Freitag, 30. November 2018

KW 48, 2018: Die luserlounge selektiert

(ms/sb) Vor wenigen Tagen wurde mir abends schon ein frohes Fest gewünscht. Kurz musste ich in den Kalender schauen und feststellen, dass es ja tatsächlich schon Ende November ist. Verdaddert und etwas verwirrt habe ich natürlich zurückgegrüßt. Gestern dann war ich das erste Mal auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt. Doch bei den Gegebenheiten ist die Lust auf Glühwein doch erheblich eingeschränkt. Diejenigen, die nun einen Bier- oder Cocktailstand anbieten, werden vielleicht die Gewinner sein. Ich weiß von einer Bekannten, die im künstlerischen Gewerbe tätig ist, dass sie dieses Jahr zum ersten Mal nicht beim Weihnachtsmarkt ihren Stand aufbaut, da die Besucherzahlen zurück gehen. Nun denn. Wir haben Musik selektiert!

Dave Smalley & The Bandoleros
Drei Spanier, ein Argentinier, Mastermind Dave Smalley und das Ganze nun bei Little Rock Records - klingt gut, oder? Im Dezember erscheint das gemeinsame Debütalbum Join The Outsiders, ab sofort gibt's das Vorabvideo Red Alert. Anschnallen und Gas geben!



Betamensch
Aus dem schönen Franken stammen Betamensch und haben sich für ihre Single Heldentrauma  (Album folgt dann 2019!) Verstärkung in Person von 8Kids-Gitarrist und -Sänger Jonas Jakob ins Boot geholt. Wer die Band noch vor Weihnachten live erleben möchte, der hat die Chance auf ein Heimspiel:

14.12.18 Nürnberg - Club Stereo



Moorea Masa
Es kommt ja immer auch auf das eigene Alter an, wenn man denkt: Wow, der oder die hat sowas Tolles vollbracht und was mache ich kleines Menschlein hier auf der Welt?! Moorea Masa ist gerade mal 23 Jahre jung und macht ganz wundervolle Musik. Als Soul wird es betitelt. Sie spielt eine extrem minimalistische Variante von Soul, die so fein und filigran ist, dass ihre warme Stimme genügend Platz bekommt, um sich zu präsentieren. Shine A Light hat mich sofort überzeugt, denn das ist nicht nur Hintergrundmusik, sondern man kann es bewusst richtig gut genießen und runterkommen. Toll, toll, toll!!! Auch das herrliche Video dazu:




Requin Chargin
Vom bezaubernden Soul machen wir einen Schwenk für unsere frankophonen Freunde. Die Sängerin Marion Brunetto hat sich den Künstlernamen Requin Chargin zugelegt und macht typisch schöne französische Popmusik. Mit Sémaphore ist nun ein Video erschienen, das eine bebildert eine Hymne auf die Freundschaft ist; mit allen Licht- und Schattenseiten. Ein Semaphor ist ein Signalmast, kann aber auch als Mittel der Informationsweitergabe im Allgemeinen verstanden werden. Zwischen den beiden Jungs im Video besteht da offensichtlich ein großer Draht zueinander, wenn man zuschaut. Ihre leicht verzerrte Stimme wird von schön schleppenden Drums und elektrischen Gitarren unterstützt. Hört mal rein, es lohnt richtig! Am 25. Januar erscheint das dem Song gleichnamige Album!




No King. No Crown.
Zugegebenermaßen musste ich bei diesem Bandnamen sofort an einen großen Hit von Bob Marley denken. Liegt aber auch irgendwie nahe, oder? Mit Reggae hat No King. No Crown. jedoch gar nichts zu tun, was ja auch schön ist. Im Zentrum dieser Formation steht der Dresdener René Ahlig, der eigentlich als Solomusiker angefangen hat, doch nach und nach ist eine Band daraus geworden. Am 1. Februar erscheint das Album Smoke Signals über Kick The Flame, der gleichnamige Titeltrack ist jetzt schon inklusive Video zu bestaunen. Mit Bass und Banjo erzählt Ahlig über Umweltverschmutzung und wie der Mensch sich die Natur zu eigen gemacht hat. Hört sich klug an, ist es auch. Im Frühjahr sind sie auf Tour:

15.02.19 - Dresden - Scheune
16.02.19 - Zittau - Emil
17.02.19 - Berlin - Privatclub
18.02.19 - Chemnitz - Inspire
19.02.19 - Bayreuth - Wohnzimmermucke
21.02.19 - Hamburg - Astra Stube
22.02.19 - Köln - Wohngemeinschaft
24.02.19 - Pforzheim - Horch
25.02.19 - Mainz - Klein Aber Schick
26.02.19 - Wuppertal - Viertelbar
27.02.19 - Münster - Teilchen & Beschleuniger
28.02.19 - Leipzig - Noch Besser Leben




Frittenbude
Jawoll, da sind sie wieder! Frittenbude melden sich zurück und jetzt, wo sie wieder aufgetaucht sind, merkt man erst so wirklich, dass sie gefehlt haben. Diverse Soloprojekte, eine gemeinsamer Trip nach Nepal, aber auch ordentlich Abstand von den anderen Bandmitgliedern sorgten für den nötigen Blick von Außen auf den gemeinsamen musikalischen Weg und dessen Zukunft. Ergebnis dieser Erkenntnisreise ist das Album Rote Sonne (22.02.19) und nach dem schon sehr starken Track Die Dunkelheit darf niemals siegen legen die Niederbayern nun mit Süchtig ihre zweite Single daraus vor. Macht sehr viel Lust auf mehr.




Lambchop
Sie tun es wieder und es lohnt sich hin zu gehen. Denn niemand geringeres als die wunderbaren Lambchop gehen wieder auf Tour und machen sechs Mal Halt in unseren Gegenden. Wahrscheinlich werden die jeweiligen Auftritte vom aktuellen FLOTUS-Material dominiert, das ich persönlich nicht gänzlich überzeugend finde, sie jedoch mal live gesehen zu haben, ist eine Wonne. Denn Oldies werden sie auch spielen und dann kommt die Gänsehaut von ganz allein!

17.04. Leipzig - Felsenkeller
18.04. München - Muffathalle
20.04. Darmstadt - Centralstation
26.04. Berlin - Funkhaus
27.04. Köln - Gloria
29.04. Hamburg - Elbphilharmonie




The 1975
UK, Australien, Neuseeland, USA und Kanada - weltweit erreichten The 1975 mit ihrem letzten Album die Top-Position in den Charts und waren plötzlich Stars. 4,3 Millionen verkaufte Alben und 2,4 Milliarden (!) Streams haben die Briten mittlerweile vorzuweisen und möchten mit ihrem heute erscheinenden Longplayer A Brief Inquiry Into Online Relationships an diese Erfolge anknüpfen. Das dürfte problemlos gelingen, denn die 15 Songs sind trotz gelegentlicher Indie-Anhauchung in weiten Teilen Vollgas radiotauglich und dürften auch den Mainstream-Nerv auf die 12 treffen. Kann man - wenn einem sonst nix einfällt - an Weihnachten also so ziemlich jedem schenken und macht damit vermutlich auch nichts falsch. Wir hätten da zwar einen deutlichen besseren Vorschlag (KLICK MICH), aber macht ruhig...





Island
Ordentliche 25 Millionen Streams erzielten Island aus London mit ihrem Debütalbum Feels Like Air, doch auf die faule Haut legten sich Sänger Rollo Doherty und seine Band keineswegs. Vielmehr erreicht uns heute mit Just That Time Of The Night der erste Vorbote für den neuen Longplayer, der für 2019 angekündigt ist. Sehr schön ist das und die ersten beiden Deutschland-Gigs fürs kommende Jahr stehen auch schon fest:

18.02. Berlin, Privatclub
19.02. Köln, Yuca




Traumzeit Festival
Der Sommer steht vor der Tür! Oder? Zumindest wenn man einigermaßen up to date sein will, was Bestätigungen der Festivallandschaft anbelangt. Da kommen wieder saufende Horden, feine Musik, spannende Neuentdeckungen und legendäre Abende auf uns zu. Für ein großes Event habe ich auch schon eine Karte, aber auf ein anderes, kleineres freue ich mich noch viel mehr: das Traumzeit Festival im Landschaftspark Duisburg Nord. In den letzten sieben Jahren war ich dort und habe mir für die kommende Ausgabe immer blind ein Ticket geholt. Nun gibt es die ersten paar Bands und es lässt sich erkennen, dass es mehr ein Indie-Festival wird und nicht mehr ganz krasse Sparten besetzen wird. Aber das ist okay. Denn wir sind in die Musik von Enno Bunger und Sam Vance-Law sowieso verliebt. Daher freuen wir uns auf den Pott und seinen Industrieüberbleibseln!

Montag, 26. November 2018

Matze Rossi - Musik ist der wärmste Mantel

Bild: facebook.com/matzerossiband/
(sb) Musik ist der wärmste Mantel. Was für eine schöne Metapher, was für ein wundervoller Titel. Und wenn einem dann beim Anhören des so betitelten Albums auch noch ganz warm ums Herz wird, dann weiß man, dass Matze Rossi (wieder mal) Recht hat und den perfekten Soundtrack für den bevorstehenden Winter liefert. Am 30.11. ist es endlich so weit und das intime Live-Album wird endlich auf End Hits Records veröffentlicht. Und ich nehme es gerne vorweg: kauft das gute Stück - für Euch selber, Eure Liebsten und jeden, der an echter, wahrer Musik mit Herzblut interessiert ist.

Gerade einmal vier Monte liegen zwischen der Idee und dem Release - durchaus rekordverdächtig, oder? Was aber erwartet uns auf Musik ist der wärmste Mantel? Ganz einfach: die besten Lieder aus 15 Jahren Matze Rossi in neuen Duo-Arrangements, aufgenommen zusammen mit Martin Stumpf und einem (überaus aufmerksamen und andächtigen) Publikum von 60 Menschen im Audiolodge Studio zu Gaibach (Unterfranken). Da passt zwar vielleicht nicht jeder Ton, so wie man es von Studioaufnahmen kennt, aber hey: wer braucht das schon, wenn man so viel Gefühl, so viel Liebe zur Musik und den Menschen zu hören bekommt?

Matze Rossi ist ein Musiker, der das Herz auf der Zunge trägt, der soziale (auch private) Projekte unterstützt, aber nicht groß darüber redet und stattdessen aktiv wird. Seine Texte berühren mich nun schon seit Jahren, doch leider hat es bislang nie geklappt, mal eins seiner Konzerte zu besuchen. Das soll - nein: das muss - sich bald ändern, bis dahin aber breitet seine Musik ihren wärmenden Mantel über mich und trägt mich durchs Leben. Manchmal erschrecke ich fast ein bisschen darüber, wie es einem eigentlich fremden Menschen gelingt, meine Gedanken und Ansichten so präzise in Worte zu fassen, mir Mut zuzusprechen und die Traurigkeit durch Hoffnung zu ersetzen. Da ich weiß, dass Du das lesen wirst: Matze, vielen Dank dafür!

Bild: facebook.com/matzerossiband/
Natürlich ist Matze Rossi kein ganz Unbekannter in der deutschen Musikszene, der ganz große kommerzielle Durchbruch blieb ihm aber leider bislang verwehrt. Schon als Sänger der Punkband Tagtraum machte der Schweinfurter auf sich aufmerksam, doch erst als Solokünstler fand er ein größeres Publikum; dabei halfen ihm nicht zuletzt seine Auftritte im großartigen TV Noir beim ebenso tollen Tex Drieschner. Dort agierte Matze, wie ich ihn am allerliebsten höre: solo, minimalistisch, intim.

Genau diese Stimmung macht auch das Besondere auf seinem neuen Live-Album aus, denn der sympathische und respektvolle Umgang mit Zuhörern und Mitmusikern wird von Matze Rossi gelebt, man nimmt ihm jede einzelne seiner Zeilen ab, der Begriff "Gutmensch" (und daran sehe ich persönlich nichts, aber auch gar nichts Negatives!) scheint wie für ihn gemacht. Wenn dann bei der Zugabe seine Tochter Nora die Bühne erklimmt, um ihn mit ihrer Kinderstimme bei Und jetzt Licht, bitte!! zu unterstützen, dann ist das kein bisschen kitschig, sondern einfach nur wunderschön und herzerfrischend.

Meine persönlichen Highlights: Kein Zweifeln und Bedauern (ist aber sowieso und generell eins meiner Lieblingslieder), Wunder und Alles Gute kommt von innen. Gänsehaut pur. Einfach nur traumhaft und ungemein bewegend - sowohl textlich, als auch in der Darbietung.

Wer Matze Rossi in den kommenden Wochen live erleben und sich wärmen lassen möchte, der findet HIER sicher einen Termin in seiner Nähe. Ich bin jetzt schon neidisch, weil ich es wegen Urlaubssperre in der Arbeit schon wieder nicht schaffe...






 
 

Sonntag, 25. November 2018

Live in Essen: PeterLicht

Foto: luserlounge
(ms) Essen. Zeche Carl. Samstag Abend. PeterLicht spielt.

Zur Performance und dem musikalischen Teil kommen wir gleich, denn vorher muss noch eine Szene beschrieben werden, man kommt nicht drumherum. Im gut gefüllten, gemütlichen Raum der ehemaligen Zeche stand vorne rechts ein Männerdreiergrüppchen. Einer von ihnen ließ es sich nicht nehmen, sich bei der Zugabe auf die Bühne zu begeben, dort kniend einen Song lang zu verweilen und über seinem Kopf ganz religionsgleich-demütig eine Schallplatte gen Himmel zu recken. Dort bleib er reglos sitzen, bis das Lied vorbei war und fand auf seinen alten Platz zurück. Ich stand recht nah dran und mein Nachbar meinte nur etwas verdutzt: "Bizarr." Absolut. In dem Moment war es schon komisch. Wollte da jemand seine eigene Show abziehen?! Keine Ahnung.

Zum musikalischen Teil des Abends.
PeterLicht live zu sehen ist nicht nur eine schöne Ausnahme, sondern auch eine Erweiterung eines reinen Konzerts. An manchen Abenden liest er noch Geschichten vor, gestern war das leider nicht der Fall. Es ist denn auch Performance. Wenn wir alle anders sind ist der Titel seines aktuellen, neuen Albums. Und so inszeniert er sich auch als anders auf der Bühne. Lederschuhe, gepunktete Ballonhose, grob gemustertes Hemd, Mütze. Dazu nutzt er gern stark verzerrende Gesangseffekte.
Live spielt er zusammen mit Benedikt Filleböck im Duett. Wobei Filleböck alles übernimmt, was geht: Bass, Gesang, Keyboard, Drumcomputer, Schlagzeug. Ein dankbarer Weggefährte.
Durch die Zweierbesetzung live wird auch klarer, warum das aktuelle Album teils sehr reduziert produziert wurde. Vielleicht genau mit diesem Hintergedanken spielend, dass die neuen Songs so besser funktionieren. Leider war der Umfang an Liedern dann nicht mehr ganz so groß. So starteten sie mit dem vielleicht schönsten neuen Track: Die NachtAuch anderes neues Material war direkt dargeboten noch etwas besser, schöner und mehr gaga als auf Platte: Chipslied, Kontolied und insbesondere Candy Käsemann. Klarer Show-Höhepunkt war schließlich, als PeterLicht mit einem dieser leuchtenden Röhren von der Bühne ins Publikum gegangen ist und den Text zu Emotionale / Hört die Signale verteilt hat, damit auch wirklich alle mitsingen. Super Aktion, hat gut funktioniert! Denn das postakademische Publikum Mitte vierzig mag so etwas! Viel Applaus gab es verdientermaßen auch für Sonnendeck, Safarinachmittag (juhu!) und Lied vom Ende des Kapitalismus. Es gab viel zu schmunzeln, mitzusingen und zu staunen.

Doch knapp eineinhalb Stunden mit geplanten Längen für 23€?!

Okay, es ist Kunst, Show, Musik, Kultur.
Das geht schon klar, doch er hätte gern eine halbe Stunde länger spielen können.

Bald wird hier zusammen gesungen:


13.12.18 Konstanz – Kulturladen

14.12.18 Schorndorf – Club Manufaktur
04.04.19 Berlin – Festsaal Kreuzberg
30.04.19 München – Feierwerk (Zusatzshow)
01.05.19 Wien – Theater Akzent
06.07.19 Leipzig – Geyserhaus


Freitag, 23. November 2018

KW 47, 2018: Die luserlounge selektiert

facebook.com/pg/studiomusik47
 (ms/sb) Die Sputnikhalle in Münster ist nicht der allerbeste Laden für Konzerte. Ich kann chronisch - trotz viel Erfahrung - keine Besucherzahlen schätzen, ausverkauft war jedoch gestern der Gig von Adam Angst in eben jenem Venue. Shoreline haben davor belanglosen Punkrock abgeliefert, das war eher nette Hintergrundmusik, um sich ein bisschen durch das Getränkeangebot vor Ort zu degustieren. Das etwas ungünstige in der Sputnikhalle sind sowohl die Säulen mittendrin, die einem wahlweise die Sicht versperren. Zum anderen gibt es eine kleine Erhöhung an eben jenen Säulen, wo man gerne mal stolpern kann, das macht das moshen ein wenig unberechenbarer. Felix Schönfuss und Co. haben jedoch pünktlich ab 21 Uhr ordentlich abgeliefert. Ich bin ja großer Fan vom neuen Album und den Druck, die Energie, die Spielfreude und das Können, das sie da beweisen, können sie problemlos auf die Bühne bringen. Natürlich haben sie die großen älteren Songs und das beste von Neintology gespielt. Das Publikum ist entsprechend gut mitgegangen; was dann nur etwas nervig war, sind die prompt einsetzenden Zugabe-Rufe direkt nach dem letzten Song. Kein lang anhaltender Applaus, der absolut verdient wäre. Aber zusammengefasst: Spitzenmäßiges Konzert!

Glasspop
Bisher hatte ich genau eine CD einer polnischen Band in meinem Regal: Korova Milky Bar von Myslovitz fand ich vor Jahren mal ziemlich klasse, inzwischen verstaubt das gute Stück aber zunehmends. Nun hat die Polen-Fraktion Zuwachs bekommen, denn Glasspop veröffentlichten Ende Oktober ihr Album Stranger In The Mirror und zu dem Rezensionsexemplar sagte ich natürlich nicht "nein".
Mei, was soll ich jetzt dazu schreiben? Die Songs sind sicher fein arrangiert, das Ganze ist ziemlich hymnenartig aufgebaut und kann auf großen Bühnen bestimmt gut funktionieren, wenn das Publikum entsprechend dazu abgeht, aber meinen Nerv trifft es leider gar nicht, die Stimme packe ich nicht und so droht ein Myslovitz-ähnliches Staubdesaster. Trotzdem wünsche ich der Band natürlich einen ähnlichen Erfolg wie in ihrer Heimat, denn dort haben Glasspop schon etliche renommierte Preise abgeräumt. Hört es Euch am besten mal selber an:


Superpunk
Wie jetzt?! Warum berichtet dieser Blog denn über eine großartige Band, die sich aber vor einigen Jahren aufgelöst hat? Es ist korrekt, Superpunk sehen wir leider nie mehr auf den Bühnen des Landes. Doch ihre Musik bleibt und Carsten Friedrichs macht ja mit Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen weiter hervorragend unterhaltsame Musik. Nun gibt es aber einen gewaltigen Superpunk-Grund zum Feiern und das am Nikolaustag, dem 6. Dezember. Denn dann erscheint eine umfangreiche Box bei Tapete Records, die auf den Titel Mehr ist Mehr hört und genau das wird auch eingehalten. Dabei sind alle fünf Studioalben, eine Live-CD aus 2012 und eine Raritätensammlung. Na, ist das nicht eine prima Idee für den Weihnachtsbaum oder den Nikolausstrumpf? Wir sind schon in heller Vorfreude, denn auch dieser Klassiker wird natürlich darauf enthalten sein:




LP
Sich als Künstlerin LP zu nennen, ist in Sachen Google-Suche ungefähr so sinnvoll und vielversprechend wie Christmas Present, Football oder Hot MILF. Die Sängerin setzt aber scheinbar aufs Prinzip "Qualität setzt sich durch" und ausverkaufte Shows rund um den Globus geben ihr Recht.
Am 07.12. erscheint nun auf BMG/Vagrant ihr neues Album Heart To Mouth und erinnert stimmlich an Gwen Stefani und Cindy Lauper - durchaus ansprechend also, oder? Das ist radiotauglich, catchy und - so könnte ich mir bestens vorstellen - auch sehr erfolgreich.




Mono
Die Japaner sind Freunde von Wortspielen. Nowhere Now Here heißt deren zehntes Studioalbum, das am 25. Januar über Temporary Residence Ltd. und Pelagic Records erscheinen wird. Mono feiern dann nicht nur diese Veröffentlichung, sondern auch ihr zwanzigjähriges Bestehen. Hut ab und herzlichen Glückwunsch. Jetzt gibt es schon einen Eindruck, wie die neue Platte klingen wird. Breathe ist ein verhältnismäßig ruhiger Song, das Video zeigt verschleierte Bilder vom Aufnahmeprozess. Man kann schon das Düstere, Derbe, Dunkle aus Liedern wie Requiem For Hell vermissen, doch wäre es nicht langweilig, wenn eine Band immer nur das Gleiche machen würde?! Eben!




Millencolin
Auch die schwedischen Skatepunk-Legenden melden sich zurück und veröffentlichen am 15.02.2019 ihr neues Album SOS. Zum Titeltrack gibt's bereits jetzt ein Video: Millencolin at their best! Da freue ich mich jetzt schon auf die Tour...

Apr 23 - SO36, Berlin, Germany
Apr 24 - Markthalle, Hamburg, Germany
Apr 25 - Schlachthof, Wiesbaden, Germany
Apr 26 - Victoria Carlswerk, Cologne, Germany
Apr 27 - Groezrock, Hasselt, Belgium
Apr 28 - Laiterie, Strasbourg, France
Apr 29 - CCO, Lyon, France
Apr 30 - Trabendo, Paris, France
May 2 - Nouveau Monde, Fribourg, Switzerland
May 3 - Live Club, Trezzo Milano, Italy
May 4 - Vidia Club, Cesena, Italy
May 5 - Muffathalle, Munich, Germany


More SOS touring to be announced. Stay tuned!



Dienstag, 20. November 2018

Hannes Wittmer - Das große Spektakel

Quelle: hanneswittmer.de in Verweis auf Lars Kaempf
(ms) Viele Wochen hat das Jahr nicht mehr, sodass sich der Lostopf für das beste deutschsprachige Gitarrenmusikalbum diesen Kalenderjahres langsam endgültig füllt und die Ziehung in naher Zukunft stattfinden kann.
Ein unverschämt gutes Los schmeißt Hannes Wittmer nun dort hinein. Bisweilen ist es - vor Staring Girl und ClickClickDecker - mein Favorit geworden und das in allerkürzester Zeit.
Wer es nicht mitbekommen hat, dem seien hier alle wichtigen Informationen zur Veröffentlichung von Das große Spektakel zusammengefasst: Hannes Wittmer ist derjenige, der vorher Spaceman Spiff war. Er hat das Album ohne Label und Vertrieb produziert. Das Album gibt es unter diesem Link zum kostenlosen Download. Im Frühjahr erfolgt eine Vinyl-Edition beim mairisch-Verlag. Er versucht sich mit dieser waghalsigen, extrem mutigen, ehrlichen und aufrichtigen Aktion aus dem Hamsterrad Musikbusiness zu lösen und findet auf seinem Blog dazu selbst die besten Worte.

Viel ist im Kopf und mit dem Musiker Hannes Wittmer passiert in den letzten Jahren. 2014 hat er übers Grand Hotel van Cleef sein denkwürdig schönes Album Endlich Nichts heraus gebracht, das ihm zu weitläufiger Bekanntheit verholfen hat. Es folgten ausverkaufte Konzerte in schönen Venues. Nur ein Jahr später verkündete er, dass er Spaceman Spiff vorerst auf Eis legen wolle, um sich mit englischen Texten und neuem Equipment als A Tin Man auszuprobieren. Das war okay, aber auf Deutsch entfachen seine Lieder viel mehr Energie. Letztes Jahr spielte er dann wieder unter altbekanntem Namen bis es dann zur gänzlichen Verwandlung in 2018 kam.



Nun ist mit Das große Spektakel sein viertes Album zu haben. Wie ist das Verhältnis eines Künstlers zu seinen Lieder, wenn er sie unter diesem Hintergrund bereitstellt und hält der Titel denn, was er verspricht? Hm, was ist denn nun ein Spektakel? Folgen wir der Definition eines großen Online-Lexikons - ein Ereignis, das Aufsehen erzeugt - dann stimmt es wohl. Nicht wenige befreundete Musiker von Wittmer haben sich voller Anerkennung und Respekt seinem Weg gegenüber geäußert. Und ja, das Album mit zehn Liedern ist wunderbar geworden.
Die ersten paar Takte aus Fragen erinnern leicht an Alin Coen, entwickelt dann aber schnell den altern Spaceman-Charme, wäre ja auch kurios, wenn die Musik sich nun grundlegend geändert hätte. Und was schafft er für einen schönen Wiedererkennungswert: die sanften Melodien und die unkomplizierte Direktheit in den Zeilen: "Wir sind alle entbehrlich, unser Streben banal". Ja, er regt zum Denken an. Rom ist dann ein Beweis für das Glück, dass Wittmers Musik nicht zu der jammernden Melancholie-Generation im deutschsprachigen Indiepop von vor gut zehn Jahren gehört, wo ich das erste Knyphausen-Album oder einzelne, frühe Songs sogar von Herrenmagazin und Enno Bunger zuzählen würde. Es ist durchaus andächtige Musik, keine Frage. Doch sie hat eine lockere Tiefe und ein kluges Songwriting wie bei Größen wie Niels Frevert, jedoch viel hoffnungsvoller. Ist das nicht genial?
Es folgt 140cm, und wenn man sich selbst mal in einer emotionalen Ausnahme- und Umbruchsituation befindet, brechen hier sofort alle Tränendüsendämme. Was für ein irres Lied, was für ein Text! Die Musik ist ja umsonst zu bekommen, daher ist dies hier nun eine Anweisung, es sich irgendwo gemütlich zu machen und diesen Song aufmerksam anzuhören. Knyphausen erzählt wunderbare Geschichten, Staring Girl können hervorragend Perspektiven drehen, Kettcar betrachten eindrucksvoll die Dynamiken unserer Gesellschaft und Hannes Wittmer schafft es dazwischen die Lieder zu schreiben, die - ganz ohne Pathos - sehr nah ans Herz gehen.
Mit Norden ist dann auch ein Lied dabei, das auch schon auf den letzten Konzerten zu hören war. Sollbruchstellen bescheinigt, dass Dramatik und kraftvolle Arrangements auch in seinem Repertoire liegen, da macht sich seine tolle Studioband, die ihn auch wieder live begleiten wird, bezahlt. Auch der mehrstimmige Refrain in Affen, einem gesellschaftspolitischen Track, wird auf der Bühne kommendes Jahr sicher richtig gut. Zum Schluss kommt mit Volkslied tatsächlich eins um die Ecke, das sich als solches entpuppt. Ganz ungewohnt, denn es ist ein Cover von Jan Böttcher. Es klingt anfangs unpassend, am Ende reiht es sich doch nahtlos in dieses herrliche Album ein.

Das große Spektakel ist zu großen Teilen ein leises, aufmerksames und kluges Spektakel. Als musikalische Veröffentlichung jedoch ganz, ganz groß. Meines Erachtens toppt es auch Endlich Nichts. Da war es auch keine wirkliche Frage, ob ich Hannes Wittmer finanziell unterstütze. Es ist nur die Frage, mit welchem Betrag. Ob 20€ jetzt - als Student - zu viel, angemessen oder zu wenig ist, das weiß ich auch nicht so richtig. Wahrscheinlich zu wenig.

01.02. Stuttgart - Club Cann
02.02. Freiburg - Artik
03.02. Wiesbaden - Schlachthof
05.02. Leipzig - Werk 2
06.02. Dresden - Scheune
07.02. Erlangen - E-Werk
08.02. München - Ampere
09.02. Würzburg - Cairo
12.02. Bremen - Tower
13.02. Münster - Sputnikhalle
14.02. Hannover - Lux
15.02. Berlin - Lido
16.02. Hamburg - Uebel & Gefährlich
19.02. Trier - Exhaus
20.02. Aachen - Musikbunker
21.02. Köln - Gloria
22.02. Essen - Zeche Carl
23.02. Heidelberg - Halle 02

Freitag, 16. November 2018

KW 46, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: www.drodd.com
 (ms/sb) Es wurde schon viel darüber berichtet, was eine Maskierung eines Musikers so bewirkt. Bei Sido war das schon ein guter Trick, Marsimoto nutzt es als Rollenwechsel, bei Slipknot gehört es irgendwie zum Gesamtprogramm dazu. Gestern war ich beim Konzert von Dekker - eine Hälfte von Rue Royale - und Lambert, der ja bekanntlich mit einer Stiermaske auftritt. Da ich ihn vorher noch nicht live sah, habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie ich dauernd auf diese Maske starrte. Der Auftritt war große Klasse, sehr fein und harmonisch. Und witzig war es zwischendurch; die Ansagen der beiden waren ein guter Gegenpol zur ruhigen, beinahe ernsthaften Musik. Was mich selbst überrascht hat, war, dass ich die starken Effekte, die teils auf die Stimme gelegt wurden, mich gar nicht gestört haben, im Gegenteil. Es hat toll gewirkt, so konnte Dekker sich beinahe selbst begleiten. Später am Merchandise-Stand war Lambert auch ohne Maske zu sehen. Dann kam schon die Frage auf, was das soll. Aber egal. Es wirkt ja. Dann kann man es auch dabei belassen.
Hier wird nun wieder wie gewohnt selektiert. Welches ist denn Euer Soundtrack für das Wochenende?

Marteria
Ja, ich bin immer noch mehr als empört über die albumgewordene Frechheit namens 1982, die sich Marteria und Kollege Casper da dieses Jahr erlaubt haben. Wahnsinn, wie schlecht! Umso erfreulicher ist es, dass Marten sich dafür mit einem eindrucksvollen Livealbum rehabilitiert und eindrucksvoll beweist, dass er nicht zu Unrecht zu den ganz Großen (und Guten!) im deutschen Hip Hop zählt.
"Wenn ich will, spiel' ich Ostseestadion" - gesagt, getan! Vermutlich hätte er es bei Hansa auch geschafft, so aber lud Marteria als erster deutscher Solo-Rapper zum Stadionkonzert und 33.000 (!) Menschen aus Nah und Fern strömten nach Rostock. Gigantisch! Geniale Atmosphäre, gelungene Songauswahl, Marten glänzt als Marteria und Marsimoto und das Stadion brennt. Und ich stell mich unter das rote Licht, gib mir Schutz, in meiner Handy Pyro! Die CD-Edition von Live im Ostseestadion (VÖ: 30.11.) lohnt sich sicher, aber hey, bei dem Ding muss auch die DVD her!



Phela
Bereits im letzten Winter nahm Phela den Nachfolger ihres Debütalbums Seite 24 auf, doch manchmal kommt es anders als man denkt und so mussten sowohl der Release als auch die Tour verschoben werden. Der Grund ist der Schönste, den man sich vorstellen kann und kam im Juli auf die Welt. Seitdem dreht sich natürlich alles um den Nachwuchs, doch mit Peter Pan veröffentlicht Phela heute nun endlich einen weiteren Vorboten aus ihrem neuen Album Wegweiser und die neuen Tourtermine stehen auch fest. Nicht verpassen!

12.12. Hamburg, Prinzenbar
13.12. Berlin, Privatclub
14.12. Düsseldorf, Pong
15.12. München, Milla



Faye Webster
Kaum sind die Temperaturen etwas rückgängig geworden, vermisst man den Sommer ja stärker als noch vor einem Monat. Aber hey, es ist Mitte November und würden jetzt fünf Centimeter Schnee liegen, würden sich halt auch alle beschweren. So richtig entspannte, Easy-Listening-Sommermusik kommt jetzt von Faye Webster und das Video ist flamingomäßig lässig, unglaublich: Kingston. Ich mag solche Musik ja unendlich, daher zurecht selektiert. Der Sound ist jedoch so reif und professionell, dass man kaum glauben kann, dass Webster erst 21 ist und das Video auch noch selbst gedreht hat. Die Gründe, das gut zu finden, häufen sich also. In naher Zukunft ist sie zwar eher in Großbritannien und den Staaten unterwegs, wenn sie hier auftaucht, geben wir lautstark Bescheid!




P.O.D.
Ab und an stellt sich folgende Frage: Sollte man als Musiker irgendwann aufhören, wenn man sich nur noch selbst kopiert oder man den ganz großen Erfolgen hinterher trauert? Oder einfach immer weiter machen, bis die Clubs wieder kleiner und die Verkaufszahlen geringer werden? Bei P.O.D. denke ich das seit Jahren. Ich bin/war nicht nur Fan von Satellite, sondern fand auch den Kram davor und teils danach noch richtig gut. Die letzten Alben Murdered Love und The Awakening wurden hierzulande gar nicht mehr beachtet. Zurecht, denn sie waren unglaublich belanglos. Nimmermüde legen sie nach. Heute erscheint mit Circles tatsächlich ihr zehntes Album. Man kann schon reinhören und muss auch hier festhalten, dass es nichts Neues zu hören gibt. Nun gut. Dennoch touren sie weiter, weil sie Energie und Rückhalt verspüren, wie sie unlängst in einem Video felsenfest beteuert haben. Ich glaube ihnen. Sie kommen auch bald in unsere Breitengrade:

15.02. Saarbrücken - Garage
17.02. Zürich - Dynamo
19.02. München - Backstage
20.02. Köln - Essigfabrik




Moritz Krämer
Ich weiß nicht genau wieso. Aber die Musik von Moritz Krämer war bei mir immer als etwas wehleidig abgespeichert. Aber das stimmt ja gar nicht. Dafür sind ja andere Protagonisten verantwortlich; wir nennen keine Namen. Nicht nur solo, sondern (insbesondere) mit Die Höchste Eisenbahn macht er so tolle, schöne Musik mit feinen Texten, dass Wehleidigkeit einem da gar nicht in den Sinn kommt. Eher kommt sein neues Album, und zwar am 1. Februar über Tapete Records (wo auch sonst?!). Es heißt Ich habe einen Vertrag unterschrieben 1&2 und ist tatsächlich ein Doppelalbum übers Verträge unterschreiben, verhandeln und wieder raus kommen und die Pressemail meint auch über Liebe, Streit und Versöhnung statt über das Kleingedruckte. Das macht eigenartig neugierig. Hier gibt es ein Video und Tourdaten.

07.03.19 Hamburg - Knust
08.03.19 Hannover - Kulturzentrum Faust (Mephisto)
09.03.19 Essen - Zeche Carl
10.03.19 Wiesbaden - Schlachthof
11.03.19 München - Ampere
13.03.19 Schorndorf - Manufaktur
14.03.19 Nürnberg - Club Stereo
15.03.19 Leipzig - Die naTo
16.03.19 Berlin - Lido
17.03.19 Dresden - Beatpol
18.05.19 Köln - Cardinal Sessions Festival IX



Dagobert
Ach Käseland, ach Alpenland, ach liebe Schweiz. Was sind wir die dankbar, dass du uns Dagobert geschickt hast. Ich wohne in Westfalen und hier wird zum Teil astreines Hochdeutsch ohne Schnörkel gesprochen, da verliebt man sich schnell in alles, was davon abweicht und Dagobert gehört definitiv dazu. Das ging mir schon bei Ich Bin Zu Jung so, und die Ankündigung auf das neue Album Welt Ohne Zeit, das am 1. März bei Staatsakt erscheint, schnürt diesen Eindruck gut zusammen. Zum Glück ist es nicht mehr nur Schlagerhommage oder -parodie, sondern ehrliche Musik. In Du Und Ich, der ersten Auskopplung, wird es zwar auch schnulzig, aber nicht mehr so derbe. Zudem gibt es ein feines Frankenstein-Video dazu. Kommendes Jahr geht es dann auf große Tour!

21.03.19 Hannover - Lux
28.03.19 Chemnitz - Atomino
29.03.19 Mainz - Schon Schön
30.03.19 Essen - Hotel Shanghai
04.04.19 Stuttgart - Merlin
05.04.19 München - Kranhalle
06.04.19 Augsburg - SoHo Stage
11.04.19 Rostock - M.A.U. Club
12.04.19 Hamburg - Uebel & Gefährlich
13.04.19 Leipzig - Naumann's im Felsenkeller
14.04.2019 Dresden - Scheune
19.04.2019 Berlin - Lido

Donnerstag, 15. November 2018

ClickClickDecker - Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten

Foto: Sophie Krische
(ms) ClickClickDecker ist wieder da. Oder? Hm, Moment. Irgendwas ist doch falsch daran, oder? Ja, gewissermaßen, denn seit zehn Jahren spielen Kevin Hamann und Oliver Stangl schon zusammen. Doch seit dem letzten Album aus dem Jahre 2014 sind sie zusammen ClickClickDecker und nicht mehr Hamann allein. Jetzt setzen sie noch einen drauf, oder viel mehr: Es setzt sich noch einer dazu. Das ist Sebastian Cleemann. Denn kein Unbekannter ergänzt die beiden zu einem Trio. Cleemann ist verschrobener Alleskönner, spielte früher bei Kate Mosh, ist alleine Petula und brüllt bei UNS gerne mal von Bühnen ins Publikum. Ist ja alles Kunst.
Zusammengefasst: ClickClickDecker sind wieder da. Und morgen (16. November) veröffentlichen sie auf Audiolith Records - wo auch sonst?! - ihr mittlerweile sechstes Album, das auf den wunderschönen Titel Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten hört. Ja, da haben sie schon recht. Aus vielen unscheinbaren Mücken werden schnell unübersehbare Elefanten gemacht. Das können Befindlichkeiten sein, doch da gehe ich nicht nicht ganz d'accord mit dieser Lesart, denn erstmal darf über vieles gemeckert und sich beschwert werden, wenn es denn einen vernünftigen Grund gibt. Wenn einen etwas stört, muss darüber geredet werden oder zumindest nachgedacht. Wenn es jedoch um Fragen wie "Hä, du hast die zweite Staffel Westworld noch nicht gesehen?" geht, dann geht das klar. Denn über Zeitverschwendung lässt sich genüsslich streiten.

Dreizehn nigelnagelneue Stücke erwarten einen auf der neuen Platte. Und das Schöne ist, es gibt kaum nennenswerte Überraschungen. Halt, das darf auf keinen Fall als vernichtende Kritik gemeint sein. Es gibt diesen einen typischen ClickClickDecker-Sound: Kopfnickerschlagzeugbeat, trudelnde Akustikgitarre, dezenter Bass und Hamanns schnodderiger Gesang. Das ist alles super sympathisch. Und wer sich mit Kevin Hamanns Kunst auskennt, der weiß, wie breit seine Kreativität reicht. Bratze waren dampfender Elektro mit Geschrei und mit Ludger gibt's knallharten, schnellen, knarzigen Punk. Mit ClickClickDecker halt wunderbaren Indie-Gitarren-Pop. Gut so.



Mit Mandelika startet das Album jedoch groß und breit, so ganz ungewohnt, bis Gitarre und Gesang dann in alte Fahrbahnen lenken. Schnell wird beinahe im Vorbeihören Loriot zitiert. Der Rest bleibt ja oft recht kryptisch. Das ist schön, denn den Hörenden wird somit sehr viel Raum gegeben, um die Texte selbst zu erkunden, sie sich zu eigen zu machen und zu interpretieren. Dazu gehören auch Zeilenumbrüche wie "Ich hab da mal was vorbereitet [Pause] für meine Todesanzeige". Ja, so kennt man Click, welches doch immer irgendwie Hamann selbst bleiben wird, denn seine Texte sind seit jeher zentraler Bestandteil dieses Projekts.
So nimmt das neue Werk seinen Lauf und schließt nahtlos daran an, wo Ich glaub dir gar nichts und irgendwie doch alles geendet hat. In Stoßlüften singt Hamann manchmal so herrlich wackelig hoch, auch das erinnert an frühere Zeiten. Ja, es tut mir leid, dass ich hier immer wieder in eine gewisse Nostalgie verfalle, doch Innovationspotential fehlt halt gänzlich. Und so fühlt sich das Album ein wenig an wie wenn man Weihnachten nach Hause kommt: Immer wieder schön, aber auch berechenbar. Dafür entschädigen dann Zeilen wie "Ich pass nicht mal in meinen eigenen Kram, und deiner liegt hier auch" (Bielefeld) oder "Wenn du mich so magst, warum sagst du's nicht?" (Zwei Klettergerüst) oder "Irgendwo kocht irgendwer irgendwas auf dem Herd" (Stoßlüften).



Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten ist ein gutes Album, keine Frage. Aber selten hört man so richtig auf trotz der vielen herrlich verschwurbelten Texte. Und die Konkurrenz schläft halt nicht, Hannes Wittmer überzeugt mit seinem großen Spektakel (bald hier im Blog), Staring Girl sind insgesamt feiner, Gisbert zu Knyphausen detaillierter produziert.
Aus eigener Erfahrung können wir jedoch sagen, dass ein Konzertbesuch von Kevin Hamann, Oliver Stangl und Sebastian Cleemann sich sehr, sehr lohnen wird. Hier touren die drei demnächst entlang, lasst es euch nicht entgehen:

15.11.2018 Hamburg, Astra Stube (ausverkauft)
16.11.2018 Jena, Rosenkeller
17.11.2018 Bonn, Bla

07.03.2019 Berlin, Funkhaus
08.03.2019 Leipzig, Neumanns
09.03.2019 Nürnberg, Club Stereo
10.03.2019 München, Kranhalle
11.03.2019 Wiesbaden, Schlachthof
12.03.2019 Oberhausen, Druckluft
13.03.2019 Köln, Artheater
14.03.2019 Bremen, Tower
15.03.2019 Hannover, Lux
16.03.2019 Hamburg, Knust

Mittwoch, 14. November 2018

Live in Hannover: Nada Surf

Quelle: theupcoming.co.uk
(ms) 2002 erschien das Album Let Go der New Yorker Nada Surf. Da war ich zwölf Jahre alt. Was habe ich also mit dieser Band zu tun und was bewog mich dazu, auf die aktuelle Jubiläumstournee am Montag nach Hannover zu fahren, um sie endlich mal wieder live zu sehen?
Okay, es gibt wirklich keinen Zusammenhang zwischen dem eigenen Alter und der Veröffentlichung eines Albums. Bewusster ging es bei mir persönlich ein paar Jahre später mit The Weight Is A Gift los, wo das wunderschöne Always Love drauf ist. Langsam haben mich der Klang der Musik und insbesondere die nahegehenden Texte von Matthew Caws, Ira Elliot und Daniel Lorca in den Bann gezogen und lassen mich bis heute nicht los. Sie verkörpern nicht nur das, was man emotionale Intelligenz nennt, ich vermag auch zu behaupten, dass Nada Surf die sympathischste Band der Welt ist. So ausgelutscht das Wort authentisch auch ist, auf die drei trifft es in jedem Fall zu. Sieben Mal habe ich sie zuvor gesehen und jedes Konzert war eine Offenbarung an perfekten Konzerterlebnissen. Keine lange Überlegung also Nummer acht folgen zu lassen.
Das Capitol in Hannover ist Teil des Ihme-Zentrums, eines furchtbar hässlichen Megabetonklotzes aus den 70er Jahren. Zum Glück ist der Laden von innen sehr schön gestaltet, beinhaltet einen Oberrang, der am Montag jedoch nicht benötigt wurde. Voll war es also nicht, doch unten war viel los. An dieser Stelle muss bereits eine Lanze für die Nada Surf-Fans gebrochen werden. Denn zu jeder Zeit kam ich - ca. dritte Reihe - zum Getränkestand oder zu den Toiletten und auch wieder zurück zu meinem vorherigen Platz, ohne ihn irgendwie verteidigen zu müssen, er wurde einem auch nicht weg genommen. Das ist enorm rücksichtsvoll und macht den Genuss des Konzertes noch leichter.

Pünktlich um acht Uhr betrat die Band ohne vorherigen Support die Bühne. Den brauchten sie auch nicht, der Applaus ohne einen Song gespielt zu haben, war schon groß. Da die Veranstaltung als An Evening With Nada Surf betitelt war und auch klar war, dass Let Go in kompletter Länge gespielt wird, war der Ablauf sehr berechenbar. Es ging logischerweise los mit Blizzard of '77 und es folgten elf weitere Hits. Die Musiker müssten auch schon um die 50 sein, bringen jedoch so viel Spielfreude, Spaß und Energie mit auf die Bühne, als ob sie kollektiv in einen Jungbrunnen gefallen wären.

Die aufmerksamen Zuhörer dankten ihnen mit ausgiebigem und berechtigtem Applaus. Insbesondere La Pour Ca war natürlich ein Highlight. Persönlich habe ich mich sehr gefreut, endlich mal Paper Boats live gehört zu haben, seit Jahren bin ich in diesen Song verliebt. So verging eine Stunde im Flug, die Band bedankte sich und kündigte an, dass es nach einer 20-minütigen Pause weiter gehen würde.
Ich vermutete, dass im Anschluss weitere Hits abgefeuert werden, aber weit gefehlt. Sie haben reihenweise Lieder gespielt, die eher selten auf der Bühne zu hören waren. Zum Beispiel: Firecracker, Amateur, Your Legs Grow, Do It Again, Imaginary Friends. Songs wie See These Bones oder das hochpolitische The Fox haben genauso geknallt. Als Zugabe durften Popular, Always Love und Blankest Year natürlich nicht fehlen. Und schon sind zweieinhalb Stunden Programm durch. Wahnsinn. Das war nicht nur musikalisch schön und intensiv, sondern auch handwerklich perfekt. Dabei - und das fiel mir am Montag erst so richtig auf - passen die drei optisch so gar nicht zusammen. Caws gibt den lieben Intellektuellen, Lorca den Pseudodauerraucher und Elliot könnte mir seinem Cowboyhut locker als Waffenverkäufer durchgehen. Was sie eint - einen muss - ist eine enorme Freundschaft, viel Harmonie und Spaß an dem, was sie tun. Man sieht es ihnen an. Dankenswerterweise ist das ein Indiz, dass sie noch einige Touren spielen werden.

Das Sahnehäubchen an diesem Abend war dann beim Merchandise-Stand nach dem Konzert. Da steht man, holt seine Jacke ab, bringt den Becherpfand weg, Sänger Matthew Caws signiert noch Shirts und Platten, steigt dann auf den Tresen und nimmt die Akustikgitarre in die Hand. Schlagartig wird es leise unter den Leuten, die eigentlich nach Hause wollen. Sanft aber bestimmt singt er 80 Windows und nach einer Minute aufmerksamen Lauschens stimmen die Übriggebliebenen mit ein. Noch einmal richtig Gänsehaut. Thank You!



Montag, 12. November 2018

Illuminine - #3

Kevin Imbrechts aka Illuminie
(ms) Ich wundere mich immer, wenn Menschen mir sagen, dass die Zeiten ja so hektisch geworden sind, man manche Dinge gar nicht mehr richtig mitbekommt. Hast du schon die-und-die Serie gesehen? Wie, du warst bei dieser off-Kunst-Geschichte nicht? Den neuen Hype noch gar nicht live gesehen? Kann doch nicht sein, dass du zur politischen Entwicklung in Staat XY keine Meinung hast! Noch nicht den neuen Wir-machen-alles-selbst-Laden in der Stadt ausprobiert?! Ist aber super lecker da! Du warst wirklich noch nie in Südafrika?
Nein, Nein und nochmals Nein. Und ich verstehe auch nicht, warum alles angeblich hektisch, schnell und kurzlebig geworden sein soll. Es ist doch immer die Frage, was ich selbst daraus mache. Lasse ich mich beunruhigen, mich in Panik versetzen, versetzen mich Trends und Hypes in eine bizarre Schockstarre? Und am größten ist dann die Pseudoangst irgendetwas verpasst zu haben. Wer baut denn diesen Druck auf, warum kann das alles nicht egal sein?

Dass Zeit ein wertvolles Gut ist, das ist uns ja allen klar. Die Frage ist nun also, wie sie zu nutzen ist. Innehalten, genießen und die Ohren spitzen ist da meines Erachtens ein sehr gut funktionierendes Rezept. Anzuwenden ist es seit gut eineinhalb Wochen (VÖ: 2.11.) bei dem neuen Album #3 von Illuminine. Es ist - irgendwie logisch - das dritte Werk des Belgiers Kevin Imbrechts unter seinem Künstlernamen. Es geht wunderbar ruhig zu auf den 13 Liedern, die sich über eine kurzweilige Dreiviertelstunde erstrecken. Denn trotz zum Großteil fehlendem Gesang und minimalster Instrumentierung entwickeln die Lieder eine bezaubernde Dynamik und erstaunliche Schönheit. Durchaus bemerkenswert ist, dass Imbrechts als Quelle seiner Musik und seines Handwerks nicht etwa Nils Frahm, Olafur Arnalds oder Sigur Rós angibt, in dessen Studio er das Album aufgenommen hat, sondern Buckethead. Das ist dieser mit einer Maske und einem Pappeimer verschleierte Gitarrist, der im Metal, Funk und Jazz angesiedelt ist, über den man so gut wie nichts weiß und rein technisch zu einen der Besten seiner Zunft zählt.



Das Werk beginnt mit einem Lied, das seinem Titel extrem gerecht wird: Aura. Zu hören ist ein sanftes Rauschen, Akustikgitarre und Streicher. Es hört sich an wie ein sanfter, klarer und hoffnungsvoller Sonnenaufgang. Es sind fünf Minuten, die schnell vorbei gehen. Doch bei einem insgesamt positiven Stimmungsgefüge bleibt es nicht. Dissonanzen, Schwere, leichte Melancholie und dunkle Klänge machen sich auf Alas, Orpheus breit. Es werden Klangwelten aufgebaut, in denen die Streicher sehr dominant agieren. Dass er Asperger diagnostiziert bekam und einer Angststörung ausgesetzt ist, verarbeitet er in Musik und es gelingt ihm erstaunlich genial.
Unterteilt wird das Album zudem in vier Lieder, die mit Apprehension I bis IV durchnummeriert sind. Man kann es mit Auffassungsgabe oder auch Befürchtung übersetzen. Beides passt seltsamerweise, wenn man immer wieder reinlauscht. Man muss aufmerksam sein und spürt dennoch Sorge in den Klängen.
Diese werden in zwei weiteren Stücken jedenfalls komplett weggefegt (Dying Flame und Fright). Denn dann singt Hannah Corinne. Und das so klar und dennoch zerbrechlich, dass es die Innenwelt von Imbrechts ganz gut vertont. Die Stücke sind ungemein harmonisch und passen gut ins Album hinein. An zwei weiteren Stellen wird klar, dass viel Mut dazu gehört so feine und zum Teil extrem unaufgeregte Musik zu komponieren. Zum Einen beim Orchesterstück Dear, Utopia, das mit Adam Bryanbaum Wiltzie produziert wurde, der für die Orchesterparts verantwortlich ist. Das ist einfach unglaublich gut und filigran. Zum Anderen ist Inferences ein Aushängeschild der Platte. Das Stück hat eine Spieldauer von sechseinhalb Minuten und es ist als neuntes Lied angeordnet. Erst dann wird allmählich klar, dass an keiner einzigen Stelle Percussion verwendet wird. Nie. Dies tut tatsächlich sehr gut, denn die Kraft der Ruhe, die in kein getaktetes Korsett gezwungen ist, darf sich hier richtig ausbreiten und kommt voll zur Geltung.



#3 ist ein phantastisches Album. Es ermöglicht einem nicht nur eine schöne Pause - hektischer Alltag hin oder her - sondern auch ein großartiges Hörerlebnis.
Leider ist Imbrechts mit seinen Musikern demnächst nicht in unseren Gegenden unterwegs, aber immerhin in seinem Heimatland Belgien. Ein Ausflug dahin lohnt sich ohnehin. Jetzt kommt ein weiterer Grund dazu!

Illuminine meets Bruno Vanden Broecke

24.11De Velinx - Tongeren
01.12 - Schouwburg - Mechelen
04.12 - Schouwburg - Leuven
08.12 - CC Westrand - Dilbeek
09.12 - CC Evergem - Evergem
11.12 - Arenbergschouwburg - Antwerpen
14.12 - CC Factorij - Zaventem
22.12 - De Spil - Roeselare

Illuminine Band

13.02 - CC Hasselt (full band)
29.03 - Muziekcentrum Dranouter (trio)

Freitag, 9. November 2018

KW 45, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: eaststreetarts.org.uk
(ms/sb) Nachdem ich in dem sehenswerten Queen-Film war, denke ich viel darüber nach, ob es derzeit noch so eine richtige Riesen-Band gibt. Also wo das internationale Ganz Oben im Musikbusiness ist und wer es besetzt. Welcher jüngere Künstler, welche jüngere Band - und hier sprechen wir vielleicht von "unter 50" - geht einfach mal so auf Welttournee und macht alle richtig großen Hallen oder gar Stadien voll?! Mir fällt tatsächlich niemand ein. Am ehesten vielleicht Ed Sheeran oder Taylor Swift, aber die machen so furchtbare Musik, dass ich es ihnen ungern zugestehen möchte. Wo ist die Band, die - wie etwa Queen - die Menschen genre-, alters- und grenzübergreifend zusammenbringt? Dass sie nicht überflüssig sind, zeigen die Bilder im Film, wo Vater und Sohn sich bei den Konzerten Arm in Arm liegen. Ohne Pathos: Wie schön! Alle, die sowas annährend schaffen sind die vom alten Eisen: Elton John, die Stones, AC/DC, Kylie Minogue oder Madonna. Und dann schaue ich gleichzeitig bei einem großen Kartenanbieter nach Karten für die kommende Rammstein-Stadion-Tournee und sehe: Komplett ausverkauft innerhalb kürzester Zeit. Verrückte Welt. Und wir versprechen: Es wird noch ein bisschen verrückter mit dieser Selektion:

Matt Corby
Wenn man sich Rainbow Valley (VÖ am 02.11.) anhört, mag man kaum glauben, dass der Sänger einer Casting-Show entspringt, doch Matt Corby wurde 2007 mit zarten 17 Jahren Zweiter bei Australian Idol. Heute, ein gutes Jahrzehnt später, lernen wir einen gereiften Künstler kennen, der sich geschmeidig zwischen Folk und Indie eingenistet hat und dessen neues Album ein Feelgood-Event der angenehmsten Sorte ist. Wo ist eigentlich ein Strand, wenn man ihn mal dringend braucht, um der Musik das passende Ambiente zu verleihen?
Ganz ohne Strand geht der Australier Anfang 2019 übrigens auf Tour und macht auch in unseren Gefilden Halt:

06.02. - Hamburg, Docks
07.02. - Köln, Carlswerk Victoria
10.02. - Zürich, X-Tra



Mean Caesar
Ebenfalls bereits veröffentlicht (seit Anfang Oktober und zwar auf Little Rocket Records), aber jetzt erst zu uns durchgedrungen ist die selbstbetitelte Debüt-EP der Londoner Punkband Mean Caesar. Schön melodisch, zum Mitgrölen anregend und live sicher ungemein tanzbar. Ganz ehrlich: da fühle ich mich direkt wieder zwanzig Jahre jünger und weiß ganz genau, warum ich damals genau diese Art Musik so wahnsinnig gerne gehört habe. Großartig und hoffentlich nur der Appetizer für ein vollständiges Album im kommenden Jahr.



Drangsal
Der Gruber Max. Ein Performer, der sicherlich auch ganz nach oben will. Dafür bringt er nicht nur sehr, sehr gute Musik raus. Er lässt sich auch mit den richtigen Leuten wie zum Beispiel Casper ein, mit dem er einen Podcast betreibt. Oder Sam Vance-Law, in dessen Video er mitspielte. Zu seinem eigenen neuen Bewegtbild als Drangsal holte er richtig aus und konnte niemand geringeren als Lars Eidinger engagieren, der ja gerne mal Exzentriker spielt. So auch hier. Doch was genau ist Eine Geschichte/Und Du? jetzt eigentlich? Ein guter Kurzfilm? Eine reine Provokation? Eine nette Spielerei mit Nacktheit, SM-Szenen, Leder und Brüsten? Eine Effekthascherei? Oder schlicht genial? Da wir um das Video auch nicht herum gekommen sind, empfehlen wir es für die eigene Meinungsbildung mal anzuschauen. Drangsal ist derzeit auf Tour!

15.11. – Hannover, Café Glocksee
16.11. – Berlin, SO36 (Ausverkauft)
17.11. – Hamburg, Uebel und Gefährlich (Ausverkauft)
29.11. – Leipzig, UT Connewitz (Ausverkauft)
30.11. – Mannheim, Alte Feuerwache
01.12. – Köln, Gloria (Ausverkauft)
02.12. – Bochum, Bahnhof Langendreer
09.03. – Berlin, SO36


Boygenius
Täglich erreichen uns zahlreiche Anfragen, Nachrichten und Anrufe, woher wir, die luserlounge, denn unsere musikalischen Quellen beziehen! Wie kommt man an die entlegensten Bands und kleinen Künstler aus Norwegen, Japan oder Peru? Das verraten wir natürlich nur ungern, aber es sind hauptsächlich Mails. Oder der Newsletter vom ZEITmagazin. Darin schreibt Christoph Amend immer allerhand interessanten Kram, den man sich abends oder früh morgens durchlesen kann. Diese Woche empfahl er die Gruppe Boygenius, mehr oder weniger eine Allstar-Band des weiblichen Folk: Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus sind das. Und sie haben zusammen einen schönen, ruhigen Song geschrieben, den man hier anhören kann:



Little Dragon
Platz 2 in den US Dance Charts erreichten Little Dragon aus Göteborg mit ihrem Album Nabuma Rubberband vor vier Jahren und an genau diesen Erfolg wollen Sängerin Yukimi Nagano und ihre Band nun mit ihrer Lover Chanting EP (VÖ: heute digital, nächsten Freitag dann auch als 12'') anknüpfen. Keine Frage, die Songs sind einwandfrei produziert und dürften jeden Dancefloor füllen, aber das ist einfach keine Musik, die mich begeistert und die ich mir freiwillig anhören würde. Wer allerdings auf so Tanzzeug steht, der wird sicher angetan sein; nicht umsonst kooperierten die Schweden in der Vergangenheit bereits mit Größen wie Odesza, De La Soul und den Gorillaz.



Sniffing Glue
Das Kontrastprogramm bieten Sniffing Glue: auf Kindnap Records erscheint mit Feral Thoughts (VÖ: 16.11.) das mittlerweile fünfte Album der Hardcore- & Punk-Veteranen vom Niederrhein. 16 Songs, einfach mal so übers Wochenende im Studio reingehämmert - authentischer geht kaum. Dass es dabei aber nicht permanent auf die Fresse gibt, sondern sogar die ein oder andere Mid Tempo-Nummer zu hören ist, macht das Ganze abwechslungsreicher und wertet das Album ungemein auf. Geht verdammt gut.



Überyou
Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis Überyou wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben haben und nun lassen uns die Schweizer doch tatsächlich noch bis Anfang 2019 warten! Am 11.01. veröffentlichen die Züri-Punks auf Gunner Records ihr mittlerweile viertes Studioalbum namens Night Shifts. Hot Water Music und Against Me stehen Pate, die Leidenschaft der Musiker für ihr Tun ist spürbar und so kann man das Album nach Startschwierigkeiten (Track 1 Make It Last ist nicht wirklich meins...) gut durchhören. Sniffing Glue und vor allem Mean Caesar gefallen mir zwar besser, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.


Coconami
So, abgefahrener wird's heute nimmer! Coconami sind Miyaji und Nami aus Japan, die beiden wohnen allerdings in München und singen auf Deutsch, Bairisch, Italienisch und Englisch - u.a. über Aale, die Herpes bekommen können und König Ludwig. Whaaaaaaaaaaaaaaaaaaaat? Das Coole daran ist aber, dass das tatsächlich Spaß bereitet, der Ukulelensound wie die Faust aufs Auge passt und diese Ansammlung an Absurditäten sich zu einem stimmigen Gesamtbild fügt. Saikai wird am 23.11. auf Trikont (wo auch sonst?) veröffentlicht und ist in seiner Unschuld einfach nur bezaubernd.



Mittwoch, 7. November 2018

Kino: Bohemian Rhapsody

Quelle: dailybruin.com mit Verweis auf Alex Bailey
(ms) Im Kino war ich schon lange nicht mehr, aber der gestrige Besuch hat sich ganz schön gelohnt. Denn dort läuft derzeit der Queen-Film Bohemian Rhapsody und zeigt in vielen Schritten Teile des Lebens von Freddy Mercury und dem Werdegang der Band.
Dabei ist schon etwas seltsam, dass die Macher des Films Mitglieder der Gruppe sind, nämlich Brian May und Roger Taylor. Das vermittelt schon den Eindruck, als ob sie sich bei Lebzeiten selbst ein Denkmal setzen wollen. Und das ist absolut okay, denn Queen ist wohl eine der größten Bands, die es je gegeben hat. Und daraus wird in den über zwei Stunden Film auch kein Hehl gemacht. Ihre Genialität im Musikmachen, -schreiben, -erfinden, -weiterdenken ist zeitlos. Ihr unbedingter Wille ganz weit oben zu sein, wo es keinen anderen mehr gibt, der wurde stets von Freddy Mercury verkörpert. Rami Malek spielt ihn super, hat sich die Gebärden und Gesten des Originals extrem gut beigebracht. Mercury war stets Exzentriker, gewollter Außenseiter, Performer, Hauptdarsteller, Mensch im Scheinwerferlicht. Das kommt klasse rüber, nichts scheint überdreht zu sein, vielmehr war sein Leben bestimmt noch intensiver, wilder, bunter.
Ob insbesondere die Anfangszeit der Band tatsächlich so ablief, wie der Film es darstellt, muss nochmal nachgelesen werden. Sollte es tatsächlich genau so passiert sein, dann ist es eine verdient außergewöhnliche Geschichte. Die Lieder wurden für den Film extra nochmal nachproduziert, sicherlich auch um der Technik in den großen Kinosälen zu entsprechen.
Ein paar Vorgehensweisen sind jedoch schwer nachvollziehbar beim Film. Es wird viel über das Privatleben von Freddy bekannt, warum nicht der Tod und seine anderen Beziehungen? Warum endet der Film mit dem Auftritt beim Live Aid-Event? Warum sind keine Originalaufnahmen während des Films zu sehen sondern nur im Abspann? Hm, keine Ahnung. Es hätte dem Streifen sicher gut getan.
Am Ende bleibt jedoch großes Kino, wunderbare Unterhaltung, die durchaus nahe geht in diversen Momenten!





Freitag, 2. November 2018

KW 44, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: www.everydayknow.com
 (ms/sb) Letzte Woche war ich auf einem ganz phantastischem Konzert im wundervollen Gleis22 in Münster. Die Macher des Clubs sind ja eh super, organisieren das Booking selbst, stellen den Raum für viele tolle Initiativen zur Verfügung, es gibt stets leckeres Mittagessen und zu den Konzerten und Partys nie Schnaps. Super. Die Band Hundreds spielte da. Zugegebenermaßen kannte ich bislang keinen einzigen Song der Gruppe, das Ticket bekam ich von lieben Menschen geschenkt. Wundervoller Weise wurde ich ganz großartig überrascht und ließ mich schnell von den Tönen und Songs treiben. Daher denke ich: Auch beim Thema Livemusik einfach mal was wagen, irgendwo hingehen, was man nicht kennt, sei es die Band oder das Venue. Es lohnt sich. Genauso wie unsere Feinschmeckerauswahl fürs Wochenende:

Rockstah
Die Musikerkarriere von Rockstah war eigentlich bereits beendet, der Wandel zum Podcaster vollständig vollzogen, das Vollnerd-Image beeindruckend ausgebaut - und nun also die Rolle rückwärts! Cobblepot (VÖ bereits am vergangenen Freitag) heißt das Comeback-Album des Rappers, der zugegebenermaßen nie zur allerersten Garde der hiesigen Hip Hopp-Szene gehörte, dann aber doch eine schmerzhafte Lücke hinterließ, eben weil er so spezielle Thematiken behandelte und sein Geek-Dasein so eindrücklich manifestierte. Genau da setzt Rockstah nun auch wieder an: der Einstieg ist fast ein wenig apokalyptisch, das Gamer-Genre wird wieder ordentlich bedient, Oldschool-Elemente werden gekonnt mit neumodischem Kram gemischt, die Rap-Schublade wird mitunter verlassen (siehe Video!) und textlich haut der Meister manch Perle raus.
Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaber: den durchaus vorhandenen Highlights stehen auch ein paar Tracks gegenüber, bei denen es mir schwerfiel, nicht zu skippen und die es m.E. vor der Pause auf kein Rockstah-Album geschafft hätten. Ich bin jetzt insgesamt nicht enttäuscht von Cobblepot, a bisserl mehr hatte ich mir aber doch erwartet. Live-Termine:

07.11.18, Hannover - Bei Chez Heinz
08.11.18, Hamburg - Knust
09.11.18, Bremen - Lila Eule
10.11.18, Berlin -  Musik & Frieden
11.11.18, Leipzig – Neumanns
13.11.18, München - Hansa 39
14.11.18, Stuttgart - clubCANN
15.11.18, FFM – Zoom
16.11.18, Köln – Yuca
17.11.18, Köln - Club Volta

Nemanja Radulovic
Klassik in der luserlounge! Nachdem wir neulich leider versäumt haben, das überragende Album Johann Sebastian Bach des isländischen Pianisten Vikingur Ólafsson angemesen zu würdigen, soll uns dies nun nicht noch einmal passieren. Am 09.11. veröffentlicht der serbische Violinist Nemanja Radulovic seine musikalische Reise durch den Orient. Nachdem er sich bereits die Musiktradition Osteuropas, die barocken Klanglandschaften von Bach und die russischen Melodien von Tschaikowsky vorgenommen hat, ist nun also der Orient an der Reihe: Baïka enthält u.a. ein neu arrangierte Scheherazade und begeistert zudem mit Werken von Sedlar und Khachaturian. Sehr stark!
Live gibt's das Ganze hier zu bestaunen:

23.11.2018 - Liederhalle, Stuttgart
24.11.2018 - Philharmonie Gustav-Siegle-Haus, Stuttgart
25.11.2018 - Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben, Weingarten
28.11.2018 - Theater, Wolfsburg
07.12.2018 - Graf Zeppelin Haus, Friedrichshafen
10.12.2018 - Eurogress, Aachen
27.01.2018 - Universität, Regensburg
28.01.2018 - Heinrich-Lades-Halle (Stadthalle), Erlangen



Boy George & Culture Club
Einst war Boy George eine der schillerndsten Figuren des Pop-Business, sein androgynes Auftreten war vor gut 30 Jahren mehr als nur provokativ und seiner Zeit um etliche Jahr(zehnt)e voraus. Songs wie Karma Chamaleon oder Do You Really Want To Hurt Me aber sind noch heute auf jeder 80's Party unverzichtbar und schlicht und einfach genial.
Doch kommen wir zur Gegenwart: Ja, Boy George und sein legendärer Culture Club haben wieder zueinander gefunden und am vergangenen Freitag erschien ihr Album Life. Interessiert das heute noch jemanden? Ist eine Mega-Enttäuschung da nicht vorprogrammiert? Sagen wir mal so: wenn man ohne Erwartungen an das Album herangeht und sich Life unvoreingenommen anhört, wird man über weite Strecken gut unterhalten. Ein potentieller Chartbreaker ist zwar weit und breit nicht auszumachen, aber muss ja auch nicht. Besonders die Reggae-inspirierten Songs funktionieren sehr gut und lassen problemlos vergessen, dass man da gerade von einem 57-Jährigen besungen wird. Stimmlich klingt das eh, als wäre Boy George nie weg gewesen, musikalisch ist sogar eine Weiterentwicklung zu erkennen und textlich hat sich in den knapp 20 Jahren seit dem letzten Album einiges angesammelt. Alles in allem eine positive Überraschung, ohne komplett zu glänzen.


Dendemann
Er ist wieder da. Die Spatzen pfeifen es ja bekanntlich schon seit Wochen von den Dächern, doch jetzt gibt es auch einen Namen, Daten und auch ein Video mit nigelnagelneuem Material. Wir sind so froh, dass Dendemann wieder am Start ist. Und heidewitzka: gesellschaftspolitisch vollkommen auf der Höhe der Zeit. Auf Keine Parolen zeigt er Haltung mit der geliebten reibeisernen Stimme. Die Langspielplatte da nich für! erscheint dann am 25. Januar und der deutsche Rap ist so aufgeregt wie kaum zuvor. Doch die Namen, mit denen er sich nun messen muss sind andere als noch vor über acht Jahren, als Vom Vintage Verweht erschien. Wir sind gespannt und erwarten zurecht viel. Einige Termine der kommenden Tour sind auch schon ausverkauft:

04.02. Hannover - Capitol
05.02. Bremen – Pier 2
06.02. Osnabrück - Rosenhof
07.02. Dortmund - FZW
09.02. Münster - Skaters Palace
10.02. Frankfurt - Batschkapp
11.02. Heidelberg - halle02
12.02. Stuttgart - Im Wizemann
13.02. München - Tonhalle
16.02. Karlsruhe - Substage
17.02. Köln - Carlswerk Victoria
18.02. Wiesbaden - Schlachthof
23.02. Dresden - Reithalle
25.02. Leipzig - Werk2
26.02. Hamburg - Mehr! Theater
27.02. Hamburg - Mehr! Theater
28.02. Berlin - Columbiahalle



Schwarz
Vor Jahren hat Roland Meyer de Voltaire mal gesagt, dass er nichts anderes machen könne als Musik, also wird er immer Musik machen. Das ist wirklich lange her, dass die Band Voltaire durch die Lande zog und mich auf jeden Fall sehr verzückt hat. Wie gesagt: Long time ago. In der Zwischenzeit hat er das Genre gewechselt und für viele Filme die Musik beigesteuert, zum Beispiel zu Tom Meets Zizou und kürzlich erst zu Being Mario Götze. Die Synthesizer sind nun seine Muse und er lässt sich ordentlich damit gehen. Nun erscheint am 24. Mai kommenden Jahres sein erstes Solo-Album unter dem Namen Schwarz und es heißt White Room. Die erste Single The Others ist schon zu hören. Voilà:


Donnerstag, 1. November 2018

Erobique - Tatortreiniger Soundtracks

Foto: Yvonne Schmedemann

yvonneschmedemannfotografie(ms) Ein Mal habe ich mir einen Soundtrack gekauft und zwar den von Konstantin Gropper (Get Well Soon), den er für die französische Serie Xanadu geschrieben hat. Von der Serie habe ich - so weit es die Erinnerung hergibt - vielleicht nur die erste Folge gesehen, hat mich auch echt nicht interessiert. Wann genau ich diese Lieder das letzte Mal gehört habe, weiß ich auch nicht mehr. Zumindest habe ich sie als sehr gut abgespeichert.
Es gibt tausend geniale Soundtracks zu Filmen, Serien, mitunter auch Dokumentationen. Zugegebenermaßen bleiben sie aber bis auf wenige Ausnahmen nie so richtig haften, die schauspielerische Leistung, das Drehbuch, der Witz, die Dramatik, die Handlung stehen ja logischerweise im Vordergrund. Was kann die Musik also leisten? Hm, dumme Frage, denn es ist eine Menge. Sie kann jede Szene wesentlich emotionaler machen, unterstreichen, den nötigen Ernst einhauchen, die Spannung steigern oder bizarr mit ihr brechen so wie Tarantino das ja gerne macht. Falls man mal einen Film ohne jegliche Musik gesehen hat, weiß man auch was die Abwesenheit dessen bewirken kann. Also: Soundtracks laufen irgendwie nebenbei, sind aber oft unerlässlich. Damit sind nicht nur einzelne Lieder gemeint, sondern auch das, was in dieser Thematik Score genannt wird, also die Filmmusik an sich, das was mal so rein schneit.

Nun erscheint kommende Woche Freitag (9. November) eine Platte, die viel mehr ist als reine Filmmusik, auch wenn sie es im Wesen natürlich bleibt. Denn zum ersten Mal veröffentlicht Carsten - besser bekannt als Erobique - Meyer zwanzig Tracks aus der grandiosen Serie Tatortreiniger. Darin putzt Bjarne Mädel an Tatorten die unterschiedlichsten menschlichen Überbleibsel weg, worum es jedoch gar nicht geht. Denn die Angehörigen oder Anwesenden an diesen Orten sind oft nicht nur geniale Schauspieler (Milan Peschel, Matthias Brandt, Fritzi Haberland, Anna Schudt...), sondern verwickeln Heiko "Schotty" Schotte in die wunderbarsten Dialoge, die das deutsche Fernsehen in den letzten Jahren gehört hat. Stets ist Witz und Komik dabei, wäre bei Regisseur Arne Feldhusen (u.a. Stromberg) ja auch gar nicht anders zu denken, doch oft haben die Gespräche auch viel Tragik, viel Philosophie, viel hartes, echtes Leben zu bieten. Große Klasse.



Erobique ist schon lange im Geschäft. Seit den 90er Jahren legt er in Clubs und auf Partys auf. Zusammen mit DJ Koze und Cosmic DJ war er International Pony und unter diesem Namen wurden drei Alben veröffentlicht. Er hat mit Studio Braun und Schorsch Kamerun gearbeitet und die Musik zu der Verfilmung von Sven Regeners Roman Magical Mystery erdacht.
Tatortreiniger läuft seit 2009 auf dem NDR. Seitdem ist Erobique Teil der Mannschaft, eng spricht er sich mit Feldhusen ab, wenn sie zusammen in Meyers Studio sind, das aus allen Nähten platzt, so viele Instrumente und Raritäten befinden sich darin.

Das Cover der Platte
20 Tracks sind nun auf der Platte zu finden, manche tragen auch den Namen der jeweiligen Folge (Schottys Traum, Emma, Der Schamane...), sodass der Wiedererkennungswert mit der Serie sehr hoch ist. Logisch auch, dass der erste Song das Titelthema der Serie ist, das woanders immer wieder auftaucht, zum Beispiel auf Rein in die Westernstiefel. Auch logisch, dass die Lieder mitunter kurz sind, wenn zwanzig Stück auf vierzig Minuten Musik passen. Mit Sophia Kennedy hat er sich sogar eine bekannte Stimme geliehen, die mysteriös daher singt (Im Wald).
Stark ist immer wieder, wie breit gefächert Carsten Meyers Können ist. Mal geht es unheimlich catchy und voller Groove zu (Ja, ich will oder Clouds of Ecstasy), mal ist es die Definition von Easy Listening (Schottys Traum), dieser herrlichen Musikrichtung. An anderen Stellen überzeugt eine ansteckende Klavierhook (Schotty in Manchester). Stets ist das Ungewisse, Kreative, wunderbar Merkwürdige, was in den Drehbüchern steht auch in der Musik wiederzufinden; Erobique beweist häufig ein brilliantes Gespür dafür. Denn auf Scheibenwischer kann man sich Schotty bildlich vorstellen, wie er in dem weißen, kleinen Auto sitzt, wo hinten die große Kiste, diverse Putzbehälter, eine Leiter und allerhand anderer Kram liegen, und dabei von Tatort zu Tatort düst. Regisseur Feldhusen ist auch versteckt dabei, denn auf Der Ameisenmarsch steuert er ein Pfeifen dabei. Dieses Lied charakterisiert das nicht ganz so ernstzunehmende Wesen der Sendung, es wird hier perfekt in Szene gesetzt.

Ob dieser Soundtrack auch losgelöst von der Serie funktioniert bleibt die heikle Frage am Ende. Ich glaube: Nein. Denn er ist genau dafür geschrieben, also ist die Grundausrichtung schon sehr funktional. Kennt man die Serie jedoch, ist es einfach sich durch die Musik an bestimmte Szenen zu erinnern. Zudem kann man froh sein, dass Carsten Meyer endlich mal wieder ein Beispiel seines Könnens, seiner Kreativität auf Platte gebracht hat!