Dienstag, 28. Februar 2017

Candelilla - "Camping"

Die eigenwilligen Münchner Candelilla. Foro: Matthias Kerstel
(ms) Das Münchner Frauen-Quartett Candelilla (esp. Kleine Kerze) veröffentlicht am Freitag über Trocadero in Kooperation mit ZickZack ihr drittes Album. Es lautet "Camping"; ein uns wohl vertrautes Wort, das im Zusammenhang mit den 10 neuen, temporeichen Stücken wenig aufschlussreich ist. Was Mira, Lina, Rita und Sandra damit meinen, bleibt im absolut Nebulösen. Wie so vieles bei der Platte, die nicht mal eine halbe Stunde dauert. Man kann sich noch gut erinnern, wie groß die Diskussion zu der Länge von "Boombox" der Beatsteaks war. Deren Album war ähnlich kurz. Doch war die Euphorie bei den Berliner Punkrockern höher!
Bei Candelilla kann man nur froh sein, wenn diese halbe Stunde endlich vorbei ist. Bei aller Liebe zur Musik, wissen die Damen wie man den Hörer auf die Folter spannt, dass die Tracks skippen und das Album ein Ende findet.
Klingt zu hart? Das kann auch argumentativ untermauert werden.
Beim Hören der Single "Intimität" kam dem Rezensenten zuerst das Wort "Diskurspop" in den Kopf. Nachdem das noch schnell nachgeschlagen wurde und Tocotronic zugeschrieben wird, wurde klar, welch irre Idee das war. Denn mit dem Songwriting und Klang von Lowtzow und Co. hat Candelilla nichts gemein.
Dabei startet das Album mit einem angenehmen instrumentalen Stück; es ist noch kein Vorbote auf das, was folgt.
Song Nummer zwei, "Hand", wird von der Spex gelobt, ich weiß nicht wofür. Es wird geschrien, der Klang ist disharmonisch, aufdringlich, auffordernd und hat nichts Schönes bei all den Wortfetzen. Soll das musikalisch intellektuell sein? Ist das jetzt hippe Indie-Musik? Naja... Doch so funktioniert das Album: sperrige Texte, noch sperrigere Musik, für ein Lied - "Transformer" - wird sogar ins Englische gewechselt. Meines Erachtens gibt es nur wenige Bands, denen der sorglose Sprachwechsel auf einer Platte gelingt. Candellila nicht.
Schnell mag der geneigte Indie-Noise-Rock-Fan sagen, dass das doch total originell ist, wie "Die Nerven". Nein. Absolut nicht. Letztere tragen ihre Wirkung auf den Hörer wenigstens im Namen.
Was sollen die Parolen in all den Liedern?! Würden sie aus Berlin oder Leipzig kommen - okay!
Erstaunlicher Weise hat Tobias Levin dieses Album produziert. Der war für große Lieder für Kante, Tocotronic, Slut, Nils Koppruch oder Gisbert zu Knyphausen zuständig. Von dieser Handschrift des Schönen und Harmonischen ist auf "Camping" nichts da.
Man kann es sich kaufen, um sich aufzuregen. Doch ist das der Sinn von Gitarrenpopmusik?



Hier spielen die vier demnächst live:

01.03. - München - Favorit Bar
16.03. - Linz - STWST
17.03. - Wolfsberg - Container
18.03. - Wien - Venster99
15.04. - München - Milla
16.04. - Kusel - Willkommen im Dschungel Festival
18.04. - Oberhausen - Druckluft
19.04. - Dresden - Ostpol
20.04. - Leipzig - Spnkelue
21.04. - Berlin - Berghain Kantine
22.04. - Hamburg - Golem
24.04. - Erfurt - Frau Korte
25.04. - Frankfurt - Klapperfeld Ex-Gefängnis
26.04. - Nürnberg - MUZ
27.04. - Karlsruhe - Kohi
28.04. - Saarbrücken - Theaterschiff Maria Helena
29.04. - Schorndorf - Manufaktur

Samstag, 25. Februar 2017

Live in Oberhausen: Waving The Guns und Pöbel MC

Schwer zu erkennen: Milli Dance und Admiral Adonis. Foto: luserlounge
(ms) Das Rheinland ist jeck dieser Tage. Im Ruhrgebiet war davon am Freitagabend nicht viel zu spüren: Wie schön! Je nach dem, woher man kommt, ist Oberhausen vielleicht nicht die schönste Stadt der Welt. Dafür ist der Club Namens Druckluft ein Mekka der Gegend, ein linkes Veranstaltungszentrum, wo es Bier für 2€ gibt. Da fühlen sich nicht nur Punks wohl.
Derzeit sind Waving The Guns mit ihrem Album "Eine Hand bricht die andere" auf Tour. Gestern machten sie mit Pöbel MC Halt in Oberhausen.
Das Publikum: Bis auf die zwei stark besoffenen Russen, von denen einer auf dem Boden schlief und der andere ab und an die Bühne enterte, keine Überraschungen: ein paar Punks, ein paar Antifas, ein paar Normalos. Es wurde viel getrunken und gekifft.
Dieser sehr harmonische Mix im Publikum und deren Zustände machten es Pöbel MC leicht, gegen viertel nach neun mit bollernden Beats die gut 300 Leute in Stimmung zu bringen. Dabei präsentierte einen Streifzug vom Tape "Backpfeife auf Dauerschleife" und dem jüngsten Mixtape "Personality Trainer": "Geisteshaltung", "Kopfschmerzen", "Funkybeatgenozid", "Pubertär, Harmlos, Unappetitlich" oder "Toyanisches Pferd". Es war ein Fest! Auch dem Angebot des russischen Freestyle-Battle ließ er sich hinreißen, ging aber als Verlierer vom Platz.
Die Leute waren angefixt, die Atmosphäre dicht, alles war optimal vorbereitet für Milli Dance und Admiral Adonis.
Diese haben - nach der Behebung kleiner technischer Probleme - ab der ersten Minute abgeliefert. Nicht nur mit politischen Aussagen, dem Kommando sich dem Alkohol oder anderen Drogen hinzugeben, sondern hauptsächlich musikalisch. Kurzweilig ist ein passendes Attribut, das sich ihrem Gig zuschreiben lässt; Admiral Adonis war zu erkennen, Milli Dance wie immer maskiert. Ist ja auch ein schöner Showeffekt.
Die beiden haben nicht lang gefackelt und einen starken Song nach dem anderen präsentiert, wobei der Fokus natürlich auf dem neuen Material lag: "WTG für alle", "Identifikationsfigur", "Endlich wird wieder getreten", "An einem Strand", "Ihr Wir", "Brüh im Lichte" oder "Verfall". Mein absolutes Highlight am Abend war das Feature mit besagtem Pöbel MC "Armutszeugnis" und nicht lang warten musste der geneigte Fan auf den besten WTG-Beat überhaupt: "Gartenzaun". Herrlich!

Schaut euch Waving The Guns live an.
Es ist Eskapismus und Eskalation!
Hier:

25.02. - Exhaus - Trier
03.03. - Kino Lumière - Göttingen
04.03. - Feierwerk/Kranhalle - München
11.03. - Karlstorbahnhof - Heidelberg
18.03. - Gleis 22 - Münster
07.07. - Krach am Bach Festival

Support von Neonschwarz

25.03. - Zakk - Düsseldorf
06.04. - Exil - Zürich
07.04. - Reitschule - Bern
08.04. - Crash - Freiburg

Mittwoch, 22. Februar 2017

Lambchop: Live mit dem neuen Album "FLOTUS"

Die neuen Lambchop live im schönen Dortmunder Konzerthaus. Foto: luserlounge.
(ms) Lange Zeit wollte ich diesen Beitrag gar nicht verfassen. Und die Geschichte darum beginnt letztes Jahr im September. Lambchop aus Tennessee haben ihr neues Album "FLOTUS" angekündigt. Da ich ein großer Fan bin, hab ich mich natürlich riesig gefreut und mir für die angekündigte Tour selbstredend auch ein Ticket besorgt.
Die ersten Vorberichte hatten alle die selbe Botschaft: Auf dieser Platte klingt die Band um Kurt Wagner anders als je zuvor. Prinzipiell macht mich das neugierig und ich ließ mich darauf ein.

FLOTUS und HeCTA

So kam im November das Album ins Haus geflattert und ich habe keinen Zugang gefunden. Nicht beim ersten Mal. Nicht beim Zweiten oder Dritten. Drei Songs stechen heraus, die zugänglich und irgendwie in alter Lambchop-Manier anzusiedeln sind: "In Care Of 8675309", "N.I.V." und "The Hustle". Das Problem waren die anderen Tracks. Sie klangen alle ähnlich, austauschbar, sonderbar belanglos. Schnell war ich schwer enttäuscht vom Album, fand die sonst gewohnte Genialität in der Stille nicht wieder, zu überspitzt das ganze.
Und plötzlich machte es klick! und mir wurde klar, dass Wagners einmaliges Projekt HeCTA die Experimentierfläche war, auf der er den neuen Lambchop-Sound ausprobiert hat. Es wurde keine 1:1-Umsetzung, die Ähnlichkeiten und Überschneidungen sind aber klar herauszuhören. HeCTA haben nur wenig live gespielt, in Bochum habe ich sie gesehen und war angetan.
Meine Zweifel zu "FLOTUS" sind aber nicht verschwunden. Ich hatte auch kein Verständnis für die Vorschusslorbeeren und die himmelhochjauchzende Kritik um den politischen Charakter der neuen Scheibe. Daher konnte ich mich nie aufraffen, selbst eine Kritik dazu zu verfassen.

Lambchop live in Dortmund

So hatte das Ticket natürlich noch Gültigkeit, die Erwartungen nicht klar zu fassen. Vorfreude herrschte insbesondere in Bezug auf den Besuch im schönen Konzerthaus in Dortmund. Die Innenstadt kann nicht von sich behaupten, besonders schön zu sein. Das Konzerthaus ist ein Bruch im Städtebau, denn die angrenzenden Straßen sind gestaltet mit Billig-Klamotten-Läden, Imbiss-Buden, Wettbüros und Kiosks. Mittendrin der Glanz eines klassischen Konzertsaales.
Letzten Freitag war es soweit, mein Platz war in der fünften Reihe, eine tolle Sicht auf die Bühne. Das Publikum: Kulturkenner aus dem Ruhrgebiet, Durchschnittsalter Ende vierzig, dünne Schals bei den Herren, ausgefallene Brillenmodelle bei den Damen (und einigen Herren).
Pünktlich um 20 Uhr ging es los. Der Sound war klar, die Band gut abgestimmt. Kaum vorstellbar, dass sie vor sechs oder acht Jahren mal mit 16 Leuten auf der Bühne standen.
Eine Stunde lang spielen sie "FLOTUS"-Songs. Das Publikum klatscht euphorisch, einzelne Blicke doch eher zweifelhaft. So auch bei mir. Doch es nimmt Fahrt auf, das Gesamtbild fügt sich und ist stimmig. Die einzelnen älteren Songs am ganzen Abend: "My Blue Wave" und "New Cobweb Summer". Nicht zufriedenstellend, aber okay. Nach zwei Stunden, allen neuen Liedern und dem herrlichen Gerede zwischen Wagner und Tony Crow am Piano ist der Abend vorbei. Begeisterung ist im Publikum nicht zu spüren und ich kann es verstehen.
Der Zugang zur neuen Scheibe ist nun aber klarer, doch ich weiß auch ganz genau, dass sie nicht so häufig bei mir laufen wird wie "Nixon" oder "Damaged".




Dienstag, 21. Februar 2017

The Franklin Electric - Blue Ceilings

Baum mit Band. Foto: Le Petit Russe
(ms) Wenn man Kanada und Musik in einem Satz hört, dann kann man sich schnell vertun und an Celine Dion oder Nickelback denken. Beides wäre wirklich unzulänglich, denn das weite und schöne Land im Norden Amerikas hat wirklich eine herrliche Vielfalt an grandiosen Acts zu bieten. Da wollen wirklich viele hin. Nur der Weg dahin, Aufmerksamkeit zu erlangen und größere Bühnen als das eigene Wohnzimmer zu bespielen ist lang. Sehr lang.
Jon Matte und seine Band The Franklin Electric haben sich da eines klassischen Mittels bedient und bei einem Talentwettbewerb teilgenommen. Daran ist nichts Verwerfliches. Nur hatten sie achttausend (in Zahlen: 8000) Konkurrenten. Dabei die Hoffnung nicht zu verlieren, ist eine große Leistung. Doch Jon Matte, Kevin Warren, Ken Pressé und Martin Desrosby ließen sich nicht beirren, blieben ruhig und gewonnen das Ding einfach mit dem Song "Old Piano".
Der DIY-Weg vom eigenen Proberaum bis gefühlt ganz nach oben, bekam also märchenhafte Züge. Was sonst noch passiert ist: 2014 erster, professionell produzierter Song draußen, 2015 haben sie 180 Konzerte weltweit gespielt unter anderem vor Mumford & Sons oder Ben Howard. Und nach dem ersten Werk "This Is How I Let You Down", erscheint diesen Freitag über Revolver Distribution Service ihr zweites Album "Blue Ceilings". Wir haben schon einmal reingehört und können euch sagen, dass die Kanadier den Erfolg durchaus verdienen.



Wie die großen Bands, die sie supportet haben, erahnen lassen, spielen The Franklin Electric Gitarrenpop mit Folklore-Anstrich und schrecken vor hymnischen Trompeten nicht zurück.
Die Bandbreite des Albums soll an ein paar Beispielen erläutert werden!

Track 1, "I Know The Feeling": Direkter Einsatz von gezupfter Gitarre und klarem Gesang, bis in der 16. Sekunde Schlagzeug und Bass einsetzen und beide im Hintergrund begleiten. Der Bass hat eine schöne, schweifende Melodie, über der Jon Mattes Stimme den Song zur Entfaltung bringt. Unaufgeregt, aber harmonisch ist der Übergang von Strophe in den Refrain. In der Bridge stimmen sowohl Xylophon und Trompete ein und entfachen hier ein herrlich romantisches Indie-Stück. Logisch, dass der Opener zur ersten Single gekürt wurde und mit einem herrlichen Video versiert wurde.
Track 4, "Save Yourself": Beginn mit treibendem Schlagzeug, schnell danach setzt ein verzerrter Gitarrenklang ein, dessen Dramatik durch Klavier und "Uhh"-Gesang sofort aufgehoben wird. Beim Beginn der ersten Strophe nur noch Stimme und Klavier. Anschließend wird wieder Spannung aufgenommen mit chorgleichem Hintergrundgesang, der herrlich viel Stimmung erzeugt: ein Mix aus Melancholie und dessen unmittelbarer Beendigung. Die Frage im Mittelpunkt: Wer kann mich retten?
Tack 6, "Walk With You": Hier ist sie, die Quotenballade. Zitterndes Klavier, gepaart mit leichem Gitarrensound sind das Klangbett, auf dem sich Matte erneut mit Gesang ausbreitet. Es ist Erschöpfung, Traurigkeit mit einem kleinen Funken Hoffnung: "I could walk with you, if you walk with me." Das Schlagzeug hier nur dezent, dominierend sind Klavier, Gesang und angenehmer Synthie-Bass. Die dann doch treibende Snare untermalt die leichte Verzweiflung zwischen Sound und Text. Gut gemacht.

"Blue Ceilings" ist also ein sehr ausgewogenes Album, das laut und leise kann. Es kann die große Indie-Lovesong-Stimmung zum Fäuste in den Himmel recken. Vermeintlich scheint das Rezept dazu leicht, The Franklin Electric geben ihm einen eigenen Anstrich, der hängen bleibt.
Die vier Kanadier sind demnächst schon hier live zu sehen; geht also hin!

04.04. Berlin - Musik & Frieden
05.04. Hamburg - Molotow
06.04. Köln - Gebäude 9
08.04. Amsterdam - Bitterzoet
09.04. Wiesbaden - Schlachthof
11.04. Leipzig - Täubchenthal
12.04. Heidelberg - Karlstorbahnhof
13.04. München - Strom
14.04. Lausanne - Bleu Lézard
15.04. Zürich - Papiersaal


Montag, 20. Februar 2017

Yuksek - "Nous Horizon"

Foto: Yuksek
(ms) Die elektronische Musik wurde in den letzten Jahren durch das Radio kaputt gemacht. Durch das Radio und David Guetta. Und allen David Guetta-Derivaten wie Felix Jaehn oder Robin Schulz.
Bei solchen steilen Thesen höre ich schon die richtig dollen Club-Gänger aufschreien: Das kann man doch nicht alles in einen Topf werfen! Doch, kann man. Ich würde sogar so weit gehen und noch Alle Farben mit reinschmeißen. Es ist völlig belanglose an-den-Knöpfen-rumdrück-Musik, die austauschbar sind wie Wincent Weiss und Max Giesinger. Bei diesen Namen könnte ich auch sofort im Strahl kotzen, aber das ist ein ganz anderes Thema, das aber ohne schlechten Gewissens mit gleicher Vehemenz angegangen werden kann. Wenn man sich dann ein bisschen beruhigt hat, kommt man wieder zum Kern des eigentlichen Themas dieses Beitrages: Der elektronischen Musik.
Hiermit ist reine, pure, klare elektronische Musik gemeint, bei der auch viel an Knöpfen rumgedrückt wird, aber mit Kopf. Auch mit Herz für Klang, Rhythmus und Energie. Der Franzose Yuksek verkörpert dies und bringt am 24. Februar sein drittes Album "Nous Horizon" auf dem eigenen Label Partyfine heraus.



Bei aller Liebe zum Künstler und einem sehr gut gewordenen Album, kann man nicht behaupten, dass man seine Anfänge als Pianist dabei heraushört. Doch man merkt, dass er einen breiten Horizont hat, wie das Wortspiel im Albumtitel schon suggeriert (Ja, unser Horizont müsste auf französisch notre horizon heißen, Künstlerfreiheit erlaubt das aber). Er holt sich auch ganz bewusst Gäste mit an Bord wie die Bands Her und Juveniles und andere Sängerinnen. Yuksek selbst will sich insgesamt eher im Hintergrund aufhalten, was bei Elektrokünstlern, die auch live spielen, gut funktioniert, da sie hinter den von ihnen erzeugten Klang treten. Satte vier Jahre hat er sich Zeit genommen, um sein drittes Album zu produzieren. Untätig war er zwischenzeitlich natürlich nicht, hat Filmmusik komponiert, die Gorillaz remixt und ein eigenes Label gegründet.
13 Songs gibt es auf dem Album, die alle sehr ausgewogen sind. Bei einigen Titel müsste man das Genre "Easy Listening" neu beschreiben, die "Härte" von früheren Songs wie "Extraball" ist nicht mehr zu hören, macht aber nichts. Dafür ist viel Groove dabei, der jeden Banausen schnell zu packen vermag. Das sehenswerte Raumfahrt-Video zum Song "Live Alone" ist noch nicht mal eine tanzbar ausgewählte Single. Eher geeignet wären "We Love / Nous Horizon", "Sweet Addiction" oder "Break My Heart", die alle vor Popallüren nicht zurückschrecken, aber nicht so schmierig sind wie oben Genanntes.
Dieses Album kann also beides: Locker nebenbei laufen, aber laut durchaus dazu dienen die Hüfte in Bewegung zu setzen. Er bewegt sich dabei souverän zwischen seinen Landsleuten C2C oder den frühen Daft Punk oder dem ehemaligen Wahlwiener SOHN.
Die nächsten fixen Livetermine beschränken sich auf Frankreich, wir halten Euch aber auf dem Laufenden, falls er hier den Mob zum tanzen bringt!

Freitag, 10. Februar 2017

Ju & Me - Herzensangelegenheiten

(sf) Ju & Me - klingt verdächtig nach SEA + AIR, Sonny & Cher und ähnlichen Mann-Frau-Gesangsduos und genau das sind die beiden Bonner, die ihren ersten Live-Auftritt beim legendären Sziget-Festivel in Budapest, feiern duften, auch. Am 10.03. veröffentlichen die beiden nun ihr Album "Herzensangelegenheiten" und wir haben schon mal für Euch reingehört.

Ach, es ist auch nach mehrmaligem Anhören wirklich schwierig, ein Urteil zu fällen: 12 Herzensangelegenheiten haben Judith "Ju" Mattes (Gesang) und Holger Jan Schmidt (Gesang & Gitarre) eingespielt und man merkt jedem Song durchaus an, dass er für die beiden eine bestimmte Bedeutung hat, die Lyrics durchdacht sind und doch, naja, von Herzen kommen, aber über weite Strecken spricht es mich nur bedingt hat. Manchmal ist es das Zusammenspiel der Stimmen, das mir nicht so ganz zusagt, dann erscheinen mir die Texte mal zu naiv oder verkopft - und doch weiß das Album in seiner Gesamtheit zu gefallen, weil es nicht gekünstelt, sondern jederzeit authentisch rüberkommt. Skepsis und Optimismus rangeln miteinander wie in einem gut gepolsterten Boxring oder in einer großen Manege der Gefühle.
 
Und dann kommt "Plejaden" und die Welt hört sich auf zu drehen. Was für ein wundervolles Kleinod, welch Liebeserklärung an die Liebe und das Leben, das einem vor sanfter Schönheit die Tränen in die Augen treiben möchte. Ich will das immer wieder, immer wieder, immer wiiiiiieeeeeeder.... So blöd sich das nun auch anhören mag, aber kauft dieses Album, um dieses Lied erleben zu dürfen - Ihr werdet es nicht bereuen.

Foto: Christian Baron
Ausgehend von diesem Höhepunkt erschließt sich auch der Rest des Albums deutlich besser, zumal
das direkt folgende "Mit Geduld und Zuversicht" einen weiteren Höhepunkt darstellt. Erstaunlich auch die gesangliche und stimmliche Wandelbarkeit von Ju, die die Tracks ein ums andere Mal trägt. Wie vorhin schon beschrieben: das taugt mir nicht immer, aber gerade bei den eben angesprochenen Liedern kann man einfach nur dahinschmelzen.

Holger hingegen funktioniert aus meiner Sicht als stimmliche Unterlegung deutlich besser als als Leadsänger, wie es z. B. bei "Tanzen gehen" der Fall ist. Die äußerst erfreuliche Ausnahme hierzu ist "Soweit ich weiß", die als Durchhalteparole eine sehr positive Message transportiert und, zumindest stelle ich mir das so vor, auch als Antrieb für die eigene Band dient: nicht aufgeben, weiter an den eigenen Traum glauben und weiter machen.

 Wir drücken Euch die Daumen - sowohl fürs Album, als auch für die bevorstehende Tour:

10.03.17 Bla, Bonn (Release Konzert)
16.03.17 Circus Maximus, Koblenz (mit J. Heymann)
26.03.17 Kulturcafe Lichtung, Köln
15.04.17 Spektakulum, Düsseldorf (mit Sarah Lesch)
30.04.17 Mum & Dad, Kiel
10.06.17 Kubana, Siegburg



 

Donnerstag, 9. Februar 2017

Louka - "Flimmern" EP

Hübsch und nachdenklich. Foto: Four Music
(ms) Es ist eigentlich ein altes Thema. Doch gerade wegen seiner Brisanz und täglicher Aktualität, sollte es in den Mittelpunkt gestellt werden. Denn auch in der (Pop-)Musikwelt haben Frauen oft das Nachsehen. Es ist ein ziemlich männerdominantes Geschäft. Schaut man sich nur das Plakat eines mittelgroßen Festivals wie - beispielsweise - das des Open Flairs mit den Künstlern für dieses Jahr an, stellt man fest, dass äußerst wenig Frauen daran beteiligt sind. Aktuell sind es: The Baboon Show, Blues Pills und July Talk. Erschreckend wenig.
Das liegt keineswegs daran, dass Frauen am Mikrophon qualitativ schlechter sind, das wäre hanebüchen. Nehmen wir außerhalb des ganz großen Glamour-Geschäfts mit Rihanna oder Lady Gaga ein paar ernstzunehmende Beispiele. Da ist die wunderbar sympathische Cherilyn MacNeil von Dear Reader, die seit Jahren konstant gefühlvolle Musik macht, sich von Südafrika nach Berlin aufgemacht hat und seitdem eine große Fanschar um sich gebildet hat und in wenigen Tagen ihr viertes Album auf den Markt bringt. Da ist Kat Frankie, die manchmal androgyn auftritt und so eine schier unfassbare Stimme hat, dass Mann und Frau nur so dahinschmelzen möchten. Dazu beherrscht sie das Loopen in Reinform! Letztes Beispiel: Alin Coen, die nicht nur sehr hübsch ist, sondern zarte, direkte Musik macht mit Texten, die aufhorchen lassen. Und das sind nur drei Frauen, die sich mühelos im Indiepop-Business etabliert haben.



Diesen Weg hat Louka noch vor sich. Doch dieser ist fest und gut bereitet mit ihrer EP "Flimmern", die letzten Freitag erschienen ist. Sie lebt in Berlin - natürlich - und begann sich dort zu vernetzen. Die Download-EP bietet vier Songs. Alle mit Band und als Akustikversion. Sie vereint mehrere Elemente miteinander, die ihr in diesem frühen Stadium schon Alleinstellungsmerkmale bieten. Das ist zum einen die Musik: Manchmal ist sie minimalistisch im Hintergrund und dezent verteilt mit Synthie-Beats und feinen Percussions; und dann spielt sie sich wieder flächendeckend in den Vordergrund. Dazu kommt ihre herrliche Stimme. Von den oben genannten Künstlerinnen kommt sie vielleicht Kat Frankie am nähesten (was ein absolutes Kompliment sein soll), hat doch auch eigenen, souligen Charakter. Zuletzt sind es ihre Texte, die doch sehr persönlich sind, sich um Beziehungen und Zwischenmenschliches drehen, Situationen aufbauen, die wirklich jeder kennt und daher gut verständlich, nicht zu abstrakt sind.
Es sind vier Songs auf der "Flimmern"-EP, die erahnen lassen, wohin der Weg geht.
Hier kann man Louka bald live sehen und wir sind ganz kribbelig und gespannt, wie es mit ihr weitergeht!

11.02. - Heidelberg - Kulturfenster
27.03. - Köln - Yuca
28.03. - München - Kranhalle
29.03. - Berlin - Grüner Salon
30.03. - Hamburg - Kleiner Donner
22.04. - Stade - Hanse Song Festival




Mittwoch, 8. Februar 2017

Gisbert zu Knyphausen - "Das Licht der Welt"

Foto: Victor Kataev
(ms) Gisbert zu Knyphausen hat sich in atemberaubender Geschwindigkeit in die höchsten Kreise der deutschsprachigen Singer-Songswriter-Klasse heraufgespielt und -gesungen mit seinem selbstbetiteltem Debut und "Hurra! Hurra! So nicht."
Dann hat er ein weiteres Projekt mit vielen Höhen und noch mehr Tiefen begonnen, die mit großer Bestimmtheit immer noch an ihm zehren. Die wundervolle Platte "I" als Kid Kopphausen zusammen mit Nils Koppruch war ein Geniestreich. Eine herrliche Platte, die durch exzellentes Songwriting auffällt. Nach einer großen Tour und ebenso viel Beachtung ist das passiert, was niemand fassen wollte. Unvorhergesehen ist Nils Koppruch am 10.10.12 nicht mehr lebend aufgewacht. Die Herbsttour stand unmittelbar bevor. Ein Schock, dem zwei Jahre später mit zwei wundervollen Konzertabenden in Hamburg begegnet wurde. Bis dahin war nicht klar, wie es mit Gisberts Musikerleben weitergehen soll. Es standen Gerüchte im Raum, dass es gar nicht weitergeht. Absolut verständlich, dass dieses Ereignis Spuren hinterlassen hat.
Umso erfreulicher war, dass der Adelige vom Rhein in den letzten Monaten immer wieder live gespielt hat. Nur vereinzelt an tollen Stätten, die unglaublich schnell ausverkauft worden waren.



Jetzt gibt es ein sehr konkretes musikalisches Lebenszeichen. Zum Märchenfilm "Timm Thaler oder das verkaufte Lachen" hat er den Titelsong komponiert: "Das Licht dieser Welt". Dazu gibt es sogar - wie hier unschwer zu erkennen ist - ein schönes Video zu. Es ist nicht die alte Gisbert-Band und auch nicht die von Kopphausen. Jean-Michel Tourette (Wir sind Helden), Max Schröder (Tomte, Die höchste Eisenbahn, Der Hund Marie) sowie Christoph van Hal und Florian Eilers standen Knyphausen zur Seite.
Dabei herausgekommen ist ein schönes, persönliches und nahegehendes Lied, das als leise und Bandversion über das Label K&F (Kumpels & Friends) erschienen ist. Natürlich als Download aber auch als 7" für alle Sammler und Vinyl-Verrückten.
Für Gisbert-Fans ist es selbstredend ein absolutes Muss, die Anschaffung lohnt sich für alle anderen auch, da der Song berührt.
Laut Presse-Infos ist dies der erste kleine Vorgeschmack auf ein neues Knyphausen-Album, das noch dieses Jahr erscheinen soll. Wir halten euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.

Bis dahin ist Gisbert zu Knyphausen hier live zu sehen;

08.04. Rostock - Helgas Stadtpalast
09.04. Husum - Husum Harbour
22.04. Stade - Hanse Song Festival

Mittwoch, 1. Februar 2017

Das Kraftwerk Kraft-Werk

Quelle: kraftwerk.com
(ms) Der Radsport hat sich in den letzten zehn Jahren weitestgehend selbst in den Hintergrund der sportjournalistischen Berichterstattung gespielt. Dass es ihm dennoch besser geht als bei der Handball-WM, die hierzulande nur online zu sehen war, ist vielleicht noch - oder höchstens - ein Glücksfall. Die Doping-Vorfälle sind die eine dunkle Seite der Tour de France. Auf der Anderen ist es einfach tierisch langweilig, erwachsenen Männern fünf, sechs Stunden beim Radfahren zuzusehen. Gleiches gilt selbstverständlich für jede Form des Motorsports.
Die Zeitrennen sind möglicherweise noch anregend und es wert, sich anzusehen.
Nun hat die Tour de France seit längerer Zeit die eigentümliche Tradition nicht in Frankreich zu starten. Das macht den Begriff des Ereignisses irgendwie überdenkenswert. Nun startet die Radelei diesen Sommer in Düsseldorf.
Die Kontaktaufnahme vom Tour-Manager Christian Proudhomme zu Kraftwerk-Kopf Ralf Hütter hat sicher schon vor mehreren Monaten stattgefunden. Dieser hatte die doch originelle Idee, dass die statisch-elektronische Band zum Auftaktrennen abends eines ihrer heißbegehrten Konzerte spielen solle. Da Hütter selbst großer Radsportfan ist und dies mit Kollegen vor Jahren schon auf dem passenden Album "Tour de France" bestätigt hat, sagte er schnell zu.
Es ist also alles in trockenen Tüchern: Kraftwerk spielen auch dieses Jahr in Deutschland (mindestens) ein Konzert, sogar in ihrer Heimatstadt und das noch im äußerst sehenswerten Ehrenhof direkt am Rhein zwischen Tonhalle und Robert-Schumann-Saal.
Die Band habe ich vor circa einem Jahr in Essen live gesehen und der Besuch bleibt wirklich in Erinnerung: mitreißend! Am Montag Abend erst habe ich vom Düsseldorf-Gig gelesen und das zum gleichen Zeitpunkt auch der Kartenvorverkauf gestartet ist. Nun war das Haben der letzten Karte schon ein Glücksfall, der technisch bedingt ist. Denn das Ticketportal der Kraftwerk-Seite weist den Kartenbegehrer deutlich ein. Beim letzten Mal saß ich circa eine Stunde in diesem Portal fest, bevor ich mich glücklich schätzen durfte.
Montag Abend war es ein spontaner, neugieriger Klick, ob das Konzert schon ausverkauft sei. Und erstaunlicherweise: Nein! Es gab noch Karten. Also: Was tun? Ich griff zum Handy und wählte die Nummer meines Vaters, der wesentlich direkter mit Kraftwerks Musik groß geworden ist als ich, und sagte sofort: "Jetzt oder nie! Ich hab gerade die Chance Karten zu besorgen." In seiner herrlich ruhigen und besonnen Art sagte er nur: "Ja, mach!" Die Sache war also geritzt.
Kritischer Punkt ist hier immer der Preis, aber es lohnt sich. Wirklich.
Noch kritischer wird es jedoch, wenn man nicht aus dem Düsseldorfer Umland kommt, an diesem Tag noch eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Immerhin sind ja auch mit großer Sicherheit einige Radsportverrückte vor Ort, die auch nächtigen wollen. Über Unterkunftsadresse und ihren Preis wurde stillschweigen vereinbart.
Am ersten Juli also Kraftwerk live.
Openair.
Das ganze Album "Tour de France" live plus ein paar Evergreens.
Der Samstag ist rot im Kalender angestrichen. Es wird ein Fest!