Donnerstag, 15. November 2018

ClickClickDecker - Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten

Foto: Sophie Krische
(ms) ClickClickDecker ist wieder da. Oder? Hm, Moment. Irgendwas ist doch falsch daran, oder? Ja, gewissermaßen, denn seit zehn Jahren spielen Kevin Hamann und Oliver Stangl schon zusammen. Doch seit dem letzten Album aus dem Jahre 2014 sind sie zusammen ClickClickDecker und nicht mehr Hamann allein. Jetzt setzen sie noch einen drauf, oder viel mehr: Es setzt sich noch einer dazu. Das ist Sebastian Cleemann. Denn kein Unbekannter ergänzt die beiden zu einem Trio. Cleemann ist verschrobener Alleskönner, spielte früher bei Kate Mosh, ist alleine Petula und brüllt bei UNS gerne mal von Bühnen ins Publikum. Ist ja alles Kunst.
Zusammengefasst: ClickClickDecker sind wieder da. Und morgen (16. November) veröffentlichen sie auf Audiolith Records - wo auch sonst?! - ihr mittlerweile sechstes Album, das auf den wunderschönen Titel Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten hört. Ja, da haben sie schon recht. Aus vielen unscheinbaren Mücken werden schnell unübersehbare Elefanten gemacht. Das können Befindlichkeiten sein, doch da gehe ich nicht nicht ganz d'accord mit dieser Lesart, denn erstmal darf über vieles gemeckert und sich beschwert werden, wenn es denn einen vernünftigen Grund gibt. Wenn einen etwas stört, muss darüber geredet werden oder zumindest nachgedacht. Wenn es jedoch um Fragen wie "Hä, du hast die zweite Staffel Westworld noch nicht gesehen?" geht, dann geht das klar. Denn über Zeitverschwendung lässt sich genüsslich streiten.

Dreizehn nigelnagelneue Stücke erwarten einen auf der neuen Platte. Und das Schöne ist, es gibt kaum nennenswerte Überraschungen. Halt, das darf auf keinen Fall als vernichtende Kritik gemeint sein. Es gibt diesen einen typischen ClickClickDecker-Sound: Kopfnickerschlagzeugbeat, trudelnde Akustikgitarre, dezenter Bass und Hamanns schnodderiger Gesang. Das ist alles super sympathisch. Und wer sich mit Kevin Hamanns Kunst auskennt, der weiß, wie breit seine Kreativität reicht. Bratze waren dampfender Elektro mit Geschrei und mit Ludger gibt's knallharten, schnellen, knarzigen Punk. Mit ClickClickDecker halt wunderbaren Indie-Gitarren-Pop. Gut so.



Mit Mandelika startet das Album jedoch groß und breit, so ganz ungewohnt, bis Gitarre und Gesang dann in alte Fahrbahnen lenken. Schnell wird beinahe im Vorbeihören Loriot zitiert. Der Rest bleibt ja oft recht kryptisch. Das ist schön, denn den Hörenden wird somit sehr viel Raum gegeben, um die Texte selbst zu erkunden, sie sich zu eigen zu machen und zu interpretieren. Dazu gehören auch Zeilenumbrüche wie "Ich hab da mal was vorbereitet [Pause] für meine Todesanzeige". Ja, so kennt man Click, welches doch immer irgendwie Hamann selbst bleiben wird, denn seine Texte sind seit jeher zentraler Bestandteil dieses Projekts.
So nimmt das neue Werk seinen Lauf und schließt nahtlos daran an, wo Ich glaub dir gar nichts und irgendwie doch alles geendet hat. In Stoßlüften singt Hamann manchmal so herrlich wackelig hoch, auch das erinnert an frühere Zeiten. Ja, es tut mir leid, dass ich hier immer wieder in eine gewisse Nostalgie verfalle, doch Innovationspotential fehlt halt gänzlich. Und so fühlt sich das Album ein wenig an wie wenn man Weihnachten nach Hause kommt: Immer wieder schön, aber auch berechenbar. Dafür entschädigen dann Zeilen wie "Ich pass nicht mal in meinen eigenen Kram, und deiner liegt hier auch" (Bielefeld) oder "Wenn du mich so magst, warum sagst du's nicht?" (Zwei Klettergerüst) oder "Irgendwo kocht irgendwer irgendwas auf dem Herd" (Stoßlüften).



Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten ist ein gutes Album, keine Frage. Aber selten hört man so richtig auf trotz der vielen herrlich verschwurbelten Texte. Und die Konkurrenz schläft halt nicht, Hannes Wittmer überzeugt mit seinem großen Spektakel (bald hier im Blog), Staring Girl sind insgesamt feiner, Gisbert zu Knyphausen detaillierter produziert.
Aus eigener Erfahrung können wir jedoch sagen, dass ein Konzertbesuch von Kevin Hamann, Oliver Stangl und Sebastian Cleemann sich sehr, sehr lohnen wird. Hier touren die drei demnächst entlang, lasst es euch nicht entgehen:

15.11.2018 Hamburg, Astra Stube (ausverkauft)
16.11.2018 Jena, Rosenkeller
17.11.2018 Bonn, Bla

07.03.2019 Berlin, Funkhaus
08.03.2019 Leipzig, Neumanns
09.03.2019 Nürnberg, Club Stereo
10.03.2019 München, Kranhalle
11.03.2019 Wiesbaden, Schlachthof
12.03.2019 Oberhausen, Druckluft
13.03.2019 Köln, Artheater
14.03.2019 Bremen, Tower
15.03.2019 Hannover, Lux
16.03.2019 Hamburg, Knust

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