(ms) Wir wichteln dieses Jahr an Weihnachten.
Mit Mitte zwanzig bin ich aus dem Alter raus, dass ich mir die neue Playmobil-Ritterburg nicht selber kaufen kann. Arbeiten neben dem Studium ist halt Normalität. Da meine Schwester, mein Schwager und auch meine Eltern berufstätig sind und okay bis ganz okay verdienen, muss man für die nächste Investition nicht dem Weihnachtsmann schreiben, sondern kann halt zwei, oder drei Monate sparen. Oder einen Kredit aufnehmen, falls was wirklich großes ansteht.
Ergo: Das Geschenkeschenken an Weihnachten hat seinen Reiz verloren und ist auch nicht mehr zwingend notwendig. Daher haben wir dieses Jahr gelost und jeder schenkt dem Gelosten eine Kleinigkeit für maximal 20€. Eine faire Aktion.
Nebenbei besinnen wir uns auf das, was wichtig ist für den Heiligen Abend und die Tage danach: Zusammensein mit der Familie, die Ruhe genießen, gutes Essen verspeisen, Spiele spielen, was leckeres trinken. Ich bestehe auch darauf zum Feste in die Kirche zu gehen - das ist allerdings ein anderes Thema...
Der Musikindustrie geht es da offensichtlich anders.
Dass sie jedes Jahr zu dieser Zeit wahnsinnig viel Schwachsinn auf dem Mark schmeißt, ist bekannt. Die Gier ist so schnell nicht aufzuhalten. Wir haben mal beim Management einiger Bands nachgefragt, was das soll. Bzw.: Hätten wir gern. Wir haben uns dann mal was ausgedacht.
Udo Jürgens - "Merci Udo" (3CDs)
Management: "Traurig, jetzt ist Udo schon zwei Jahre tot. Ein Gentleman und Lebemann wie er fehlt uns immer noch." - "Ja, auch unseren Kassen." - "Sag das nicht, das klingt ja pietätlos." - "..." - "Klar, du hast recht." - "Also: Was tun?" - "Best Ofs gibt es schon unzählige. Auch live. Auch auf DVD. Auch Bücher. Auch..." - "Weißt Du was...?" - "Ne, komm. Sag!" - "Wir bringen noch ein Best Of raus. Einfach so." - "Fantastische Idee. Liegt ja alles schon parat." - "Genau."
Rolling Stones - "Blue & Lonesome"
Keith: "Boah, Mick." Mick: "Was, Keith?" K: "Boah, Mick, boah." M: "Sag, Keith, was ist los? Du siehst ja ganz blass aus um die Nase." K: "Mick, Alter. Boah, Ahhhhh!" M: "Raus mit der Sprache, was hast Du denn gestern Abend gemacht?" K: "Leck mich fett. Ich hab keinen Plan mehr. Was ein Rausch. Aber war irre geil. Weiber, Koks, Party, bisschen gejammt, der Hammer." M: "Cool, Keith, cool!" K: "War aber scheiße teuer. Ein paar Riesen hab ich durchgeprasst." M: "Normal, oder?" K: "Sicher, aber mir geht die Kohle langsam aus." M: "Keine Sorge." K: "Hä? Wieso?" M: "Weißt Du gar nicht mehr, dass du mich beim Jam angerufen hast? Meintest, wir können einfach mal wieder ne CD rausbringen. Mit Blues-Klassikern aus den 50er und 60er Jahren. Du hast schon alles fertig. Wird ne Riesennummer, ich war voll begeistert." K: "Echt? Wusste ich nicht mehr..."
Depeche Mode - "Video Singles Collection" (3 DVDs)
Management: "Leute, Weihnachten steht vor der Tür und wir brauchen noch ne hippe Idee." - "Ja, mal gucken, was dir Konkurrenz so macht... Da gibt ne Live-DVD von Dings, ein Best Of vom Bums, tatsächlich eine Weihnachtslieder-CD von Dingens: sogar selbst eingesungen." - "Der Aufwand ist viel zu groß. Wir brauchen einen geilen Cliffhänger für die große Tour nächstes Jahr." - "Stimmt! Wie wäre es, wenn wir alle Videos der Band auf DVD rausbringen, machen eine große PR-Nummer draus. Wird ganz groß, ich seh' das schon!" - "Bist du komplett bescheuert? Den ganzen Scheiß gibt's doch im Netz. Kannste Dir jederzeit für umme reinziehen!" - "Du ahnst gar nicht, wie blöd die Leute sind! Das wird schon fleißig gekauft!" - "Gut, mach mal..."
K.I.Z. - "Hurra, die Welt geht unter" (Live DVD/CD)
Management: "Wir bringen dann mal euer Konzert aus der Wuhlheide auf DVD raus."
Band: "Alles klar."
Herbert Grönemeyer - "Alles" (23 CDs)
Management: "Herbert!" Herbert: "Was soll das?" M: "Wir müssen auch noch was für das Weihnachtsgeschäft veröffentlichen. Machen doch alle so." H: "Wir haben doch eben erst die Live-Sache aus Bochum rausgebracht, wo irritierenderweise auch Songs aus Berlin dabei sind. Und auch nur gut zwei Drittel." M: "Ja, Herbert. Das haben wir doch schon erklärt: Merkt keiner. Kauft jeder." H: "Mensch, Mensch, Mensch..." M: "Genau, Herbert! Deshalb haben wir einen unfassbaren Clou für dich!" H: "Was denn? Ich werd' ganz nervös!" M: "Wir veröffentlichen alles!" H: "Wie, alles?" M: "Ja, einfach alles. Alles, was du je rausgebracht hast. Wir haben schon einen hippen Typen gefunden, der eine Box designt hat und fertig." H: "Da soll alles rein? Wirklich alles? Okay. Aber nicht mein erstes Album. Und auch nicht alle englischsprachigen Alben; waren ja vier. Wir nehmen nur eins. Dann bitte auch nicht alle Remixe, wo kommen wir denn damit hin?! Und auch die neue DVD kommt nicht mit rein, gibt's ja seit eben erst. Okay?" M: "Klingt nach Verarsche. Aber okay."
In letzter Zeit habe ich einige persönliche Anekdoten,
aber auch popkulturelle Annäherungen zum Phänomen Blumentopf gelesen. Es wurde alles über den TOPF geschrieben, außer meine Geschichte zur Band.
Ich weiß´noch genau wie das alles begann...
Hip Hop begann für mich um die Jahrtausendwende
mit 13 Jahren in der oberbayrischen Provinz, 40 Kilometer nördlich von München.
Gerade den Backstreet Boys entwachsen, kaufte ich mir 2001 meinen erste deutsche
Hip Hop LP: Eins A. Warum? Primär aus niederen Beweggründen: Die coolen Jungs
sprachen alle vom TOPF und als die Pickel wie Pilze aus meinem Gesicht
sprossen, wollte ich unbedingt dazugehören. Ich weiß noch als ich die LP im elterlichen
Wohnzimmer auspackte, in die alte Panasonic Anlage schob und mich auf das
abgewetzte Ende der Couch setzte. Und erstmal nix damit anfangen konnte.
Irgendwann, anfänglich wohl nur um cool zu sein, fing ich an großen Gefallen daran zu entwickeln. Ich glaube, in dem Schuljahr war Eins A fast jeden Tag
Stammgast in meinem shockwave discman auf dem Weg zur Schule. Keine Ahnung ob
ich deshalb eine Ehrenrunde drehen musste.
#Honigmelonen #Lehrerin
In meinem Kopf war ich der Brian Epstein vom TOPF.
Das sechstt Bandmitglied. Zu dieser Zeit fing ich mit dem Freestylen an,
mehr als ein paar Battles auf Dorfparties im Rausch mit gleichaltrigen Nasen gab´s jedoch nicht. Das Interesse des Freundeskreises
am Freestylen war leider so überschaubar wie die Aussicht auf Besserung meiner
Reimskills, weswegen das Thema rasch ad acta gelegt wurde. Es war allerdings auch
die Zeit, in welcher ich mit dem Schreiben von Texten begann. Ich übte mich, so
empfand ich zumindest, in humorvoller, subtiler Betrachtungsweise mit grandios
einfallslosem Reimschema alá:
Komm
und geh kauf mir ein Balisto
Ich
stecke hier fest wie Monte Christo
Ich war damals so stolz auf meine Texte, dass ich es
sogar meinen Homies beim Ausgehen mit Textblatt vortrug. In einem Alter, wo ein falscher Satz das Ende deiner Coolness bedeuten konnte.
Ans Mic steppen oder nicht? Zumindest aufschreiben!
Es muss so gegen 2003 gewesen sein als Roger & Cajus einen kleinen Gig im JUZ Atlantis in Pfaffenhofen, meiner
Heimatstadt, spielten. Ich versteckte mich als heimlicher, größter Fan in Reihe drei und als
die Beiden die Gäste zum Mitmachen bei der Freestyle Session aufforderten,
drängten mich meine Freunde auf die Bühne. Aber ich hatte eine Blockade und zu
viel Angst zu versagen. Blieb zerknirscht in Reihe 3 zurück. Zermürbt sah ich dann zu, wie
Roger mit seiner hübschen Freundin im Arm das JUZ verließ und ich nur ein
leises Servus herauspressen konnte.
Die Jahre vergingen und just als „Musikmaschine“
erschien, wendete ich mich mehr und mehr dem Alternative & Punkrock zu. Das
Album war für mich eine Enttäuschung und ich sah mich bestätigt in meiner Entscheidung..
juice.de
Es dauerte dann bis „WIR“ , ehe ich wieder
gehooked war. Zum bereits etablierten Aggro Rap fand ich nie Zugang, das war nicht mein Hip Hop.
Das einzige was ich über die Jahre konstant konservierte,
war die Lust am Schreiben. Für mich. Alleine. Als Verarbeitungsmaschine, als Hobby. Als
geistiges Gegengewicht im studentischen Stumpfsinn.
Überraschenderweise ließ mich die Nachricht der
Trennung letztes Jahr kalt. Ich zögerte sogar mir eine Karte zu kaufen. Dann war
klar, dass auch gleichzeitig ein USA Urlaub stattfinden wird. Terminkollision.
Aus. Kein Abschiedskonzert für mich.
Man könnte nun als Außenstehender interpretieren,
dass ich gar kein Fan wäre. Selbst einige Freunde würden das behaupten.
Eine gute Zeit schätzt man immer erst dann, wenn
sie vorbei ist. Und so dauerte es ein bisschen, bis ich das erkannte und bemerkte,
dass um für mich im Reinen zu sein, das Thema der Auflösung von Blumentopf mit
meiner besten Therapieform verarbeiten muss: dem Schreiben.
Lieber TOPF,
seit die Pickel kamen und Clearasil versagte seid
ihr für mich der Inbegriff von Coolness (oder besser: SWAG), absoluten
Vorbilder, Referenzrahmen für passende Alltagsituation in Form von Zitaten
„Ein
echter Partylöwe lässt sich niemals von einer Warteschlange fressen“.
Stets wundervoll
untermalt von groovigen Beats und feinen Cuts, die Stimmungs- und
Meinungsbildner meines Lebens.
Jetzt müsste ich eigentlich um #flysein zu können, noch was swaggy sagen aber sheesh – drauf geschissen, dieses Mal spring ich
über meinen Schatten und würde auf die Bühne steppen und damals anno 2003 wie
heute folgendes zu euch sagen:
Vielen Dank Männer! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen,
wie viel ihr einer suchenden Seele wie
mir bedeutet. Wie viel Freude, Halt(ung), Orientierung und Esprit ihr meinen
Leben gebracht habt.
Früchte tragen können nur die Blüten, die verwelken.
von Michi Bär
Musik ist immer auch ein Erinnerungsmedium. Und höre ich Blumentopf, sind die ganzen schönen Erinnerungen meiner Jugend viel bunter und lebendiger. Danke.
Bald wieder weihnachtlich: Erdmöbel. Foto: Sebastian Weise.
(ms) Es stimmt tatsächlich: Es sind nur noch gut vier Wochen, bis wieder Weihnachten gefeiert wird. Entsprechendes Gebäck steht traditionell seit Anfang September in den Regalen der großen und kleinen Supermärkte. Und auch wenn der Advent gefühlt noch endlos hin ist (kommenden Sonntag wird dennoch die erste Kerze angezündet!), sind die schönen und weniger schmucken Innenstädte des Landes schon mit Lichterketten und Tannenzweigen verziert.
Natürlich gab es auch schon die ersten Fragen, was man denn gern zum Feste essen möchte oder ob der Weihnachtsmann einen Wunsch erfüllen kann. Und schon befindet man sich kurze Zeit später in den Einkaufshöllen, muss noch für die eine Tante und den anderen entfernten Bekannten eine Kleinigkeit suchen, die dann doch wieder im Keller oder auf dem Dachboden verstaubt. Es ist jedes Jahr das gleiche.
Dabei ist Weihnachten ein so schönes Fest.
Wer Besinnlichkeit von allem Kitsch entfernt ernst nimmt, kann diese Tage sehr genießen.
Genau hier schlagen die Kölner Erdmöbel zuverlässig zu!
Jedes Jahr veröffentlichen sie ein neues Weihnachtslied, das immer ganz unterschiedliche Facetten des Festes beleuchtet. Mal den Stress, mal den Grund dafür oder das Baumschmücken. Gewohnt geschieht dies textlich und musikalisch auf höchstem Niveau. Nie verdreht, aber anspruchsvoll. Texter Markus Berges agiert mit Bassist und Produzent Ekki Maas als klug funktionierendes Team.
Am ersten Advent erscheint das neue Lied, die Dreharbeiten zum Video laufen derzeit wieder in Köln!
Passend dazu kommen Berges, Maas, Proppe und Wübben auf Tour.
Man sollte nicht nur hingehen, weil die Band live fantastisch ist. Sondern auch, um bewusst Weihnachten noch mal anders zu erleben.
(ms) Endlich wird wieder getreten!
Waving The Guns stehen für so viel: Ironie, Sprachwitz, klare Haltung, rhetorisches Austeilen, unverfehlbare Stellung in den Texten, selbstverständlich politisch, selbstverständlich humorvoll.
Wer Rap genauso wie wir zu Füßen liegt, der kommt nicht drum herum ihr aktuelles Album "Totschlagargumente" in Heavy Rotation zu hören. Zudem kam dieses Jahr noch die 7"-Split-Single "Erfolg" mit Kaput Krauts auf den Markt: Erste Sahne!
Kein Wunder also, dass Milli Dance, Admiral Adonis, Doctor Damage und Dub Dylan dringend wieder die Bühnen von Rostock bis München bespielen wollen. Selbstverständlich maskiert, ist davon auszugehen, dass sie mit sprachlicher Gewalt jeden Club zerlegen werden. Im Gepäck haben sie den neuen Track "Endlich wird wieder getreten": Gegen alles und jeden,der sich in den Weg stellt oder Flüchtlinge als falsche Opfer berechtigter Wut nimmt. Genau da wird hingetreten mit Punchlines, die sitzen und Pyros, die brennen.
Ein Besuch von einem Waving The Guns-Gig wird dringend empfohlen! Wir haben uns dieses Jahr auf dem Spektrum überzeugen lassen, dass die Rostocker unumgänglich beim Thema deutschsprachiger Rap sind!
Bei ein paar Terminen unterstützen sie auch Neonschwarz, also mindestens zwei Gründe, das Restgeld vom letzten Kneipengang zusammenzukratzen.
Daniel, Ira und Matthew lebendig wie eh und je! Foto: luserlounge.
(ms) Eine Lanze für Nada Surf!
Warum eine Band, die es seit 24 Jahren in der gleichen Besetzung spielen, so abfeiern wie Nada Surf dieser Tage? Sie haben acht Studioalben aufgenommen, gelten als die Könige des Independent Rock und haben erst dieses Jahr mit "You Know Who You Are" ein tolles Album auf den Markt geworfen. So weit, so gut.
Sie haben sich nicht neu erfunden, aber zu neuer, erstaunlicher Energie gefunden. Erst haben sie Doug Gillard als vierten Mann zur Band aufgenommen, Matthew hat geheiratet, sie haben mit "Peaceful Ghosts" dieses Jahr noch ein brilliantes Live-Album herausgebracht und man sieht ihnen in jeder Sekunde auf der Bühne eine ungeheure Freude und Spaß beim Spielen an, die im Publikum ansteckend sind! Kürzlich haben sie selbst via Facebook verlauten lassen, dass dieses eines der spannendsten Jahre ihrer Bandgeschichte ist. Es ist ihnen wahrhaftig zu glauben!
So touren sie seit Wochen und Monaten durch die halbe Welt und haben am Freitag Halt in Osnabrück gemacht.
Mehr Provinz auf einer Europa-Tour geht kaum!
Um acht Uhr ging es mit dem Vorprogramm los: fünf gut aussehende Kerle, die sich Yokko nennen und aus der Schweiz kommen, betreten die Bühne und legen stark los. Leider ist bis dahin der wunderbare Rosenhof noch nicht so gut gefüllt (keine Sorge, das ändert sich noch). Sympathisch und klanglich kraftvoll, hatten sie keine Probleme das Publikum zu animieren. Erst später habe ich nachgelesen, dass sie in der Schweiz zu den Größen des Pop gehören, Debutalbum auf #10, das zweite, "To The Fighters, To The Boxers.", auf #2! Sie klingen wie eine ungemein ausgewogene Mischung aus Editors, Kings of Leon und den österreichischen Kollegen von Olympique. Den Namen bitte merken und hingehen, wenn in der Nähe.
Ohne große Aufmachung wurde nach ihrem Auftritt die Bühne umgebaut, bis Ira, Daniel und Matthew mit "Cold To See Clear" ihren Gig eröffneten. Doug kommt erst etwas später zur Tour dazu. Es folgen zwei Stunden der puren Freude und des Grundes, warum Nada Surf die Band des Jahres sind. Ihre Songs bewegen so ungemein, die Ansagen von Wahrheit, Ehrlichkeit und Menschlichkeit geprägt, dass es fast schon weh tut. Beispiel: Kurz vor "Rushing" die Worte, dass eine Beziehung dann wertvoll ist, wenn sie einem allen vergessen lässt, etwa wenn man mit seinem Körper unzufrieden ist, das kann alles vergessen werden. Klingt kitschig, ist jedoch real. Dann dürfen auch eine Hommage an den verstorbenen Leonard Cohen und ein paar ehrliche und gedankenschwere Worte zur US-Wahl nicht fehlen, von der die New Yorker unmittelbar betroffen sind.
Dann das Sahnehäubchen on top:
Für ihre Auftritte dieses Jahr haben sie sich eine besondere Art der Zugabe einfallen lassen: Mit Akustikgitarre gewaffnet nach dem offiziellen Teil mitten im Publikum zwei, drei Songs spielen: herrlich! Außerdem lassen sie es sich nicht nehmen, mit ihren Fans und Bekannten danach an der Bar ein Bier zu trinken und ein offenes Ohr für jedermann zu haben.
Nada Surf! Vielen Dank!
PS: Lieber Rosenhof: Kronsberg als "Rosenhof Pils vom Fass" zu verkaufen, geht gar nicht!
Pernille und Esben sind Blondage. Foto: Anders Bigum
(ms) Vor einigen Jahren habe ich es mir mal ein wenig zum Spaß gemacht, in der Vorfestivalsaison nach (un)einprägsamen Namen auf Plakaten zu suchen. Dabei kamen wirklich gute und schräge Sachen heraus: Taschenbilliard, Feine Sahne Fischfilet (als man sie noch nicht kannte), Vögel die Erde essen, The World Is A Beautiful Place And I Am No Longer Afraid To Die (ginge sicher auch kürzer). Auch Klassiker wie Oma Hans, Alte Sau, Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen. Andere sind schier unaussprechbar. Wie lange habe ich gebraucht, um meines Wissens richtig RANGLEKLODS auszusprechen?! Nach zwei, drei Bier geht das wesentlich flotter von der Zunge. "Young & Dumb" des dänischen Duos hat mich ziemlich schnell mitgerissen, weil es schlicht und einfach ein bestechend guter Track ist. Selten war tanzbare Electro-Musik in letzter Zeit so catchy! Nach ihrem Erstling, folgte letztes Jahr das Album "Straitjacket". Es wurde sperriger, etwas psychedelischer, aber immer noch ausgesprochen anspruchsvoll und stark!
Was genau die Haupt- und Beweggründe für die beiden Dänen war, sich nun BLODAGE zu nennen, nennt Pernille so: Die beiden Rangleklods-Alben sind etwas, auf das sie sehr stolz sind. Doch wollen sie einen neuen Fokus, nämlich edgy electronic pop tunes machen.
Dass der neue Name besser auszusprechen ist, lässt sich jedoch auch nicht leugnen.
Wer die Band bei Facebook geliked hat, konnte Anfang diesen Jahres die Transformation wöchentlich miterleben, als Rangleklods sich umbenannt haben, ein neues Logo kam und schlussendlich die Ankündigung neue Musik in petto zu haben. Nach diesem stufenweisen Prozess, war es kein Wunder, dass sie im September eine selbstbetitelte EP veröffentlichten: "Blondage" war also geboren.
Und so kam es, dass die fünf neuen Songs wirklich wesentlich griffiger sind als das Material, was bereits vorlag. Es lässt sich ganz einfach sagen: Wenn ich zu elektronischer Synthiemusik tanzen gehen will, ist es genau das, wozu ich ausgehe! "Lucky Black Skirt" ist eingängig und rhythmisch groß zugleich. "Dive" das Stück, was bitte im Club ganz laut läuft. "BEG" legt noch einen drauf mit der Bass-Hookline ab der Mitte des Tracks. "Pray" und "FLF" stehen den anderen Liedern in nichts nach. Es macht verdammt viel Spaß, das zu hören.
Aufgrund des noch nicht so vielen neuen Materials als Blondage, darf man bei Gigs noch auf alte Klassiker hoffen. Denn eines sei gesagt: Live sind die beiden so berstend unterwegs, dass es einem die Schuhe auszieht.
Kann man demnächst hier sehen, tanzen, hören, springen, schwitzen:
03.12. - Köln, DE - Artheater
04.12. - Munich, DE - Kranhalle - Alte Kindl - Brauerei
06.12 - Berlin, DE - Musik & Frieden
07.12. - Hamburg, DE - Molotow
(sf) Im
August stellten wir Euch die Hamburger Band KOMMANDO KANT vor, die ihr Debütalbum
„Ziehen Sie ’ne Nummer“ veröffentlichten und einige Exemplare davon bei
uns in der luserlounge verlosten. Jetzt stellten sich Björn, André, Marius und Jannis zum Interview und offenbaren Einblick über Ihre Herkunft, Vorbilder, musikalische Vorlieben und Fußball.
Luserlounge:Hallo Kommando Kant und vielen Dank,
dass Ihr Euch Zeit für ein Interview mit uns nehmt. Euer Album „Ziehen Sie ’ne
Nummer“ ist ja nun seit ca. zwei Monaten draußen; seid Ihr zufrieden mit der
Resonanz? Wie waren die Kritiken und hat sich das gute Stück auch verkauft?
Björn:Erst mal danke zurück,
dass auch Du Dir die Zeit nimmst!
André:Hm ... also
die Rückmeldungen, die uns bislang erreichten, waren zwar überwiegend positiv,
allerdings hätte es insgesamt etwas mehr Resonanz geben dürfen. Es hat über ein
Jahr gedauert, bis das Album endlich draußen war, und wir wurden,
glücklicherweise, immer wieder gefragt: „Wie lange noch?“ Nun ist es endlich
da, aber abgesehen von einer kurzen Freudenwelle zum Release blieb die
allgemeine Reaktion aus unserem Umfeld eher verhalten à la „Joa. Ist nun halt
draußen“. Das liegt aber auch daran, dass es für diejenigen, die uns schon
länger begleiten, keine wirklichen Überraschungen auf dem Album gibt, bis auf
das letzte Lied „Hudtwalcker“. Alle anderen Lieder gehören zum Teil seit Jahren
zu unserem Live-Repertoire, dem entsprechend kennen unsere Fans sie auch schon.
Björn:
Ich sehe das
etwas positiver: Klar hätten es hier und da ein paar mehr Reaktionen geben
dürfen. Andererseits haben wir mit „Ziehen Sie ’ne Nummer“ auch nicht die
Musikgeschichte neu geschrieben, sondern vor allem eingefangen, was sich in den
Jahren davor bei uns so abgespielt hat. Wir haben viel mitgenommen für die
Zukunft, was Songwriting, aber auch das ganze Drumherum bei der Veröffentlichung
eines Albums angeht. Dass das Album von den meisten gut aufgenommen wurde und
zum Teil überraschend positive Reaktionen kamen, kommt für mich eher noch on top.
Marius:Der Gentleman redet
natürlich nicht über Verkaufszahlen. Unsere nagelneuen iPhones und Sportwagen
sollten Indikator genug sein.
Luserlounge:Ihr lauft ja unter „Hamburger Band“,
kommt aber tatsächlich ganz woanders her. Erzählt doch mal ein bisschen über
Eure Wurzeln und wann und wieso es Euch in die Großstadt verschlagen hat.
André:Björn, Marius und ich
kommen aus dem Raum Husum in Nordfriesland und na ja, soo anders ist es dort
gar nicht im Vergleich zu Hamburg. Klar, es ist da oben wesentlich ruhiger,
entschleunigter und halt ländlicher, aber im Großen und Ganzen hat Hamburg trotz
Millionenstadt einen dörflichen Charakter. Man trifft dauernd Bekannte aus
Nordfriesland, die Stadt ist verhältnismäßig grün und die allgegenwärtige
maritime Atmosphäre verbindet Husum wie Hamburg gleichermaßen. Trotzdem liegen
an manchen Tagen Welten zwischen beiden Bezugspunkten, was wir auf „Ziehen Sie
’ne Nummer“ auch immer wieder zum Thema der Songtexte gemacht haben.
Björn:Wenn man von da oben
kommt und nach der Schule Hummeln im Hintern hat, gibt es eigentlich nur zwei
Möglichkeiten: ein paar hundert Kilometer weg in eine der nächsten großen
Städte ziehen oder ganz abhauen. Wir haben uns für Ersteres entschieden, weil
man dann doch irgendwie am Norden hängt.
Jannis:
Ich habe auch eine
starke Bindung zu Nordfriesland. Um genau zu sein, zu der Insel da oben neben
Sylt – Föhr. Meine Mutter ist dort aufgewachsen und wir haben dort eine
Wohnung, die wir/ich seit 21 Jahren jährlich besuchen. Abgesehen davon fällt es
mir schwer, meine Wurzeln genau zu verorten, da meine Familie und ich aufgrund
der Arbeit meines Vaters in der Hotellerie von 2006 bis 2012 außerhalb von
Deutschland in drei verschiedenen Ländern gelebt haben. Genau aus dem Grund ist
Föhr, wie ich gerade wieder mal feststelle, der einzig konstante
Wohnsitz/Rückzugsort in meinem Leben. In meinen Liedern spiegle ich das jedoch
nicht wider, da ich keine schreibe.
Luserlounge:Fühlt Ihr Euch nun dort angekommen?
Oder seht Ihr Hamburg nur als Zwischenstation, um – wie so viele – dann nach
Berlin weiterzuziehen?
Jannis:
Auch wenn ich immer
eine gewisse Reiselust verbunden mit Fernweh empfinden werde, freue ich mich
jetzt, vorerst hier zu bleiben, und habe auch nicht so schnell vor weiterzuziehen.
André:Geht mir genauso. Zu
Berlin habe ich ein etwas unentschiedenes Verhältnis. Generell ist mir die
Stadt zu groß und impulsiv, andererseits merke ich, dass ich mich dort von Mal
zu Mal wohler fühle. Ich glaube, Berlin ist ein guter Ort für einen Neuanfang
und Suchende; wenn man Single ist, alle Brücken abgebrannt hat oder einfach auf
der Suche nach neuen Abenteuern ist.
Björn:Ja, das stimmt. Man
bekommt in Berlin oder ähnlich großen Städten schnell das Gefühl, es gäbe noch
so viel mehr zu entdecken auf der Welt und es wird Zeit, mal rauszukommen.
Gleichzeitig machen so viele Optionen vielleicht auch gar nicht glücklich, wer
weiß.
Luserlounge:Ihr selbst macht ja deutschsprachige
Musik. Gibt’s irgendwelche Bands, die Euch inspirieren und wenn ja, sind diese
auch aus Deutschland? Wieso habt Ihr Euch denn dafür entschieden, auf Deutsch
zu singen?
Marius:Also bei den deutschen
Einflüssen muss ich mit Tocotronic alle hanseatischen Gymnasiasten-Klischees
bestätigen. Ist aber auch wahrscheinlich unmöglich, sich nicht auf die zu
beziehen.
Björn:Ich würde gerne
englisch texten können, versuche mich auch immer mal daran. Aber ich habe das
Gefühl, auf Englisch ist es noch gefährlicher, in Plattitüden zu verfallen, vor
allem wenn es nicht die Muttersprache ist. Zum Glück gibt es in beiden Sprachen
reichlich positive und negative Beispiele, um sein eigenes Zeug etwas besser
einordnen zu können.
André:Es gibt haufenweise
Einflüsse und die sehen auch bei jedem von uns anders aus. Das ist mal Fluch –
wenn man z. B. bei Songwriting-Diskussionen einfach nicht zu einem Nenner
findet, weil jeder eine andere Vision vor Augen hat –, oft aber auch Segen,
denn ich glaube, dass der bunte Mix dessen, was wir privat hören, uns zu einem
eigenständigen Stil verhilft, wenn auch eher unterbewusst. Und das mit dem
Deutschsprachigen geschah meiner Einschätzung nach ganz von alleine. Wir sind
nun mal Muttersprachler im Deutschen und glauben daran, dass man in seiner
Muttersprache immer noch die authentischsten Lieder schreiben kann. Bei mir
konkret kommt da an Vorbildern vieles zusammen: Was die Texte/Gesänge angeht,
stehen dann schon eher deutsche Lieblingsbands à la Muff Potter oder
Schrottgrenze Pate, beim Gitarrenspiel gucke ich mir hingegen gerne mal was von
meinen internationalen Helden wie Neil Young, The Cure oder Modest Mouse ab ...
oder versuche es zumindest. (lacht)
Jannis:
Ich spiele
Schlagzeug. Over ’n’ out. (lacht)
Luserlounge:Die Hamburger Musikszene ist ja nun
nicht gerade klein und hat einige sehr bekannte Acts am Start. Gibt’s da schon
Berührungspunkte, z. B. gemeinsame Auftritte?
Marius:Ich glaub’, sowohl Udo
Lindenberg als auch Jan Delay sind mal an mir in St. Pauli vorbeigelaufen. Für
’nen gemeinsamen Auftritt hat dieses Networking jedoch nicht gereicht.
Arrogante Säcke!
Luserlounge:Wo ich gerade schon Auftritte
angesprochen hatte: wo kann man Euch denn demnächst mal live sehen?
Björn:Am 19. November
spielen wir in Hamburg ein Soli-Konzert mit den Leuten von Spandau für Pro
Asyl, da freuen wir uns sehr drauf. Außerdem haben wir es für dieses Jahr
endlich geschafft, ein Konzert im Husumer Speicher um die Weihnachtszeit zu
organisieren – am 17. Dezember, das wird „Homecoming“ at its best!
Marius:Da werden wir dann Keine
Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen supporten! Außerdem haben wir die Ehre, am
8. Dezember für die wunderbaren Delorentos aus Irland in der Molotow SkyBar zu
eröffnen. Das wird schön!
Jannis:
Genau, für diesen
Auftritt lasse ich sogar eine Weihnachtsfeier sausen. Oh nein ...
Luserlounge:Auch wenn Ihr gerade erst ein Album
veröffentlicht habt, richtet Ihr den Blick ja sicher auch nach vorne. Sind
schon neue Songs in Planung und wie läuft der Songwriting-Prozess bei Euch ab?
André:Wie ich eingangs schon
sagte, sind die Lieder auf „Ziehen Sie ’ne Nummer“ allesamt etwas älter.
Deshalb haben sich tatsächlich schon zwei neue Songs in unsere Live-Sets
gemogelt. Zwei weitere befinden sich zurzeit im Proberaumstadium und von mehr
oder weniger fertigen Song-Ideen hat noch jeder von uns Zuhause ’nen Keller
voll! (lacht) Im Prinzip kann das zweite Album also bald kommen.
Björn:Um ehrlich zu sein,
kann ich kaum die Füße still halten, was neue Songs angeht! Da ist einiges
passiert seit den Albumaufnahmen und am liebsten würde ich damit sofort nach
vorne preschen. Aber ein bisschen Geduld ist da wohl leider noch gefragt. Auch
beim Songwriting hat sich was getan: fürs erste Album sind die meisten Songs
noch eher in Einzelarbeit entstanden und die Anderen aus der Band wurden erst
recht spät eingebunden. Mittlerweile passiert da mehr zusammen und jeder kann
sich mit seinen Stärken einbringen, das macht auch echt mehr Spaß!
Luserlounge:Mal ein ganz anderes Thema: Wie
schaut’s bei Euch in Sachen Fußball aus? Interessiert? Fans? Die
luserlounge-Redaktion besteht ja aus München Blau, München Rot und St. Pauli.
Habt Ihr da was beizusteuern?
Jannis:
Hätte
man mir vor 15 Jahren diese Frage gestellt, hätte ich Euch stundenlang von
Kahn, Ballack und Co. erzählen können. Jetzt ist das anders – auf das eine oder
andere St. Pauli-Spiel gehe ich schon, aber mehr als, wo das Millerntorstadion
ist, weiß ich über Fußball nicht ...
André:Wenn ich mich für eine
Sache so gar nicht interessiere, dann ist das Fußball. Sorry! Ganz so anti wie
Björn, der ja an WM-Spielen bewusst trotzig etwas anderes macht, bin ich zwar
auch nicht, aber da fragst Du dennoch den komplett Falschen.
Björn:Da der HSV ja
„unabsteigbar“ ist (hust), kann man sich als Hamburger getrost zurücklehnen und
sich Wichtigerem widmen. Und das mit der WM ist weniger Trotz als vielmehr die
Ausnutzung der seltenen Gelegenheit: Wann hat man schon mal die ganze Stadt für
sich, weil alle vor dem Fernseher hocken?!
Marius:Sonntagabends beim
Tatort? Hach, deutsches Fernsehen. Fazit: Kommando Kant sind die unsportlichste
Band Deutschlands. Wobei: Schaut Jochen Distelmeyer nach einem anstrengenden
Tag als Diskurs-Popper abends Sportschau?
Luserlounge:So, dann kommen wir langsam zum
Ende, aber ein paar zackige Stichworte habe ich noch mit der Bitte um spontane
Antworten und kurze Erklärungen:
1. Song des Jahres
2. Album des Jahres
3. Konzert des Jahres
André:
Puuh, ich fange
mal andersrum an. Mein bestes 2016-Konzert bisher war Kristofer Åström hier in
Hamburg. Der hat einfach richtig gute Musik gespielt, Punkt. Keine große Show,
kein Geschnörkel oder Gepose, nur gute Musik und zum Schluss noch ein Cover von
The Cures „Lovesong“. Bei der tollen Frage nach dem Album ärgere ich mich, dass
ich’s immer noch nicht geschafft habe, mir die neue Iggy Pop und die neue
Wintersleep anzuhören! Sicher heiße Kandidaten. Tja, dann fällt die Wahl wohl
auf Kommando Kants „Ziehen Sie ’ne Nummer“! (lacht) Und bei Song des Jahres
würde ich einfach mal spontan Spion Spion mit „Selbst meine Mutter“ nennen und
liebe Grüße nach Köln/Siegen raushauen!
Björn:
Das
Abschiedskonzert von Findus im Hamburger Uebel & Gefährlich – toll und
traurig zugleich.
Marius:Jannis und ich haben
erst vor ein paar Wochen die Swans aufm Kampnagel gesehen, das war extrem.
Außerdem hat der große Max Rieger bzw. All diese Gewalt mit „Welt in Klammern“
lässig das Album des Jahres aus dem Ärmel geschüttelt.
Jannis:
GoGo
Penguin haben mir im Mojo Club, auch in Hamburg, zu Anfang des Jahres den Atem geraubt!
Richtige Freaks!!!
Luserlounge:Super, vielen Dank. Wir wünschen
Euch alles Gute und hoffen, dass wir Euch demnächst auch auf der Bühne zu sehen
bekommen. Liebe Grüße ganz aus dem Süden in den Norden.