Donnerstag, 9. Mai 2019

An Horse - Modern Air

An Horse. Foto: Corry Arnold.
(ms) Wir exerzieren am Beispiel von An Horse mal einen ganz normalen Prozess im Laufe einer Musikhörbiographie.
Und zwar gibt es die absoluten Herzensbands. Die waren gefühlt schon immer da, sind immer noch da und werden immer bleiben. Das ist dann auch egal, ob sie noch neues Material schreiben, durch die Clubs oder Hallen touren oder ob es diese Band überhaupt noch gibt. Sie läuft hoch und runter. Dann gibt es noch die Art von Band, die auch Herzensband ist, aber noch im Schaffensprozess. Es gibt diejenigen, die neu und spannend sind und die man gerade für sich entdeckt. Einige von denen hört man schon länger, sind aber noch keine Herzensband. Dann gibt's die, die man schon längst vergessen hat und an die man sich wohl auch nicht erinnern wird. Es gibt auch solche, die mal super waren, es jetzt aber nicht mehr sind... puh... diese Liste kann ganz schön lang werden.

Es gibt nun auch An Horse. Und die passen in folgendes Bild: Die waren mal ein bisschen auf dem Radar, das ist aber schon länger her. Von heute aus betrachtet waren die damals gut aber man hat es nicht mehr so griffig auf dem Schirm. Denn: Dann waren sie weg! Für relativ lange Zeit. Die Kategorie 'vergessen' liegt nahe auf der Hand. Und dann! Bäm! Sind sie wieder da. Und wie! Mit was für einer Wucht, richtig frisch und extrem gut. Denn An Horse haben letzte Woche (VÖ: 3. Mai) nach sechs Jahren ihr neues Album Modern Air herausgebracht.
Die elf neuen Lieder quellen vor Spielfreude und Kreativität über. Stark: Sie stecken allesamt in einem astreinen Indiegitarrenrock-Gewand. In genau dem Sound, der schon in den 00er Jahren so elektrisierend war. Das ist ein großer Pluspunkt von Modern Air. Doch Obacht: Das soll jetzt nicht nostalgisch klingen. Cate Cooper und Damon Cox bedienen sich einfach - und überzeugend - den simplen Mitteln treibender Musik!



Und dabei erstaunt mich ein technisch-organisatorischer Aspekt wie bei anderen Konstellationen auch. Der Vergleich zu Blood Red Shoes oder Wye Oak liegt auf der Hand: Es ist ein Duo und die Dame singt. Und alle drei Bands bringen einen sehr dynamischen und dichten Sound auf die Platte. Bei Wye Oak konnte ich mich auch schon live davon überzeugen: Sehr beeindruckend!

Was das Album so stark macht ist die erfrischende Seite von Eingängig- und Kurzweiligkeit. Mit This Is A Song, dem Opener, ist man nach nur wenigen Takten voll drin! Ahh Uhhh Uhh-Gesänge, ein treibendes Schlagzeug und eine sauber bearbeitete Gitarre; und fertig ist satter Indierock. Songs wie Like Well, bei der die Gitarrenriffs schon die Melodie übernehmen, sind genau das, was es 2019 braucht und meines Erachtens gefehlt hat. Schnörkellose Musik, die nicht im Ohr bleibt, sondern sich früher oder später auch den Weg in die Tanzbeine sucht.
Dass die Band vom Radar verschwunden ist, hat seine Gründe. Nach zwei Alben in zwei Jahren und ununterbrochenen Tourneen, unter anderem mit den von uns sehr verehrten Death Cab For Cutie oder Nada Surf, war irgendwann die Luft raus. Ein Todesfall in der Familie und Umzüge von Kate und Damon haben An Horse erstmal auf Eis gelegt. Doch dieses wurde wieder geschmolzen und sie klingen beruhigend frisch und energiereich. Mit Bob Ross (Be The Water) - was ein herrlicher Titel - gibt es sogar eine kleine Verschnaufpause auf Modern Air, ein etwas ruhigerer Track. Doch die Stakkato-Drums auf Drown oder das zackiges Fortitude Valet runden die Platte sehr gut ab.

Modern Air von An Horse ist eine große Empfehlung für alle, deren Herzkammern für konsequenten Indierock schlägt. Belassen wir es bei dieser wahren Aussage!

Schaut Euch das hier live an:

12.06. Essen, Zeche Carl
13.06. Stuttgart, ClubCann
14.06. Ulm, Ulmer Zelt (mit Kettcar)
15.06. München, Ampere
16.06. Neursörnewitz, Garage
18.06. Nürnberg, Club Stereo
19.06. Münster, Gleis 22
20.06. Haldern, Pop Bar
21.06. Köln, Artheater
22.06. Aachen, Musikbunker
23.06. Wiesbaden, Schlachthof
25.06. Hannover, Lux
26.06. Hamburg, Schanzenzelt
27.06. Berlin, Badehaus
28.06. Bremen, Tower

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