Freitag, 29. März 2019

KW 13, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: lindamandarin.com.sg
(sb/ms) Ich habe furchtbare Angst vor nächstem Montag und sicherlich geht es einigen anderen, die auch in pädagogischen Kontexten arbeiten, ähnlich. Denn dann ist der erste April und es hagelt entweder richtig gute Kinderwitze (ohne Ironie), richtig miese Kinderwitze (ohne Ironie) und solche Kinderwitze, bei denen man einfach nicht weiß, was man sagen soll, weil sie so wahnsinnig nah an der Realität sind. Ich werde berichten. Doch bin ich auch jedes Jahr gespannt, was die Erwachsenenwelt sich so ausdenkt. Vor ein paar Jahren hat die Redaktion der Tagesschau bekannt gegeben, dass derjenige Mitarbeiter, der stets um 20 Uhr den Gong schlägt, in den Ruhestand geht. Fand ich gewissermaßen gelungen. Vorher haben wir aber selektiert und servieren feinste Töne, schöne Klänge, Hypes und absolute Lieblinge.

Fatoni
Wer uns entweder hier im Blog, auf unserer Facebook-Seite oder privat kennt oder verfolgt, der weiß, dass Fatoni auch für uns der beste deutsche Rapper der Welt ist. Nicht nur, dass er grandiose Texte schreibt und einen irren Flow hat, sondern auch seine Bandbreite ist beachtlich. So läuft das Kollaborationsalbum mit Mine regelmäßig bei mir daheim. Highlight war ja halt, dass wir ihn letztes Jahr beim The Streets-Konzert in London trafen. Nun kommt also das neue Album. Es wird Andorra heißen und am 9. Juni erscheinen. Klar: Cover von Klaus Voormann. Wer kann, der kann. Die schlechte Nachricht: er veröffentlicht beim Major-Label Universal. Die gute Nachricht: Der Vorbote Die Anderen ist natürlich ein Oberknaller. Man darf äußerst gespannt sein, wo seine schauspielerische Ausbildung ihn noch hin tragen wird außer durch seine eigenen Videos. Vorhang auf:



Schreng Schreng & La La
Wir kommen nicht umhin, richtig gute Musik immer wieder zu präsentieren. Dazu gehören auch Schreng Schreng & La La, von denen wir Euch vor ein paar Wochen schon berichteten. Heute erscheint die 3-Track-EP Alles Muss Brennen. Natürlich bei Rookie Records.
Der Anlass ist jedoch ein melancholisch-trauriger. Denn das erste und bedeutungsschwerste Lied heißt Mit Dem Rücken Zur Nacht. Das Original stammt von der befreundeten Band Trashboy, dessen Sänger Gunnar sich vor neun Jahren das Leben nahm. Seitdem wird bei jedem Konzert dem Weggefährten gedacht und nun auch auf Platte. Ich finde es nach wie vor stark, dass Love A-Sänger Jörkk in diesem Duo ein ganz anderes Gesicht zeigt, seine Stimme wirkt mit Gitarrenbegleitung anfälliger und stärker zugleich als mit dem ganzen Punkwumms. Große Empfehlung unsererseits.

06.04.19 Hamburg, Astrastube (Release Party)
04.05.19 Bonn, Bla
14.06.19 Merkers, Rock am Berg
15.06.19 Mannheim, Maifeld Derby
27.07.19 Alsfeld, Burg Herzberg Festival



Antillectual
Ja, hier ist die luserlounge etwas spät dran, denn das großartige Police-Cover von Truth Hits Everybody erschien bereits am 19.03. Aber hey: das Ding ist auch zehn Tage nach Release noch so geil, dass wir es nicht unter den Teppich kehren wollen.
Der Track stellt übrigens den Beginn einer Cover-Serie der niederländischen Punkrocker Antillectual dar und nach dem Auftakt darf man sich getrost auf die weitere Songauswahl freuen. Das Video ist übrigens stilistisch an So Lonely (ebenfalls von The Police) angelehnt - das Gesamtbild muss ja schließlich passen!


Lang Lang
"Mit Piano Book kehre ich zu meiner ersten Liebe zurück. Die Stücke auf diesem Album sind der Grund, warum ich überhaupt Pianist werden wollte." Pünktlich zum heutigen Welt-Klavier-Tag (immer am 88. Tag des Jahres als Verweis auf die 88 Tasten des Klaviers) veröffentlicht Chinas Ausnahmekünstler Lang Lang heute sein neues Album, eine Sammlung von Stücken, die er seit seiner Kindheit liebt. Ein herausragendes Werk eines großartigen Musikers, der sich neben seiner eigenen Karriere auch sozial engagiert und mit seiner Lang Lang International Music Foundation in den letzten gut zehn Jahren mehrere Millionen US-Dollar zur Vefügung gestellt hat, um junge Talente zu fördern.
Auch wenn Ihr es normalerweise vielleicht nicht so mit Klassik haben solltet, ist Piano Book ein guter Griff, denn die interpretierten Stücke sind fast durchwegs so bekannt, dass auch Laien sie schon mal gehört haben dürften - aber halt selten so gut. Mein persönliches Highlight befindet sich indes auf der Bonus CD der Deluxe Edition: das chinesische Traditional Jasmine Flower verzaubert in der Piano Version schon ungemein. Beeindruckend.


The Underground Youth
Letztes Jahr feierten The Underground Youth ihr zehnjähriges Jubiläum, heute veröffentlicht die Band um Craig Dyer mit Montage Images of Lust & Fear bereits ihr elftes Album. Strammes Tempo! Wikipedia bezeichnet ihr Genre als Post-Punk, ich persönlich kann mir darunter wenig vorstellen, bin aber doch irgendwie fasziniert von dem Sound der Band aus Manchester, die mittlerweile in Berlin beheimatet ist. Als Referenzen geben Dyer und Kollegen u.a. The Jesus and Mary Chain und The Brian Jonestown Massacre (deren selbstbetitelter und hörenswerter Release übrigens ebenfalls heute erscheint) an, mich erinnert das Album streckenweise sogar ein bisschen an Joy Division. Die wiederum werden ja auch dem Post-Punk zugeschrieben und da schließt sich der Kreis.
Insgesamt nicht gerade leicht zu verdauen und doch fesselnd, aber wenn die Wombats zu Joy Division tanzen wollen, sollte ihnen das auch bei The Underground Youth gelingen.



Primetime Failure
In den 90ern war ich (sb) Teenager und habe sehr gerne Skatepunk à la Millencollin, No Fun At All oder Satanic Surfers gehört - ohne jemals selber geskatet zu haben versteht sich... Und jetzt kommen da aus Bielefeld Primetime Failure daher und hauen mit Memory Lane (VÖ: 10.05.) eine Scheibe raus, die mich per Kickflip direkt wieder 25 Jahre zurückbeamt. Was ein Brett!  Und wieder werde ich nicht zu Selbigem greifen, sondern mich nur an der Musik erfreuen. Acht Songs auf die Zwölf und danach hat man so richtig Bock, die alten Cheap Shots-Sampler wieder aus dem Regal zu holen und in Erinnerungen zu schwelgen. Starkes Album!


Hania Rani
Es ist schier unbegreiflich, welchen wunderbaren Auftrieb die Neo-Klassik dieser Jahre hat. Na klar, das ist ein spezielles Genre, das sich aber stark und extrem niveauvoll und abwechslungsreich einen Platz neben der glitzernden oder angesifften Pop- und Gitarrenwelt einholt. Um nicht immer nur die Größen wie Nils Frahm oder Ólafur Arnalds - die ohne Frage ganz herausragende Musik machen - zu hören, legen wir Euch nun Hania Rani ans Herz. Die Polin und zwischenzeitliche Wahlberlinerin wird am 5. April ihr Album Esja auf Gondwana Records veröffentlichen. Es ist pure Pianomusik, was bei der häufigen Nutzung von Effekten bei ihren Kollegen sehr erfrischend ist. Ihre Kompositionen klingen leicht, dramatisch, erfrischend und andächtig zugleich. Gänzlich anders als Malakoff Kowalski. Lasst euch entführen:

11.05. Berlin - XJAZZ Festival
25.05. Hamburg - Futur 2 Festival


Donnerstag, 28. März 2019

UNKLE - The Road: Part Two / Lost Highway

Das Cover vom neuen Werk
(ms) Vor zwei Jahren begann James Lavelle eine Reise. Und ja, sie ging ins Ungewisse und ist noch lange nicht abgeschlossen. Denn 2017 veröffentlichte er das Album The Road Pt 1. Es war der Start einer musikalischen Triologie, auf den nun die Fortsetzung folgt. Lavelle selbst sieht diesen Veröffentlichungszyklus als eine Art Reise, die nach dem Beginn nun so richtig ins Rollen gekommen ist und logischerweise The Road: Part Two / Lost Highway heißt.
Es ist ein beispielloses Anti-Konzept-Album des Mannes, der sich UNKLE nennt. Denn allein solch eine Reihenfolge macht das Release zu einem programmatischen Akt. Und wie beim Vorgänger holt er sich hier auch wahnsinnig viele Gäste mit ins Boot, sodass dieses Konzept zur Folge hat, erst gar keinen richtigen roten Faden spinnen zu können, zu vielfältig sind die vertretenen musikalischen Einflüsse, die singenden Stimmen und Genres, die bedient werden. Zusätzlich wollte er kein typisches Dance-Album anfertigen. Dass dies (meines Erachtens) nur so halb gelungen ist, spielt dabei keine Rolle. Die eher andächtige, beinahe düstere Stimmung, die das Cover schon transportiert, scheint jedoch stark durch die Songs durch.
Ausschlaggebend für die musikalische Gestaltung des Albums, das am Freitag (29. März) über das eigene Label Songs For The Def erscheint, ist seine eigene Radio-Sendung, die er letztes Jahr in Angriff nahm. Lavelle wollte eine andere Art einer Playlist schaffen. Quasi durch das eigene Wirken dem Spotify-Algorithmus eins auswischen.



Wie schon beim Vorgänger gelingt das in eindrücklicher aber auch gewöhnungsbedürftiger Weise. Denn wer noch ganze Alben hört, weiß, dass darin stets eine gewisse Progression enthalten ist. UNKLE widersetzt sich dieser Vorgehensweise, indem das Album bewusst wie ein Mixtape daher kommt. Das macht sich auch in der äußeren Gestalt bemerkbar: Insgesamt 22 (!) Tracks ziehen sich über 80 Minuten! Sechs davon sind erneut kleine gesprochene Einspieler, die die Platte immer wieder unterteilen; nicht unterbrechen! Lavelle agiert dabei als Produzent und Ideengeber sowohl im Hintergrund als auch prominent weit vorne.

Doch bei den übrigen 16 Songs gibt es einige wahre Perlen zu entdecken!
Den ersten richtigen Track direkt Requiem zu nennen, macht natürlich wenig Hoffnung. Doch die Akkorde und Synthie-Klänge haben durchaus ein fröhliches Gesicht. Es sind keine Percussion zu hören, dafür aber viel klarer Gesang von Mark Lanegan.
The Other Side ist eins der Highlights der Platte. Für mich persönlich insbesondere deshalb, da Tom Smith von den Editors darauf singt. Interessant dabei ist, dass der Track genauso klingt, als ob er Teil vom letzten Editors-Album wäre. Entweder hat Lavelle hier sehr gut kopiert oder ein super feines Gespür dafür, wie einzelne Stimmen ideal in Szene gesetzt werden können. Hier wird es auch düsterer.



Noch weiter ins klanglich Mysteriöse geht es mit Crucifixion _ A Prophet. Eine schwere Bassline zieht sich durch sieben Minuten. Daneben Synthie- und/oder Chorklänge und ein zurückhaltender Beat. Langsam steigert sich der Track, dessen Gesang wie ein Mantra klingt. Stark! Auf dem nächsten Siebenminutensong Kubrick wirkt Mick Jones mit, der Teil von The Clash war, heute immer noch musikalisch aktiv ist mit eigener Band oder als Produzent. Jedoch sollte man nicht denken, dass das klanglichen Einfluss auf das UNKLE-Album hat.
Zwischendrin findet sich dann noch mit Only You ein weiterer großartiger Song. Am Mikrophon ist Miink zu hören. Düster ist das Arrangement, doch seine Stimme strahlt dort glänzend hindurch und das Lied hat eine überraschende Progression, wenn der Beat später einsetzt.

The Road: Part Two / Lost Highway ist ein komplexes Werk. Die Länge ist tatsächlich gar kein Problem, da die verschiedenen Stile und singenden Stimmen ihm den unverkennbaren Mixtape-Charakter verleihen. Nicht alle Lieder sagen mir zu, aber es sind genügend, um es immer wieder gerne zu hören!

Freitag, 22. März 2019

KW 12, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: fomo.show
(ms/sb) Vor drei Wochen hat für die beiden luserlounger ein neuer Lebensabschnitt begonnen, denn sowohl ms als auch sb haben zum 01.03. eine neue Stelle angetreten. Dass unser geliebter kleiner Blog infolge dessen erstmal etwas in den Hintergrund rückt, liegt auf der Hand, zumal die Gesundheit beider leider auch nicht so mitspielt, wie man sich das in einem neuen Job vorstellt. Aber im übertragenen Sinn kommen wir ja eher aus Mannheim als aus Memmingen und so gibts auch heute ordentlich was für Euch auf die Ohren. Und glaubt uns: so unterschiedlich wie heute waren die ausgewählten Bands wirklich selten. Ab dafür!

wearemarvin
Der Preis für das dreisteste Strokes-Plagiat des Jahres geht schon jetzt eindeutig an wearemarvin aus Hamburg. Wird den Herren  aber gepflegt am Arsch vorbeigehen, denn ihre selbstbetitelte Debüt-EP (bereits am 01.03. veröffentlicht) geht richtig gut ab und mit ihrer Single Oh My, Oh My haben sie es sogar schon in die Sky UK-Fußballsendung "Soccer Saturday" geschafft. Ein kleiner Ritterschlag, aber vermutlich erst der Anfang von etwas Großem, also unbedingt die Lauscher gespitzt halten!


Liserstille
Auf 15 Jahre Bandgeschichte und sieben Alben blickt die dänische Band Liserstille zurück und wisst Ihr was? Ursprünglich war der Plan der vier Irren, Musik für Gemälde zu schreiben und genau das haben sie nun getan und zwar in Form eines sechstägigen Live-Kompositionsstücks, durch die Fakultät eines Akusmoniums mit mehreren Lautsprechern, die die einzelnen Teile wie eine Symphonie wiedergeben. Am letzten Tag des Zyklus wurde das Stück live auf ihrem Facebook-Kanal übertragen und binaural vor einem intimen Publikum aufgenommen. Herausgekommen ist dabei das neue Album Ilt, das bereits letzten Freitag erschien. Selten so eine abgefahrene Story gelesen und die Musik dürfte Liebhabern von Sigur Rós und Konsorten durchaus zusagen.


Das Moped
"Gibt mir mal das Moped da rüber." - "Das heißt Rohrzange." - "Jaja, sage ich doch."
So ein Dialog ist in gewissen Gegenden und Kreisen nichts Ungewohntes. So hätte das auch bei meinem letzten Umzug laufen können. Moped als Universalwort für Dinge, deren Namen man entweder nicht weiß oder der einem geradewegs nicht einfällt.
Das haben sich auch Augustin, Ali und Martin aus Bad Kreuznach gedacht, um ihrer Band einen Namen zu geben: Das Moped. Hat nichts mit dem Mofa zu tun! Am 26. April erscheint ihre erste EP, doch unerfahren sind sie keineswegs. Vor neun Jahren haben sie über die Schule zusammen gefunden und englischsprachige Musik gemacht. Nun mit neuem Namen und der ersten EP Alle Wollen Liebe der Schwenk aufs Deutsche. Und das funktioniert hervorragend: Sachter Indie-Pop mit leichten elektronischen Allüren. Geist ist die erste Single samt Video und erinnert inhaltlich ein bisschen an Every Step You Take, daher sind wir angetan und super gespannt, was da noch kommt!



Lustfinger
Der Autor dieser Zeilen ist seit über 30 Jahren Fan des TSV 1860 und Lustfinger haben mit Löwenmut DIE Hymne des Vereins aus Giesing geschrieben und sich auch sonst musikalisch um die Münchner Löwen verdient gemacht. Ich muss also zugeben: ja, ich bin voreingenommen und die Herren um Sänger Tom Fock haben bei mir seit jeher einen Stein im Brett. Aber ganz abgesehen davon: Es Gibt Nichts Zu Bereuen (VÖ: 12.04.) überrascht mich musikalisch tatsächlich äußerst positiv, denn ich hatte nicht mit so viel Geschwindigkeit und Power gerechnet. Die Jüngsten sans ja schließlich aa nimmer, die Buam... Textlich bewegen sich Lustfinger wie gewohnt zwischen Lausbub und Revoluzzer und etwas anderes würde zu den Münchnern auch gar nicht passen - und genau so lieben sie ihre Fans seit der Gründung im Jahre 1981. Wahre Punk-Urgesteine also und ja, ich denke, das ist über die gesamte Albumspielzeit betrachtet, ihr bislang bestes Werk. Leider gibt es erst am im April ein neues Video, deswegen hier ein kurzer Konzertmitschnitt aus dem Dezember 2018.



Alli Neumann
Äh, Moment mal... Gibt es Reinkarnation tatsächlich? Wenn man sich Monster, den Titeltrack der gleichnamigen EP (VÖ: 29.03.) von Alli Neumann anhört, gibt es gar keine anderen Interpretationen mehr, denn was man da hört, ist Falco im Körper und mit der Stimme einer Flensburgerin. Ein Blick in die PR-Info verrät, dass das nur bedingt Zufall ist, denn Produzent Franz Plasa stand damals tatsächlich mit dem Hölzl Hansi im Studio. Aber glaubt mir: bevor ich das gelesen hatte, dachte ich, ich bin im falschen Film... Egal, ich finde Falco ja geil.
Doch zurück zur vorliegenden Scheibe. Sehr abwechslungsreich präsentiert sich die Künstlerin ja durchaus: Funk, Blues, Pop - Alli Neumann fühlt sich offenbar in mehreren Genres wohl. Ich find sie zudem ja auch total sympathisch (siehe Video!), aber die EP davor gefiel mir insgesamt besser. Leider. Warum? Variation ist was Tolles, aber gerade bei einem so kurzen Format wie einer EP suche ich so etwas wie einen roten Faden und in diesem Falle fehlt er mir, was Monster für mich insgesamt sehr unruhig und unstrukturiert erscheinen lässt. Aber das ist natürlich eine sehr subjektive Empfindung.


Montag, 18. März 2019

Live in Bremen: Waving The Guns

Normaler Sonntagabend in Bremen. Foto: luserlounge
(ms) Das muss Bremen aushalten können!

Am Freitag das neue Album veröffentlicht, am Tag davor eine Prelistening-Show in Berlin, am Releasetag in der Roten Flora, danach Flensburg und zum krönenden Abschluss solch eines Wochenendes ein Gig in der Hansestadt Bremen. Der Terminkalender von Waving The Guns ist also pickepackevoll und wir waren gestern Abend mit von der Partie. Denn wenn Dub Dylan, Doktor Damage und Milli Dance rufen, sollte man unbedingt folgen. Und auf diesen Ruf folgte ein sehr großer Widerhall, der Bremer Tower war schon im Vorhinein ausverkauft. An einem Sonntagabend!
Der Tower wird seinem Namen von innen ja schon gerecht. Zu erst mag das Burg-ähnliche Aussehen etwas eigenwillig wirken, da es aber nicht billig aussieht, geht das Konzept voll auf.

Die gute Laune ließ auch gar nicht lange auf sich warten. Als Support der Es hätte so ein schöner Abend werden können-Tour sind MDMH und Sketch One dabei. Ersteren habe ich schon mal in Bielefeld als Support gesehen und die Erinnerung, dass es nicht so gezündet hat. Doch entweder war meine Gedankennotiz verschwommen oder da hat sich jemand richtig stark entwickelt. Denn das, was die Beiden gut eine halbe Stunde abgeliefert haben, war richtig gut und hat erstklassig eingestimmt. Battlerap gespickt mit Punchlines und sehr abwechslungsreichen Beats. Das wusste zu gefallen!



Danach wurde der Laden sauber eingenebelt und um kurz vor neun meldete sich Milli Dance zu Wort, dass seine Crew eine neue Scheibe auf dem Markt hätte. Und der titelgebende Track - Das muss eine Demokratie aushalten können - war der Startschuss zu einem energiegeladenen und schweißtreibenden Auftritt. Die beiden Supporter standen jetzt auch mit auf der Bühne und übernahmen den Backup-Part von Admiral Adonis, der ja nicht mehr Teil von WTG ist. Das entstandene Bild: Ein DJ und drei vermummte Typen haben rein visuell schon einen satten Eindruck gemacht. Was folgte war ein Parforceritt durch die eigene Diskographie.
Die Highlights: Soso und Aufbruchstimmung aus dem Album, dass Milli zusammen mit Pöbel MC veröffentlicht hat. Gartenzaun - mein persönlicher Höhepunkt -, der auch mit nur einer Strophe glänzend funktioniert hat. Perlen vor die Säue, sicherlich das Aushängeschild des neuen Albums. "Klassiker" wie Keine Lieder über Liebe oder Hut. Und zu Pflaster und Armutszeugnis wurde fleißig gemosht! Auch sehr passend, dass Privileg in Gänze gespielt werden könnte, der Feature-Gast war ja mit auf der Bühne!
Dazu muss man sagen, dass der Sound exzellent war. Die Bässe haben das Rückenmark massiert, die Stimmen waren klar zu hören. Das ermöglichte dem eh sehr textsicheren Publikum einen noch besseren Zugang zur Musik.
Der Sonntagabend entwickelte sich also zu einem ausgelassenen Tanz. Milli Dance hat bewiesen, dass er nicht nur ein hervorragende Künstler am Mikrophon und Rampensau ist, sondern auch sehr viel Präsenz auf der Bühne zeigen kann. Bockstark!



Wenn also Waving The Guns bei Euch um die Ecke kommen - und die Wahrscheinlichkeit ist dieses Jahr noch sehr hoch - dann geht unbedingt hin, genießt ein paar kalte Getränke und lasst Euch gehen! Das ist an einem Sonntagabend nicht in Gänze möglich, die Bereitschaft dazu war jedoch in jedem Fall vorhanden!

22.03.2019 Dresden - Chemiefabrik (Zusatzshow)
23.03.2019 Dresden - Chemiefabrik (Ausverkauft)
11.04.2019 Bonn - Bla (Ausverkauft)
12.04.2019 Köln - Artheater (Ausverkauft)
13.04.2019 Karlsruhe - Substage
02.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Zusatzshow)
03.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Ausverkauft)
04.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Ausverkauft)
11.05.2019 Berlin - Festsaal Kreuzberg
17.05.2019 Hannover - Faust
18.05.2019 Wiesbaden - Schlachthof
24.05.2019 Jena - Kassablanca
05.10.2019 Erlangen - Kulturzentrum E-Werk
06.10.2019 Düsseldorf - zakk Düsseldorf
19.10.2019 Münster - Sputnikhalle Münster
25.10.2019 Kiel - Die Pumpe
26.10.2019 Göttingen - Musa
09.11.2019 Leipzig - Conne Island
15.11.2019 München - Feierwerk
16.11.2019 Heidelberg - Karlstorbahnhof
21.11.2019 Freiburg - ArTik Freiburg
22.11.2019 Zürich - Dynamo Zürich
23.11.2019 Bern - Dachstock Reitschule
27.11.2019 Salzburg - Rockhouse Salzburg
06.12.2019 Chemnitz - AJZTalschock
07.12.2019 Osnabrück - B.C. Osnabrück
20.12.2019 Hamburg - Uebel und Gefährlich

Freitag, 15. März 2019

KW 11, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: suppastore.com
(sb/ms) Spätestens seit letztem Jahr hadere ich noch stärker damit, auf ein großes Festival zu gehen. Vor zwei Jahren haben mich die fünfzigtausend Leute auf dem Deichbrand schon dezent überfordert, trotz einiger sehr starker Konzerte; beispielsweise von Swiss & Die Andern oder Audio88 & Yassin. Trotzdem fahre ich dieses Jahr wieder hin, es liegt halt an den Mitreisenden, was man draus macht.
Zusätzlich liebäugle ich dieses Jahr stark mit einem Tagesticket für das Hurricane. Denn da spielen am Sonntag The Cure und The Streets. Der Wochentag ist sicher ungünstig, aber selbst eine dieser Bands mal gesehen zu haben, ist denkwürdig genug, sonst wäre die luserlounge letztes Jahr nicht nach London gefahren!
Bleiben wir im Hier und Jetzt. Freitag. Selektion. Ab dafür:

Martin Kohlstedt
Häufig berichte ich, wenn es um Neuigkeiten geht, von einzelnen vorherigen Konzerterfahrungen, weil es naheliegt. Insbesondere dann, wenn man einen Künstler mehr oder weniger spontan auf einem Festival gesehen und unmittelbar beeindruckt war. So geschah es letztes Jahr mit Martin Kohlstedt auf dem wundervollen Traumzeit Festival zu Duisburg. Er ist in der Neo Klassik beheimatet, dehnt diesen Begriff jedoch viel weiter als beispielsweise Nils Frahm oder Olafur Arnalds. Kohlstedt agiert durchaus elektronischer, beinahe tanzbarer. Das erstaunliche: Er beherrscht beides. Das Elektrisierende und das Ruhige. So spielt er seine Konzerte je nach Anlass laut oder leise und verstellt sich dabei niemals, ist immer er selbst, was sein Schaffen durchaus beeindruckend macht. Am 3. Mai erscheint nun sein neues Album, und es trägt den Titel Ströme. Es wird ein Experiment, da er das erste Mal mit dem GewandhausChor Leipzig kollaboriert, der sogar mit auf Tour kommt. Daher auf jeden Fall die Daten dick in den Kalender eintragen. Reinhören kann man auch schon, KSYCHA liest sich eigenwillig, klingt aber wunderbar einnehmend.

06.11. - Erlangen, Hugenottenkirche
07.11. - Mainz, KUZ
08.11. - Karlsruhe Tollhaus
20.11. - Bielefeld, Oetkerhalle
21.11. - Moers, Bollwerk
22.11. - Magdeburg, Moritzhof
23.11. - Wuppertal, Stadthalle
28.11. - Dornbirn, Spielboden
02.12. - Basel, Kaserne
04.12. - Zürich, Bogen F
05.12. - Solothurn, Kofmehl
06.12. - Düdingen, Bad Bonn
07.12. - Schaffhausen, Kammgarn
08.12. - Luzern, Schüür



Blinker
Es gab da mal einen gleichnamigen Song von Erdmöbel. Mit vergleichbarem Inhalt oder Musik hat die Gruppe Blinker aber nichts zu tun. Was nach einer Band klingt (auch musikalisch) ist ein Soloprojekt eines 25-jährigen Mannheimers. Am 5. April erscheint seine neue EP namens Blicke. Es ist Sprechgesang mit Popallüren, die richtig zu gefallen wissen; tanzbar und mit Köpfchen. Die fünf neuen Songs sind breit gestreut. Luft beinhaltet, wie viel Platz man oft für sich selbst braucht und dass man ihn sich auch schaffen muss. Es ist durchaus gefühlvolle Musik, ohne befindlichkeitsfixiert zu sein. Strecke Machen passt dazu sehr gut. Rippen Brechen klingt aggressiv programmatisch, ist es jedoch keineswegs, sondern - im weitesten Sinne - ein Liebeslied. Schaut vorbei, wenn er demnächst auf Tour ist:

10.04. - Köln, Veedel Club
11.04. - Berlin, Cassiopeia
13.04. - Hamburg, SkyBar
12.04. - Popsalon Festival, Osnabrück
20.06. - Modular Festival, Augsburg
09.08 - 10.08. - Metelen - Kinkerlitzchen Festival



Clowns
An dieser Stelle müssen wir noch unbedingt erwähnen, dass wir ja auch laute Gitarren und herrliches - auch gerne melodiöses - Rumgebrüll sehr mögen. Ob man das nun Punk, Hardcore oder Rock nennt, ist mir einerlei. Es soll schließlich knallen. Und dass eine Band mit dem Namen Clowns nicht schon längst einen irren Bekanntheitsgrad erreicht hat, ist vermutlich nur dadurch erklärbar, dass sie aus Australien kommen. Doch wenn man Freunde wie Feine Sahne Fischfilet hat und die einen auf ihr eigenes Openair nach Berlin einladen, sagt man nicht nein. Passend dazu erscheint am 12. April ihr viertes Album Nature/Nuture auf Fat Wreck. Das geht direkt in die moshenden Beine und Ellenbogen. I Wanna Feel Again ist diesbezüglich selbstredend eine ideale Singleauskopplung:

20.07. Berlin - Zitadelle (+ Feine Sahne Fischfilet)



Small Feet
Vor einigen Jahren habe ich mal José Gonzales solo live gesehen. Das fand ich wahnsinnig fad; lag wohl an der Festivalsituation. Denn ich bin großer Freund von Junip, die Intensität der Musik sucht in dessen Genre seinesgleichen. Sie haben auch immer tolle, wenn auch eigenwillige Videos produziert. Und schon sind wir bei Simon Stalhamre und seiner Band Small Feet. Die bringt in zwei Wochen (VÖ: 29. März) ihr neues Album With Psychic Powers heraus. Es könnte großartig werden. Das Video zur Single Masquerade ist es in jedem Fall: schräg, humorvoll, musikalisch wunderbar. Ich möchte hier gar nicht verraten, worum es in den drei Minuten und fünfzig Sekunden geht, schaut mal schnell selbst. Und dann braucht man über den Kauf des Albums gar nicht mehr so lange nachdenken. Live spielt er auch mit Band demnächst hier:

03.04. - Horns Erben, Leipzig
15.04. - Art Stalker (Berlin)
16.04. - FZW, Dortmund



Me And My Two Horses
Und schon wieder eine musikalische Selektion von uns ohne weibliche Beteiligung? Nein, natürlich nicht! Die hat es dieses Mal auch richtig in sich. Me And My Two Horses war ursprünglich das Soloprojekt von Kristin Theresa Drechsler, das jedoch auf ein Trio herangewachsen ist. Die Hamburgerin lässt den Himmel dunkler werden mit einem Stil, der sehr nah an Anna von Hausswolff dran ist, die wir ja eh super finden. Auch hier steht die Orgel im Vordergrund, die Musik ist jedoch poppiger und etwas leichter zugänglich als einiges von der Schwedin. Ihre Stimme ist da der entscheidende Unterschied, die ganz wunderbar klingt und zwischen hoch und tief pendelt. Am 18. April erscheint das erste Album von Drechsler: No Man's Land. Dazu melden wir uns auf jeden Fall noch ausführlich, da die zweite Single Cannibal direkt süchtig macht:


Donnerstag, 14. März 2019

Amanda Palmer - There Will Be No Intermission

Cover des neuen Albums.
(ms) Es ist ja auch immer eine Frage, wann und wie man mit einem Künstler in Berührung kommt. In diesem Fall mit einer Künstlerin und es ist niemand geringeres als Amanda Palmer. Vor zwei Jahren sah ich sie mehr oder zufällig zusammen mit Edward Ka-Spel beim von mir heiß geliebten und immer wieder wärmstens empfohlenen Traumzeit Festival im Duisburger Landschaftspark. Zugegebenermaßen kannte ich sie vorher kaum. Dass der maßgebliche Teil der Dresden Dolls gewesen ist, war mir bei dem Auftritt auch nicht klar. Ja, schlauer ist man immer hinterher.
Nun betrat diese Frau in einem irren Kleid zusammen mit Ka-Spel und einem Violinisten die Bühne und machte schier unglaubliche Musik: Drama, Komödie, Epos. Breit, nah, unter die Haut gehend. Intensiv, echt, direkt. Dass sie, dem Outfit des Publikums zufolge, in der Gothik-Szene beliebt ist, wurde mir durch die Musik jedoch irgendwie nicht klar. Sei's drum...
Danach sog ich schnell ihre Musik auf, las einige ihrer Statements und sah eine Frau, der es ernst ist mit ihrer Kunst. Klar wurde mir auch schnell, dass sie auf kluge und gewollte Art und Weise ihre Popularität nutzt, um richtige feministische Thesen und Standpunkte in Umlauf zu bringen. Spätestens als sie letztes Jahr den Song Mr Weinstein Will See You Know mit Jasmine Power veröffentlicht hat, überzeugte sich mich zu mehr als hundert Prozent. Was für ein Stück, pure Gänsehaut!



Letzte Woche erschien nun ihr neues Album There Will Be No Intermission und das natürlich auch passend am Weltfrauentag! Hier ein paar Eckdaten: Die Platte wurde mit Hilfe von 12.000 Crowdfundern finanziert. Es ist ihr erstes Soloalbum seit sieben Jahren. 20 Stücke fließen auf über einer Stunde durch die Boxen. Davon sind sieben Snippets, kurze Einspieler von unter einer Minute, die die musikalischen Themen der Platte immer wieder aufnehmen und ihnen Platz bieten. Andere Lieder gehen über acht oder zehn Minuten lang. Es gibt also Verschnaufpausen, aber auch einige Titel, die es mehr als in sich haben.
Denn die neue Scheibe ist höchstgradig persönlich. Sie verarbeitet Schicksalsschläge, Trauerfälle, Verluste. Sie nutzt ihre Lieder zur Eigentherapie. Auch wenn ich zugegebenermaßen bei englischsprachigen Texten nicht immer soo sehr zuhöre, geht hier kein Weg daran vorbei.
Voicemail For Jill entstand aus der Erfahrung in der Arbeit als Vertrauensperson, wenn Frauen, Männer und Paare über eine Abtreibung nachdenken. Palmer selbst hat drei Mal abgetrieben. Es ist die logische Singleauskopplung, aber man muss mehrmals schlucken, wenn man das hört. Hart. Doch Amanda Palmer macht halt keine Wohlfühlmusik. Auf The Things About Things singt, ja schreit sie phasenweise nur zur Ukulelenbegleitung. Das ist nicht dazu geeignet, nebenbei zu hören.

Der Klang ist generell reduzierter als bei den Dresden Dolls. Zahlreiche klassisch-musikalische Elemente machen es aber sehr reif, extrem professionell und stark. Diese Themen kehren immer wieder, manchmal innerhalb eines Liedes, doch hauptsächlich in den kleinen Einspielern. Herauszuheben ist Feeding The Dark. Es geht nur zwanzig Sekunden, ist aber das charakteristischste Thema des Albums. Hier in Orchesterformat. Gerne hätte ich das als Fünfminutenversion!



Die teils ausufernde, und anstrengende Seite der Platte macht sich auf den sehr langen Stücken bemerkbar. Das zweite Stück, The Ride, geht über zehn Minuten. Im Fokus steht das Klavier und es ist ein vorgetragenes Plädoyer oder Essay. Die minimalistische Instrumentierung erleichtert den Genuss nicht, der Chor im Hintergrund weiß jedoch aufzulockern. Man könnte daraus auch drei Lieder machen. Tut sie aber nicht. Im Film spricht man von Charakterdarstellern. Amanda Palmer wäre dann vielleicht eine Charaktermusikerin, die konsequent ihre Linie führt.
Drowning In The Sound ist der Höhepunkt von There Will Be No Intermission. Das Thema aus Feeding The Dark ist hier untergebracht und an dem Lied haben ihre Fans mitgeschrieben. Es ist ein wirklich starker, einnehmender Song eines anspruchsvollen Albums.



Seit Vexations von Get Well Soon stehe ich sehr zwiegespalten gegenüber sehr langen Alben. Meines Erachtens ist das Überschreiten einer Stunde schon grenzwertig. Gerade bei der überwiegend schmalen Instrumentierung der meisten Lieder von Amanda Palmer.
Dennoch ist es ein starkes Album, das man am Besten häppchenweise hören sollte. Sonst kann es sein, dass die melancholische, dramatische Grundstimmung überhand nimmt. Ich würde mich nicht wundern, wenn Palmer das auch wollen würde.

Glücklicherweise kommt sie dieses Jahr noch für einige Konzerte nach Deutschland.
Aus der oben genannten Erfahrung kann ich nur sagen, dass es mehr als lohnenswert ist.

06.09. Berlin - Admiralspalast
11.09. München - Kongresssaal
13.09. Offenbach - Capitol
14.09. AT- Wien - Konzerthaus
15.09. AT-Graz - Stefaniensaal
18.09. Stuttgart - Theaterhaus
19.09. Essen - Colosseum
24.09. Hamburg - Laeiszhalle
25.09. Leipzig - Haus Auensee

Sonntag, 10. März 2019

Live in Bremen: Juse Ju

EIn heißer Tanz. Foto: luserlounge
(ms) Die Hansestadt Bremen rief am Samstagabend zum Tanz und wird sind dem Ruf natürlich gefolgt. Denn Juse Ju hielt auf seiner aktuellen Tour im Lagerhaus, um diese nach allen Regeln der Kunst abzureißen. Wir trafen vorher im Viertel ein, um uns ein bisschen einzustimmen. Zahlreiche Bars und Kneipen rund um den Ostertorsteinweg lassen keine Wünsche offen.
Das Lagerhaus war schon gut gefüllt, als wir ankamen. Also Jacke weg, Bier auf und noch schnell ein paar andere Leute mit gutem Musikgeschmack kennengelernt, bis Curly die Bühne enterte. Der Typ mit der schönen Frisur nahm sofort den Raum ein und wusste sehr gut einzuheizen. Ich habe mich um Vorfeld ein wenig schlau gemacht, konnte mit seiner Musik aber nicht so viel anfangen. Ganz anders live: Er war der ideale Support für Juse. Munchies, Latenight oder Sie Hasst Mich wurden vom Publikum direkt mitgegrölt und machten eine Menge Spaß. Und wann hat man schon mal eine Hymne auf den Eistee zu hören bekommen?! So konnte es weitergehen.

Also kleiner Umbau, DJ-Tisch weg, Juse Ju-Schriftzug hin, Skateboard an den Rand und Juses kleine (ich nenne es jetzt mal) Soundmaschine vorne an den Rand der Bühne. Fertig.
Die etwas nervige Pausenmusik, die auch ordentlich laut aufgedreht war, stoppte dann endlich, das Licht ging aus und der Beat zu German Angst setzte ein. Wahnsinn. Innerhalb kürzester Zeit hatte Juse Ju die Meute auf seiner Seite und ein pausenloses Feuerwerk setzte ein. Was mir an Juse so gut gefällt ist seine sehr ehrliche und direkte Art; sowohl in Interviews als auch auf der Bühne. Es ist leicht und naheliegend zu glauben, dass er mit richtig viel Herz und Leidenschaft dahinter steht. Zu Pain Is Love hat er natürlich seine Skills darbieten wollen. Den Trick stand er dann so einigermaßen. Auch die Tracks seiner bandneuen EP Untertreib Nicht Deine Rolle kamen bestens an. Zu S.D.W.A. kam Curly auch noch mal dazu. Ein Song wie Männer geht beinahe bei einem Konzert, das eher einer Party gleicht, ein bisschen unter, weil er inhaltlich so stark ist. Dass er Cloudrap gespielt hat, hat mich persönlich sehr gefreut, der Beat ist einfach ein Traum! Highlight des Abends: Zu Im Modus holte Juse zwei Mädels auf die Bühne, die den Fatoni-Part aber sowas von textsicher übernommen haben, dass ein riesiger Applaus das Mindeste im Anschluss war. Starke Performance!
Und kaum hat man zu Ende getanzt und geschwitzt war der Gig vorbei und ein letztes kühlendes Getränk und ein großes Lächeln im Gesicht begleitete uns in die Nacht...

Hier hält Juse in den kommenden Tagen noch:

10.03. - Kiel, Orange Club
29.03. - Kirchheim, MGH Linde
04.04. - Lüneburg, Salon Hansen
05.04. - Dortmund, Junkyark

Donnerstag, 7. März 2019

KW 10, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: profitableplantsdigest.com
(ms/sb) Ich habe es ja auch ehrlich gesagt nur am Rande mitbekommen und noch keine richtige Meinung dazu. Der Gegenwind, den R Kelly nach der Ausstrahlung der Doku Surviving R Kelly abbekommen hat, war heftig und sicherlich mehr als angebracht. Wer sich an Minderjährigen vergreift, ist einfach ein mieses Schwein, das bestraft gehört. Punkt. Seltsamerweise wird dies wohl je nach Protagonist anders gewertet. Nun kamen wieder Anschuldigungen gegen Michael Jackson ans Licht. Vorwürfe, die es schon seit vielen Jahren gibt, was wohl so alles auf der Neverland Ranch gelaufen sei. Doch hier wird erstmal ausgetüftelt, ob und in welchem Maße man Jacksons Songs noch hören/senden sollte. Es scheint so, als ob dem King of Pop im Vorhinein viel mehr verziehen wird als anderen Musikern. Vermessen? Unangebracht? Puh... mal drüber nachdenken.
Wir haben jedenfalls selektiert für Euch und mal wieder einige Perlen aufgetischt:

Dream Boogie
Ooooh ja, sehr tanzbar! Der Garagepunk-Sound klingt zwar (gewollt) nach 90er Jahre-Bootleg, die Melodien von Dream Boogie sind aber so verdammt catchy, dass man durchaus drauf hängenbleibt und sich die Scheibe auch gerne mehrmals hintereinander anhören kann. Und hey, ganz ehrlich: wer so eine lässige Hymne über Andrea Pirlo schreibt wie die Schweden, der muss einfach gelobt werden. Dass der Albumtitel Sorry to disappoint all music lovers (VÖ: 12.04.) pures Understatement ist, braucht man eigentlich nicht extra zu erwähnen. Schönes Ding! Fast so schön wie Pirlos Elfer damals bei der EM 2012...


Newton Faulkner
Es gibt ja so Künstler, von denen kennt man einen Song, findet den saustark, kriegt es aber trotzdem nicht auf die Reihe, sich näher mit dem Gesamtwerk zu beschäftigen. Newton Faulkner ist so einer, dessen Track People Should Smile More ich vor gut zehn Jahren mal auf einem Mixtape bekommen habe und auf Anhieb mochte.
Sein bisheriges Schaffen konzentriert der Brite nun auf einer Compilation namens The Very Best Of Newton Faulkner...So Far (VÖ: 15.03.) und präsentiert dabei 31 Tracks inklusive einiger sehr toller und auch mutiger Coverversionen (Bohemian Rhapsody!) - mit Sicherheit der unterschätztesten Singer/Songwriter unserer Zeit, der hierzulande definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient.
Der vorhin angesprochene Song hats übrigens nicht mal aufs Best Of geschafft, aber dies nur am Rande.


HGich.T
Ja, absolut richtig. Wir berichten über dieses wahnsinnig schräge, zum Teil super kaputte Künstlerkollektiv, die sich HGich.T nennen, weil die halt super sind. Kaum jemand kennt Tutenchamun oder Hauptschule nicht. Das wegweisende Album Mein Hobby: Arschloch ist jedoch schon gute zehn Jahre alt und die Freaks hauen weiter die Knaller raus. Und sicherlich werden die Kritiken zu Jeder ist eine Schmetterlingin (VÖ: 17. Mai) wieder von "endlos scheiße" bis "fulminant" reichen. Das ganze erscheint kurioserweise ja schon seit Ewigkeiten bei den geschmackssicheren Leuten von Tapete Records, aber irgendwie auch schön. Seit dieser Woche kann man sich die neue Single UBoot ansehen und -hören. Für einen ausgelassenen Rave im Wald genau das Richtige. Doch habe ich keine Ahnung, welches Mittel angemessen ist, um das genießen zu können. Ratschläge nehmen wir gerne entgegen. Ab Ende September sind sie auf Tour. Sollte man sich nicht entgehen lassen:

20.09. München, Strom
04.10. Linz, Stadtwerkstatt
05.10. Wien, Simm City
18.10. Bremen, Tower
19.10. Kiel, Pumpe
01.11. Münster, Sputnikhalle
02.11. Stuttgart, clubCANN
15.11. Köln, Club Volta
16.11. Frankfurt, Das Bett
29.11. Dortmund, JunkYard
30.11. Nürnberg, Hirsch
13.12. Hamburg, Uebel & Gefährlich
14.12. Hannover, Indiego Glocksee
27.12. Leipzig, Conne Island
28.12. Berlin, Astra Kulturhaus



Ben Barritt
Als Progressive Normcore bezeichnet Ben Barritt seine Musik, für mich als fachfremden Zuhörer klingt es nach modernem Jazz, der wunderbar mit der Horn Section spielt und sich bewusst öffnet, um auch dem geneigtem Mainstream-Publikum zugänglich zu sein - und das ist keineswegs negativ zu interpretieren. Auch der Albumtitel Everybody's Welcome (VÖ: 12.04.) schlägt (bewusst oder unbewusst) in diese Kerbe und der Spagat gelingt dem britischen Künstler, der seit Jahren in Berlin seine neue Heimat gefunden hat, ganz hervorragend. Tolle Unterhaltung, ob im Hintergrund oder bei voller Konzentration auf die Musik. Eine sehr positive Überraschung!


White Night
Ja, wir sind zugegebenermaßen ne Woche zu spät dran mit unserem Artikel zum Debütalbum von White Night, aber vorher lag uns die Promo leider nicht vor. Dass wir Golden Heart (VÖ: 01.03.) dennoch nicht unter den Teppich kehren, liegt daran, dass die 16 Tracks über weite Strecken zu überzeugen wissen und eine Nische füllen, die in meiner Sammlung bisher nur sehr spärlich besetzt war. Electro-Pop ist sicher nicht mein favorisiertes Genre, aber insbesondere der Titeltrack hat es mir extrem angetan. Der klingt, als würde meine Lieblingsschwedin Anna Ternheim elektronisch unterlegt werden und das ist ganz schön sexy.


Sad Planets
Ja, es ist der billigste aber halt auch ein naheliegender Einstieg, wenn man eine Band noch nie gehört hat. Dann macht man sich nämlich Gedanken über den Namen. Traurige Planeten. Klingt ganz schön übel melancholisch. Zum Glück ist das nicht der Fall. Sondern es gibt einen wunderbaren, leicht nostalgischen Mix, aus bester Indierock-Manier und bestechendem LoFi. Trotz der ersten Veröffentlichung klingen Sad Planets wahnsinnig reif und das ist auch mehr als naheliegend. Denn Patrick Carney ist Teil von The Black Keys und John Petkovic hat mal bei Guided By Voices mitgemischt. Am 29. April erscheint auf Tee Pee Records also Arkon, Ohio und es sollte ein spitzenmäßiges Debut werden, wenn ihr hier mal reinhört:




Kind Kaputt
Hey, ist es Freitag! Lust Euch nochmal gescheit anschreien zu lassen? Ja? Darf es dazu noch eine ordentliche Portion Gitarre, Bass und Schlagzeug sein? Ihr fandet Escapado toll und seid etwas traurig, dass der Schönfuss nicht mehr so dolle brüllt? Ihr mögt Zeilen wie "Ich habe gelernt Euch zu gefallen?" Dann seid ihr bei Kind Kaputt genau richtig. Die haben diese Woche nämlich nicht nur ihre neue Single Schwertschlucken samt extrem tollem Video veröffentlicht, sondern bringen in zwei Wochen (VÖ. 22. März) ihr Erstwerk Zerfall auf Uncle M Records raus. Nicht, dass Ihr nachher meckert... wir haben Euch gesagt, dass das sehr gut ist. Live bestaunen kann man das demnächst genau hier:

23.03. Leipzig - Kulturlounge
09.05. Nürnberg - Luise The Cultfactory
10.05. Darmstadt - Oettinger Villa
12.05. Saarbrücken - Garage
15.05. Berlin - Cassiopeia
16.05. Hamburg - Astra Stube
17.05. Oldenburg - Umbaubar
18.05. Rostock - Peter Weiss Haus
19.05 Jena - Cafe Wagner
22.05. Frankfurt - Ponyhof
24.05. Köln - Stereo Wonderland
25.05. Algermissen - Gänserock Festival
26.05. Kassel - K19


Mittwoch, 6. März 2019

Waving The Guns - Das muss eine Demokratie aushalten können

Unverkennbar WTG. Foto: David Henselder
(ms) Zwei Dinge, bevor wir uns das neue, ziemlich gute - ja, so viel darf schon mal gesagt sein - Album von Waving The Guns zu Gemüte führen.
1. Letztes Jahr haben die Rostocker bekannt gegeben, dass Admiral Adonis nicht mehr Teil des Teams ist. Daher ab jetzt nur noch zu dritt unterwegs: Doktor Damage und Dub Dylan an den Beats (daher auch 4D-Instrumentals) und Milli Dance am Mikrophon. Dieser war ja vorher auch schon die Rampensau der Crew. Folgendes tut mir jetzt ja ein wenig leid: Aber das Fehlen von Admiral Adonis ist jetzt nicht zwingend auf der Platte zu hören.
2. Das ständige Polizei-Bashing geht mir dezent auf den Geist. Nicht nur WTG holen regelmäßig, laut und mit geballter Faust gegen die Polizei aus, Feine Sahne Fischfilet und das Label-Mutterschiff Audiolith auch. Irgendwie ist mir das zu postpubertär. Ich verstehe die Kritik an Abschiebepraktiken und teile sie. Doch diese einseitige Eindrescherei ist mir zu platt. Insbesondere weil WTG sonst textlich so wahnsinnig stark sind!

Cut.



Nächste Woche (VÖ: 15. März) erscheint mit Das Muss Eine Demokratie Aushalten Können die dritte Scheibe von Waving The Guns. Und die Platte vereint die Stärken der beiden Vorgänger in bester Manier: die textliche Reife von Eine Hand Bricht Die Andere und das derbe Rumgeballer von Totschlagargumente. Insgesamt ist wesentlich mehr Battlerap zu hören als Wodkatrink-Hymnen, aber das geht vollkommen klar. Denn Protagonisten im Rap, gegen die man rumpöbeln kann oder sogar muss, gibt es genug. Es sind nicht nur die allzeit bekannten Macho-Gröler, sondern auch die Autotune-Bubis ("Hier verkackt der Chef noch selber") und die Ich-mache-alle-großen-Hallen-voll-Crews.
Satte 15 Tracks über gut 50 Minuten hat die neue Scheibe zu bieten und da ist es nur logisch, dass ab der ersten Minute im Intro ausgeteilt wird.
Ich lehne mich nun etwas weit aus dem Fenster und würde den zweiten Song, Perlen Vor Die Säue, als Exposition kategorisieren. Das heißt: Im klassischen Drama wird zu Beginn alles Wesentliche auf den Tisch gelegt, damit klar ist, worum es geht. Der Track bietet genau das: Understatement, Unabhängigkeit, wie gewohnt politische Positionierung, das Nutzen von charakteristischen Samples und mit Wesentliches Tight Gerappt ein neuer Vorschlag, wie das eigene Akronym zu deuten sei. Was Hast Du Denn Erwartet zeigt humorvoll die eigene Position als Underdog auf dem Rap-Markt und verrät, wie ihre Lieder entstehen: "4-D-Instrumentals, Text drüber, passt." Na, wenn es mal immer so einfach wäre...
Dass sie auch bitterböse und zeitlich irgendwie lustig können, zeigen WTG auf Oscar Pitorius, einer von zwei Feature-Tracks, hier ist AzudemSK dabei. Es folgt eine Komplettabrechnung mit Die Da Reden, die in zwei Parts aufgeteilt ist. Genauso ist man es gewohnt von Milli und Co: bockstark! Und warum auch nicht mal ehrlich sein und sich selber feiern: Privileg handelt schlicht und einfach davon, wie gerne und gut man das macht, was man macht und es leidenschaftlich live darbietet. Und wer Waving The Guns mal gesehen hat - ich bin mehrmaliger Zeuge -, der weiß was das für ein Abriss sein kann.



Dass an den Beats auch eine richtig starke Entwicklung stattgefunden hat, lässt sich (mindestens) dreifach beweisen. Remember hat so einen astreinen Basslauf, ich lasse mich gern davon massieren. Zudem macht ein super Sample den Track extrem catchy! Hier Unten Ist Ok lässt dann auf einmal Reggae zu, das weiß zu gefallen. WTG wollen sich an keine Regeln halten, haben das auch gar nicht nötig und zeigen dann genau das. Wie genau man das Genre von Es Hätte So Ein Schöner Abend Werden Können nennt, weiß ich nicht. Ist das jetzt Trap, oder so? Ist auch komplett unwichtig, weil es funktioniert.
Die Beats sind abwechslungsreicher als je zuvor (obwohl ich ein Brett wie Gartenzaun auch schon auf dem direkten Vorgänger vermisste), die Texte reflektiert, klug, umsichtig und sowohl eindeutig als auch vielseitig interpretierbar. Zum Selbstverständnis der Band und ihrer eigenen Einordnung in die linke Szene und Stellung zum Begriff Zeckenrap, kann man gut in diesem feinen Interview nachlesen.

Natürlich erscheint Das Muss Eine Demokratie Aushalten Können auch in einer Vinyl-Box inklusive Patch, Poster und T-Shirt. Vorbestellung trotz Promo-Bemusterung ist natürlich raus, weil Waving The Guns seit Totschlagargumente zu meiner ersten Adresse in Sachen Rap gehören!
Achja: Sie samplen in regelmäßigen Abständen Dendemann. Ich würde gerne wissen, wie sie zu seinem neuen Album stehen...

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, gibt es das dann hier:

15.03.2019 Hamburg - Rote Flora
16.03.2019 Flensburg - Volksbad
17.03.2019 Bremen - Tower
22.03.2019 Dresden - Chemiefabrik (Zusatzshow)
23.03.2019 Dresden - Chemiefabrik (Ausverkauft)
11.04.2019 Bonn - Bla (Ausverkauft)
12.04.2019 Köln - Artheater (Ausverkauft)
13.04.2019 Karlsruhe - Substage
02.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Zusatzshow)
03.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Ausverkauft)
04.05.2019 Rostock - Peter-Weiß-Haus (Ausverkauft)
11.05.2019 Berlin - Festsaal Kreuzberg
17.05.2019 Hannover - Faust
18.05.2019 Wiesbaden - Schlachthof
24.05.2019 Jena - Kassablanca

Sonntag, 3. März 2019

Live in Hamburg: Kettcar

Er schnitt Löcher in den Zaun. Foto: luserlounge
(ms) Hamburg, Anfang März. Der spontane Frühlingseinbruch hat sich eine kleine Pause genommen, Zeit es sich drinnen nochmal richtig gemütlich zu machen. Am Besten mit 3.500 anderen Menschen, denn Kettcar haben zum Heimspiel eingeladen und es wurde vorbildlich Folge geleistet. Denn gestern fand im Mehr! Theater das größte Einzelkonzert der fünf Hamburger in ihrer Heimatstadt statt; es war lange im Vorhinein ausverkauft. Und die Konkurrenz hat ebenfalls groß aufgetrumpft, denn sowohl Max Giesinger als auch Roland Kaiser standen auf den hanseatischen Bühnen bereit. Na gut...

Das Mehr! Theater ist Teil des Hamburger Großmarktes und Kettcar kommen damit genau dahin zurück, wo sie vor eineinhalb Jahren beim Label-eigenen Festival den Auftakt zur Ich vs. Wir-Konzertreise begonnen haben. Ein großer, moderner Veranstaltungsort mit guter Organisation, aber 3.50€ für ein kleines Bier?! Puh... Und dann noch KöPi, was soll das denn bitte? Und dann noch Einmal-Wegwerf-Becher, was soll das denn?! Da haben die Viva con Agua-Leute doch gar nichts von. Der hintere Teil und die Empore waren bestuhlt. Wieso auch immer. Bei Kettcar will ich keinesfalls sitzen! Daher stand ich auch bequem vorne mit guter Sicht.

Fortuna Ehrenfeld sind spontan für die erkrankten Love A eingesprungen. Gute Besserung, aber spitzenmäßiger Ersatz! Leider war der Gesang von Martin viel zu leise eingestellt, genauso wie seine Gitarre. Doch statt aufmerksam zu lauschen, was die drei Verrückten feilboten, wurde eher getuschelt, sehr schade! Das wurde natürlich von der Bühne aus gerügt. Dennoch kamen Hits wie Ein Analoges Mädchen, Das Letzte Kommando, Hundeherz oder Glitzerschwein nicht zu knapp und man durfte sogar Zeuge von neuem Material werden! Yeah!

Umbaupause. Kettcar! Vollgas.
Es wurde vorher schon bekannt gegeben, dass die Band die drei Bläser mit auf Tour hat, die Marcus auf seiner Solo-Tour engagiert hatte. Was waren sie nur für eine riesige Bereicherung für den Sound und den ganzen Abend! Daher auch der Start mit Rettung, Deiche kam erst viel später. Die Band spielte befreit und voller guter Laune auf, das hat man auf dem Parkett gespürt. Es folgte nicht nur ein wildes Potpourri aus der eigenen Diskographie, sondern mit Lattenmessen auch mal wieder ein Song, der lange nicht live gespielt wurde. Dazu kamen die beiden brandneuen Lieder Palo Alto und Scheine In Den Graben der im Mai erscheinenden EP. Knapp zwei Stunden haben sie gespielt und auch dieses Mal muss ich dem Publikum für seine Textsicherheit ein großes Lob aussprechen, man fühlt sich bei einem Kettcar-Gig einfach sehr wohl! Da darf auch der Rausschmeißer Mein Skateboard Kriegt Mein Zahnarzt nicht fehlen, wo die Gäste an den Blasinstrumenten nochmal richtig aufdrehen konnten.
Mit einem Lächeln im Gesicht und dem guten Gewissen, dass es am 12. Mai beim Hafengeburtstag wieder heißt "Der Name dieser Band ist Kettcar", ging es nach Haus.


Samstag, 2. März 2019

Kettcar - Neue EP!

Quelle: ghvc-shop.de
(ms) Das Rezept sieht so aus: Es wird innerhalb derjenigen Woche ein Datum und eine Uhrzeit über die sozialen Netzwerke verbreitet und dann geht das große Rätselraten los!
Genauso ereignete es sich diese Woche mit meiner Herzensband Kettcar. Kurz vor Tourstart also noch eine große Ankündigung. Und dann wurde es ein reiner Hammer! Die fünf Hamburger Jungspunde kündigen mir-nichts-dir-nichts eine 5 Lieder umfassende EP an, die am 17. Mai erscheint und den wunderbaren Titel Der süße Duft der Widersprüchlichkeit (Wir vs. Ich) trägt. Ich saß am Bahnhof, als die Nachricht reinflatterte und erstmal hatte ich gemischte Gefühle, da hatte ich die beiden bislang ausgekoppelten Songs noch nicht gehört.
Denn ich hatte eine Befürchtung, die ich sogar mit einem Kettcar-Zitat untermauern kann: Es muss immer alles komplett verwertet werden, wenn es komplett verwertet werden kann (Schrilles, buntes Hamburg). Klar, da war der riesige Erfolg des aktuellen Albums. Absolut berechtigt. Und das an einem Punkt, an dem die Existenz der Band gnadenlos auf der Kippe stand. Es folgten ausverkaufte Konzerte en masse. Als Marcus Wiebusch letztes Jahr bei der lit.ruhr in Essen bekannt gab, dass der Schreibprozess schon wieder begonnen habe und die klangliche Richtung von Ich vs. Wir beibehalten wird, ließ das das Fanherz natürlich höher schlagen.
Innerhalb weniger Tage sind nun schon zwei der fünf neuen Lieder draußen. Sowohl Palo Alto als auch Scheine in den Graben sind bockstark. Allerbeste Kettcar-2019-Manier! Und der dazugehörige Pressebegleittext von Ingo Neumayer ist so detailreich und richtig, dass dem nichts hinzuzufügen ist. Die fünf Lieder zoomen also da weiter an den Menschen heran, wo auf dem Album gröber erzählt wurde. Allein das ist eine sehr ausgeklügelte und außerordentlich kluge Art und Weise ein Album weiter zu spinnen. Mit dem wichtigen Zusatz: Kein B-Material oder Überbleibsel, keine Komplettverwertung, sondern neue Kreativität, die schnell einen Kanal brauchte und ihn in der EP gefunden hat. Super!
Und wie geil ist es bitte, dass Marie Curry (Neonschwarz) und sookee mal Kettcar featuren?!

In den nächsten zwei Wochen ist Kettcar live zu sehen und die Chance, dass mindestens die beiden bereits offiziellen neuen Lieder gespielt werden, darf doch relativ hoch sein. Es gibt auch noch Tickets! Bis auf Hamburg heute Abend. Restlos ausverkauft. Wir sind jedoch da und berichten!

02.03. - Hamburg, Mehr Theater
13.03. - Oberhausen, Turbinenhalle
14.03. - Frankfurt, Batschkapp
15.03. - Zürich, M4Music
16.03. - Cottbus, Glad-House
17.03. - Berlin, Columbiahalle




Freitag, 1. März 2019

KW 9, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: knowyourmeme.com
(ms) Okay, ganz ehrlich. Ich traue diesem Frühlingsbraten da draußen nicht so richtig. Und auch wahr: Ich schaue mir auch so gut wie nie den Wetterbericht an. Zu weit im Voraus planen macht einen ja auch komplett kirre. Was ich also sagen will: So lange die Außentemperatur, die morgens herrscht, wenn ich das Haus verlasse - und da ist es derzeit auch noch dunkel - so unglaublich wenig mit der Außentemperatur, die mittags für gute Laune sorgt, zu tun hat, dann besteht da noch keine Konstanz. Deshalb ist mir dieser frühlingshafte Februareinschub auch sehr suspekt. Er hielt mich dennoch nicht davon ab, unter der Woche mal zwei Kugeln Eis zu naschen. Denn sie waren sehr lecker. Stracciatella und Zitrone. Logisch.
Etwas anderes ist auch noch unter der Woche passiert. Und zwar ist der Sänger der Gruppe Talk Talk verstorben. Beziehungsweise: die Todesnachricht wurde publik. Und das erschien auch regelmäßig in meiner Facie-Timeline. Dabei bin ich Jahrgang 1990. Habe nix mit der Band zu tun. Okay, traurig ist es dennoch. Wir haben daher musikalisches Aufbaumaterial:

Neufundland
Das ist mal eine Schlagzahl! Vor eineinhalb Jahren den Erstling ans Tageslicht gewuchtet und in diesem Mai direkt nachlegen. Da will wohl jemand mit der Taktung von Portugal. The Man oder Mandon Diao in ihren jeweiligen Anfangsphasen mithalten. Die Rede ist hier aber von dem Kölner Quintett Neufundland. Sie machen die Art Musik, die im deutschsprachigen Indie gerade angesagt ist: eine Mischung aus Bilderbuch und Von Wegen Lisbeth. Das liegt mir nicht zwingend, aber die Ankündigung zum neuen Album Scham (VÖ: 31.05) ist inhaltlich klasse. In Männlich, Blass, Hetero geht es genau darum. Um die Privilegien, die man wegen seines Äußeren hierzulande hat. Das ganze reflektiert in Musik umgemünzt ist stark. Man darf auf die zweite Platte also gespannt sein. Im Sommer spielen sie hier:

16.-18.05. München - Manic Street Parade
17.-18.05. Freiburg - Ahoii Festival
15.06. Wolfenbüttel - Summertime Festival
12.-13.07. Straubenhardt - Happiness Festival
18.-21.09. Cuxhaven - Deichbrand Festival



Pet Shop Boys
Na klar, rein biographisch habe ich mit den Pet Shop Boys genauso wenig zu tun wie mit Talk Talk. Aber ich bin sehr anfällig für catchy Lieder. Neil Tennant und Chris Lowe haben vor drei Wochen eine 4-Track-EP herausgebracht. Sie heißt Agenda und ist wirklich gut: kurzweilig, tanzbar und sehr programmatisch. Es geht um nichts anderes als einen Rundumschlag in Sachen Gesellschaftskritik. Der Songtitel Give Stupidity A Chance spricht daher für sich. On Social Media ist dann halt der Oberkracher und eine reine Synthiehymne. Und ich kann mich sehr genau daran erinnern, als 2013 Placebo ihre Single Too Many Friends herausbrachten und irgendwer schrieb, was Brian Molko als mittlerweile älterem Herren denn einfallen würde über Twitter und Co. zu urteilen. Wie vermessen. Als ob es eine Altersbeschränkung für diese Plattformen gäbe. Daher: vier super Lieder auf einer klasse EP!



Schreng Schreng & La La
Neugier! Was für eine tolle Eigenschaft. Leider fehlt sie mir viel zu häufig, privat als auch beruflich. Klar, totales Defizit. Naja. Was ich damit sagen will: Für einige tolle Bands war ich oft nie neugierig genug. Das hat zumindest bei Schreng Schreng & La La jetzt zum Glück ein Ende. Denn das Duo bestehend aus Gitarrist Lars und Sänger Jörkk (bekannt von Love A) macht nicht nur wunderbar reduzierte und starke Musik, sondern bringt auch am 29. März eine neue EP auf den Markt. Alles Muss Brennen erscheint natürlich bei Rookie Records. Und Mit Dem Rücken Zur Nacht ist die Single-Auskopplung, zu der man nun schon ein tolles Video sehen kann. Was ist das denn auch bitte für ein herrliches Lied?! Wow, Atemaussetzer! Dass das Original eigentlich von der Band Trashboy stammt, ist hingegen egal, weil es qualitativ so zu überzeugen weiß. Live gibt es das dann bald hier:

06.04.19 Hamburg, Astrastube (Release Party)
04.05.19 Bonn, Bla
14.06.19 Merkers, Rock am Berg
15.06.19 Mannheim, Maifeld Derby
27.07.19 Alsfeld, Burg Herzberg Festival



Louis Jucker
Hypnose ist etwas, was ich super abgefahren und beängstigend finde. Ich weiß natürlich auch nicht, ob das funktioniert, ausprobieren möchte ich es dennoch nicht. Sowas manipulativ Freund-mäßiges muss halt nicht sein. Statt einem Pendel kann man sicherlich auch die Musik von Louis Jucker nutzen, um jemanden in Trance-Zustände zu versetzen. Aber dann sind es die Guten. Kein Abrakadabra und auch kein weißes Kaninchen, sondern pure Schönheit. Der Musiker veröffentlicht heute sein Album Kråkeslottet (The Crow's Castle). Zu hören sind fein einlullende Rhythmen (Seagazer), andächtige Klavierparts (A Modest Feast) oder auch eine song-gewordene Kurzgeschichte (Tale Of A Teacher's Son). Dabei überzeugt stets die etwas an Chris Martin erinnernde Stimme von Jucker. Gebt Euch das mal:



Van Holzen
April, April. Ach nee, vertan. Heute ist ja der erste März. Aber im April kommt das zweite Album der Gitarrenband Van Holzen. Es wird Alle Meine Freunde (VÖ: 26. April) heißen und Euch dazu bewegen die Regler daheim aufzudrehen. Denn deutsche und deutschsprachige Rockmusik tut sich immer ein wenig schwer. Van Holzen beweisen nun das Gegenteil und hauen mit Royal den passenden Vorboten zum zweiten Album raus. Das Video zum mitreißenden Track vorzugsweise auf dem Smartphone schauen und das bei sensiblen Gemütern auch eher nüchtern, sonst könnte einem schwindelig werden. Bitte sehr: