(mm/sb) „Es ist nicht das was man empfindet,
nicht nur das was man fühlt, nicht was man voller Sehnsucht sucht.
Liebe ist das was man tut“…. Wie kann man seine Beziehung zu
einer Band wie Kettcar anders beschreiben? Nachdem sie Ende letzten
Jahres ankündigten, dass sie wieder eine Pause einlegen, vorher aber
nochmal auf „Abschiedtour“ gehen werden, war die Entschiedung
sehr schnell getroffen. Freundin in München angerufen, Karten
organisiert und anschließend in Vorfreude gebadet
Der Tag des Konzerts stand leider unter
keinem guten Stern: Sie erkältet und daher nicht wirklich fit, ich
mit halbwegs kaputtem Knie. Wir hatten uns also gegenseitig gesagt,
dass wir diesmal weiter hinten bleiben werden. Na was soll ich
sagen…. Vierte Reihe ist ja weiter hinten als sonst.
Meine Begleitung hatte sich riesig auf
den Support Schrottgrenze gefreut, ich kannte die Band bis dahin gar
nicht, war aber direkt schockverliebt. Großartige und extrem
sympathische Band mit tollen Queer-Texten. Perfektes Warm-up für das was kommen sollte! #liebdocheinfachwenduwillst
Bild: facebook.com/kettcar
Und dann war es endlich soweit:
Kettcar kam, sah und siegte. Ohne
Frage. Sanfter Anfang mit Volle Distanz, um dann mit Money
Left to Burn voll reinzuhauen. Und was soll ich sagen – wir
waren wieder voll dabei. Textsicher wie nie konnten alle 21 Titel der
Setlist mitgesungen werden, bei Rettung ging mir das Herz auf, bei Balu wurde ein Tränchen verdrückt, bei Kein Außen Mehr
– totale Eskalation. Es gab tatsächlich Menschen in diesem
Münchner Publikum, die uns baten, doch nicht so wild rumzuspringen,
andere weiter weg von uns standen stocksteif wie ein Zinnsoldat mit
verschränkten Armen und minimalem Kopfnicken da. Für mich
unverständlich, aber jeder wie er es mag. Wir hatten den Spaß
unseres Lebens, die Band war wie immer großartig mit einer super
Mischung alter und neuer Lieder, sogar auch mit zwei von Markus‘
Solosongs. Absolut beeindruckend. Aus uns zwei, die Spaß hatten, wurden fünf, dann fünfzehn… Kettcar verbindet!
Mit einem lachenden und einem weinenden
Auge verabschiede ich Kettcar in ihre Pause. Ich hoffe, dass sie
nicht allzu lange sein wird und dass Marcus, Lars, Reimer, Fieten und
Erik dann mit einem Knall zurückkommen. Ich freue mich jetzt schon
drauf.
(ms/sb) Wir müssen wirklich nochmal über Musikpreise reden. Ja, ätzendes Thema, aber mit dem kleinen Input aus der letzten Woche ist es noch nicht getan. Wir berichteten über den doch recht renommierten Musikautorenpreis. Nun ist die Verwunderung doch sehr, sehr groß, dass in den letzten Jahren Martin Bechler nicht gewonnen hat und dieses Jahr nicht nominiert ist. Wer? Natürlich der Rotweinschlafanzugkopf von Fortuna Ehrenfeld. Warum verwundert die Nichtnominierung? Martin Bechler wird ab April an der Musikhochschule Köln den Meisterkurs 'Songtexte, Sprachkunst, Metaphorik & Poesie' unterrichten. Na, wenn das nicht die Definition von herausragendem musikalischen Textekönnen mit Alleinstellungsmerkmal ist! Oder: Solch ein Ruf, solch eine Ehre kann doch noch viel intensiver Wirken als ein Preis, der dann im Schrank verstaubt. Ein irrer Typ. Und neben den - auch letzte Woche - angekündigten Tourdaten mit Jenny und neuem Drummer, spielt er auch noch ein paar Konzerte solo am Flügel. Martin Bechler hat einfach Bock, Bock, Bock. Tut euch das bitte an!
Doch jetzt ist erstmal Freitag hier. Louserlounge hier. Selektiert hier. Bitte. Abfahrt: Courtney Barnett
(ms) Na, war es bei euch diese Woche auch teils so dermaßen schmuddelig draußen? Nur Grau und Grau und dann noch den Schreibtisch voller Arbeit? Irgendwie kaum Zeit, um mal wirklich runter zu fahren; damit meine ich nicht einfach mal den Abend auf dem Sofa zu verbringen, sondern wirklich mal zu entspannen, ohne diffusen Druck im Nacken?
Okay, ich auch nur bedingt. Aber zum Glück beschert uns die Musik, ihre Klänge, Atmosphäre ganz besondere Momente. Solche, die einem kleinen Urlaub gleichen und das Gefühl vermitteln, wenigstens kurz aber intensiv durchgeatmet zu haben. Es ist und bleibt ihr innewohnender Zauber. In diese Kerbe schlägt seit einiger Zeit Courtney Barnett. Die junge Australierin fabriziert einfach so unglaublich schöne und entspannte Musik, wie eine kleine Auszeit für den arbeitenden Kopf. Dieses Gefühl versprüht sie jetzt auch in eure schönsten Ecken mit Live-Faktor. Denn Ende Oktober letzten Jahres wurde sie von MTV (jaha!) eingeladen, ein Unplugged aufzunehmen. Es wurde ein kleines, acht Tracks umfassendes Set, das bereits zu Nikolaus digital erschien und neues Soundmaterial bereithält (Play It On Repeat). Doch wer wie wir schön oldschool ist, legt wert auf physisches Material, das man in den Händen halten, das man entdecken kann. Und so erscheint MTV Unplugged Live in Melbourne am 22. Februar auch als CD und LP, damit die Sammlung wachsen kann. Legen wir euch ans Herz!
Three for Silver
(ms) Was passiert wenn man Russkaja, Faber, Voodoo Jürgens mit der englischen Sprache und zwei, drei Liter Whiskey mixt? Man könnte auf einen wild gewordenen Tom Waits mit einer Fiddle in der Hand tippen?! Gar nicht so weit davon entfernt ist die amerikanische Band Three for Silver! Mit Bass, Akkordeon, Violine bewaffnet wissen die Portlander ganz, ganz schnell, wie man die Tanzbeine ins Schwitzen bringt. Und nicht nur das brandneue Video zu Born to Trouble beweist, dass sie etwas verrückt und voller Spielfreude überschäumen. Auch die irre Liste an anstehenden Konzerten in unseren Landen ist eindrucksvoll. Da kann nun niemand sagen, dass man keine Möglichkeit hatte, sie nicht zu sehen. Da die Läden eher klein sind, vermute ich, dass es schnell heiß her geht und einige Schuhe durchgetanzt werden! Also, worauf wartet ihr?!
Der Englische Garten
(sb) Welch genialer Schachzug, seine Band nach dem (neben dem Sechzgerstadion natürlich) Wohlfühlplatz Nummer 1 in München zu nennen! Dass dann auch noch die Musik wie die Faust aufs Auge dazu passt, macht Der Englische Garten direkt nochmal eine Stufe sympathischer und authentischer. Als Münchner kenne ich die Band schon lange und verfolge deren Werdegang selbstredend aufmerksam, zumal das ein oder andere Bandmitglied kein Unbekannter im Münchner Nachtleben ist und auch musikalisch bereits vor DEG aktiv war. Still war es in den letzten Jahren geworden um die Herren, ehe kürzlich (doch recht überraschend) die Ankündigung eines neuen Albums hereinflatterte und mit ihr der Download von Bei Tag und Nacht (VÖ: 13.03.) - welch Freude! Und dieses Gefühl hält auch nach mehrmaligem Anhören des Albums an, denn Der Englische Garten tut das, was er am besten kann: alltägliche Stories in witzige Lyrics verpacken und das Ganze dann äußerst tanzbar aufbereiten. Wer Samba, Superpunk oder Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen mag, der wird auch zu DEG begeistert mit den Hüften wippen oder gar das Tanzbein schwingen. Schön, dass Ihr wieder da seid! Ich bin ja schon gespannt, wie oft Ihr Euch live im Refrain von Schlafen Gehen versingen werdet - ich tu es andauernd. 😉
FIRSTCLASS&COACH
(sb) Wir schreiben das Jahr 2020, schalten den CD-Player an und - schwupps - fühlen uns direkt um 20 Jahre zurückversetzt. Herzlich willkommen zu FIRSTCLASS&COACH! In bester Tradition von Bands wie Elastica, Lambretta, Republica oder auch Sonic Youth entführen uns die Iren auf eine musikalische Zeitreise; dies betrifft nicht nur den Stil, sondern irgendwie auch die Produktion des Debütalbums The Truth About Honey (VÖ: 13.03.), dessen Sound phasenweise an alte Bootlegs erinnert, was aber keineswegs störend ist - ganz im Gegenteil! Die Tracks klingen sehr authentisch und erfrischend retro, nur die beiden deutschsprachigen(!) Songs kann man - mit Verlaub - komplett in die Tonne kloppen.
Philiam Shakesbeat
(sb) Ja gut, da sind wir reichlich spät dran, aber besser spät als nie, oder? Auf den wunderschönen Namen Auf der Suche nach Philanthrosophie (VÖ: 13.12.2019; ich gehe mal davon aus, dass das Datum bewusst gewählt wurde...) hört das Debütalbum des österreichischen Rappers Philiam Shakesbeat und wer auch nur ansatzweise Interesse an deutschsprachigem Hip Hop mit Niveau hat, der sollte sich das nicht entgehen lassen. Gesellschaftskritik, eine eindeutige politische Haltung, intelligente Lyrics und dennoch tanzbare Melodien - all das (und noch viel mehr) versammelt sich auf den 14 Tracks des Albums und hinterlässt beim Hörer sowohl einen Muskelkater im Genick (Kopfnicken deluxe), als auch reichlich Anlass, sich und die Welt zu hinterfragen. Besonders erwähnenswert ist zudem das soziale Engagement des Musikers, der sich bereits wiederholt für Flüchtlingsprojekte wie Bock auf Kultur eingesetzt hat und künstlerische Beiträge lieferte. Ich höre ja prinzipiell schon gerne Hip Hop aus Österreich (Skero, Average u.v.a. Texta), Philiam Shakesbeat rüttelt aber direkt gewaltig am Thron der alpenländischen Wortartisten.
Zebra Katz (sb) Ich gebe es zu: Eigentlich wollte ich mir Less Is Moor (VÖ. 20.03.), das neue Album von Zebra Katz gar nicht erst anhören, weil mich die Ankündigung dazu nicht sonderlich ansprach und die Zeit ohnehin rar ist. Eine unerwartete Autofahrt gab mir jedoch die Gelegenheit, mich doch mit der Scheibe zu befassen - und siehe da: Megapositive Überraschung! Der Künstler, der in der Vergangenheit bereits ausgiebig mit den Gorillaz tourte und auch auf deren Album "Humanz" zu hören war, legt einen ungemein facettenreichen Longplayer vor, der zwischen dancefloortauglichem Faithless-Sound (In In In) und totaler Beklemmung (Blush) etliche Stimmungen abbildet und erzeugt. Garniert werden die ungemein intensiven Lyrics mit meist recht minimalistischen Beats, die der eindringlichen Stimme von Zebra Katz genug Platz einräumt, um sich zu entfalten. Der Musiker ist übrigens alles andere als ein Nobody, auch wenn Less Is Moor tatsächlich sein Debüt ist. Gefeierte Auftritte gab es bereits in Europa und den USA: So konnte er das Broad Museum in Los Angeles, das New Museum in New York, das Metropolitan Museum, das MoMA PS1, das Brooklyn Museum, die Art Basel in der Schweiz und kürzlich die Münchner Kammerspiele auf seiner Bucketlist bereits abhaken.
Die Sterne
(ms) Wenn eine Band seit 28 Jahren Musik schreibt, komponiert und veröffentlicht, darf man allein aufgrund dieser Zeitspanne von Legenden sprechen. Das ist bei Die Sterne definitiv der Fall. Natürlich, ihre verschwurbelten Texte und Lieder ecken immer wieder an und gefallen nicht allen. Muss ja auch nicht sein. Eine treue Fanschar und hohes Ansehen in Kultur und Feuilleton sprechen für sie.
Doch, Halt! Mit der Bezeichnung Band ist jetzt Schluss. Vor zwei Jahren sind Thomas Wenzel und Christoph Leich - immerhin Gründungsmitglieder - ausgestiegen. Übrig geblieben: Frank Spilker, der es sich auch nicht nehmen lässt, weiter zu machen. Und so ist das neue Album Die Sterne, das am 28.02 über PIAS erscheint, eher ein Kollabo- statt Bandalbum. Beispielsweise Erobique und Kaiser Quartett die Musik mit eingespielt. Doch der Stil bleibt gleich, viel klassische Schrammelrockgitarre, Zeilen, die um die Ecke gedacht sind und solche, die ganz profan sind. Auch der neuste Streich Der Sommer in die Stadt wird fahren ist herrlich metaphorisch! Ich freue mich auf die neue Platte!
Bart Budwig (sb) Monatelang war Another Burn On The Astro Turf (VÖ: 24.01.), das neue Album von Bart Budwig, auf meiner Festplatte versauert, doch nun erreichte mich auch noch die CD und siehe da: läuft und gefällt! Dass dem Musiker aus Oregon Konventionen relativ egal sind, erkennt man rasch. Seine Stimme schwankt zwischen weinerlich, dominant, sanft und wütend und auch die Beschränkung auf nur ein Genre fällt dem Künstler schwer. Folk, Country, Jazz, R'n'B und Soul geben sich die Klinke in die Hand und mischen sich zu einem melancholischen Cuvée, der anregender kaum wirken könnte. Lasst Euch das live nicht entgehen:
27.2. Wien | Fluc (AT)
28.2. Klagenfurt | Lendhafen Cafe (AT)
29.2. Innsbruck | Bäckerei (AT)
02.3. Bamberg | Live Club (DE)
03.3. Unna | Tortuga (DE)
05.3. Kiel | Hansa 48 (DE)
06.3. Hamburg | Cascadas (DE)
07.3. Berlin | tba (DE)
08.3. Altlandsberg | Buchholz Saloon (DE)
11.3. Frastanz | Glashus (AT)
12.3. Bern | Wohnzimmerkonzert (CH)
14.3. Immendingen | Gloria (DE)
16.3. München | Fox Bar (DE)
19.3. Salzburg | Zazi Bar (AT)
20.3. Feldbach | Club GLAM (AT)
22.3. Offenbach | Hafen 2 (DE)
23.3. Jena | Rosenkeller (DE)
24.3. Hannover | Café Glocksee (DE)
25.3. Leipzig | Noch besser Leben (DE)
26.3. Solothurn | Acoustic Nights (CH)
Robert Glasper (ms) Wie schon letzte Woche, berichten wir erneut über ein Genre, von dem wir so eigentlich keine Ahnung haben: Jazz. Keine Ahnung von der Geschichte, keine Ahnung von Trends, von heißen Gruppen und KünstlerInnen, keine Ahnung von Pilgerstätten. Aber Ahnung vom Handwerk (der Schreiber kennt sich durchaus mit dem Musizieren aus) und Ahnung vom entstehenden Groove, von der Energie, die packt und einen nicht ruhig sitzen lässt. Vom Zauber. Der nicht in Worte zu fassen, aber so spürbar ist.
Doof nur, dass wir hier über Robert Glasper sprechen und sein Album Fuck Yo Feelings, das kommenden Freitag (7. Februar) physisch erscheint - digital ist das Werk schon erhältlich. Wieso doof? Weil Glaspers Album nicht nur ein Mixtape ist, was für Jazz generell schon ungewöhnlich ist, sondern die Jazzspielarten an seine Grenzen treibt. Sicher auch darüber hinaus. Glasper ist Jazzpianist, doch auf den 19 (!) Tracks ist Soul, Pop, R'n'B und Rap zu hören. Entstanden ist ein Großteil der Platte im vergangenen Mai in zwei Tagen in Los Angeles. Er lud ein Dutzend FreundInnen ein und wollte mal schauen, was passiert. Ein immens vielseitiges Album ist entstanden. Es bedient zum Teil das Jazz-Klischee von klassischer Hintergrundmusik à la Loungemukke, aber hauptsächlich ist das so immens lässig, dass es unheimlich dazu taugt im Sommer die schönen Tage, die man lange an der frischen Luft genießt, zu untermalen. Aufdrehen, zurücklehnen.
(ms) Das ewige Geplärre im Radio hat die schöne Popmusik kaputt gemacht.
Dagegen muss nicht nur angeschrieben werden, sondern hauptsächlich angesungen werden; mit ausgetüftelten und dennoch leicht zugänglichen Melodien, Köpfchen und insbesondere vielseitigen, unterhaltsamen Texten und solchen Zeilen, die direkt ins Herz gehen. Das macht Mine seit einigen Jahren sehr erstaunlich und mittlerweile zurecht erfolgreich.
Alex Mayrs Musik ist mit der von Mine nur äußerst bedingt vergleichbar, aber die einzige, irgendwie nennbare Referenz, die mir bei ihrem großartigen Debut einfällt. Wann Fangen Wir An? erscheint auf dem eigenen Label an diesem Freitag (31. Januar) und ist ein bemerkenswertes Album. Das liegt zum Einen logischerweise an den Texten - kommen wir gleich zu. Zum Anderen an den sehr fein arrangierten Melodien, Harmonien und Zusammensetzungen an Instrumenten. Und dafür ist neben Mayr und ihrem Drummer Konrad Henkelüdeke Konstantin Gropper verantwortlich. Wer diesen Blog länger verfolgt, weiß von meiner großen Bewunderung ihm und seiner Band Get Well Soon gegenüber. Und die dauert seit zwölf Jahren an. Mit jedem Album hat er eine neue Dimension des Alternative Pop/Rock geschaffen und gefüllt. Als Produzent trat er für Sizarr, Casper oder Sam Vance-Law in Erscheinung. Gibt schlechtere Aufträge.
Nun also Alex Mayr. Und das hat verdammt gut geklappt mit der Kooperation. Der hörbare Beweis dauert gut 50 Minuten und beschwingt den Alltag mit Liedern zwischen Provinz, purer Liebe, Beziehungsrettungsversuchen und anderen Geschichten mitten aus ihrer Biographie. Wann Fangen Wir An? ist ein äußerst persönliches, ja, intimes Album. Und das macht es halt so glaubwürdig. An vielen Stellen fällt es leicht, sich zu identifizieren.
Mayr und Gropper haben einige Gemeinsamkeiten und Parallelen in ihrer (musikalischen) Biographie. Beide sind Multiinstrumentalisten, kreisen sich seit der frühen Kindheit um die Welt der Töne und haben ihr erstes Album (mehr oder weniger) in Eigenregie produziert. Gropper mit 26, Mayr mit 34, doch was ist Alter nur für eine irrelevante Kategorie!?
Startschuss also mit Ein Pilot. Ein Lied, das vor musikalischer und textlicher Schönheit nur so strotzt. Und verzeiht mir dieses nerdige Geschreibe, doch ich höre eine rhythmische Ähnlichkeit im Refrain zu Groppers Roland, I Feel You (dort eben diese Peitschenhiebe). Die immer wieder gestellte Frage im Refrain ist die des Albumtitels und eine Gute, Mutmachende endlich damit anzufangen. Japan ist nicht nur irgendwie schräg, sondern hat ein ebenso schönes Video vorzuweisen. In dem selbstgemachten Kostüm steckt übrigens Drummer Henkelüdeke. Eine Reise unternehmen, um die zerschellende Beziehung zu retten? Puh, da muss man erstmal drauf kommen. Klar, einen Traum in Erfüllung aufgehen zu sehen, ist schön. In der Konstellation aber auch explosiv. Nichtsdestotrotz ist es ein feiner, kluger, wunderbarer Song mit ordentlich Ohrwurmcharakter!
Ging es bislang sanft-poppig zu, wird es nun tanzbar und musikalisch fröhlich. Doch irgendwie erzählt Deine Schuhe natürlich eine traurige Geschichte über eine überstandene Beziehung. Die bereitet Mayr jedoch so unglaublich humorvoll, locker und leichtfüßig auf, das man ums Schmunzeln nicht herumkommt. Wunderbar, ehrlich! Gewonnene Freiheit versus teurere Taxifahrten plus hervorragender Keyboardbeat!
Weiter: Ironie wird hier groß geschrieben. Wer Landjugend (Inhalt des Liedes ja selbsterklärend) mit so einem Billo-Konserven-Sound beginnt, weiß was sie tut! Alex Mayr ist im Bremer Umland großgeworden. Eine mitunter triste Gegend. Ich selbst bin woanders aufgewachsen, doch die Geschichten kommen mir bekannt vor. Wenn das Schützenfest nicht nur tragisch und grausam aber eben auch ein Pflichttermin ist...
Dass das Genre Pop hier ganz breit definiert wird, zeigt One Way Ticket. Die beginnenden Takte erwecken den Eindruck, dass der Track in einem Saloon in bester Westworld-Manier aufgenommen wurde. Und die schon dezent hörbare Gitarre wird später aber richtig kräftig aufgedreht. Uhi! Das war bei den vorherigen Songs so nicht zu erwarten, denn im gleichen Lied werden auch R'n'B-mäßige Ah-Ah-Ahh-Gesänge heraufbeschworen.
Zu Was Soll Man Sagen kann ich nur eines sagen: Das ist eines der schönsten, direktesten, wärmsten deutschsprachigen Liebeslieder, das ich in den letzten Jahren gehört habe (Kettcars Rettung ist halt schon neun Jahre alt).
Und es wird noch runder: Opferland ist - natürlich - ein politischer Song. Kommt dabei jedoch in höchstgradig beschwingter Art und Weise daher. Die bekannte Devise: Von den Verbitterten nicht verbittern lassen!
In Ganz Schön Kaputt geht es hymnisch nicht etwa um einen guten Freund, eine wundervolle Liebe zu einem irgendwie schrägen Menschen. Obwohl - Stopp! Um Liebe und Freundschaft geht es doch. Die dem Lieblingsshirt gegenüber. Schön, wie dennoch viele Ebenen der Interpretation dabei eröffnet werden. Ein weiterer bemerkenswerter Beweis für kluges, wohlbedachtes Songwriting.
Wann Fangen Wir An?
Eine gute Frage. Am besten jetzt direkt. Mit dem Begeistertsein dieser Platte gegenüber. Mit dem Kauf derselben und einem dazugehörigen Tourticket. Denn diese selten-großartige Musik muss live gehört werden. Man darf gespannt sein, wie Alex Mayr und Konrad Henkelüdeke dies zu zweit auf die Bühne bringen. Ich schaue in Hamburg vorbei und werde berichten!
(ms) Es ist für mich ein Rätsel, warum ich regelmäßig elektronische Musik höre, aber so wenig darüber schreibe. Was ist der Grund? Eine Abneigung ist es ja offensichtlich nicht. Also grübelte ich und grübelte so vor mich her, bis ich auf diesen Gedanken kam: maßgeblich elektronisch komponierte Musik geht mir nicht so ins Herz. Klar, in die Füße schon, aber sie spricht nicht so sehr meine Seele an. Das liegt auch an den Texten, die ich wenig oder gar nicht so genau wahrnehme. Damit fehlt dann halt - es bleibt hier alles sehr subjektiv - die emotionale Verbindung; diese funktioniert bei mir über große Teile durch den Text, der Identifizierung mit dem Inhalt schafft.
Doch das muss ja nicht so bleiben. Und ein Schweizer rüttelt da seit einigen Tagen an meinem ach so festgefahrenen Musikweltbild. Und das ist gut so. Man kann sich ja nicht immer nur im Kreis drehen. Obwohl gerade Bewegung bei den Songs von Buvette sehr nahe liegend ist. Sein zweites Album, das den bescheidenen Titel 4EVER trägt, erscheint am 31. Januar und dauert gut 53 Minuten. Schon eine lange Spielzeit. Aber nicht hier! Nein! Auf keinen Fall! Diese Platte ist enorm kurzweilig. Und das liegt am sehr ausgetüftelten Soundbild. Äußerst harmonisch, kompakt, gut zugänglich bedient Buvette eine irre Mischung aus Justice, Moby, Lambchop, Kraftwerk und Underworld. Wie? Das soll gehen?! Und ob!
So kontrastvoll wie die genannten Referenzen ist auch der erste Track Together, der mit satter Drumbass spielt und stark zwischen tiefem Sprechgesang in den Strophen und höheren Tönen im Refrain pendelt . Sowas macht halt neugierig. Zu Now or Never fällt mir laienhaft und aufgrund zu weniger Anhaltspunkte im Genre der Vergleich zu Moby ein: Großstadtelectro, Häuserschluchten, wuselnde Taxen, Ruhe vor der Rushhour. Wenn man dann mal auf den Text achtet, bleibe ich beim oben angesprochenen Punkt - flach aber zum Glück unwichtig: Nothing lasts forever / In the universe / Even if it's fucking real / It's now or never. Mit True Stories wurde genau die richtige Single ausgesucht, unfassbar catchy ist dieser Electropop; insbesondere der toll arrangierte Refrain bleibt schnell zwischen den Ohren haften.
Außerdem: Das Genre ist für mich nicht nur Tanz- sondern auch Sommermusik. Zu Last Dance möchte ich von Juni bis August draußen tanzen. Und es soll nicht mein letzter, sondern mein erster, zweiter, dritter... Tanz sein! Zum Thema Text: Because music never dies - das ist wahr, aber auch irgendwie schlageresk.
Und dann kommen wir zum Herzstück der Platte. Es trägt den Namen Jupithing und dauert zehn Minuten, in Zahlen: 10! Es ist faszinierend zu beobachten, wie der Song sich auf diversen Wegen entwickelt, steigert, zurückfällt, wieder neu aufbaut. Über eineinhalb Minuten ist es ein reines Crescendo - Pause - eineinhalb Minuten erneuter Aufbau - Übergang in einen ganz sphärischen Sound für wirklich lange Zeit bis der Track aus seinen tiefsten Tiefen wieder an Fahrt aufnimmt und das in Form eines satten Basses zwischen Minute 5 und 6. Dann einsetzendes Klavier; hinsteuernd auf Minute 8 geht's rund und bis dahin ist ganz viel Unkonkretes, neugierig Machendes dabei, wie ein nicht zu Ende gebrachter Spoiler. Das hier ist extrem pfiffig arrangiert. Das wirklich krasse ist aber, dass im ganzen Track nie ein Beat eingesetzt hat, kein Drum-Sound und dennoch hat er ganz viel Energie.
Dann kommt die am wenigsten erwartbare Assoziation, denn XOXO könnte genauso auf den letzten beiden Alben von Lambchop erschienen sein. Seitdem Kurt Wagner ein wenig mit seiner Stimme experimentiert, ist das vielleicht auch nicht mehr so verwunderlich. Leider hat 4EVER dann auch noch ein paar Längen mit Shepherd of Love, All und Evening Music.
Doch Fomo holt gen Ende nochmal alles raus: Super Beat und das Lied verliert nicht an Fahrt.
4EVER des Schweizers ist also ein sehr breit gefächertes Album, das es sich zu entdecken lohnt. Und ich muss mich selbst dringend ohrfeigen bei all meinen Vorurteilen bezüglich elektronischer Musik! Diese hier weiß extrem zu gefallen (bis auf den Punkt mit den Texten...)!
Demnächst tritt er in Frankreich auf. Sollte es Daten für unsere Gegenden geben, werden wir informieren!
(sb) 5382 Tage, knapp 15 Jahre - so lange musste ich warten, bis ich Heinz aus Wien endlich wieder live erleben durfte. Damals, am 30.04.2005 fuhren wir zu dritt aus Bayern in die österreichische Metropole, um die Heinzen bei ihrem Heimspiel im Tanzpalast zu Baden zu sehen, nun folgte also endlich der Gegenbesuch in München. Wie die Zeit doch vergeht...
Kurzer Flashback: März 2017, die Karten fürs Heinz-Konzert im Dornbirner Conrad Sohm hatte ich seit Wochen in der Tasche, die Vorfreude war riesig, doch dann die Ernüchterung: nur wenige Stunden vor dem Gig kam die Nachricht, dass die Band nicht auftreten werde - offiziell aus gesundheitlichen Gründen, bei der Rückgabe der Tickets ließ der Veranstalter jedoch auch durchscheinen, dass der Vorverkauf richtig mies gelaufen war. Natürlich ein sehr schwacher Trost und die Hoffnung, Heinz jemals wieder live zu sehen, schwand gewaltig, zumal sich die Herren Gaissmaier, Dix & Co. zunehmend rar machten und Konzerte in meinen Breitengeraden quasi nicht stattfanden.
So, nun also München. Freitag Abend. Wieder wurden die Tickets frühzeitig geordert, wieder konnte ich den Tag des Konzerts kaum erwarten. Und dann: mittags posteten Heinz, dass sie mit einem geplatzten Reifen irgendwo in Österreich auf der Autobahn festhängen und nun auf den ARBÖ (der österreichische ADAC) warten müssen. Das kann doch alles nicht wahr sein, oder? Kurze Zeit später aber Entwarnung: Neuer Reifen ist aufgezogen, weiter gehts und man wird pünktlich da sein. Hurra!
Ich verließ meinen Schreibtisch also auch überpünktlich und die knapp 2 1/2 Stunden Fahrt in meine Geburtsstadt vergingen dank Heinz-Beschallung aus den Boxen wie im Flug. Aber mal ganz ehrlich: in einer Millionenstadt möchte ich so rein verkehrstechnisch nie wieder wohnen! Nachdem ich das Auto in einen winzigen Parkplatz gezirkelt hatte, um nur Sekunden später festzustellen, dass da nur Anwohner parken dürfen (aber egal, Strafzettel wäre ähnlich teuer wie Parkschein und außerdem: Leben am Limit!), überbrückte ich die letzten paar Meter zum Milla in der Holzstraße. Netter kleiner Schuppen mit hoher Aufkleberdichte.
Live on stage
Bereits nach wenigen Minuten lief mir Sportfreunde-Drummer Flo Weber über den Weg, den ich ja nun auch schon gut zwanzig Jahre kenne und so erzählten wir uns massenhaft Geschichten aus lang vergangenen Zeiten. Kurzzeitig kursierte im Vorfeld das Gerücht, die Sportis würden vielleicht sogar als Vorband auftreten, was er aber sofort entkräftete. War auch insofern glaubhaft, alsdass nach dem Heinz-Konzert um 23 Uhr noch eine weitere Veranstaltung im Milla stattfinden sollte. Schade eigentlich, denn vor zig Jahren war es durchaus üblich, dass die Sportfreunde und Heinz sich gegenseitig supporteten. Kommerziell so richtig geschafft haben es dann leider (?) nur die Herren Brugger, Linhof und Weber, aber das ist eine andere Geschichte...
Setlist: überragend!
Um 20 Uhr gings dann endlich los und Wahnsinn, was für ein unglaublich gutes Set! Heinz aus Wien machten sich gar nicht erst die Mühe, Songs aus ihrem letzten Album (2017) zu spielen, sondern gaben der Masse, was sie wollte: Klassiker und das reichlich! Es ist immer wieder erstaunlich, zu was ein menschliches Hirn so in der Lage ist, denn obwohl ich (mit Ausnahme der Hinfahrt) seit Ewigkeiten kein Heinz-Album gehört hatte, konnte ich jedes Lied mitsingen und fühlte mich gut 15 Jahre zurückversetzt, als die Wiener bei mir rauf und runter liefen.
Fußballspielen, Lieb im Prinzip, Zeiten mit Dir, Hardrock Cafè, Johnny Depp - was für Hymnen! Und dann war der erste Teil des Konzerts auch schon vorbei und Durchschnaufen war angesagt. Schon zu diesem Zeitpunkt waren alle Erwartungen übertroffen worden; die Ansagen waren (wie gewohnt) legendär, die Riffs saßen und musikalisch war es so viel besser und mitreißender als erwartet.
Den ersten Zugabenblock eröffnete Sänger/Gitarrist Michi Gaissmaier solo mit Mono, einem meiner Lieblingssongs von Heinz. Gänsehaut, Baby. Mit Du bist der Grund folgte das neueste Lied des Sets - und das hat auch zarte acht Jahre auf dem Buckel, entpuppte sich jedoch überraschenderweise auch als Publikumsliebling, ehe Ich hab mit Tocotronic Bier getrunken das Milla zum Kochen brachte. Wieder Pause.
Die Heinzen und der Sportflo
Als die Band anschließend nur zu dritt (ohne Drummer) zurückkam, ahnte man schon, was folgen würde und tatsächlich wurde Flo Weber auf die Bühne gebeten, um sich der Trommeln anzunehmen. Etwas widerwillig kam er der Einladung nach, durfte als Belohnung mit Wunderbaren Jahren jedoch einen Song der Sportfreunde Stiller drummen - für viele Besucher sicher der emotionale Höhepunkt des Abends und in der Tat auch eine ganz hervorragende Konstellation.
Mit Ringelnattern und Mit Dir ist es Einfach... (Scheiße) beendeten Heinz aus Wien ein wundervolles Konzert, das die Besucher, deren Durchschnittsalter übrigens so um die 35-40 lag, nicht nur in Erinnerungen schwelgen ließ, sondern auch davon überzeugte, dass die Band es immer noch kann und Spaß daran hat, Musik zu machen. Schön wars! Und bitte lasst uns jetzt nicht wieder so lange warten, bis Ihr nach München kommt.
(ms/sb) Wir müssen noch ein Mal über Musikpreise sprechen, da demnächst wieder einer verliehen wird. Dieses Mal ist es der Deutsche Musikautorenpreis. Neben diversen Radio- und Fernsehpreisen ist dies neben dem Preis für Popkultur sicher einer der Renommiertesten und für die Ausgezeichneten eine Ehre. Ein seriöses, ernst gemeintes Gesicht verleiht diesem Preis auch die Jury, die unter anderem aus Lady Bitch Ray, Sven Regener und Anna Depenbusch besteht. Alles KünstlerInnen, die mehr oder weniger regelmäßig auch hier auftauchen. Uns freut, dass eine ganze Reihe MusikerInnen nominiert sind, von denen wir schon seit vielen Jahren sehr begeistert sind. Dabei sind Enno Bunger, Dota und Mine, die in der Sparte Chanson/Lied gegeneinander antreten. Da sieht man mal, wie Avantgarde auch die Popmusik sein kann, wenn hier von 'Chanson' gesprochen wird. Auch Thees Uhlmann und Charlotte Brandi (beide Pop) oder sookee (HipHop) sind nominiert. Das Ergebnis verfolgen wir mit Spannung und werden über unsere Kanäle berichten! Wem drückt ihr die Daumen?
Doch nun ist erstmal Freitag. Ihr wisst Bescheid. Hier ist die luserlounge. Wir haben selektiert!
Spanish Love Songs
(sb) Es gibt so Bands, bei denen man echt froh ist, dass der Name nicht Programm ist. Die Toten Hosen zum Beispiel. Oder auch Die Abstürzenden Brieftauben, Eisenpimmel oder Lustfinger. Ähnlich verhält es sich mit Spanish Love Songs, die - entgegen ihres Namens - Gott sei Dank keine Iglesias-esquen Schnulzen raushauen, sondern modernen Emo-Punk, der zwischen himmelhochjauchzend und zutiefst betrübt balanciert. Die europaweite Album-Pre-Order ihres Albums Brave Faces Everyone (VÖ: 07.02.) war innerhalb eines Tages ausverkauft, mittlerweile steht eine dritte Pressung noch vor Release in den Startlöchern. Ordentlich, oder? Während ihr 2018 erschienenes Album Schmaltz noch von Schuld und Selbstzweifeln geprägt war, mischt das Quartett aus Los Angeles auf ihrem neuen Werk zunehmend hoffnungsvolle Elemente in die Lyrics - und das steht dem Album prächtig, auch wenn die stets etwas weinerliche Stimme spätestens bei Track 9 (Dolores) a bisserl nervt.. Auch live hat sich die Band in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet und wird dies sicher auch als Support von The Menzingers bestätigen. 25.01.2020, DE- Hamburg- Grünspan 26.01.2020, DE- Berlin - Bi Nuu 28.01.2020, AT - Wien - WUK 29.01.2020, CH - Zürich - Dynamo Zürich 30.01.2020, DE- Stuttgart- Universum 31.01.2020, DE- München- Technikum 01.02.2020, DE- Köln- Kantine
Poliça (sb) When We Stay Alive. Klingt erstmal pathetisch, wenn man allerdings bedenkt, dass Sängerin Channy Leaneagh Anfang 2018 beim Eiskratzen vom Dach ihres Hauses fiel und sich schwere Verletzungen an der Wirbelsäule zuzog, bekommt der Titel des neues Albums (VÖ: 31.01.) von Poliça plötzlich einen ganz anderen Stellenwert. Dennoch wird der Unfall selber kaum thematisiert, vielmehr steht der Wille aufzustehen und sein Leben in die Hand zu nehmen, im Fokus des Albums. Die Band aus Minneapolis (USA), deren Sound auf dem parallelen Einsatz zweier Schlagzeuge basiert und die gekonnt Indie-Rock mit elektronischen Einflüssen zum Besten gibt, hat nicht zuletzt aufgrund dieses traumatischen Erlebnisses eine Transformation vollzogen: statt sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, wird der Blick nach vorne gerichtet und sich seiner Stärken besonnen. Mich persönlich spricht ja der Track Driving (siehe Video) besonders an, der phasenweise wie ein obskurer Anna Ternheim-Remix klingt. Großartig! 16.02.2020 Zoom (Frankfurt)
18.02.2020 Artheatre (Köln)
19.02.2020 Grünspan (Hamburg)
25.02.2020 Columbia Theater (Berlin)
29.02.2020 Hansa 39 (München)
The Flavians (sb) Treffen sich zwei Schweden, ein Brite und eine Tschechin in Berlin und gründen eine Band - der Anfang einer Story, die das Zeug hat, zur Erfolgsgeschichte zu werden. The Flavians schicken sich jedenfalls an, die Welt mit dem warmen Sound der 60er zu überziehen und konnten u.a. bereits beim Glastonbury Festival und beim Reeperbahn Festival überzeugen. Ordinary People In An Ordinary World (VÖ: 31.01.) ist ein Konzeptalbum, das sich durch seine Heterogenität auszeichnet, denn jeder Track reflektiert zwar die Absurditäten des Alltags, die Perspektiven und Motive variieren hingegen sehr stark und setzen sich dann doch wieder zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen. Wer sich das live anschauen möchte, der hat im März die Gelegenheit dazu:
07.03.2020, Berlin, Musik & Frieden
Fortuna Ehrenfeld (ms) Ich liebe sie. Aufrichtig und von ganzem Herzen. Und das seit dem Tag, als ich sie auf dem Hamburger Lattenplatz das erste Mal sah. Das war tatsächlich auch einer der ersten Bandauftritte von Fortuna Ehrenfeld. Es war der 5. August 2016. Der Knust feierte Geburtstag, wofür auch Kettcar ihre Pause unterbrachen; ein wirklich toller Tag. Und die Kettcar-Ehrenfeld-Connection nahm möglicherweise da ihren Lauf. Es folgte: Besetzungswechsel. Anschließend trieben Jenny, Paul und Martin auf allen Bühnen und in vielen Wohnzimmern ihr Unwesen. Zwei weitere Alben, eine EP, eine Aufnahme auf Französisch, ein Männchen, immer Haltung, immer Schlafanzug, immer Wein. Großartig. Nun gibt's einen kleinen Bruch. Denn Paul will (nochmal) zur Uni und sein Platz am Schlagzeug wird neu besetzt. Bis jetzt ist über den Neuen noch nichts bekannt außer ein Bild auf den eingängigen Kanälen. Wir bleiben dran. Wie das dann wieder live klingt, davon darf man sich hier leibhaftig überzeugen. Liebe Lesenden, geht da hin. Wir sind auch da und stoßen mit allen an! 29.02. Amrum, Blaue Maus 01.04. Hannover, LUX - Concerts
02.04. Hamburg, Knust Hamburg
03.04. Magdeburg, Moritzhof
04.04. Osnabrück, Lagerhalle e.V.
05.04. Köln, GLORIA THEATER
24.04. Bremen, Tower Musikclub
26.04. Frankfurt, Zoom Club
27.04. Stuttgart, Im Wizemann
28.04. Erlangen, Kulturzentrum E-Werk
29.04. Augsburg, Spectrum Club Augsburg
01.05. München, Ampere
21.06. Paris, Fete de la musique
John Carroll Kirby
(ms) Wir schreiben mal wieder über Dinge, von denen wir überhaupt nichts verstehen. Und dazu gehört auch Jazz in all seiner Vielfalt. Ja, ich habe selbst mal Jazz gespielt, aber das ist schon länger her und dieses Genre ist so dermaßen vielschichtig, dass es dem abgeklatschten Bild des Berieselns und der Fahrstuhlmusik schon lange nicht mehr hat oder eigentlich je entsprach.
Es ist virtuos, kompliziert und ebenso verspielt. Das zeigt auch John Carroll Kirby, der mit Blueberry Beads einen Vorgeschmack auf sein Album My Garden liefert, das am 24. April erscheinen wird. Unheimlich lässig harmonieren Piano, Schlagzeug, Flöten, Bass (undundund...) zu einem verträumten Etwas. Durch den wiederholenden Charakter könnte man gar von psychedelischen Elementen sprechen. Geht das überhaupt im Jazz?! Na klar, wieso nicht?! Ihr seht: wir haben keine Ahnung, finden es aber trotzdem gut. Oder deswegen. Hört rein, lasst euch entspannen!
Ulf
(sb) Bei weitgehend unbekannten Bands bietet es sich an, Referenzen zu nennen, um sie musikalisch einzuordnen. Also los gehts: Love A und Turbostaat. Geil, hm? Zugegebenermaßen müssen sich Ulf noch ein wenig strecken, um über Jahre hinweg das Niveau der Genannten zu erreichen (und vor allem: zu halten!), mit ihrer neuen Single Block 4 (VÖ: heute!) gehen sie jedoch einen Schritt in die richtige Richtung. Punkrock, poppige Elemente, ordentliche Riffs und Emotionen - das ist schon verdammt gut, was die Hamburger da an den Start bringen! Der alles in allem bessere der beiden Tracks befindet sich übrigens auf der B-Seite: Holstenstraße raus hat bereits fünf Jahre auf dem Buckel, wurde nun neu aufgenommen und hat definitiv Hitpotential. Leider gibts (noch) kein aktuelles Video, sind aber in Kontakt mit der Band und liefern es asap nach. Versprochen.
Bild: https://www.facebook.com/ulfpunk/
Antilopen Gang
(sb)"Antilopen Outlaws, ja, wir sind die Außenseiter / Leute, die so sind wie wir gibt's da draußen haufenweise / Wir sind die Armee der Kaputten und der Hässlichen / Der Trottel und der Opfer, die alleine in der Ecke stehen."
Kaum eine Band zelebriert ihren vermeintlichen Underdog-Status mit so viel Hingabe wie die Antilopen Gang - und das, obwohl man inzwischen sogar ein Nummer 1-Album auf der Habenseite verbuchen kann. Ja, Outlaws (siehe Zitat oben) ist bereits sechs Jahre alt, aber auch auf dem neuen Antilopen-Album Abbruch Abbruch (VÖ: heute!) kommt das Understatement nicht zu kurz. Egal: die Masche zieht und textlich sind Koljah, Danger Dan und Panik Panzer einfach großartig. Es ist einfach sehr erfrischend, im Rap-Business auf Menschen zu treffen, die zwar wissen, was sie können (und was bzw. wen sie damit erreichen können), dabei aber auch bestens über sich selbst lachen können und bereit sind, sich als Zielscheibe für Späße aller Art zu präsentieren. Selbst vermeintlich ernstere autobiographische Thematiken wie in 2013 oder Abraxas kommen augenzwinkernd daher und überzeugen mit detailverliebtem Storytelling. Ist das das beste Antilopen-Album bislang? Ja, das ist es, auch wenn das Rennen gegen Anarchie und Alltag (2017) erst auf den letzten Metern gewonnen wird. 12.02.2020 Cottbus, Gladhouse 13.02.2020 Stuttgart, LKA Longhorn 14.02.2020 Leipzig, Werk 2 15.02.2020 Bielefeld, Lokschuppen 17.02.2020 Erlangen, E-Werk 19.02.2020 AT-Wien, Arena 20.02.2020 Dresden, Alter Schlachthof 21.02.2020 München, Muffathalle 22.02.2020 Wolfsburg, Hallenbad 24.02.2020 Jena, Kassablanca 25.02.2020 Hannover, Capitol 28.02.2020 Hamburg, Große Freiheit 36 (ausverkauft!) 29.02.2020 Berlin, Columbiahalle 06.03.2020 Karlsruhe, Substage 07.03.2020 Wiesbaden, Schlachthof 11.03.2020 Oberhausen, Kulttempel 12.03.2020 CH-Winterthur, Salzhaus 13.03.2020 CH-Bern, Dachstock 14.03.2020 Köln, E-Werk 23.12.2020 Hamburg, Große Freiheit 36
(ms) Wofür steht die österreichische (Gitarren-)Popmusik? Zum Einen für Vielfalt, zum Anderen für Unterhaltung und Hau-Drauf. Das beweisen Olympique (RIP), Wanda, Bilderbuch, Voodoo Jürgens oder Seiler und Speer. Selbstverständlich ist für die Wahrnehmung zwischen München und Flensburg auch der Wiener Schmäh, eine gewisse sympathische Hochnäsigkeit und ein Haselnussschnaps in der Hand wichtig.
Nächste Frage: Wofür steht die isländische Popmusik? Das lässt sich noch konkreter beantworten: Reine Avantgarde und hochklassige Arrangements; mitunter wie gemacht für's Feuilleton. Das beweisen Sigur Rós, Björk, Högni oder Ólafur Arnalds. Für die Wahrnehmung zwischen Konstanz bis Kiel ist ein bewusstes Bild der spektakulären Natur, einer verschwurbelten Sprache und ein Kaffee in der Hand wichtig (Alkohol ist vor Ort so gut wie unbezahlbar).
Die logische Anschlussfrage: Wie würde es klingen, wenn sich je ein Vertreter beider Regionen zusammentun?! Die Antwort ist nicht Oehl, auch wenn es hier um ihren Erstling Über Nacht geht. Ich habe absolut keine Ahnung, wie derart verschmolzene österreichisch-isländische Musik klingen könnte.
Oehl hingegen nehmen sich ein paar Aspekte der beschriebenen Richtungen heraus und kombinieren sie auf ungeahnt kluge und positiv eingängige Art und Weise.
Am Freitag (24. Januar) erscheint auf Grönland Records ihr erstes Album Über Nacht. Das Duo nennt sich Oehl, da Ariels Vorname sicher besser zu merken ist als Hjörturs, der da Hjörleifsson heißt. Zu hören sind elf Songs über vierunddreißigeinhalb Minuten. Es ist wunderbarer Pop, der seine Zeit braucht, um die ihm innewohnende Schönheit zu offenbaren. Denn es besteht die Gefahr, dass, wenn man schnell reinhört, es sofort als langweilig oder irre monoton abzustempeln. Das soll an dieser Stelle schon mal erwähnt sein!
Es ging mir genauso.
Ende November ist ihre Single Wolken (s.o.)erschienen. Diese läuft seitdem bei mir in ungeahnt hoher Regelmäßigkeit und dieses Lied ist der Grund, warum sich in mir eine starke Bewunderung gegenüber der Musik von Oehl entwickelt hat. Denn ich kann nicht in Worte fassen - obwohl das ja an dieser Stelle genau meine Aufgabe wäre - warum das so ist. Klar, das Arrangement ist wundervoll, eine zarte Eleganz zieht sich durch die Töne und den Gesang. Aber es sind auch bestechende Zeilen wie: "Selbst die Wände rücken längst auseinander in unserem Haus / Denn meine die Füße spür ich bei jedem Schritt, ich leg sie lieber zurück / da hinterm Herd wo jetzt kein Sofa mehr steht, konserviert sich kein Glück / Ich such in jedem Winkel nach einer Tür und finde nicht mehr heraus." Manchmal ist es auch wunderbar, wenn man nicht alles versteht, es aber dennoch irgendwo zwischen Herz, Bauch und Verstand ankommt und haften bleibt. Ja, es geht ein wenig mystisch zu auf dieser Platte!
Und sie beginnt für derart filigrane Popmusik überraschend mit dem Track Bisher. Er dauert keine zwei Minuten und die Stimme wird durch eine nicht zu knappe Portion an Autotune verzerrt. Im weitesten Sinne ist es à cappella, bei dem die bearbeitete aber dennoch prägnante Aussprache von Ariel ein wichtiges Leitmotiv für dieses Album darstellt. Mit Keramik folgt ein wirklich toller Popsong! Seit Tagen höre ich diese Platte und mir fällt bei bestem Wissen keine vergleichbare Band ein. Klar, ich bin kein Lexikon, aber das ist mir schon länger nicht passiert und gefällt mir unheimlich gut. Keramik kling ungefähr so: Auto-Drums, sanfte Bass-Linien und andere elektronische Effekte, die ein extrem ruhiges und harmonisches Gesamtbild abgeben. Der erstklassige Refrain und das bestechende Songwriting hören sich dann so an:
Auch die 'kleineren' Song wissen schnell zu gefallen, sowohl das eineinhalb minütige Himmel oder Tausend Formen, das mit einer Mischung aus ruhiger Strophe und kontrastvollem Refrain zu überzeugen weiß.
Für herausragende Texte eignen sich Neue Wildnis (bittebittebitte ganz genau hinhören, s.u.) und Instrument mit Zeilen wie: "Seit ich des Suchens müde war / Erlernte ich schnell das Finden." Da steckt eine Menge Weisheit und Wahrheit drin!
Irre catchy ist zudem Anlegen. Das Album, der Sound, die Band laden eher zum Verweilen, Träumen, Nachdenken ein, doch es gibt immer wieder - so wie hier - Takte und Melodien, die durchaus zum Tanzen einladen. Und eine bessere Zuschreibung als 'karibisches Flair' fällt mir für den Titelsong auch nicht ein. Das war - positiv gemeint - nicht erwartbar. Auch die verzerrte elektronische Gitarre im zweiten Refrain ist überraschend passig trotz aller Dezenz.
Heimlich, still und leise ist Ariel Oehl und Hjörtur Hjörleifsson hier ein ganz phantastisches Album gelungen, das im Klang und Text ganz wunderbar fein ist und bei beidem immer wieder extrem zu überraschen weiß, ohne dass der sehr harmonische rote Klangfaden reißt. Hut ab!
Sie sind demnächst auf Tour. Einen Besuch - ich hoffe, das ist hier klar geworden - lege ich euch sehr ans Herz!
14.02.2020 München, Milla
15.02.2020 Stuttgart, Club Cann
18.02.2020 Nürnberg, Stereo
19.02.2020 Bremen, Lagerhaus (Wir sehen uns im Viertel!)
20.02.2020 Hamburg, Hafenklang
21.02.2020 Berlin, Kantine im Berghain
(sb/ms) Das Schöne mit dem Profanen verbinden: Es sind jobmäßig - kaum hat das Jahr begonnen - harte Tage mit viel gedanklicher und organisatorischer Arbeit. Was hilft? Ein kleiner abendlicher Streifzug durch die Nachbarschaft. Bewegung ist gut, bisschen Windowshopping bei den längst geschlossenen Geschäften der Kleinstadt. Natürlich gibt's da auch den ein oder anderen (guten) Imbiss. Ich streife dort vorüber und schaue ins Fenster. Dort sitzen offensichtlich Vater (Ende vierzig) und Sohn (Ende Pubertät) zusammen und gönnen sich jeweils eine Ordentliche Portion Kalorien. Gut ist das. Habe ich früher mit meinem Papa auch häufiger gemacht. Und dann der dazugehörige Ohrwurm von Nada Surf.
Hier ist die luserlounge. Es ist Freitag. Hier wurde selektiert!
Pöbel MC
(ms) Weihnachten ist vorbei. Die Besinnlichkeit ad acta gelegt. Das ist gut so. Doch es gibt einen Akteur am Mikrophon, der uns nochmals daran erinnert. Dafür steht er mit seinem Namen: Pöbel MC. Seit einigen Jahren verfolge ich schon sein Tun und er wird immer besser. Das zeigte zuletzt das Pöbel Sports Tape und der Besuch einer eindrucksvollen Live-Performance. Jetzt wird nachgelegt. Nach mehreren EPs/Tapes/Whatevers nun ein Album, wo sein Name drauf steht. Erscheint selbstverständlich bei unseren lieben Freunden von Audiolith Records am 20. März und trägt den wunderbaren Titel Bildungsbürgerprolls! Jawollo! Hier wird ausgeteilt mit feinstem Wortmaterial. So mögen wir das; schlau und aggressiv. Da darf ein Vorbote nicht fehlen und es ist ein doppelter geworden! Zu sehen und hören ist Bildungsbürgerprolls/Patchworkwendekids! Macht die Lauscher auf, übt den Text, bestellt fleißig vor und geht auf jeden Fall auf Tour! Hurra!
King Katalogas
(sb) Coverversionen von Hip Hop-Tracks sind eher selten und das auch aus gutem Grund: im Regelfall sind Beats, Lyrics, Flows und Stimmen zu individuell aufeinander abgestimmt, alsdass da ein Außenstehender was Ordentliches draus zaubern könnte. Dennoch wagt sich King Katalogas nun an die Gottväter des deutschen Sprechgesangs heran und covert Welcher Pfad führt zur Geschichte der Heidelberger Hip Hop-Pioniere Advanced Chemistry. Das Ergebnis kann sich hören lassen und stellt deutlich mehr als nur eine Reminiszenz an Torch, Toni L und Konsorten dar. Wer dem Link folgt, kann den Track sogar kostenlos downloaden, eine kleine Spende wird aber natürlich gerne angenommen.
Nathan Gray
(sb) Es gab Zeiten, in denen die Musik von Nathan Gray durch Resignation und Verzweiflung geprägt war und eine deutlich negative Attitüde ausstrahlte. Gott sei Dank gelingt es dem Sänger der Band Boysetsfire mittlerweile besser, die Dämonen der Vergangenheit zu zügeln und seine Erfahrungen in positive Bahnen zu lenken. Das Resultat dieser bemerkenswerten Transformation ist ein Album voller Hoffnung, das mit einem deutlichen "Ja" zum Leben einhergeht. Powerpop meets Alternative und persönliche, eindringliche Texte - Working Title (VÖ: 31.01.) ist ein Manifest gegen Ausgrenzung, Scham und Angst und als solches ein wertvoller Beitrag zu einer besseren Welt. Stark! End Hits Records Tour 2020 Nathan Gray & Band mit: Swain, Matze Rossi, Norbert Buchmacher 14.02. DE - Berlin @ Columbia Theater 15.02. DE - Münster @ Sputnikhalle AUSVERKAUFT 16.02. DE - Köln @ Kantine 17.02. DE - Frankfurt @ Batschkapp 18.02. DE - Hamburg @ Gruenspan 19.02. DE - Leipzig @ Conne Island 20.02. DE - Nürnberg @ Hirsch 21.02. AT - Wien @ Szene 22.02. DE - München @ Backstage 23.02. CH - Zürich @ Papiersaal 24.02. DE - Stuttgart @ Wizemann 25.02. DE - Saarbrücken @ Garage
Clock Opera
(ms) Wie steht die Anzahl von Bandmitgliedern im Verhältnis zum Sound? Manchmal sieht man viele Leute auf der Bühne und fragt sich, was deren Aufgabe eigentlich ist. Oft ist es auch anders herum. Wenig Menschen und voller, satter Sound. Das erstaunt mich seit vielen Jahren bei Sigur Rós oder Alt-J. Heutiges Beispiel: Clock Opera. Das sind die Briten Guy Connelly, Che Albrighton und Nic Nells. Sie bewegen sich mit ihrem neuen Album Carousel, das am 7. Februar erscheint, zwischen Metronomy, Caribou und Everything Everything. Der Klang ihrer Songs ist also präzise und verspielt, tanzbar und phasenweise verträumt und immer irgendwie typisch britisch. Während Albrighton am Schlagzeug und mit Percussion stets für den Rhythmus sorgt, händeln die anderen beiden mit allerhand Tasten- und Saiteninstrumenten, um genau diesen Sound zu kreieren. Es eignet sich hervorragend, um den Körper in Bewegung zu setzen oder längere Fahrten oderoderoder... vielschichtige Musik halt. Die wird das Trio demnächst hier live präsentieren:
Blondage
(ms) Die musikalische Reise von Pernille Smith-Sivertsen kann man guten Gewissens als aufregend und abwechslungsreich beschreiben. Vor einigen Jahren hat sie nicht nur die elektronische, sondern auch die Indie-Szene als Hälfte des Duos Rangleklods überrascht. Partner (im Studio und m.E. auch privat) Esben stets an ihrer Seite. Veränderungen mussten her, also haben sie sich Blondage genannt und zum Teil etwas zugänglichere Musik produziert. Blondage ist nun das Solo-Projekt von Pernille und nach ein paar Auskopplungen, unter anderem dem heutigen Streich Over It, erscheint am 28. Februar ihre erste EP I Love Music. So einfach, prägnant und aussagekräftig kann eine Betitelung sein. Hier geht es offensichtlich poppiger zu. Und zwar so richtig. Zugegebenermaßen ist es catchy, aber es packt mich nicht. Vielleicht ist es mir zu blingbling, glatt und austauschbar. Aber das muss zum Glück jeder für sich entscheiden. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall!
Eliza Shaddad
(sb) Future, das Debütalbum von Eliza Shaddad erschien Ende 2018 und seitdem wird die Britin von namhaften Musikmagazinen in den Himmel gelobt. Zurecht, wie wir finden, denn die Londonerin setzt sich gekonnt über das allzu beliebte Schubladendenken hinweg, was nicht weiter verwundert, dass sie als Einflüsse so unterschiedliche Künstler wie Nina Simone, Billy Bragg, Bob Marley oder Tracy Chapman angibt. Nun legt die Londonerin mit ihrer EP Sept ~ Dec nach und präsentiert drei neue Songs, die wiederum durch extreme Diversität glänzen und nicht zuletzt textlich überzeugen. Demnächst geht Eliza als Support mit den Britpop-Granden Keane auf Europatour, Headliner-Shows sind auch bereits in Planung und das nächste Album soll im Herbst erscheinen. Wir freuen uns!
Hot Like Sushi
(sb) In der britischen Presse (ja, okay, wir sprechen vom Daily Mirror...) wurde Hot Like Sushi attestiert, die Band sei das Beste, was seit Schokolade aus der Schweiz käme. Man könnte jetzt ja gehässig sein und darauf verweisen, dass England in Sachen Kulinarik ungefähr so viel Kompetenz hat wie beim Elfmeterschießen, aber damit täte man dem Trio aus der Alpenrepublik Unrecht. Ordentlich tanzbar kommt Expiration Date (VÖ: heute) daher, eine Prise 70er Jahre Funk tut ihr Übriges. Man darf gespannt sein, wann die Jungs aus Winterthur, Olten und Basel den bisher veröffentlichten Singles einen Longplayer folgen lassen und ob es ihnen gelingen wird, die bislang versprühte Lebensfreude auch auf Albumlänge präsentieren zu können. Wir wünschen es ihnen - und uns! Denn sagen wir mal so: Wäre es eine britische Band, käme der Hype noch von deutlich seriöseren Quellen als dem Daily Mirror...
Therapy?
(sb) 30 Jahre Therapy?, vier Konzerte in Deutschland, ein Best Of-Album mit Neuaufnahmen (als Doppel-CD mit Bonustracks bzw. als schwarze oder grüne Vinyl) - da kommt einiges auf uns zu und natürlich wird es sowohl vom München-Konzert als auch zum Album was in der luserlounge geben.
Bild: https://www.facebook.com/Therapyofficial/
Antilopen Gang
(ms) Komplett bei mir unterm Radar gelaufen für den Start diesen Jahres: Die Antilopen Gang veröffentlicht ja am 24. Januar (nächste Woche Freitag!!!) ihr neues Meisterwerk Abbruch Abbruch. Könnte also direkt richtig geil werden. Und auch ein bisschen asi. Ist das nicht schön?! Der beste Beweis dazu ist das neue Video zu Der Ruf ist ruiniert. Wenn das Video wirklich so entstanden ist, wie es den Anschein macht, dann beweisen Koljah, Danger Dan und Panik Panzer ein weiteres Mal mehr Abgezocktheit, Humor und halt auch ein wenig asoziales Verhalten. Deshalb mögen wir sie ja. Was besondert gefällt, ist der Beat, es ist ein bisschen dezenter produziert. Und die ewige Selbstzuschreibung als Underdog wird auch hier nicht aufgegeben. Natürlich Quatsch, doch wen interessiert es, wenn der Ruf erst ruiniert ist?! Davon kann man sich hier demnächst überzeugen:
(ms/sb) Als wir zwei vor ein paar Jahren bei der luserlounge eingestiegen sind, hätten wir uns noch nicht mal im Traum erhofft, dass unser Blog eines Tages als Medienpartner auf Tourplakaten genannt würde (so geschehen bei der Europatour der Sonars) oder wir die Möglichkeit bekämen, unsere Lieblingsbands zu interviewen.
Umso schöner natürlich, dass wir in der Zwischenzeit unsere PR-Kontakte so weit ausbauen konnten, dass wir nicht nur mit den neuesten Alben der ganz Großen (z.B. Nick Cave, Pet Shop Boys oder Robbie Williams) bemustert werden, sondern uns, wie in diesem Fall, unsere Favoriten Rede und Antwort stehen. Natürlich freuen wir uns ganz besonders, dass sich Marten Ebsen, Gitarrist und Songwriter von Turbostaat, Zeit genommen hat, um unsere Fragen rund ums neue Album Uthlande (VÖ: morgen) zu beantworten.
Servus und Moin, zuerst mal vielen Dank, dass wir als kleiner Blog die Möglichkeit bekommen, Euch ein paar Fragen zu stellen. Und los geht’s:
(sb) Mit Rattenlinie Nord habt Ihr als erste Single einen Track ausgekoppelt, der politischer kaum sein könnte. Bislang habt ihr Eure Einstellung in der Regel – wenn überhaupt – ja nur sehr subtil in Eure Texte einfließen lassen. Die Tricks der Verlierer, Euer bislang politischster Song, erschien lediglich als Single, weil er thematisch nicht zum Album passte. Woher der Sinneswandel? Und wurde Rattenlinie Nord genau aus diesem Grund auch die erste Single?
Marten: Hm, ich selber empfinde den Song nicht unbedingt als viel politischer als andere Lieder von uns.
(ms) Zum Inhalt des Liedes: Es geht ja um die Flucht vieler Nazi-Größen zum letzten Reichssitz unter Karl Dönitz zum Flensburger Stadtteil Mürwik, von wo aus auch einige Nazis untergetaucht sind. Ich war vor kurzem genau dort und war erschrocken, wie wenig man über genau diese Zeit erfährt. Die Infoschilder drumherum berichten von Flora, Fauna oder der ehemaligen Torpedostation unter'm Kaiser.
Für Euch als Flensburger: Wie seht Ihr die Aufarbeitung dieses Stadtkapitels in der Öffentlichkeit? Oder etwas provokanter: Dominieren in Flensburg die deutsch-dänischen Freundschaften und Konflikte (zu sehr)?
Marten: Für mich als Mensch, der lange in Flensburg gewohnt hat, war es erst einmal ganz seltsam, dass ich erst vor ein paar Jahren über die Rattenlinie Nord gestolpert bin. Das bestärkt natürlich das Gefühl, dass diese Zeit und die Taten unserer Großeltern immer noch unter den Teppich gekehrt werden oder unzureichend thematisiert werden. Es gibt aber Gedenkkultur und gute Arbeit, die von einigen wenigen gemacht wird. In Flensburg oder auch in Husum/Schwesing. Es wäre sicher sinnvoll, wenn sich mehr - auch gerade junge - Menschen gegen das Vergessen engagieren würden.
(sb) Ihr seid ja bekannt für Eure kryptischen Songtitel und mitunter auch Texte. Wie kommt Ihr auf so Titel wie Ja, Roducheln, FünfWürstchenGriffoder Harm Rochel? Entstand das zufällig und Ihr habt Euch dann nen Spaß draus gemacht, weil Ihr immer wieder darauf angesprochen wurdet? Oder was ist die Story dazu? Und was zur Hölle ist/sind Roducheln?!
Marten: Ach, wir fanden es immer ungeil, so Standardliedertitel zu vergeben und haben uns dann etwas anderes ausgedacht, das uns Spaß macht und wir originell fanden. Das ist auch nicht kryptisch gemeint, sondern sollte nur Schlagerhaftigkeit vermeiden. Zu den Roducheln: Roducheln sind Kartoffeln aus Mecklenburg. Die wachsen von November bis März und müssen in Maßen gegessen werden. Glaube ich zumindest.
(ms) Zu den neuen Songs: Die Texte machen einen zugänglicheren, einfacher zu verstehenden Eindruck. Woran liegt es? Wollt Ihr es den Hörenden einfacher machen? Oder gab es eine neue Herangehensweise ans Songwriting?
Bei Euren Freunden von Pascow ist ja eine ähnliche Tendenz zu erkennen.
Marten: Hm, kann ich jetzt eigentlich nicht so nachvollziehen, aber gut. Ich habe einfach geschrieben wie immer, aber habe mich häufiger nach Nordfriesland in der Zeit bevor es Turbostaat gab begeben. Vielleicht ist es dadurch etwas zugänglicher geworden.
Foto: https://commons.wikimedia.org/
(ms) Man sieht ein paar grobe Themen Eurer Texte, die auch bei den neuen Tracks erkennbar sind. Auf Schwienholt wird wieder eine Geschichte von einem schwachen Mitglied der Gesellschaft beschrieben. Was reizt Euch daran, über die Verlierer zu schreiben und zu singen?
Marten: Ich würde Verlierer sehr stark in Anführungszeichen setzen. Man selber hat auch sein Leben lang mit der Welt und der Gesellschaft gehadert und hat sich seit seiner Jugend mit anderen Freaks und Aussenseitern verbunden. Das setzt sich einfach fort.
(ms) Zum Inhalt eines anderen Liedes. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und mag in Brockengeist scharfe Kritik an der Echoverleihung und der (aktuellen, erfolgreichen) Radiomusik hören. Wie ist Euer Standpunkt dazu? Braucht es Preise für Erfolg? Sind Alternativen wie der der Preis für Popkultur ein probates Mittel?
Marten: Interessant. Brockengeist geht eigentlich um Freunde von mir, Drogen und zu wenig Empathie. Zu den Musikpreisen: Das ist doch alles Ausdruck dieses omnipräsenten Konkurrenzdenkens. Das ist doch echt Quatsch.
(ms) Daran angeschlossen: Musik ist Business und Geschäftemacherei. Ihr habt sicherlich davon mitbekommen, dass die Rapperin sookee aufhört Musik zu machen, da ihre Einschätzung ist, dass feministischer Rap kapitalisiert wurde. Wie ist Euer Standpunkt? Seht Ihr zum Teil einen Ausverkauf gewisser Themen?
Marten: Nee, das habe ich nicht mitbekommen.
(sb) Ihr bringt es als Band ja mittlerweile auch schon auf über 20 Jahre und habt stets darauf hingewiesen, dass es Euch nur in unveränderter Besetzung unter dem Namen Turbostaat geben wird. Wir finden das natürlich sehr löblich, aber auch sehr romantisch. Wann reifte in Euch der Entschluss, das so zu handhaben?
Marten: Das steht in der ersten Platte und es gab nie einen Entschluss dazu. Peter sagte mal: „Das ist doch völlig klar!“ und so ist das auch. Wir empfinden das auch nicht als romantisch oder dezidiert löblich. Turbostaat ist halt diese Gruppe von Menschen und nicht unbedingt eine Idee mit Erfüllungsgehilfen.
(sb) Wie vorhin schon erwähnt, seid Ihr nun bereits seit gut 20 Jahren als Band aktiv, mit Euren letzten beiden Studioalben habt Ihr sogar die Top 20 der Charts geknackt. Hand aufs Herz: Feiert Ihr sowas oder nehmt Ihr es einfach nur zur Kenntnis und fühlt Euch bestätigt?
Marten: Es ist immer besser, wenn Konzerte ausverkauft sind und Platten gut laufen, jedoch gibt es einem kaum nachhaltige Zufriedenheit oder gar Bestätigung. Ich würde sagen, wir nehmen es zur Kenntnis, schmunzeln und machen dann etwas anderes.
(sb) Ein Blick auf Eure bevorstehende Tour lässt mich, der am Bodensee lebt, etwas desillusioniert zurück. Da ist ja wirklich gar nix dabei, was auch nur annähernd erreichbar wäre. Kommen da noch Termine dazu? Gerade der Club Vaudeville in Lindau oder die ein oder andere Location in Vorarlberg/Österreich (Conrad Sohm in Dornbirn oder das Poolbar Festival in Feldkirch) würden sich doch anbieten, oder?
Marten: Wir hoffen, dass wir im weiteren Verlauf des Jahres weiter im Süden spielen dürfen. Es ist nicht immer so einfach. Der Weg ist weit.
(sb/ms) Na dann hoffen wir doch mal, dass das noch klappen wird und danken Dir, dass Du Dir Zeit für uns genommen hast.