Samstag, 29. Juni 2019

Live in Bremen: An Horse

Micah Erenberg (l.) mit Damon und Kate. Foto: privat
(ms) Freitag Abend. Bremen. Die Weser ruft. Man hört ja viel Schlechtes aus dem kleinsten Bundesland; hohe Schulden und viel Arbeitslosigkeit und das Ergebnis der letzten Bürgerschaftswahl. Aber man muss auch sagen, dass die Stadt viel, viel Tolles zu bieten hat. Eine zum Teil wirklich schöne Innenstadt, viele feine Häuschen und anderweitige Bauten und natürlich der große Fluss. Bernd Begemann lag schon richtig: In Städten mit Häfen haben die Menschen noch Hoffnung.
Zum Beispiel auf gute musikalische Abendunterhaltung. Die lieferten gestern An Horse und Micah Erenberg. Es war der letzte Gig ihrer gemeinsamen Tour und zum aktuellen Album Modern Air, das das australische Duo erst kürzlich vorgelegt hat. Die Definition von sauberem Indie-Gitarren-Rock! Der Tower - ein wirklich schnuckeliger Club in Bahnhofsnähe - war anfangs überschaubar gefüllt, doch insgesamt 50 Leute haben den Weg schlussendlich doch gefunden.
Und sie wurden belohnt! Denn der Singer/Songwriter Micah Erenberg wusste die Besucher sehr gut zu unterhalten. Nicht nur seine Ansagen ließen die Gesichter schmunzeln, die Songs schlugen zum Teil in die gleiche Kerbe; beispielsweise als er davon sang, wie ihm als Kind Morphium nach einem Unfall verabreicht wurde. Und: Er sah nicht nach so einer guten Stimme aus. Die hat er toll beherrscht, ein guter Sänger! Das kann man mal so nüchtern festhalten.



Für An Horse musste gar nicht viel umgebaut werden. Kate und Damon brauchen ja nur Gitarre und Schlagzeug. Ich war ja sehr gespannt, wie gut sie live zu zweit den Sound der Platte durch die Boxen prügeln können. Klar, ab und an haben sie sich mit elektronischen Hilfen unterstützt, wenn sie mehr Bass brauchten. Aber sonst ging dieser Plan extrem gut auf. Sie arbeiten mit weniger Schnickschnack als beispielsweise Wye Oak, doch genau damit haben sie das Indie-Herz voll getroffen!
Die beiden haben herrlich abgeliefert. Es war nicht nur ein super Konzert, die beiden sind halt auch irre sympathisch. Kate meinte zu Beginn, dass es bei einem Konzert darum ginge, Energie auszutauschen zwischen Publikum und Band. Genau das fand statt. Und nicht nur mit den älteren Hits wie Camp Out und Postcards, sondern auf den ganzen Perlen von Modern Air: This Is A Song, Started A Fire oder dem extrem starken Live Well.
Ohne jeglichen Anflug von Nostalgie kann man guten Gewissens behaupten, dass der gute alte Indie-Rock von vor zehn Jahren live immer noch herrlich mitreißend ist. Und man darf hoffen, dass Kate und Damon und auf jeden Fall auch Micah bald wiederkommen!



Freitag, 28. Juni 2019

KW 26, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: classic.adcb.com
(sb/ms) Was so richtig nervt: Wenn notwendige Routinen nicht planmäßig verlaufen. Sprich: Etwas schränkt den Weg zur Arbeit ein. Sprich: Der Zug morgens hält einfach nach zwei Stationen, weil der folgende Streckenabschnitt gesperrt ist. Braucht man morgens nicht. Überflüssig wie ein Kropf. Oder - Lieblingszitat aus Planet Terror: Überflüssig wie 'nen Pimmel am Papst.
Um einen Schienenersatzverkehr würde sich bemüht. Ja, das war diplomatisch ausgedrückt...
Was gar nicht nervt: spitzenmäßigen Sound auf die Ohren. Und auch diese Woche nehmen wir euch mit auf einen Parforceritt durch die Genrelandschaften des Musikuniversums. Denn: Wir haben selektiert!

Captain Planet
Schreiben wir mal wieder aus dem reichen Fundus aus Konzerterfahrungen. Diese Woche: Eine Nicht-Erfahrung. Im Januar 2015 bugsierte ein punkbegeisteter Freund mich und ein paar andere Skeptiker durch das westfälische Nachtleben. Wir sollten uns Captain Planet angucken. Punkrock. Lautstärke. Tempo. Kurze Lieder. Doch: Wir kamen nicht rein. Denn: Mit dem enormen Ansturm haben wir nicht gerechnet. Auch nicht der Antreiber in der Runde. Also sind wir in eine nette Bar gegangen, genossen kühle Getränke und haben uns zum Ende hin nochmal reingeschmuggelt und die letzten drei Songs mitbekommen. Es war allerfeinster Punkrock. Und die fünf Jungs kommen dieses Jahr auch wieder in die Clubs mit entsprechender Anlage! Für die Band ist es der Sturm vor der Ruhe. Denn nach den Gigs werden die Aufnahmen für den Nachfolger von Ein Ende aufgenommen; Album Nummer fünf! Bis dies dann - wahrscheinlich - nächstes Jahr erscheinen wird, solltet ihr euch diese Termine dringend im Kalender notieren:

02.10. Wolfsburg, Jugendhaus Ost
03.10. Frankfurt, Exzess
04.10. Leipzig, Conne Island
05.10. Rostock, Peter-Weiss-Haus
15.11. Bremen, BDP Haus
16.11. Potsdam, Waschhaus
13.12. Hannover, Bei Chez Heinz
14.12. Bonn, Bla



L'aupaire
Eine schlechte und ganz viele gute Nachrichten gibt es aus dem Hause L'aupaire: zwar muss die Veröffentlichung des Albums Reframing auf den 23.08. verschoben werden, dafür bringt der frischgebackene Papa vorher noch ne neue Single raus und die kann sich mal wieder hören lassen: (Sittin' On) The Dock Of The Bay ist einer von Roberts Lieblingssongs und somit eine logische Wahl für ein Cover. Und auch das bevorstehende Album hat so einiges zu bieten, denn neben einer regulären CD- und Vinyl-Version wird es noch eine streng limitierte und nummerierte Vinyl-Edition plus farbiger 10inch mit Coversongs und handbemalter Leinwand geben. Vorfreude!


David Gray
Im UK ist David Gray eine ganz große Nummer und konnte bereits fünf Alben in den Top 10 platzieren, dreimal sprang sogar der Platz an der Sonne dabei heraus. Eigentlich eine Schande, dass der in Manchester geborene und in Wales aufgewachsene Künstler hierzulande so unter dem Radar fliegt, dass seinem letzten, im März erschienenen Album jeglicher kommerzieller Erfolg verwehrt blieb. Nun legt Gray aber direkt nach und veröffentlicht am 12.07. die EP Gold In A Brass Age - Ground Control Acoustic Sessions. Wie der Name bereits andeutet, geht es darauf eher ruhig zu - und wunderschön! Akustikgitarre, Klavier und Stimme: mehr braucht es nicht, um die sechs Songs zu etwas ganz Besonderem zu machen und dem Hörer den Kern der vom letzten Album bekannten Tracks zu präsentieren. Überraschend, intensiv, textlich sehr ansprechend und unterhaltsam - was will man mehr?



K.Flay
Eine Möglichkeit, wie eine Künstlerin, ein Song oder eine Veranstaltung in unsere wöchentliche Selektion kommt, schildern wir am Beispiel von K.Flay. Klassischer Weg: Wir haben Mail einer tollen Promotion-Agentur bekommen. Der Faktor Zeit hat es diese Woche zugelassen, sich da mal wieder durchzuwühlen. Die Mail zu K.Flay bekann mit einem Zitat aus dem Spiegel von vor zwei Jahren. Dort wurde die Künstlerin als eine Mischung aus Riot Grrrl, Garbage und The Streets. Solch eine Beschreibung macht natürlich mehr als neugierig. Vor allem verwundert sich, wenn das kommende Album Solutions (VÖ: 12. Juli) zum ersten, zweiten, dritten und vierten Mal aus dem Boxen schallt. Denn keine der drei Gruppierungen fällt mir beim Hören von K.Flay auch nur ansatzweise ein. Heißt aber nicht, dass es nicht gefällt. Im absoluten Gegenteil. Nur: Keine Ahnung, was die beim Spiegel gesoffen haben. Kristine Flaherty macht riesige Popmusik. Die ist aber so geschickt und voller Raffinesse, Groove und Flow, dass es sehr zu gefallen weiß. Und das obwohl ich weiblichen Glitzerpop aus dem Radio furchtbar finde. Doch genau das ist K.Flay nicht. Nur das zu beschreiben ist sehr schwer. Liegt es an den zwei Grammy-Nominierungen? Oder doch an diesen Zauberhaften Nuancen, die ausschließlich in der Musik liegen? Macht das mal an; es hat mir diese Woche schon ein paar Feierabende versüßt!



Cetcé
Oh Mann, was habe ich die Irie Révoltés geliebt: als Stimme gegen Rechts, als aufmerksame Beobachter politischer und gesellschaftlicher Strömungen in Deutschland und global, als Garant für Qualität und nicht zuletzt als fantastische Liveband, bei der man einfach mitzappeln musste. Das Aus der Band war folglich ein harter Schlag - darüber konnte auch die Ankündigung, dass die beiden Köpfe der Band, Mal Èleve und Carlito, nun solo weitermachen würden, nicht hinwegtrösten.
Letztgenannter nennt sich nun Cetcé, veröffentlicht am 05.07. sein Debütalbum Trojanisches Pferd und wie es nunmal so ist: die Messlatte liegt verdammt hoch und der Künstler wird diesen Ansprüchen leider nicht gerecht. Nein, Cetcé enttäuscht nicht und er versucht auch gar nicht, da weiterzumachen, wo er mit seiner Band aufgehört hatte - das rechne ich dem Heidelberger hoch an. Bei mir persönlich zündet das Album aber leider nicht, auch wenn einige Tracks durchaus zu gefallen wissen. Im Vergleich zu den Irie Révoltés erscheint mir das Ganze dann aber doch zu trivial, zu beliebig, selbst wenn die Texte durchaus sozialkritisch daherkommen. Etwas mehr Substanz hatte ich mir schon gewünscht, um die entstandene Lücke zu füllen und so kann ich nur sehr bedingt eine Kaufempfehlung aussprechen.


Marathonmann
Zum Abschluss gibt's nochmal eine Portion Punkrock. Die Herren von Marathonmann veröffentlichen nämlich am 19. Juli ihr viertes Album: Die Angst sitzt neben dir. Das Eingestehen von Ängsten ist ganz wichtig. Manchmal muss man sie sich auch erst bewusst machen; und es muss klar sein, dass dies kein Zeichen von Schwäche ist. Die Band meint dazu: „Der Titel drückt aus, dass wir von Anbeginn unseres Lebens Ängste haben. Sie verändern sich zwar im Laufe der Zeit, trotzdem sind sie immer an unserer Seite. Meist verdrängt man sie, aber sie sind immer da und begleiten uns bis zu unserem Tod.“ Das Thema könnte natürlich auch von wehleidiger Gitarrenpopmusik aufgegriffen werden, durch handfesten Punkrock kommt aber ein Ventil gegen die Angst besser zur Geltung. Wenn der Moshpit bebt, kann man alles um sich gut vergessen. Die Band befindet sich im Sommer auf zahlreichen Festival (wir schauen sie uns nachts beim Deichbrand an) und im Herbst folgt die Tour zum neuen Album! Also: Ab dahin!

Festivals
11.05. Hamburg- Hafenrock 2019
01.06. Wesel- Eselrock 2019
08.06. Dinklage- Festival of Differences
21.06. Weissenbach- Festival des politischen Liedes
29.06. Garchinger See- Seequency
12.07. Enkirch- Fallig Open Air
19.07. Cuxhafen- Deichbrand Festival
03.08. Boberow- Rock im Moor
10.08. Lingen- Abi Festival
23.08. Schloss Holte- Holter Meeting
24.08. Karben- Karben Open Air
12.10. Weilburg- Affentanz Festival

Album-Tour mit: Die Heart, The Pariah
30.10. Koblenz- Circus Maximus
31.10. Hannover- Lux
01.11. Düsseldorf- Tube
02.11. Köln- Helios 37
06.11. Zürich- Dynamo
07.11. Saarbrücken- Garage
08.11. München- Backstage
09.11. Stuttgart- Juha West
13.11. Nürnberg- Club Stereo
14.11. Leipzig- Conne Island
15.11. Berlin- Badehaus
16.11. Hamburg- Logo
21.11. Frankfurt- das Bett
22.11. Münster- Sputnikhalle
23.11. Bremen- Tower

Support für Boysetsfire
28.11. Würzburg, Posthalle
07.12. Wiesbaden, Schlachthof

Mittwoch, 26. Juni 2019

#zweiraumsilke - Detox

Foto: Cris Civitillo
(ms) Kinder, der Sommer steht vor der Tür. Die Temperaturen sind schon bedenklich hoch gestiegen, die nahen Erholungsgebiete laden zum verweilen, grillen, spielen, baden, entspannen ein. Doch etwas fehlt bislang massiv. In Zeiten, wo das lineare Radioprogramm für ein Sommergefühl keine große Rolle mehr spielt, kann der Soundtrack für die warmen Wochen auch ganz woanders her kommen.
Wir sagen: Dieses Jahr kommt er aus Erlangen. Es sind elf Musiker. Sie sind bewaffnet mit Sprechgesang, Blasinstrumenten en massen, Gitarre, Keyboad, Bass und Percussion! Sie nennen sich #zweiraumsilke und ihr neues Album Detox (VÖ: letzter Freitag) wird Eure Tanzbeine gehörig in Schwingung setzen, davon gehen wir aus.  Es sind vierzehn Stücke über gut fünfzig Minuten Spielzeit, die einen schnell den Alltag vergessen lassen!
Wir haben uns an anderer Stelle schon ein wenig über den Namen der Band mokiert. Ja, er klingt natürlich wahnsinnig blöd, aber es gehört zum Programm der Kombo, sich nicht allzu ernst zu nehmen. Zumindest eines ist sicher mit diesem Namen: Ein hoher Wiedererkennungswert in den sozialen Netzwerken: #hashtag!



Hört man in Detox rein, ist möglicherweise die erste Assoziation: Mensch, das sind doch Moop Mama. Ein platter Vorwurf, der zeigt, dass der erste Eindruck manchmal auch verwirrend sein kann. Und Meute sind sie schon gar nicht, #zweiraumsilke machen keine elektronisch wirkende Tanzmusik. Wenn man einen Blick auf die Partner ihres Produzenten Kraans de Lutin wirft, wird einiges klarer: Seeed, Flo Mega oder Culcha Candela stehen auf seiner Liste.
All die Infos lassen folgenden Schluss zu: Die Band macht Sprechgesang mit massivem Bläserwumms plus Schlagzeug, Gitarre, Bass und Tastentönen. Und diese Musik geht heftig rein ins Tanzbein! Dafür sorgt nicht nur die erfrischende Instrumentierung sondern auch der sehr präsente Rapper Emma mit bestechendem Flow!
Und der haut die Wehwehchen der scheinbar überforderten Gesundheitsnarren in die Zeilen. Vom Fasten über Meditation bis hin zur neusten Diät und dem damit einhergehenden Superfoord. Oder wie Kettcar sagen: Burnout vom Yoga! Daraus zaubern die Franken Lieder, die automatisch zum Schmunzeln führen!



Schauen wir uns ein paar Songs etwas genauer an:
Detox: Klar, dass dieser Track - allein des Namens wegen - das oben beschriebene Motto des Albums aufgreift. Natürlich haben wir alle Stress, doch was ist das Rezept dagegen? Einen Ashram eröffnen, Ingwertee en masse oder 1000 Gramm Heilerde? Oder doch Aloe Vera-Tabletten? Zu diesen unterhaltsamen Zeilen wummert ein wahnsinnig geiler Beat, in dem Gitarrenriff und Bläsersound ideal fusionieren.
Nachtbus: Der Song ist wesentlich positiver - ja, romantischer - als der gleichnamige Track von Zugezogen Maskulin. Es geht nicht um das endlich-rauskommen, sondern um Herzschmerz und ist im Grunde genommen eine Ode auf die Provinzen, wo die Nachtbus-Verbindung tatsächlich für die kleinen und großen Träume wichtig ist. Erinnert vom Stil hier an Das Ding ausm Sumpf!
Bär: Eine ruhige Nummer. Und das sind ja immer die, auf der eine Band ihr wahres Können zeigt! Hier das Thema Schlaflosigkeit - im Vordergrund - oder dahinterstehend die sonstigen großen und kleinen Probleme, die insbesondere abends/nachts das Gemüt trüben.
Valentinstag: Na klar ist das ein blöder Tag, ist doch klar. Jedoch ist das hier ein herrlich doppelbödiges Liebeslied. Oder, um mit Clemens J. Setz zu sprechen: Die Liebe zur Zeit des massenhaften Konsums.
Alles: Ein liedgewordenes Was Wäre Wenn... Alpaka-Besitzer, Kanzler oder doch Blumenhändler? Die saubere und sehr hohe Wortdichte im Rap weiß hier ein weiteres Mal zu überzeugen.

Live ist der 11er bald hier zu sehen. Hingehen: empfohlen!

08.06. Reichenau – Early-Bird-OpenAir
09.06. Bayreuth – Kleine Seebühne
22.06. Würzburg – Umsonst & Draußen
23.06. Nürnberg – Katharinenruine - Release-OpenAir
29.06. Karlsruhe – Unifest
08.08. Luhmühlen – Elbenwald Festival
09.08. Eschwege – Open Flair Festival
15.08. Lippstadt – Altstadtfest
16.08. Bremen – Golden City
23.08. Lüneburg – Jakob Festival
24.08. Feuchtwangen – Feichtklangfestival

Freitag, 21. Juni 2019

KW 25, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: leipziger-jahresausstellung.de
(sb/ms) Tatsächlich ist Scheeßel gar nicht so weit weg von mir. Dort steigt seit gestern das Hurricane Festival. Für eine sehr spontane - aber bislang noch nicht eingetretene - Entscheidung, doch noch hin zu gehen, habe ich mich in den letzten Tagen in einer Facebook-Gruppe umgeschaut, wo Tickets verkauft und gesucht werden. Ein hochspannendes Pflaster so eine Tauschbörse in den sozialen Netzwerken. Je näher der Donnerstag (respektive der heutige Freitag) kam desto rauer wurde der Ton. Die ein oder andere moralische Diskussion um Drückerpreise kam auf. Zudem wurden Betrüger entlarvt und mit Bild dargestellt. Es ging interessanterweise nicht nur um reguläre Tickets inklusive Camping. Nein, nein! Das Hurricane hat mehrere Camping-Kategorien; von normal bis Platin ist alles dabei. Am begehrtesten waren wohl die Grüner Wohnen-Karten. Da würde ich gerne wissen, wo genau der Unterschied liegt. Und zwar nicht im Vorhinein, sondern am Montag. Auch Plaketten für die Wohnmobil-Plätze waren heißbegehrte Ware. Das las sich wie ... ja, schwer zu vergleichen ... ebay-Kleinanzeigen für den Festivalmarkt vielleicht!
Doch wir sind die luserlounge. Nicht auf dem Hurricane. Sondern beim guten Geschmack: selektiert!

Deutsche Laichen
Der Gedanke war Folgender: Wir finden unser Mindset und unsere Lebensweise nicht in der Musiklandschaft abgebildet. Also gründen wir eine eigene Band. Dabei kam heraus: Deutsche Laichen! Das Quintett aus Göttingen macht Punkrock mit Ansage. Am 19. Juli erscheint über das geschmackssichere Label Zeitstrafe der Erstling, der auf den Bandnamen hört. Wie das klingt?! Nach einer wilden Kreuzung aus sookee und Pascow, würde ich behaupten. Seit dieser Woche kann man hören, was zu erwarten ist. Die Single heißt Emanzenlesbenschlampe (hui, erinnert stark an Beth Ditto) und hat eine brilliante Spieldauer von einer Minute und sechsundzwanzig Sekunden. Voll auf die Zwölf also. Ab dafür:




Tora
Wir können auch ruhiger und elektronisch. Und diese Sparte kommt diese Ausgabe von #selektiert aus Australien. Das Quartett heißt Tora und veröffentlicht am 9. August ihr drittes Album Can't Buy The Mood. Dies ist kein Haudraufelectro, sondern ich würde es unter Easy Listening Electro verorten. Ein wenig vergleichbar mit den früheren Sachen von Sohn. Lässt man sich ein wenig drauf ein, wird schnell klar, dass die vier Herren nicht einfach nur an irgendwelchen Knöpfen und Pedalen drehen, sondern dass sie ein großes Gespür für Groove haben. Der Kopf fängt beim Hören ganz unbewusst an zu wippen. Und da das so schwer in Worte zu fassen ist, bitten wir euch einfach mal reinzuklicken und -hören:



#zweiraumsilke
Ja, wissen wir auch. Ein Hashtag als Name mag nach aktueller Coolness klingen, sieht meines Erachtens aber mehr als bescheuert aus. Damit haben wir auch alles Schlimme, was es über #zweiraumsilke zu berichten gibt, berichtet.
Aus Erlangen kommen diese elf (in Zahlen: 11) Menschen, die Moop Mama und Meute Konkurrenz machen wollen. Es ist: Brassmusik mit Rapgesang. Was bei den anderen funktioniert, kann einfach nochmal funktionieren. Wichtig: Das ist keine billige Kopie des Bekannten. Sie haben sich Bass und Gitarre dazugehört, um einen wahnsinnig fetten, ansteckenden Sound zu kreieren. Der Keno heißt hier Flow und macht seinem Namen alle Ehre. Einige Videos sind schon erschienen, nun folgt heute das Debut-Album Detox! Ja, diese Art von Musik muss einfach der Begleiter für den Sommer sein, anders geht das nicht. Überzeugt euch selbst:

08.06. Reichenau, Early-Bird Open-Air
23.06. Nürnberg, Katharinenruinen, Release Open Air



Dope Lemon
Und einen richtig großen Namen haben wir auch noch für euch. Denn er ist nicht nur mit seiner Schwester Julia unterwegs, sondern auch allein. Dann nennt sich Angus Stone Dope Lemon. Das ist insofern spannend, da die letzte Platte als Duo, Snow, gar nicht mal so gut war. Eher irre belanglos. Doch die Chancen stehen gut, dass Smooth Big Cat ein Hinhörer wird. Denn die Single Salt & Pepper ist nicht nur unwiderstehlich cool, sondern bringt auch noch ein massiv lässiges Video mit sich. Angus Stone geizt nicht damit, seinem Künstlernamen alle Ehre zu machen, wenn man sich diesen fünfminütigen, leicht psychedelischen Trip reinzieht. Die Platte erscheint am 12. Juli und später im Jahr ist er dann auch live zu sehen. Wenn der Gig wie die Single wird, hab' ich jetzt schon Bock:

17.09. Berlin - Huxleys
18.09. Hamburg - Reeperbahn Festival
20.09. Köln - Live Music Hall
21.09. München - Muffathalle
22.09. Zürich - Plaza



Frightened Rabbit
Am 10. Mai 2018 erreichte uns die traurige Nachricht, dass man die sterblichen Überreste von Scott Hutchison, dem Sänger von Frightened Rabbit, gefunden habe. Ich hatte die schottische Band gerade erst für mich entdeckt, mir deren Alben zugelegt, Songs lieben gelernt und dann sowas. Was für ein Verlust! Mit Hutchison verlor die (Musik-)Welt nicht nur einen herausragenden Songwriter, sondern auch einen sehr sensiblen Menschen, der leider eines Tages nicht mehr mit der Welt und seinen Herausforderungen zurechtkam. Was zurückbleibt, ist seine Musik und das Bewusstsein, dass das Thema "Depressionen" noch immer nicht ausreichend in unserer Gesellschaft angekommen ist. Pünktlich zum 10-jährigen Jubiläum des Frightened Rabbit-Albums The Midnight Organ Fight sollte 2018 eine spezielle Version des Longplayers erscheinen, an dem Hutchison noch maßgeblich beteiligt war. Statt des üblichen Re-Releases mit Bonus-Tracks, Demos etc. sollte etwas komplett Neues entstehen, Freunde und Begleiter der Band sollten sich künstlerisch austoben, Hutchison selbst gab jeden einzelnen Song frei und arbeitete zum Zeitpunkt seines Tods am Artwork.
Mit etwas Verspätung ist es nun aber so weit: Tiny Changes (VÖ: 12.07.) ist dabei nicht nur eine Verneigung vor The Midnight Organ Fight, sondern auch eine Hommage an Scott Hutchison. Der Albumname steht zudem für die Charity-Einrichtung, die Scotts Familie und seine Band ins Leben riefen, um Kindern und Erwachsenen mit seelischen Problemen zu helfen.
Das Album selber enthält siebzehn Cover-Versionen von Frightened Rabbit-Songs, interpretiert u.a. von Biffy Clyro, Benjamin Gibbard (Death Cab For Cutie), Wintersleep und Josh Ritter. Sobald uns die Scheibe vorliegt, wird es einen ausführlicheren Review dazu geben!


Yusuf Sahilli
Einen haben wir noch! Denn wir sind ja leicht zu ködern und dennoch geschmackssicher. Das ist die luserlounge. Und wenn es einen Künstler gibt, der am längsten Tag der nördlichen Hemisphäre - auch Midsommer genannt -, der gleichzeitig Welt-Yoga-Tag ist, ein dazu passendes Lied samt Video raus bringt, dann müssen wir es verbreiten. Denn Yusuf Sahilli hat nicht nur einen wunderbar schönen Indie-Track namens Icarus Falling geschrieben, sondern sein Freund Gosha Loshadkin hat dazu ein wunderbar animiertes Video gezaubert. Schaut es euch an, hört tief rein und lasst euch in andere Sphären verzaubern!

Sonntag, 16. Juni 2019

Live in Weyhe: Aufmucken gegen Rechts

Turbostaat liefern ab. Foto: luserlounge
(ms) Es gibt überall gute Leute, die sich engagieren, Menschen zusammen bringen, ein Ehrenamt bekleiden und sich gegen die Deppen positionieren. Unter anderem gehören da die Menschen von aufMUCKEn gegen Rechts zu. Der gemeinnützige Verein aus Weyhe (südlich von Bremen) gehört dazu und veranstaltet seit 2001 ein Festival im Grünen. Anfangs waren es nur ein paar Jugendliche, die dem Treiben der Nazis vor Ort nicht länger zugucken wollten und nun ist das eine sehr professionelle Angelegenheit, die gut organisiert ist. Dazu gehört auch das Bereitstellen eines Shuttlebusses zum Bahnhof, sehr freundlichen Securities, guten Bierpreisen und überall strahlende Menschen. Sehr gut hat mir ein Dosenwerfen mit dem Slogan Kostenlos Rechte wegballern gefallen! Da haben wir uns natürlich nicht bitten lassen und den Volldeppen eins auf die blecherne Zwölf gegeben.
Nach überstandenem Regen - kurz aber kräftig - kam die Sonne raus und The Busters haben zu diesem typischen Sommertag die ideale musikalische Begleitung aus dem Hut gezaubert. Skarock vom Allerfeinsten. Nicht nur die beiden Sänger, sondern auch die drei Bläser (Trompete, Posaune, Tenorsaxophon) haben keine Beine stillstehen lassen. Es folgten Liedfett - sorry an dieser Stelle, wir saßen währenddessen gemütlich zusammen und haben gequatscht, uns erfrischt und was gegessen.
Kostenlos Rechte wegballern!

Dann folgte die erste Band, die mich dazu getrieben hat, diesen feinen Ausflug zu unternehmen: Waving The Guns. Die Rostocker haben ein weiteres Mal bewiesen, wie guter Rap funktioniert und dass man für eine klare Positionierung keine weitschweifigen Reden auf der Bühne halten muss. Die Hits der drei Alben wurden abgefeuert und mein Herz erfreut! Da war auch egal, ob zu Beginn das Mikro nicht so richtig mitmacht. Danach stieg die Vorfreunde noch ein kleines Stückchen, denn Turbostaat spielten! Seitdem ihr Live-Album Nachtbrot draußen ist, läuft dieses regelmäßig bei mir, weil saustark. Ich habe sie länger nicht live gesehen und sie haben gezeigt, was sie können. Sie wirkten anfangs vielleicht etwas distanziert, doch die Leute vor der Bühne zeigten durch einen ordentlichen Moshpit, wie ihre Musik ankam! Das Lächeln im Gesicht war sehr groß.
Zum Schluss spielten Egotronic und ich fühlte mich gut zehn Jahre zurückversetzt. Deren Songs laufen bei mir nur noch äußerst selten, aber es war ein schönes Wiedersehen. Ich glaube auch, dass die Punk-Attitüde der Band wesentlich besser steht als die Electropunk-Seite. Doch ganz ehrlich: Mich holen sie nicht mehr ab. Anders bei den anderen Besuchern. Daher: Alles gut!

Das war eine ganz feine Veranstaltung, bei der das Team stets die Bands angesagt haben. Und natürlich lädt solch ein Festival dazu ein, über dessen Sinnhaftigkeit zu diskutieren. Kuscheln wir links-grün Versifften einfach untereinander? Betrinkt man sich gemütlich auf einer schönen Wiese zu netter Musik?
Nein, nein! In Zeiten, wo der rechte Mob ungezügelter wird, politisch Rechte in Mannschaftsstärke in den Parlamenten sitzen und Selbstverständlichkeiten des menschlichen Miteinanders in Frage gestellt werden, müssen solche Veranstaltungen stattfinden. Natürlich auch um Spaß zu haben, sondern hauptsächlich durch Anwesenheit und das Gespräch die Menschen stärken, die sich toll engagieren!

Freitag, 14. Juni 2019

KW 24, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: facebook.com/24hdeportes
(sb/ms) Humor und Musik ist ja immer eine pikante Sache. Entweder peinlich oder so verschachtelt, dass man es nicht erkennt. Nun wurde ich Zeuge, wie es funktioniert, sogar bei rein instrumentaler Musik dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern! Abhängig ist das natürlich immer vom Kontext.
Es begab sich bei einem einstündigen Orgelkonzert in der niedersächsischen Provinz. Also weit von Humor entfernt. Das Rahmenprogramm ist das Paulus-Oratorium von Mendelssohn-Bartholdy. Noch weniger Humor. Aaaaaber: Der Kantor hat die einzelnen Phasen der Paulus-Erzählung vertont und dabei ein Saulus-Motiv zum Paulus-Motiv in fünf Schritten umgewandelt. Teil dessen war unter anderem die Steinigung des Stephanus oder die erste Missionsreise des gewandelten Paulus in die Türkei. Den Abschluss zierte die zweite Missionsreise, die ihn nach Griechenland führte. Da hatte der gewitzte Kantor doch echt den Mut das Paulus-Motiv mit einem klassischen griechischen Lied aus der Folklore zu untermalen. Ja, das war definitiv lustig!
Nun sind wir aber die luserlounge und haben selektiert. Pop, Rock, Rap, Elektronische Musik und den ganzen Rambazamba!

Efterklang
Ihr kennt das alle: Es gibt so Bands, deren Namen man immer wieder mal liest und auf diffuse Art unter interessant abspeichert, sie doch niemals so richtig gehört hat. Mir geht das bei Efterklang so. Vielleicht weil der Name so toll klingt. Die drei Dänen liefern nun einen tollen Anlass, (mal wieder) rein zu hören! Es gibt nämlich ein neues Album. Das heißt Altid Sammen und erscheint am 20. September, passend zum Reeperbahn Festival, wo sie auch spielen werden. Toll für eine auch hier nicht unerfolgreiche Band ist natürlich, dass sie auf dänisch singen. Auf der neuen Single Vi Er Uendelig kann man das wunderbar nachhören! Ab dafür:

21.09. - Hamburg, Elbphilharmonie (Reeperbahn Festival)
10.02. - Berlin, Admiralspalast
11.02. - Leipzig, Werk 2
12.02. - Frankfurt, Mousonturm
13.02. - München, Muffathalle
14.02. - Wien, Gasometer
25.02. - Hannover, Pavillon
27.02. - Köln, Gloria


Alles Solar
Wie kann man einen inhaltsreichen Text am besten in Szene setzen? Das ist eine gute Frage, die viele Künstler sicher ganz unterschiedlich beantworten würden. Alles Solar hat sich dazu entschlossen, den Text im Vordergrund stehen zu lassen, ihn sanft mit Klaviertönen und im Refrain mit Beats zu untermalen, bis es schließlich knarzt und knirscht. Aber halt an den richtigen Stellen. Victor Bensmann, der Kerl hinter dieser fantastischen Musik, hat was zu sagen, definitiv: Stille Wasser werden Wellen sein. Eine schöne und treffende Formulierung in Zeiten, wo vermeintliche Selbstverständlichkeiten hinterfragt werden und wir sie neu verteidigen müssen. Daher hört Euch bitte das Lied Stille Wasser an. Textlich und musikalisch groß!!!



Highest Sea
Es gibt diese Musikgruppen, die nicht viel brauchen, um einen zu überzeugen. Highest Sea schaffen das mit dem Track I'm On The Moon hoffentlich auch bei Euch! Es klingt wie eine Mischung aus Get Well Soon, Junip, Jungstötter und eine wunderbare weibliche Stimme. Diese gehört Leïla Zanzibar und ist ausdrucksstark und einnehmend! Ganz wunderbar. Die Französin war mit ihrer Band vor kurzem erst mit Snail Mail auf Tour und veröffentlicht kommende Woche Freitag (21. Juni) ihre neue EP Haven auf dem Berliner Label Duchess Box Records. Definitive Empfehlung unsererseits!!!

22.06.2019 - Mellowjam Fest, Berlin.
27.06.2019 - 8MM Bar, Berlin
02.07.2019 - FahrradKinoKombinat, Kiel
13.07.2019 - Landauer Sommer, Landau
28.-30.11.2019 - Blue Bird Festival, Wien




Deichkind
Ich sags gleich: ich kann mit Deichkind wenig bis gar nichts anfangen und ich befürchte, das wird sich in diesem Leben auch nicht mehr ändern. Deswegen die völlig wertfreie Ankündigung, dass die Hamburger am 27.09. ihr neues Album Wer sagt denn das? veröffentlichen werden. Die gleichnamige Single gibt's schon jetzt und auch Live-Termine für 2020 können wir Euch präsentieren - für Spaß dürfte dort gesorgt sein. Hier darf die gleiche Frage wie beim neuen Fettes Brot-Album erlaubt sein: Wozu 2019 noch ein neues Album von Deichkind?

11.02.20 Kiel, Sparkassen-Arena
12.02.20 Rostock, Stadthalle
13.02.20 Erfurt, Messe
14.02.20 Braunschweig, Volkswagen Halle
15.02.20 Frankfurt, Festhalle
18.02.20 Augsburg, Schwabenhalle
19.02.20 Freiburg, SICK-Arena
20.02.20 München, Zenith
21.02.20 Wien (AT), Stadthalle
22.02.20 Nürnberg, Arena Nürnberger Versicherung
25.02.20 Münster, Halle Münsterland
26.02.20 Trier, Arena
27.02.20 Zürich (CH), Samsung Hall
28.02.20 Stuttgart, Schleyer-Halle
29.02.20 Köln, Lanxess Arena
03.03.20 Bremen, ÖVB-Arena
04.03.20 Dortmund, Westfalenhalle
05.03.20 Leipzig, Arena
06.03.20 Berlin, Max-Schmeling-Halle (ausverkauft)
07.03.20 Hamburg, Barclaycard Arena
22.08.20 Berlin, Wuhlheide


Adam Angst
Eigentlich müsste man zusätzlich zur Information Adam Angst gehen auf Tour keine weiteren Informationen schreiben, das Hingehen erklärt sich von selbst. Das erklärt sich auch dadurch, dass das Ausprobieren einer Adam Angst-Liveshow süchtig machen kann. Die Jungs bringen so dermaßen viel Energie auf die Bühne, dass der wilde Mob von alleine Pogo tanzt. Da gibt es keine Rücksicht auf Verluste, sondern nur reinen Antrieb nach vorne. Texte mit Haltung, gut gekleidete Herren, makellosen Punkrock! Was will man mehr?! Also bitte:

27.11. Nürnberg, Z-Bau
28.11. Karlsruhe, Substage
29.11. Jena, Kassablanca
30.11. Chemnitz, Atomino
01.12. Braunschweig, Westand
03.12. Rostock, Peter-Weiss-Haus
04.12. Kiel, Die Pumpe
05.12. Essen, Zeche Carl
06.12. Mainz, Kulturzentrum
07.12. Saarbrücken, JuZ Försterstraße
14.12. Köln, Live Music Hall



Alex Mofa Gang
Ein weiterer toller Name in der langen Liste an tollen Band-Namen. Alex Mofa Gang veröffentlichen heute in zwei Wochen (21. Juni) ihr neues Album Ende Offen. Darauf beweisen sie nicht nur, dass sie viel besser als Kraftklub klingen und zudem noch eine ordentliche Portion Bläser in Szene setzen können. Das zeigt die neue Single Kleine Schwester Größenwahn. Mit der neuen Platte im Gepäck sind sie dieses Jahr noch ausführlich unterwegs, sowohl auf diversen Festivals als auch auf ihrer eigenen Tour. Kann man sich sehr gut geben!

20.06. - Neuhausen ob Eck- Southside (WarmUp Red Stage)
21.06. - Neuhausen ob Eck- Southside (Red Stage)
22.06. - Scheeßel- Hurricane (Mountain Stage)
23.06. - Duisburg- Ruhr Games (Mainstage)
20.07. - Konstanz- KuLa Sommerfest
25.-27.07. - Bausendorf- Riez Open Air
27.07. - Völksen- Rock am Deister
24.08. - Alfeld- Beach Bitch Rock
08.11. - Osnabrück- Bastard Club
09.11. - Kassel- Goldgrube
16.11. - Dortmund- FZW
22.11. - Stuttgart- ClubCann
23.11. - Köln- Artheater
29.11. - München- Kranhalle
30.11. - Wien- Kranhalle
06.12. - Leipzig- Werk 2
07.12. - Berlin- Lido
13.12. - Bremen- Tower
14.12. - Frankfurt- Nachtleben
20.12. - Nürnberg- Z Bau
21.12. - Hannover- Musikzentrum Jahresabschlusskonzert



Dienstag, 11. Juni 2019

Brandt Brauer Frick - Echo

Foto: Max Pachovsky
(ms) Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick. Drei Namen, die seit zehn Jahren in den Bereichen zwischen Electro, Klassik, Pop und Avantgarde für sich stehen. Das heißt: Experimentierfreude, Mut, Können auf höchstem Niveau, niemals endende Neugier und ganz viel Unbedarftheit.
Aus einem DIY-Projekt Ende der 00er Jahre ist eine Institution geworden. Spricht man über dieses diffuse Genre der Neo-Klassik, dann stehen sie auf einer Ebene mit Nils Frahm, Hauschka und Ólafur Arnalds. Alle vier haben zur etwa gleichen Zeit angefangen instrumentale (Klavier-)Musik auf ein neues, popkulturelles Level zu heben. Doch auch seit diesen Anfängen unterscheiden sie sich von den anderen großen Namen in wesentlichen Punkten. Anders als beispielsweise Arnalds sind sie überhaupt nicht harmoniebedürftig. Dafür knarzt es zu viel und häufig gehen ihre Melodien nur schwer ins Ohr. Das aber wiederum ganz bewusst. Anders als Volker Bertelmann (aka Hauschka), der zwar sein Klavier auf virtuose Weise präpariert, nutzen Brandt Brauer Frick alle Instrumente, die sie erwischen können oder solches Zubehör, aus dem sie sich einen erfrischenden, originellen Klang erhoffen.



Am letzten Freitag erschien Echo auf dem französischen Label Because Music. Ein Rezept, wie das Trio arbeitet und funktioniert, haben sie dem ihrem neuen Album mitgegeben. Zum Song Masse ist auf einer eigens dafür eingerichteten Website ein interaktives Video. Damit sollte man auf jeden Fall ein wenig herumspielen. Es zeigt auf extrem anschauliche (anhörbare) Weise, was zu einem BBF-Track dazu gehört. Aus zehn einzelnen Instrumenten und zehn dazugehörigen Videos wird ein Video mit einem Song. Dann passiert folgendes: Manchmal pausiert die Cellistin lange, dafür zeigt die Dame an der Harfe ihr Können. Anschließend wieder Klavier, Posaune, Tuba, Percussion etc. Beeindruckend!
Wie beim Vorgänger Joy aus 2016 haben sie sich wieder Unterstützung im Gesang geholt. Doch wesentlich reduzierter. Während Beaver Sheppard zuvor fast auf jedem Lied gesungen hat, sind die Gesangparts auf Echo sporadischer verteilt. Auf Echoes ist Anna Friedberg zu hören. Dabei ist nicht nur ihre Stimme im Fokus, sondern auch ein beinahe durchgehender, fast drückender Bass. Selbst auf den Gesangsstücken, die tendenziell etwas poppiger wirken - so ist zu vermuten - wollen Brandt Brauer Frick nicht zwingend gefallen, sondern anecken. Okay, beim Gastbeitrag von Catherine Ringer auf Encore ist das schon eher so, aber auch nicht durchgehend.
Das Trio hat den Anspruch an sich selbst, tanzbare Musik zu machen. Das mag seltsam erscheinen, denn zum großen Teil sind die Tracks herausfordernd. Wann soll man BBF hören? Nebenbei geht es nicht. Vielleicht beim Sport. Oder - und das ist meine Vermutung - ganz bewusst! Denn erst dann entdeckt man den Zauber der Musik in den Wirrnissen der Kompositionen. Und ja, es gibt die Lieder, die sich zum Tanz eignen; möglicherweise um sich auch darin zu verlieren. Gutes Beispiel: Decades. Lautstärke, Tempo und Instrumente wechseln sich innerhalb von gut sechseinhalb Minuten so ab, dass für jede Bewegung etwas dabei ist. Und auch das Lied zum Experimentieriveo Masse geht gut ins Ohr!

Gerade für das mittlerweile sehr verträumte, klavierlastige und facettenreiche Genre der Neoklassik bleiben Brandt Brauer Frick ein angenehmer Gegenpol, der den aufmerksamen Zuhörer mit qualitativ hochwertiger Musik belohnt. Und bei aller Ernsthaftigkeit: Auf Chamber I haben die drei den Klang eines Fliegenden Fisches aus Holz integriert. Na, geht doch!

Live gibt es das demnächst unter anderem hier:

08.08. - Haldern Pop Festival
03.11. - Berlin, Volksbühne
08.11. - Leipzig, UT Connewitz
09.11. - Dresden, Kleinvieh
13.11. - München, Import Export
14.11. - Köln, Stadtgarten
16.11. - Hamburg, Mojo Club

Freitag, 7. Juni 2019

KW 23, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: the23co.com
(ms/sb) Hört man länger nichts Neues von einem Lieblingskünstler oder einer Band, die einem am Herzen liegt, kann das ganz unterschiedliche Gründe haben. Sie ist schwanger. Er braucht eine Auszeit. Der Vollzeitjob ruft. Keine Lust. Sie macht wohlverdienten Urlaub. Er muss sich um die Kinder kümmern undundoderoder...
Oder: Er hat (mal wieder) Film- oder Fernsehmusik geschrieben, eingespielt und abgemischt. Solch ein Wiederholungstäter ist Konstantin Gropper. Ab dieser Woche läuft auf Netflix das Drogen-Teenie-Komödiendrama How To Sell Drugs Online (Fast). Nicht nur die Stimme des Kopfes von Get Well Soon sind ein Garant dafür, dass das gut ist, sondern auch die Akteure wie Philipp Käßbohrer von der bildundtonfabrik, die das ganze produziert haben. Die sind nämlich auch für diverse Musikvideos von Gropper verantwortlich und entwickeln das Neo Magazin Royale. Sollte es am Wochenende also entweder zu heiß oder zu nass draußen sein, kann man es sich damit gemütlich machen.
Doch unser Genre ist immer noch die gute, alte Musik. Daher haben wir selektiert! Ab dafür:

Kála
Künstlern, die sich eigenmächtig ihr eigenes Genre schaffen, um das zu benennen, was sie da tun, stehen wir spätestens seit Cro und "Raop" kritisch gegenüber. Zumindest bei Kála können wir Euch aber beruhigen. Die Innsbrucker haben aus "Screamo" berechtigterweise "Dreamo" gemacht, denn brachiale Parts wechseln sich auf äußerst hörenswerte Weise mit sphärischen Passagen und klaren Gesängen ab. Die am 19.07. erscheinende EP Synthesis stellt nach Antithesis und Thesis den würdigen Abschluss einer beeindruckenden Trilogie dar. Für Freunde der etwas härteren und lauteren Töne sicherlich mehr als nur ein Geheimtipp!


Wanda
Nochmal Österreich, diesmal allerdings von Haus aus mit etwas mehr Amore. Wanda hauen am 06.09. ihr neues Album Ciao! raus, schon heute gibts das Video zur ersten Single Ciao Baby. Wanda halt, Punktabzug gibts aber natürlich fürs Juve-Trikot... Das Video ist schön farbenprächtig und angenehm, dass auch der Song keine große Überraschung ist. Sie machen eingängige Lieder für die gute Laune oder das Herz. Großartig, dass sie einfach immer das selbe machen und es so furchtbar gut funktioniert. Auch der Drummer denkt wahrscheinlich nicht darüber nach, mal einen neuen Beat auszuprobieren. Warum auch?! Geht ja auch so!
Auch die ersten Tourdaten für 2020 liegen schon vor und vermutlich lohnt es sich, schnell zu sein:

25.02. Würzburg, Posthalle
26.02. Mannheim, Rosengarten
28.02. Berlin, Max Schmeling Halle
29.02. München, Olympiahalle
02.03. Ulm, Ratiopharm Arena
04.03. Leipzig, Haus Auensee
09.03. Wiesbaden, Schlachthof
12.03. Dortmund, Warsteiner Music Hall
13.03. Köln, Palladium
08.05. Regensburg, Donau-Arena
09.05. Innsbruck (AT), Olympiahalle
15.05. Wien (AT), Stadthalle
16.05. Wien (AT), Stadthalle
18.07. Graz (AT), Freiluftarena B



L'Impératrice
Vor wenigen Wochen haben wir euch das sehr schöne und vielseitige Album Matahari der französischen Gruppe L'Impératrice vorgestellt. Eines der englischsprachigen Lieder vom aktuellen Werk wurde jetzt auch in ein Video gehüllt: Forever Nobody. Dass sich das Kollektiv um Charles de Boisseguin nicht nur als Musikgruppe, sondern eben als ganzheitliche Künstler versteht, sieht man an eben diesem Video ganz gut. Cineastisch kommt es daher zwischen auffallend roten Lippen und Agentenambiente aus dem letzten Jahrhundert. Hochinteressant ist das Ende des Videos, eine richtig feine Idee. Spult das mal ab:



Cassius
Bleiben wir in Frankreich. Schon bei einigen anderen namhaften Künstlern wie C2C oder Daft Punk fällt auf, dass die Franzosen ein erstaunliches Händchen für elektronische Musik haben und es immer wieder unter Beweis stellen. Heute: Cassius. Hier vielleicht nicht soo bekannt wie bei unseren Nachbarn, doch seit 20 Jahren machen Zdar und Boom Bass (so nennen sich Philippe Cherbonechi und Hubert Blanc-Francard) elektronisch tanzbare Musik. Tu peux dis French House aussi. Am 21. Juni (in zwei Wochen) kommt das neue Werk Dreems auf den Markt. Bekannte Gäste sorgen für das i-Tüpfelchen, das die Hüfte zum kreisen bringt: Portugal.The Man, Mike D (Beasty Boys) und die Französin Owlle. Hat also Potential für entspannte Sommerhits:



Psychedelic Porn Crumpets
Okay, aufmerksame und treue Leser wissen, dass wir anfällig sind für außergewöhnliche Namen. Und heute präsentieren wir Euch mal wieder einen, wenn ihr ihn nicht schon längst kennt: Psychedelic Porn Crumpets. Holla, die Waldfee. Was muss man denn Leckeres gesoffen haben, um darauf zu kommen?! Was man geliefert bekommt ist jedoch bockstark: Gitarren und Geschwindigkeit. Seit letzter Woche ist das Album And Now For The Watchamacallit zu haben. Und dem Psychedelischen aus dem Bandnamen werden sie mehr als gerecht. Bei solch einer Musik muss man aufpassen, nicht hypnotisiert zu werden. Könnte also süchtig machen. Die Single Hymn For A Droid macht das ganz gut deutlich und steht für das gesamte Album. Solltet ihr Euch jetzt auch denken, dass das tierisch Lust macht, live dazu abzugehen, dann haben wir frohe Kunde dabei; die Band ist dieses Jahr noch an diesen Tagen hierzulande zu sehen:

02.08. Beelen - Krach am Bach Festival
02.11. Bremen - Tower
05.11. Hamburg - Hafenklang
06.11. Berlin - Cassiopeia
09.11. CH Zürich - Exit



Deniz Jaspersen
Dortmund, FZW, vor drei Jahren zum Herrenmagazin-Konzert. Nach dem Auftritt meinte mein Kollege: "Tja, das war wohl das letzte Konzert." Ich: "Neeee, niemals."
Wir hatten beide ein wenig Recht. Herrenmagazin ist mehr oder weniger eingefroren, im Herbst gibt's jedoch glücklicherweise eine Jubiläums-Tour zu 11 Jahre Atzelgift. Untätig sind sie alle nicht. Während die Band Trixsi ihr Unwesen treibt, macht Sänger Deniz Jaspersen genau da weiter, wo er anknüpfen konnte: Texte schreiben, die einfach nur wahr sind oder zumindest weh tun oder die Augen öffnen. Unter seinem eigenen Namen kam gestern das neue Lied Augenrollen raus. Dazu gibt es nicht nur ein super Video (s.u.), in dem Deniz die Hüfte kreist und wundervolle Zeilen singt, sondern auch die Ankündigung, dass er in Bälde mit Bandbesetzung unterwegs sein wird. Ich habe ihn solo als Support von OVE gesehen und kann sagen: Er kann es immer noch. Ganz hervorragend!
Und was gehört an Mut dazu, wenn man das fast fertige Soloalbum über den Haufen schmeißt und sich stattdessen dazu entschließt regelmäßig Singles zu veröffentlichen?! Hach, Deniz...

09.06. Schloss Holte, Whatever Happens Festival
12.06. Lüneburg, Schröders Garten (Support für Kettcar)
15.09. Königswiesen, Norden Festival

Montag, 3. Juni 2019

Fatoni - Andorra

Bild: facebook.com/Fatonimusik
(sb) Es ist ja nun wirklich kein großes Geheimnis, dass wir Fatoni verehren und jede noch so kleine Meldung von ihm und über ihn von uns aufgesogen wird wie von einem Schwamm. Ihr könnt Euch also vorstellen, was  am 22. März (passenderweise auch mein Geburtstag...) in der luserlounge-Redaktion los war, als die Albumankündigung bei uns reingeflattert kam. Der parallel veröffentlichte Track Die Anderen ließ den Puls gleich nochmal ein Stück steigen und am Freitag ist es nun endlichendlichendlich so weit: Andorra erblickt das Licht der Welt und wir durften vorab schon mal reinhören.

Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Fatoni ist der beste deutsche Rapper der Welt und stellt das mit seinem neuen Album einmal mehr unter Beweis. Der kurze Zweifel, der durch die zweite Singleauskopplung Clint Eastwood (geiles Video, mittelmäßiger Track!) aufgekommen war, ist ziemlich schnell verflogen. Andorra fasst alles das zusammen, was Anton Schneider (so der bürgerliche Name) so besonders macht: er ist ein wahnsinnig guter Beobachter, er hat die Fähigkeit, dies in Worte und Flow zu verpacken, er umgibt sich mit Menschen, die ihm zum perfekten Beat verhelfen (in diesem Fall ist das mal wieder Dexter), er scheut sich nicht, auch unangenehme Themen anzusprechen und ist in der Lage, dies auf niveauvolle Art und Weise zu tun.

Und - auch dies ist nicht zu unterschätzen - er scheißt sich nix dabei, wie man bei uns in Bayern zu sagen pflegt... Respekt ja, aber keine Ehrfurcht! Besonders beim Track D.I.E.T.E.R. ist dies zu bemerken, in der Fatoni zwar das "Bohlen-Prinzip" und auch dessen Protagonisten aufs Korn nimmt, dabei aber zu keiner Zeit unter die Gürtellinie zielt.

Bild: facebook.com/Fatonimusik

Wer sich über den ungewöhnlichen Albumtitel wundert, den möchten wir natürlich auch aufklären: Andorra bezieht sich nämlich nicht nur auf das gleichnamige Theaterstück von Max Frisch, sondern speziell auf den danach benannten „Andorra-Effekt“. Dieses sozialpsychologische Phänomen beschreibt menschliches Verhalten, das sich an Urteile und Erwartungen der Umwelt anpasst - und da sind sie wieder, Die Anderen...

Bild: privat
Der erste Single-Release ist für mich auch einer der musikalischen und textlichen Highlights des Albums. Das Video dazu offenbart eine weitere Stärke des Münchner Exil-Berliners: er nimmt sich selbst nicht allzu ernst und zelebriert das über die komplette Spielzeit. Offensiv geht er mit seinen vermeintlichen Schwächen um, die Dicke Hose-Nummer Burj Kalifa (mit Casper) ist dermaßen überzogen, dass man zwangsläufig lächeln muss.

Mit Dirk von Lowtzow (Tocotronic) findet sich ein weiterer hochkarätiger Gast auf dem Album wieder und verleiht dem Track Alles Zieht Vorbei mit seiner markanten Stimme einen intensiven Touch. Besonders gut gefällt mir in diesem Song ja die Wiederaufnahme der Zeile "Wenn ich wollte könnt ich schlafen, doch ich will nicht, nein, ich bleib wach" aus seinem Song Schlafentzug. Fatoni, ich bin, äääääääh, sehr selbstreferenziell...

Mei, was soll man zu Andorra noch groß schreiben? Das Album ist ein absolutes Muss in jeder Musiksammlung, setzt auf die letzten beiden Alben Yo, Picasso und Im Modus nochmal was drauf und ist schon jetzt ein heißer Anwärter für den Titel "Album des Jahres". Dass der legendäre Klaus Voormann für das Cover verantwortlich zeichnet und die limitierte Vinyl-Deluxe-Edition des Albums noch zwei exklusive Bonustracks parat hält, ist da nur die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Pflichtkauf - und das obwohl Fatoni mittlerweile beim Major-Label Universal untergekommen ist!