeigt Enno Bunger hier auch, dass er bei all den harten Geschichten einen ganz feinen Sinn für Humor und Ironie hat. Das tut er auch auf seinen Konzerten! Mein letzter Besuch eines Bunger-Gigs ist schon etwas länger her, doch ich kann mich noch gut daran erinnern, wie viel gelacht wurde zwischen den Liedern. Vielleicht ist Grasgelb eines der wichtigsten Lieder, die er je geschrieben hat, mehr will ich an dieser Stelle gar nicht vorweg nehmen, das Hören lohnt sehr!
Dann der nächste Hammer! Ich Sehe Was Was Du Nicht Siehst ist eben eines jeder Lieder, die direkt ins Herz treffen. Eines der Lieder, für die Enno Bunger bekannt ist, weil er halt ein unglaubliches Händchen dafür hat, eigene Schicksalsschläge in Musik zu transformieren. Andächtig, kraftvoll. So singt er über seine eigene Depression. Zum Einen singt er sich sein eigenes Leid vom Herzen, zum Anderen macht er Mut, dass es so hilfreich, ja rettend sein kann, sich zu öffnen. Enorm passend zum Inhalt ist hier die musikalische Gestaltung. Beginnt das Stück mit sanften Klaviertönen, baut es sich immer mehr auf. Es bleibt in sich leise, aber voller Energie! Puh! 
Noch krasser wird es beim Track danach. Heute Nicht behandelt die ganz finsteren Seiten seiner Jugend und seines Heranwachsens. All die Schwierigkeiten, die auf junge Menschen einhageln, trafen ihn besonders stark bis zu dem Punkt, als er am Geländer stand, um dem ein Ende zu bereiten. Doch dann steigt er auf, der wunderbare Trotz, mit Schlagzeug, Klavier, Gitarre, Bass, purer Freude am Leben und sagt: Nein, heute nicht! Tragik und pures Glück in nur einem Stück - wow! 
Nie Zu Spät erinnert auf schöne Weise an Virginia Jetzt. Und macht weiter Mut. Ja, das Leben kann so einige tiefe Täler bereit halten, aber eben auch das größte Glück, davon singt er halt auch. Das darf man nie vergessen. Kein Mensch Startet Einen Krieg macht immer weiter. Wieder ein bedrückendes, aber auch aufbauendes Lied über Menschen, die fliehen mussten, weil die Heimat zerstört wird. Das Schöne daran ist, dass Enno Bunger hier eine Geschichte von einem geflohenen Kind singt, das neu in einer Schulklasse ist und wie seine Geschichte dort wirkt. Das zweite Feature auf der Platte, Kinder mit Lina Maly, trifft auch. Mit einem gänzlich anderen Thema, dem Kinderwunsch. Dieses tolle Album endet mit dem Dreiteiler Häuserzeile, das herrlich sphärisch alles vorherige ausklingen lässt.

Dann ist erstmal Durchatmen angesagt. Und Verdauen. Und Einordnen. Der Beste Verlierer ist eine typische Enno Bunger-Platte, die musikalisch zugegebenermaßen wenig überrascht, aber immer wieder kraftvoll strahlt. Nach dem Vorgänger hatte ich leise Zweifel, ob er textlich direkt so stark anschließen kann. Und ja: Er kann! Mit dem wunderbaren Trotz, dieses Leben zu lieben, singt er seine Lieder voller Dunkelheit und Helligkeit!

07.03.2024 Kiel, Die Pumpe
08.03.2024 Essen, Zeche Carl
09.03.2024 Hannover, Pavillon
11.03.2024 München, Ampere
12.03.2024 AT-Wien, Fluc
13.03.2024 Berlin, Festsaal Kreuzberg
15.03.2024 Frankfurt, Mousonturm
16.03.2024 CH-Zürich, Bogen F
17.03.2024 Mannheim, Alte Feuerwache
19.03.2024 Stuttgart, Im Wizemann Club
20.03.2024 Köln, Bürgerhaus Stollwerck
21.03.2024 Osnabrück, Rosenhof
22.03.2024 Hamburg, Gr. Freiheit 36
24.03.2024 Bremen, Schlachthof
25.03.2024 Leipzig, Täubchenthal
26.03.2024 Jena, Kassablanca
27.03.2024 Dresden, Tante Ju


Sonntag, 14. Januar 2024

Live in Bremen: Steam Down

Foto: luserlounge
(Ms) Was ist Jazz? Was ist Grime? Was braucht es, um sich fallen zu lassen? Und wie wichtig ist es, den Flow zu spüren? Gibt es ein Rezept, um gänzlich unbekannte Musik besser aufzunehmen? Ein paar Fragen zum Livemusikhören.

Die Club-Reihe des Kleinen Hauses vom Bremer Theater ist eine sehr gute Adresse für Musik, die sonst wenig Raum bekommt, etwas nischig ist oder ein eher spezielles Publikum anzieht. Speziell nicht im Sinne von „die sind alle verrückt“, sondern mit besonderem musikalischen Augenmerk. Dort spielen in regelmäßigen Abständen Bands, die früher mal sicher unter den seltsamen Sammelbegriff Weltmusik gefallen sind. Was das sein sollte?! Vielleicht der verzweifelte Versuch, Jazziges, Bluesiges, Experimentelles abseits des Pop zu klassifizieren.
Dabei ist das alles wesentlich freier, als man es in einen Begriff zwängen könnte. Zum Beispiel die Musik von Steam Down, die gestern dort gespielt haben. Vor ausverkaufter Kulisse! Also doch nicht so nischig?! Freunde brachten den Stein ins Rollen und dann kam logischerweise der Gedanke: Klar, kenne ich nicht, bin ich dabei! Die Beschreibung des Londoner Kollektivs las sich hervorragend nach Tanzen, Rausch und musikalischer Klasse. Das - so viel sei vorweg genommen - haben die fünf Herren an ihrem einzigen Deutschland-Gig auch über gut 100 Minuten bewiesen!
Sie spielten Jazz. Unter anderem. Das war immer in den sehr freien, verspielten Phasen zwischendurch zu hören. In all der Improvisation, in den Momenten, wo sie selbst kaum fassen konnten, wie gut ihre Kollegen eben wieder abgeliefert haben. Egal ob am Bass, am Schlagzeug, Klavier, Saxophon oder Gesang. Sie spielen (wohl) auch Grime. Ein Genre, das mir bei Sibylle Berg zum ersten Mal unterkam. Eine wütende Musikrichtung. Das wurde direkt klar, als die Energie energischer wurde, dichter, mitunter verzweifelter. Aber es war auch ein spirituelles Ereignis. Kopf der Band ist Ahnanse, der sang, Sopran- und Tenorsaxophon spielte. Er wünschte sich, dass die Dynamik von der Bühne mit dem Publikum verschmolz. Dass ein gemeinsames Erlebnis stattfindet, das aufbaut und bestärkt. 
Genau dieser Punkt fiel mir persönlich gestern Abend wahnsinnig schwer und ich bin auf Ursachenforschung. Der Funke, der zweifelsohne auf der Bühne loderte, sprang nicht auf mich über. Folgender Vermutung herrscht momentan vor: Mir fehlte eine längere Zeit des Flows, des Rausches, der mich dann elektrisiert und eintauschen lässt. Innerhalb vieler Stücke gab es ganz starke, freie Phasen zum Eintauchen. Vielleicht hätten sie länger sein müssen, damit sie bei mir ankommen und wirken. Aber das kann ich mir nicht aussuchen. So blieb ich etwas verloren an einem Abend, der auf hohem musikalischen Niveau ablieferte, an dem ein Quintett aus London, das gerade mal eine EP veröffentlicht hat, viele Menschen mitriss! Der nächste Versuch lässt sicher nicht lang auf sich warten…

Freitag, 12. Januar 2024

KW 2, 2024: Die luserlounge selektiert

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Quelle: de.wikipedia.org

(Sb/ms) Einige der Bücher, die zuletzt im Regal gelandet sind, haben mich ganz schön runtergezogen. Matthias Brandts Blackbird war sehr schön, aber auch sehr tragisch. Olga Grjasnowas Gott Ist Nicht Schüchtern ist unglaublich spannend, aber auch unfassbar traurig und bedrückend. Joël Dickers Die Letzten Tage Unserer Väter ist auch sehr spannend und richtig interessant, aber auch bitter und traurig. Heinz Strunks Ein Sommer In Niendorf ist wenig humorvoll, dafür eine große Spirale des Abgrunds. Dave Eggers‘ Die Parade eine pfiffige Parabel, an der am Ende aber auch komplett der Garaus gemacht wird. Dann hatte ich echt genug. Diese ganzen in sich ja literarisch tollen Geschichten haben mich ganz schön runter gezogen. Etwas Gutes musste her. Eine gute Erzählung, vielleicht sogar humorvoll und irgendwie spitzfindig ohne aufdringlich zu sein. Weihnachten und die sehr gute Nase der Schenkenden sei Dank ist genau das eingetreten: Momentan lese ich Echtzeitalter von Tonio Schachinger. Es brauchte nur ein, zwei Kapitel und ich wusste sofort: DAS IST ES! Im Eiltempo verschlinge ich dieses außergewöhnliche Werk, das sowohl sehr modern, aber auch herrlich antiquiert ist, da es unterschiedliche Welten aufeinander prallen lässt. Gaming und Internat. Und das in einer Sprache, die ich so noch nie erlebt habe. So fein, so humorvoll, so gut gewählt, so treffend und mitreißend! Höchstens bei Joachim Meyerhoff habe ich so etwas erleben dürfen. Was für ein großes Glück. Dieses Buch sei jedem Menschen empfohlen!

Sleater-Kinney
(Ms) Das beste daran, eine Band vor dem ersten Hören nicht gekannt zu haben - also auch nichts drüber gelesen, keine Eindrücke, Meinungen, Vorurteile - ist, sehr unbedarft an diese Musik heranzugehen. Heutiges Beispiel: Sleater-Kinney, die kommende Woche ihre neue Platte Little Rope veröffentlichen. Ich las den Pressetext, der mich neugierig gemacht hat. Denn das ist ja das Seltsame an Kunst: Wenn über furchtbare Ereignisse gesungen wird, wird es musikalisch und textlich oft ganz interessant. Die Not, die Willkür, die absolute Tragik, der Punkt ganz weit unten aus der Verzweiflung, er muss einen Grad der Kreativität freisetzen, der woanders kaum zu erlangen ist. So mal meine etwas steile These. Carrie Brownstein musste vor einigen Monaten den furchtbaren Anruf annehmen, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Mutter und ihr Stiefvater bei einem Autounfall ums Leben kamen. Bäm! Alles aus. Alles auf null. Alles schwarz. Alles weiß. Abgrund. Verdauen, damit klar kommen. Mit den ganzen Krisen, die das Leben bereit hält. Das ist das Fundament dieses Albums. Heftig, aber auch kraftfreisetzend! Allein Hell ist ein irrer Track, bei dem Strophe und Refrain herrlich entgegengesetzt sind. Herrlich, wenn es so kracht. Und dann las ich erst, dass es die Band schon seit über dreißig Jahren gibt. Jetzt weiß ich, dass diese beiden Damen allerhand Power haben:


néander
(Ms) Liest man dieses Vorhaben, klingt es völlig schräg. Ist es auch ein wenig. Denn die Gruppe néander aus Berlin macht eigentlich sehr, sehr wuchtigen Metal. Vollkommen instrumental, was natürlich die große Chance birgt, dass dazu im eigenen Kopf große Bilder entstehen können. In ihrer ganzen Schwere ist diese Musik sehr, sehr angenehm. Langsam und kraftvoll. Kurz vor Weihnachten hat das Quartett eine neue EP veröffentlicht. Nun das Vorhaben: Vier ihrer Songs haben sie akustisch aufgenommen! Akustischer Metal? Ist das nicht die Definition von ‚den Stecker ziehen‘. Ist dann nicht alles futsch? Ist der Spaß dann nicht da Acta gelegt? Hört man nun diese Stücke auf ir, muss man schnell festhalten: Nein, ganz und gar nicht. Nur nach Metal klingt das halt gar nicht mehr. Das düstere Gewandt ist noch da, wirkt auch ganz hervorragend, aber die Wucht fehlt. Es ist eher eine verrückte Art des Country oder eine langsame Version von Mittelalterrock. Aber beides auch nicht so ganz. Am besten, man dreht es einmal auf:


Beirut
(Ms) Schaue ich mir die Alben des letzten Jahres an, die hier keine Erwähnung gefunden haben, aber dennoch daheim liefen, komme ich um Beirut nicht herum. Wobei es sich bei dem neuen Album Hadsel etwas anders verhält als bei anderen Werken. Denn im Grunde genommen gibt mir die Platte gar nicht so viel. Zugegebenermaßen kannte ich Beirut auch vorher nur vom Namen her und, dass er mit Judith Holofernes befreundet ist. Also hatte ich keine Erwartungen. Dann spielte ich das Album an und war direkt komplett ergriffen! Dieser Opener, der genauso wie die gesamte Platte heißt, haut mich bis heute vom Hocker! Dezent sakrale Musik, Töne der Erhabenheit, des Heils, des Trosts, der puren Schönheit packen mich immer und immer wieder. Es ist ein einfaches, aber sehr gutes Rezept. Dieses Lied ist umwerfend. Vor allem durch die kraftvolle Orgel, die er in Hadsel spielen durfte. Der Name der Platte ist der Name des norwegischen Ortes, wo er für zwei Monate blieb, um diese Lieder zu schreiben. Das erste Mal hat Zach Condon Orgel für seine Musik gespielt und dann direkt so etwas! Hui! Als dann noch die Trompete einsetzt, bin ich stehend k.o. Was er dazu singt, ist mir gänzlich egal, aber diese Musik ist ein warmes Kissen, auf das ich mich legen möchte!


Mine
(Ms) Der Titel knipst direkt alles an und ich gehe davon aus, das ich nicht der einzige bin, der dabei an EinsZwo denken muss. Danke Gut ist die nächste Single, die Mine von ihrem neuen Album Baum veröffentlicht, das in drei Wochen erscheinen wird. Auf der Haben-Seite steht in jedem Fall, dass Mine immer für eine Überraschung gut ist. Das ist dabei nicht mal das Feature mit Mauli, das mich auch überhaupt nicht packt. Generell: Der Song an sich ist ganz nett, doch er holt mich nicht so Minemäßig ab. Doch ein paar wirklich geniale Kniffe hat er alle Male. Und das ist das fantastische Intro, von dem ich mir erhofft habe, dass es das ganze Lied dominieren wird. Zum Anderen ist es das Video, das die wunderbare Doppeldeutigkeit von ‚es trifft mich‘ aufgreift. Noch mal zum Text: Irgendwie macht er betroffen, wenn sie davon singt, dass Menschen sich gezielt am wundesten Punkt weh tun. Mit voller Absicht mitten ins Herz, sodass man sofort in die Knie geht. Das ist bitter. Richtig hart. Genau das, dieser brutale Gedanke ist dann doch die große Stärke dieses Liedes.

Freitag, 5. Januar 2024

KW 1, 2024: Die luserlounge selekiert

Quelle: Schulbildung.org
(Sb/ms) Das hier ist alles ein bisschen weniger geworden. 2019 gab es noch über 140 Beiträge im Jahr auf dieser Seite. Letztes Jahr war es nur noch grob die Hälfte. Das hat sehr gute Gründe: Wir machen das hier zu zweit neben Familie und Beruf und den ganzen anderen Annehmlichkeiten des Alltags. Also: Die Zeit ist knapp. Zum Anderen ist Musikhören und darüber zu schreiben eine recht aufwändige Sache. Ich will hier keine Lorbeeren, sondern nur ein wenig schildern. Erstmal muss da ja ein Lied sein, was überhaupt gefällt. Dann müssen Worte her, um es zu beschreiben, denn darum geht es ja hier. Genau das ist der springende Punkt. Über wie viele tolle Platten habe ich hier nie geschrieben, weil es mir schlicht und einfach nicht möglich war, da mir die Worte fehlten. So kommt es also, dass dieser Blog hier selbstredend weiter existieren wird, freitags ein kleiner Überblick kommt, Konzertberichte auch und dann und wann ausführliche Texte zu den Platten, zu denen alle Sterne gut standen.

Frohes und gesundes neues Jahr!


Thees Uhlmann
(Ms) Folgende These: Um das Grand Hotel van Cleef profitabel oder zumindest nicht mit roten Zahlen zu führen, muss eines der Flagschiffe unterwegs sein. Das eine ist Kettcar, die dieses Jahr wieder ordentlich Konzerte spielen und neue Musik präsentieren werden. Das andere ist Thees Uhlmann, der letztes Jahr und davor die Bühnen bespielte. Währenddessen waren Kettcar im Studio. So wechselt sich das ab. Zeit, dass Uhlmann eine Pause macht. These Ende. Beweisführung: Thees Uhlmann spielt in diesem Jahr nur drei Konzerte, alle an einem Wochenende im August! Die Staffelübergabe fand am Montag in Hamburg statt, als Kettcar zur Martinée luden und Thees Uhlmann im Publikum weilte und hoffentlich den Abend genießen konnte. Die drei Sommerkonzerte finden in den Mittelpunkten der Welt statt: Wuppertal, Nordhorn und Stade. Größer geht es nicht. Aber das war ja auch nie wesentlich. Ich gehe davon aus, dass dort gute Menschen tolle Orte leiten und daher die Crew gern vorbei schaut. Wir sehen uns dann in Stade, okay?! Okay!

23.08. Wuppertal, Waldbühne Hardt
24.08. Nordhorn, Seventyfive Festival
25.08. Stade, Bürgerpark


Enno Bunger
(Ms) Beim Musikhören zu weinen. Ist das nicht schön? Denn manchmal lauert da etwas in einem drin, das raus will, aber den Weg nicht so genau kennt. Und dann kommt die passende Melodie, die passende Stimmung, das passende Lied. Vielleicht kam es dann mal wieder von Enno Bunger. Bei seinem letzten Album Was Berüht, Das Bleibt ging es mir mehrmals so. Schön, sich so fallen zu lassen. Es ist irre, wie mutig dieser Musiker ist. Wie viel er von sich in seinen Liedern preisgibt und darüber sprechen beziehungsweise singen kann. Das war nicht immer so, logisch. Oft braucht es ja Jahre Abstand, um überhaupt einen knackenden Punkt erkannt zu haben und dann noch mal Zeit, um dafür die richtigen Worte zu finden. Am 19. Januar kommt seine neue Platte Der Beste Verlierer heraus und damit mal wieder Zeilen, die ins Mark treffen. Heute Nicht ist ein Stück über Suizidgedanken in der Jugend, über einen Moment, wo er kurz davor war. Aber auch ein Stück über den wunderbaren, überbordenden Trotz, der sagt: Nö, nicht mit mir. Bis hier her und nicht weiter. Das alles hat Enno Bunger auch sehr gut in seinem Newsletter aufgeschrieben, den es zu lesen lohnt. Genau wie dieses Stück sich mal wieder zu hören und fühlen lohnt!

07.03.2024 Kiel, Die Pumpe
08.03.2024 Essen, Zeche Carl
09.03.2024 Hannover, Pavillon
11.03.2024 München, Ampere
12.03.2024 AT-Wien, Fluc
13.03.2024 Berlin, Festsaal Kreuzberg
15.03.2024 Frankfurt, Mousonturm
16.03.2024 CH-Zürich, Bogen F
17.03.2024 Mannheim, Alte Feuerwache
19.03.2024 Stuttgart, Im Wizemann Club
20.03.2024 Köln, Bürgerhaus Stollwerck
21.03.2024 Osnabrück, Rosenhof
22.03.2024 Hamburg, Gr. Freiheit 36
24.03.2024 Bremen, Schlachthof
25.03.2024 Leipzig, Täubchenthal
26.03.2024 Jena, Kassablanca
27.03.2024 Dresden, Tante Ju


Messer
(Ms) Tausendsassa. Ist das nicht ein geniales Wort? Jemand, der tausende Sachen kann. Und zwar gut. Das ist ja ein großer Unterschied. Ich kann sicher auch die ein oder anderen Sachen. Aber das kann ich mit zwei Händen an guten Tagen abzählen. Andere brauchen dazu mehr Finger. Hendrik Otremba zum Beispiel! Kaum hat er ein Buch und ein Soloalbum im letzten Jahr veröffentlicht, kommt im März schon eine neue Platte von seiner Band Messer heraus. Kratermusik erscheint am 1. März und könnte ein richtig gutes Album werden. So programmatische Musik finde ich immer besser, dazu kommen noch enorm catchige (kann man das überhaupt so schreiben?!) Gitarrenriffs wie auf der neuen Single Taucher (Für Smukal). Letztes Jahr sah ich die Band zum ersten Mal live als Support von Muff Potter und es war ein irrer Auftritt, sehr energiegeladen und dicht. Beides sollte man sich also dringend in den Kalender schreiben: Album, Tour, Yeah! 

09.03.2024 Münster, Gleis 22 (Release-Show) & Station 17
15.03.2024 Bielefeld, Movie
16.03.2024 Recklinghausen, AKZ
17.03.2024 Hamburg, Hafenklang
18.03.2024 Köln, Subway
19.03.2024 München, Milla
20.03.2024 Augsburg, Soho Stage
21.03.2024 Karlsruhe, Kohi
22.03.2024 Stuttgart, Merlin
23.03.2024 Saarbrücken, Sparte4
17.05.2024 Wuppertal, Die Börse
18.05.2024 Essen, Hotel Shanghai
19.05.2024 Aachen, TBA
20.05.2024 Bremen, MS Loretta
21.05.2024 Dresden, Ostpol
22.05.2024 Berlin, Frannz Club
23.05.2024 Leipzig, Conne Island

Dienstag, 2. Januar 2024

Live in Hamburg: Kettcar

Und das geht so… Foto: luserlounge
(Ms) So This is the new year!
Der Erste Erste war und ist ja immer so ein seltsamer Tag. Diffuse Erwartungen und eine nebelige Mattheit liegen oft auf diesem Tag. Vielleicht auch weil Silvester immer total überschätzt ist. Es steht also fest: Der Erste Erste braucht irgendwie Schwung. Man muss raus aus der Höhle und nicht auf dem Sofa versumpfen.
Ein Glück, dass es Kettcar gibt, die dieses Jahr so einiges vorhaben. Kurz vor Weihnachten haben sie ein Konzert im Knust angekündigt mit diesen Eckdaten: 1.1.: 15 Uhr Einlass, Sektempfang, Kaffee und Kuchen, 16.30 Uhr Karaoke, 17 Uhr Konzert, 21 Uhr Jeder geht zu sich. Ha, was ist das denn bitte für eine geniale Mischung aus Spießigkeit und Genuss?! Eine Band, die zu Kuchen und Sekt einlädt, bevor das Konzert startet. Logo, da bin ich dabei. Und was hat das mit dem Karaoke auf sich?! Eine top Idee der Band, vor dem eigenen Gig fünf Menschen auf die Bühne zu holen, die ein Kettcarlied mit musikalischer Begleitung vortragen dürfen. Also ab nach Hamburg durch den strömenden Regen und der erstaunlichen Betriebsamkeit in der Stadt.

Das mit dem pünktlichen Einlass hat nicht so gut geklappt, aber egal. Erstmal angekommen und die nassen Sachen weg gebracht, danach hieß es: Sekt und Kuchen! Ging beides aufs Haus. Holla! Insbesondere der Kuchen war super lecker, dazu gab es auch noch Schnaps. So lass ich es mir zu Jahresbeginn gefallen. Vielleicht ist der Erste Erste ja der viel bessere Tag für einen kleinen Rausch.
Natürlich war das Konzert ausverkauft, proppevoll das Knust! Fünf mutige Fans durften dann also mit der Band singen. Was für eine Bürde, aber auch was für eine Freude und was für eine einmalige Chance. Blau, Rettung, Balkon Gegenüber, 48 Stunden und sogar Ich Danke Der Academy haben die Freiwilligen toll performt! Und wenn mal ein kleiner Wackler im Text auftrat, hat nicht nur Marcus Wiebusch ausgeholfen, sondern auch all die wunderbaren Menschen im Publikum.

Ein Konzert am Ersten Ersten am frühen Abend. Was soll das eigentlich?! Da muss doch etwas faul sein, oder? Ja, klar! War es auch. Es folgen ja noch zig Konzerte der Band in diesem Jahr. Logisch, dass da etwas dahinter steckt. Eine neue Platte ist da! Juhu! Am 5. April soll Gute Laune, Ungerecht Verteilt (wenn das denn wirklich der Titel ist…) erscheinen. Yeah! Ein einziges neues Lied war zu hören. Und da der Gesang nicht ganz so klar war, kann ich hier und jetzt auch gar nicht viel darüber berichten, außer dass mir die Basslinie sehr gut gefallen hat. Der Rest des eineinhalb stündigen Gigs war Kettcar wie man sie mag! Ein Best Of der eigenen Diskographie und zahlreiche Ankündigungen, dass das alles so mit dem ganzen Karaoke- und Kuchending im Frühjahr in der Sporthalle wiederholt wird. Na logo! Doch am Schönsten ist es ja eigentlich, Reimer zu beobachten, wie enorm viel Freude er beim Spielen hat, wie ein kleines Kind. Und dann haut er noch Ansagen raus, die sich gewaschen haben.
War es mein 34. oder 35. Kettcar-Konzert?! Ich weiß es gerade gar nicht so genau. Aber diese Band und ihre Texte sind für mich immer etwas wie Nachhausekommen. Ihre Verse gehören schon so sehr zu mir dazu, dass es ohne gar nicht geht und wenn ich live dabei bin, geht das Herz auf. So pathetisch darf es einfach mal sein.
Um 18.30 Uhr war das Konzert dann vorbei. Was für eine super Zeit eigentlich?! Nicht nur für den Ersten Ersten, so viel steht mal fest. Diese Band hat alles richtig gemacht, ist danach noch im Foyer unterwegs und hat bestimmt für dieses Jahr noch einiges in der Hinterhand, denn das war erst der Auftakt!