Quelle: morgenpost.de (2020) |
Seit einigen Tagen habe ich mich auf diesen Samstag gefreut. Der Gedanke, draußen solche Musik zu hören, löste erste festivalähnliche Gefühle bei mir aus. Insbesondere bei dieser Band. Die Editors höre ich schon seit vielen, vielen Jahren. Von Munich bis Magazine habe ich ihre Alben und Lieder abgefeiert. Klar, manche Platten sind bewusster auf dem Schirm als andere. Aber so ist das, wenn man seit fast 20 Jahren im Geschäft ist. Die Stimme von Tom Smith plus ihre irre Energie in den Gitarrenriffs oder mittlerweile an den Synthies. Das zieht bei mir schon ordentlich. Das Potential für einen enormen Abend war hoch.
Dann kam jedoch die erste Enttäuschung: das Wetter. Ja, im Endeffekt war es jetzt kein großes Ding, dass es immer wieder geregnet hat. Was will man erwarten, wenn eine Band von der Insel an der Elbe zu Gast ist?! Doch bei sommerlicher Trockenheit hätte ich es sicher besser gefunden. Es folgte die zweite Enttäuschung: Vor Ort gab es KöPi zu trinken. Warum um alles in der Welt? Es gibt so viele tolle, kreative Brauereien in Hamburg. Doch Landgang oder ÜberQuell fehlt es sicher an wirtschaftlicher Zugkraft, um so ein Event ausstatten zu können.
Die nächste Enttäuschung stand fast den ganzen Abend vor mir: Ein Ticket für den Abend hat gut 50€ gekostet. Das ist beileibe nicht wenig Geld! Da haben bestimmt ein paar Kids und Teenies, die auch da waren, für sparen müssen. Und vor mir steht ein Typ, Ende vierzig vielleicht, der lange, lange mit seinem Freund gequatscht hat. Während des Konzerts. Ununterbrochen. Ich wies ihn dann darauf hin, das doch bitte woanders oder wann anders zu machen. Was soll das? Wie respektlos ist das den Menschen um einen herum? Und was ich noch schlimmer finde: Wie respektlos ist das der Kunst gegenüber? Ich gebe 50€ aus, um mich im Stadtpark Hamburg mit meinem Kumpel bei überteuertem Bier zu unterhalten?! Ich ralle es einfach nicht! Auf einem Festival wäre das eine grundsätzlich andere Sache, da herrscht ein wenig mehr Narrenfreiheit. Aber wieso stand der Typ da? Sicher nicht, um das Konzert zu genießen.
Und da sind wir bei der nächsten und leider auch größten Enttäuschung des Abends: Ein Genuss des Abends war nur bedingt möglich. Extrem komplex ist die Musik der Editors nicht zwingend. Würde eine Band wie Get Well Soon da stehen, müsste höllisch drauf aufgepasst werden, wann welches noch so kleine Instrument wie zu hören sein muss. Die Briten waren zu fünft. Ihre Musik lebt dadurch, dass sich die Gitarren wuchtig nach vorne spielen können oder ein Lied wie Racing Rats zu dominieren mit Lautstärke und Energie. Und das war das Problem: zum Einen war das Konzert leider viel zu leise. Zum Anderen war der Sound auch noch schlecht. Das hätte alles viel dichter sein müssen und vor allem die Gitarren viel, viel lauter und klarer. Der Ton war breiig und verschwommen. Nein, unglaublich schlecht war es auch nicht. Aber es fehlten einige Level, um diese Band wirklich wirksam machen zu können. Denn wenn man sich die fünf Typen auf der Bühne angesehen hat, sah man, was Spielfreude bedeutet. Sicher hat Tom Smith irgendwie seine Laune aufgeputscht, es sei ihm vergönnt, der war unglaublich tief in der Musik gefangen. Das war wirklich schön zu sehen. Leider kam so wenig beim Publikum an. Schuld daran ist eine völlig dämliche Regelung für den Schallschutz. Dämlich natürlich nicht für die Anwohnenden. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Doch für das Booking und die Veranstaltenden ist das dämlich. Wenn ich einer Band, die Wumms braucht, um zu wirken, diesen Wumms im Vorhinein nehme, warum sollte ich sie einladen?! Wie gern wäre ich bei Smokers Outside The Hospital Door, Sugar, Papillon oder Frankenstein komplett eskaliert. Gefühlt 50 Dezibel zu wenig haben das verhindert.
So sind wir tatsächlich etwas bedröppelt nach dem Konzert gegangen. Und das lag nicht am aufgekommenen Dauerregen. Ob ich mir dort noch mal ein Konzert anschauen werde, bezweifle ich mal ganz, ganz stark. Schade drum.