Freitag, 29. Juni 2018

KW 26, 2018: Die luserlounge selektiert!

Quelle: brewbound.com
(ms/sb) Was ist so richtig schön am Sommer? Unter anderem ist es eine relativ einfache Erkenntnis, die in jedem Kalender zu finden ist und eigentlich schon totgeleiert wurde und gar nicht mehr richtig zieht, weil es halt auch jedem klar ist.
Es sind im Wesentlichen die Abende und Nächte, an denen man bis spät in die Nacht mit kurzer Hose, Shirt, lockerem Schuhwerk, guten Freunden, leckeren Getränken und den großen und kleinen Themen der Welt draußen sitzen kann und einfach nur das genießt, was da ist.
Es muss ja noch nicht einmal spät werden, die reine Möglichkeit auch um halb zehn noch leicht bekleidet eine Runde durch den Park zu drehen, stimmt froh. Es ist absolut legitim, die sehr kleinen Dinge im Leben ausführlich zu zelebrieren!

Heinrich von Handzahm
Dieser Name macht sofort aufmerksam und neugierig. Und nicht nur das, sondern auch das wunderschöne schwarz/weiß-Video zur neuen Single Die Zeiten. Darin gibt es einen Haufen wahrer Zeilen, die man sich unumwunden auf die Kleidung, ins Gesicht oder auf die Instrumente malen lassen kann, wie das Bewegtbild eindrucksvoll zeigt. Das Lied ist die Ankündigung zum neuen Album Auf Anderer Frequenz, das kommende Woche Freitag (06. Juli) auf dem Label Bring Me Home erscheinen wird. Kaum zu glauben, dass Heinrich von Handzahm mal eine Pokershow für einen großen Privatsender erfunden oder als Rechtsanwalt gearbeitet hat, denn seine Musik ist wirklich gut und sehr sehr schön.



Feuerschwanz
Letztens haben wir Euch schon das neue Album von Saltatio Mortis angekündigt. Nun sind Feuerschwanz dran. Neben Pfeifen, Tröten, Dudelsäcken und anderen historischen Instrumenten, dominieren auch bei ihnen die verstärkten, elektrischen Gitarren. Doch sie sind hauptsächlich die Begleitung zu sehr unterhaltsamen Texten. So auch Schubsetanz, das als Vorbote zum neuen Album Methämmer, das am 17. August auf FAME Records erscheinen wird. Dass das Video jetzt nicht die allerhöchste Kunst ist, ist okay, da kann man sich eher auf die zum schmunzeln bringenden Zeilen konzentrieren. Live hat man in den kommenden Wochen und Monaten ausreichen Möglichkeit die Kombination zu sehen:

30.06. - Weil am Rhein, Mittelalterlich Phantasie Spectaculum
14.07. - Bückeburg, Mittelalterlich Phantasie Spectaculum
20.07. - Pförring, Open Air Pförring
27.07. - Trier, 1. Trierer Nacht der Spielleute
02.08. - Wacken, Wacken Open Air
04.08. - Köln, Mittelalterlich Phantasie Spectaculum
08.08. - Wunsiedel,1 0 Jahre Colllis Clamat
11.08. - Höchstadt a. d. Aisch, Schlosshof Festival
17.08 -  Hamburg, Hammaburg Fest
18.08. - Dinkelsbühl, Summer Breeze
23.11. - Bremen, Aladin
24.11. - Köln, Essigfabrik
29.11. - Frankfurt, Batschkapp
30.11. - Karlsruhe, Substage
01.12. - Pratteln, Z7
06.12. - Berlin, Columbia Theater
07.12. - Kiel, Pumpe
08.12. - Hannover, Musikzentrum
13.12. - Hamburg, Markthalle
14.12. - Leipzig, Hellraiser
15.12. - Bochum, Matrix
20.12. - Wien, Szene
21.12. - Graz, Explosiv
22.12. - München, Backstage
28.12. - Nürnberg, Hirsch



Hannah & Falco
Über die bezaubernde Debüt-EP von Hannah & Falco haben wir Euch ja bereits berichtet, nun legen die beiden in Form einer Akustik-Session nach. Face In The Moon thematisiert den Verlust eines lieben Menschen und das Erinnern. Zwischen dem Versuch, zu vergessen, und schmerzlichen Momenten des Bewusstwerdens - wie es im Refrain des Songs vorkommt - scheint das bekannte Gesicht des Menschen immer bei Nacht, im Mond, wieder zu erscheinen.
Die Live-Session zum Song wurde am kühlsten Juni-Tag dieses Sommers in den Würzburger Weinbergen aufgenommen, mit der untergehenden Sonne im Rücken. Schön ist das.





L'aupaire & Phela
Und wo wir gerade schon bei Duetten und Sessions sind: manchmal braucht es nicht mehr als eine Frau, einen Mann und ein Klavier, um einem Tränen der Rührung in die Augen zu treiben. Danke L'aupaire, danke Phela. Ihr seid toll - in jeder erdenklichen Weise.


Adam Angst
In erster Linie muss man Felix Schönfuss gratulieren. Denn die Formation Adam Angst ist die erste, mit der ein zweites Album herausbringen wird. Mit Frau Potz oder Escapardo hat das irgendwie nicht so richtig funktioniert. Nun also Album Nummer zwei, das auf den Titel Neintology hört und am 28. September auf dem famos guten Label Grand Hotel Van Cleef erscheinen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Texte erneut staunen lassen und direkt ins Knochenmark wandern werden. Wir sind sehr gespannt, freuen uns auf die neue Platte, hören bis dann Alexa rauf und runter und sind sicherlich bei einem der Konzerte anzutreffen:

06.07. - Straubenhart, Happiness Festival
13.-14.07. - Talge, Talge Open Air
03.-05.08. - Lustenau, Szene Open Air
17.-19.08. - Großpösna, Highfield Festival
31.08. - Losheim, Rockaway Beach Festival
15.11. - Wiesbaden, Kesselhaus
16.11. - Wien, Dreiraum
17.11. - München, Orangehouse
18.11. - Zürich, Dynamo21
20.11. - Köln, Gebäude 9
21.11. - Hannover, Musikzentrum
22.11. - Münster, Sputnikhalle
23.11. - Bremen, Tower
24.11. - Hamburg, Molotow
25.11. - Berlin, Musik & Frieden

Mittwoch, 27. Juni 2018

The Boys You Know - Two Lines That Never Touch

Bild: facebook.com/theboysyouknow/
(sb) Sie haben es schon wieder getan: bereits 2016 überraschten uns The Boys You Know mit einem starken Album (Elephant Terrible) und nun legen die Österreicher noch eine Schippe drauf. Two Lines That Never Touch (VÖ: 29.06.) heißt das gute Stück und präsentiert die ganze Bandbreite, die die Pop- und Rockmusik zu bieten hat.

Es ist diese mehr oder weniger unterschwellige Melancholie in der Stimme von Sänger Thomas Hangweyrer, die die Musik von The Boys You Know trägt, mit der die Stimmung der Songs steht und fällt. Eine Tonalität, die mir schon vor zwei Jahren sehr zugesagt hat, die den Sound der Band prägt und die eine perfekte Symbiose mit der instrumentalen Begleitung eingeht.

An manchen Stellen fühlt man sich vom Songaufbau direkt an The Eels, die Meister der Melancholie, erinnert und besonders der Track You And Your Arcade Fire hätte durchaus aus der Feder von Mark Oliver Everett stammen können. Dazu sei angemerkt: ich bin großer Eels-Fan und dies ist folglich als riesiges Lob zu verstehen.

Bild. facebook.com/theboysyouknow/

Dass The Boys You Know nach wie vor nicht den Ruhm ernten, den sie eigentlich verdienen, ist zwar auf der einen Seite sehr schade, lässt ihnen andererseits aber abseits von Charts oder Airplay die Möglichkeit, sich weiter zu entfalten und die Musik zu produzieren, die ihnen selbst gefällt - und das ist nicht nur gut so, sondern womöglich sogar essentiell, um sich von Album zu Album konsequent so weiterzuentwickeln, wie es auf Two Lines That Never Touch der Fall ist.

Ganz unerkannt blieb die Band dabei freilich nicht: The Boys You Know hatten in der Zwischenzeit die Möglichkeit, sich als Support von Dinosaur Jr. und den Pixies einen Namen zu machen und überzeugten dabei auf ganzer Linie.

Wer sich selber ein Bild von den Livequalitäten der Österreicher machen möchte, der hat hier die Chance dazu:

Bild: facebook.com/theboysyouknow/


Dienstag, 26. Juni 2018

Live: Das Traumzeit Festival in Duisburg

Mogwai blasen alles weg auf dem Cowperplatz. Fotos: luserlounge
(ms) Drei Tage Schwelgen, Staunen, Singen, Schweigen sind wieder mal vorbei. Drei Tage Tanzen, Überrascht werden, sich Treiben lassen, Neues kennenlernen und zu Altem zurück kehren.
All das ist das Traumzeit Festival im Landschaftspark Nord in Duisburg. Im kleinen Vorbericht haben habe ich schon meine Liebe und Begeisterung zu dieser Veranstaltung geäußert. Daher durften die gesammelten Erwartungen aus den letzten sechs Jahren durchaus hoch sein und wie bei den vergangenen Besuchen wurden sie erneut übertrumpft von den Dingen, die mich staunend zurück gelassen haben. Laut Organisatoren gab es in diesem Jahr einen neuen Besucherrekord. Das mag positiv verwundern, wenn man selbst vor Ort war. Denn nur sehr, sehr selten hatte man den Eindruck, dass es irgendwo richtig voll sei, dass man richtig warten musste, dass man irgendwo nicht durch kommt. Das liegt nicht nur am herrlich weitläufigen Gelände, sondern auch daran, dass die Besucherzahl bewusst klein gehalten wurde. Dabei dürfen sie sich durchaus den Vorwurf gefallen lassen, dass es ein Festival für Akademiker, Intellektuelle ab Mitte dreißig ist. Aber das ist vollkommen in Ordnung. Wenn man nicht mehr Student ist, Kinder hat und dennoch ein Wochenende erstklassige Unterhaltung haben möchte, dann ist das Traumzeit eine hervorragende Wahl!

Wahnsinn: Parcels
Der Freitag begann schon so, wie er beginnen musste: Mit dem Auftritt des Knappenchores Moers. Durchschnittsalter etwa Ende siebzig/Anfang achtzig. Die hohe, toll illuminierte Gebläsehalle überzeugte mit vulominöser Akustik, die Herren im Anzug mit Inbrunst. Die Idee ,die Geschichte des Ortes - ein ehemaliges Eisenhüttenwerk - so in Erinnerung zu halten und in die Gegenwart zu transportieren, ist nicht etwa kitschige Nostalgie, sondern ein einfallsreicher Clou! Lilli Among Clouds wusste die aufmerksamen Zuhörer zu halten und mit starker Stimme zu singen. Dann häuften sich die Höhepunkte im Bergwerktakt: erst erfolgt ein ungeheuer schöner, dichter und großartiger Auftritt von Gisbert zu Knyphausen, der einen Großteil seines aktuellen Albums Das Licht Dieser Welt auf dem Cowperplatz vortrug. Dann wurde ich zum ersten Mal am Wochenende komplett überrumpelt: Parcels haben in der Gießhalle gespielt und das war die Definition von Oberwahnsinn: hipper, catchiger Funk, der so dermaßen zum Tanzen animiert und die gesamte Halle in eine Diskothek verwandelt hat, dass man nur noch staunte. Das entschädigt auch die Kleidung und Frisuren der Musiker; das war richtig, richtig stark! Kurze Zeit später Faber als Hauptact des Abends. Und das komplett zurecht. Seine bissige, ehrliche Musik ist so große Unterhaltung, dass die Rhythmen in die Beine übergehen und die Texte einen zum Lachen bringen. Super Freitag!

Auch am Samstag war es angebracht, sich zwischen den leckeren Essensständen treiben zu lassen, der Magen konnte auf reichhaltige Weise genüsslich gefüllt werden, auch das trägt zur Atmosphäre bei; ein bisschen was Besonderes, ein bisschen ausgefallen und chic und absolut ins Bild passend: gut! Am späten Nachmittag ließ man sich von Luke Noa bei astreinem Soul beschallen und konnte dabei herrlich die Sonne genießen. Dass Geschmäcker verschieden sind, wurde dann bei Lotte klar: zwei Lieder genügten. Stattdessen haben Blumfeld gespielt. Sicherlich eine Band, die man gesehen haben sollte, wenn man deutschsprachige Musik mag. Sie brauchten eine gewisse Zeit, um anzukommen, doch ein textsicheres Publikum hat den Gig mit entsprechend viel Applaus honoriert. Publikumsmagnet an dem Abend waren dann die Mighty Oaks, die musikalisch überzeugten, irre sympathisch auftraten und nicht nur Brother lud zum Tanzen ein! Das Gegenprogramm war schlussendlich Mogwai. Heidewitzka. Wir waren in der Mitte des ersten Songs da, es wurde gerade ruhiger, bis urplötzlich eine massive Schallwand, Lärm und Krach über die Besucher hinweg fegte. Eine Demonstration von Lautstärke und Macht. Puh!
Glück auf: Der Knappenchor Moers

Am Sonntag um viertel vor fünf hat Malakoff Kowalski in der Gebläsehalle gespielt. Ein Pianist, der in Berlin beheimatet ist. In einer Dreiviertelstunde schuf er zwischen Bierstand, Cocktailbar und Flammkuchenofen eine Insel der absoluten Ruhe und Stille. Schade, dass zwischendurch so viele Leute gegangen sind, denn er hatte durchaus etwas zu sagen. Mit seiner leisen, minimalistischen Liedern versucht er der Musik als solcher auf den Grund zu gehen, den Kern zu erkennen. Bei seinen Ansagen war er sichtlich aufgeregt, irgendwie sympathisch. Zum Schluss sang er noch ein Lied ohne Klavier. Es war so pur und klar und nah; beeindruckend. Großartiger Auftritt, allein dafür muss man der Booking-Abteilung danken.
Es folgte ein überraschend toller Gig von Sam Fender. Der junge Brite glänzte mit erstklassigem Rock und einer Sting-ähnlichen Stimme, die man dem 22-Jährigen nicht zwingend zugetraut hätte. Danach wurde getanzt, denn Jamaram luden zur wilden Reggae-Dub-Sommer-Sause ein und ihr Animationsprogramm wurde gerne aufgenommen durch Mitsingen und Mittanzen zu einstudierten Choreographien. Als die Frage "Warum seht ihr am Festivalsonntag denn noch so unheimlich frisch aus?" erklang, musste ich schmunzeln, als meine Nachbarin sagte, dass wir ja alle zuhause schlafen würden. Das stimmt halt trotz der Möglichkeit vor Ort zu campen. Auch ohne Zahlen zu kennen, vermute ich dass die meisten nach den Konzerten ins heimische Bett gefallen sind - oder bei Freunden -, wir ja auch.
Abschließend wurde das Festival seinem Namen nochmal gerecht, als Martin Kohlstedt ein sphärisches Klavier-Beat-Set hinlegte. Mit dem Rücken zum Publikum, zwischen Flügel, Synthies, Tasteninstrumenten, Knöpfen und Drehreglern, spielte er nicht nur hervorragend mit dem Licht, sondern auch mit den klanglichen Übergängen! Fantastischer Abschluss.

Danke, liebes Traumzeit Festival.
Auch 2018 war grandios.
Wann gibt es denn Tickets fürs kommende Jahr?!
Ich werde in jedem Fall dabei sein!

Freitag, 22. Juni 2018

KW 25, 2018: Die luserlounge selektiert!

Quell: theproductivewoman.com
(ms/sb) Nach kurzem Überlegen und Durchstöbern der letzten Selektionen ist mir aufgefallen, dass die Einleitungstexte meistens einen irgendwie negativen oder melancholischen Touch haben. Das soll für die heutige Ausgabe in jedem Fall geändert werden, denn es gibt sie noch, die guten Nachrichten.
Eine davon spielte sich in den letzten Wochen und Monaten in Nordrhein-Westfalen ab, in Essen und in Düsseldorf. In beiden Städten wurde der Riesenplan eines Konzertes eines internationalen Künstlers zum Politikum. Es geht um niemand geringeren als Ed Sheeran, der objektiv betrachtet derzeit sicherlich einer der erfolgreichsten Musiker weltweit ist. Kommenden Monat soll (oder sollte) es einen Auftritt in Essen geben, auf einem Flughafengelände. Doch man sollte nie ohne Mutter Natur rechnen. Denn dort erhob sich die gemeine Feldlerche zum Protest und sie war siegreich und hat den Popschnulzensänger in die Flucht geschlagen! Nach Düsseldorf. Dort soll bei der Messe ein umfassendes Gelände neu gestaltet werden, um dort vor bis zu 100.000 Menschen Konzerte veranstalten zu dürfen. Dafür müssten jedoch Bäume weg. Und das geht ja nicht so einfach dank der deutschen Bürokratie. Ein 480 Seiten starkes Papier muss für die Entscheidung, die kommende Woche ansteht, noch durchgearbeitet werden. In einem Monat soll er spielen. Und es ist noch nicht klar, ob das passiert. Achtzigtausend Karten wurden verkauft. Man darf hoffen, dass Düsseldorf verschont bleibt. Bäume, ihr macht das schon!
Hier wird selektiert:

Ólafur Arnalds
Die Traumwelten erblühen wieder, wenn Ólafur Arnalds zuschlägt. Aber das tut er ganz leise, sanft, sehr bedacht und ausgetüftelt. Am 24. August erscheint über Mercury/Universal sein neues Album re:member. Dass er genial im Arrangieren ist, hört mein seiner Musik ganz leicht an, sie entführt den Hörer in ungeahnte Sphären und lässt ihn dort staunen. Für das neue Album hat er - und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - mit einem Bekannten eine Software entwickelt, die Klaviere dazu bringt eigene Melodien zu spielen. Das nutzt er dann für seine Songs, die mit Streichern, Sythies und leichtestem Gesang untermalt sind. Atemberaubend! Live gibt's das auch:

05.10. - Hamburg, Elbphilharmonie
07.10. - Wiesbaden, Kurhaus
08.10. - Ludwigsburg, Forum
10.10. - Leipzig, Gewandhaus
11.10. - Berlin, Tempodrom



Flavien Berger
Niemand hat gesagt, dass es einfach wird. Nehmen wir als Beispiel das Lied 999999999 des Musikers Flavien Berger. Fast zehn Minuten geht der elektronische LoFi-Track, beginnt verzerrt und in den ersten Sekunden weiß man nicht so genau, was man davon halten soll, ob man überhaupt weiter hören oder sich doch auf der großen Videoplattform treiben lassen sollte. Nach einer Minute setzt Gesang ein und so etwas wie harmonische Klänge. Doch dann nimmt es richtig Fahrt auf, wird extrem gut! Das Lied ist einer von zwei bereits veröffentlichten Vorboten zum neuen Album des Franzosen Contre-Temps, das am 28. September über Pan European / A+LSO erscheinen wird. Live spielt er kurz vor Release zwei Konzerte hierzulande:

19.09. - Hamburg - Reeperbahn Festival
20.09. - Berlin - Kantine Berghain



Granada
Wie oft habe ich das Debütalbum von Granada in den letzten Monaten angehört, wie viele schöne und vergnügliche Stunden hat es mir bereitet? Wie oft habe ich Songs wie Eh OK, Ottakring oder Palmen am Balkon angestimmt? Ihr könnt Euch vorstellen, wie groß die Vorfreude auf Ge Bitte (VÖ: heute, 22.06.!) war und als dann die Promo bei mir im Postfach aufschlug, hab ich tatsächlich ein wenig gezittert.
Ohne das Album bis dahin gehört zu haben, formte sich ein Satz in meinem Kopf: "Stark, aber es fehlt die Übersingle à la Eh OK".
Und jetzt läuft Ge Bitte seit ein paar Tagen rauf und runter und ich freue mich, dass ich den zweiten Satzteil problemlos streichen kann. Das Album bietet von A - Z ganz große Unterhaltung, ist insgesamt vielleicht nicht mehr ganz so fröhlich und unbeschwert wie sein Vorgänger, offeriert aber andere Stärken. Sänger Thomas Petritsch und seine Band setzen sich mühelos über Genre-Grenzen hinweg, erweitern Austro-Pop um ein paar neue Facetten und sind doch unverkennbar Granada. Bodenständig, aus dem Leben, ungemein charmant und extrem sympathisch.



Edmund
Au weh, bei Edmund denkt man fast schon unweigerlich an den bayerischen Transrapid-Stammler, der seine Frau "Muschi" nennt und im Garten Blumen hinrichtet. Es ist also eindeutig Zeit, diesem Namen ein positiveres Image zu verpassen und zwei Österreicher sind auf dem besten Weg, genau das zu schaffen. Über 1 Millionen Views hat Freindschoft bei Youtube bereits erreicht, Tendenz ganz klar steigend. Am 14.09. folgt dann endlich das langersehnte Debütalbum auf Karmarama und dürfte nicht nur die österreichischen Charts kräftig durcheinanderwirbeln. Wer Seiler & Speer, Pizzera & Jaus und Konsorten feiert, der wird begeistert sein.




Bärenheld
Und nochmal Österreich, nochmal Karmarama: Josua Palmanshofer a.k.a. Bärenheld aus Linz veröffentlicht heute seine Single Weit Hinaus. Was uns erwartet? Große Gefühle, ein fröhlicher, ehrlicher, aber durchaus auch stets nachdenklicher Blick auf das Leben eines Endzwanzigers. Die Gefahr, in den unsäglichen Strudel deutscher Sänger à la Bourani, Bendzko und Giesinger abzudriften, ist durchaus erkennbar, aber ich vertraue einfach mal darauf, dass Bärenheld einen anderen Weg einschlägt. Demnächst geht er mit Granada und dem ebenfalls großartigen Simon Lewis auf Tour - Augen offenhalten und hingehen!



Samstag, 16. Juni 2018

Madsen - Lichtjahre

Bild: amazon.de
(mm) Madsen sind wieder da - mit ihrem neuen Album Lichtjahre. Und Lichtjahre scheint es auch her gewesen zu sein, dass man zuletzt etwas von den Jungs aus Niedersachsen gehört hat. Das letzte Album ist nun mittlerweile 3 Jahre her, man muss aber auch fairerweise sagen, dass ich sie in den vergangenen Jahren sehr aus den Augen verloren hatte. Umso mehr habe ich mich im Frühling wieder in sie verliebt und war begeistert, dass ich nun die neue Platte in den Händen halten konnte (bzw. der digitalen Form lauschen darf).


Was war nun also meine Erwartungshaltung? Nachdem die letzten Alben doch ruhiger waren als die ersten, hatte ich nach Vorab-Veröffentlichung von Rückenwind und Mein erstes Lied schon die Hoffnung, dass es doch wieder etwas mehr in die kraftvollere Richtung gehen wird. Wurde mein Wunsch wahr? Lest selbst – hier kommt ein Eindruck zu der (doch recht langen) Tracklist.

     

1. Wenn es einfach passiert
Ohje, da geht’s leider schon los. Mit dem Lied als Beginn des Albums kann ich leider nicht viel anfangen. Text ist mir zu kryptisch, auch nach 4x Hören habe ich keine Ahnung, worum es gehen soll. Zumindest mal musikalisch bin ich nicht enttäuscht. Immerhin.
 
2. Rückenwind
Die Single wurde wie gesagt schon vorab promotet und war bisher mein Favorit. Es ist einfach gute alte Madsen-Manier, Sebastian wird wieder ein bisschen lauter (wenn auch schonender für seine Stimme als auf dem Debüt). Ich liebe dieses Lied – und die Instrumentalteile sind immer noch vielversprechend. Weiter so! 
 
3. Sommerferien
Wer kennt es nicht in unserem Alter – Beruf und Hobbies in Kombination können schon mal dazu führen, dass man echt in Stress versinkt. Das Lied zeigt wunderschön den Unterschied zwischen der „unbeschwerten“ Schulzeit und dem heutigen Arbeitsalltag. Einfach keine Sorgen machen und das Leben genießen. Hat Potenzial, Rückenwind den Favoritenstatus abzuringen. Und auch hier: Musik mega!
 
4. Mein erstes Lied
Auch dieses Lied gab es vorab und ich habe mich direkt verliebt. Jeder kann etwas mit dem Gefühl anfangen: man verbindet Menschen ganz oft mit Liedern (und andersherum), besonders, wenn einem der Mensch extrem wichtig ist (oder es mal war). Und hörst du dann das Lied, kommt dir das Gesicht vor Augen und zaubert ein Lächeln. Text und Musik genial – tadaaa, hier haben wir den neuen Favoriten. Es steigert sich also von Lied zu Lied. Ich freu mich!
 


5. Keiner
Und dann das. Beim ersten Hören dachte ich noch „ohje, das klingt nicht gut“ – ich kann mittlerweile aber nicht mehr sagen warum. Der Grund: Der Text! Er ist so genial wie selten ein Text und hat mich echt zum Nachdenken gebracht – wie war denn die Zeit ohne Internet und Smartphone, ohne Follower und Likes? Wäre echt mal einen Selbstversuch wert. Mittlerweile kann ich wirklich nicht mehr nachvollziehen, warum mir das Lied nicht gefiel, die Musik ist auch in Ordnung, nix Herausragendes aber gut.

6. Wenn alles zerbricht
„Ich bin für dich da, wenn es dir dreckig geht“ – Das Lied ist nicht mehr, aber auch nicht weniger. Mir fiel spontan ein, dass es ein Soap-Intro/Outro sein könnte. Kann man sich anhören, muss man aber nicht.

7. Ich tanze mit mir allein
Wo kommt das denn jetzt her? Nein! Bitte nicht! Zu viel Elektro für meinen Geschmack. Next!

8. Lichtjahre
Das Lied, dass dem Album den Namen gab – da darf man doch was erwarten oder nicht. Und was kommt? Ein ruhiges, schnulziges bla bla – Trennung und trotzdem Verbundenheit. Ich glaube, wenn man in der Situation ist, kann man damit gut was anfangen, ich kann es aktuell nicht.

9. Ein paar Runden
Langsam lässt die Konzentration und Lust auf das Album nach. Auch dieses Lied kann meiner Meinung nicht wirklich viel…. Echt schade. „Komm wir drehen ein paar Runden“ – und vielleicht wird’s dann wieder besser?


An dieser Stelle muss ich echt gestehen, dass ich eine Hörpause einlegen musste, weil ich nach den letzten Liedern so enttäuscht war. Natürlich habe ich dann weiter gehört….


10. Athlet
Musikalisch endlich wieder sehr viel besser, es geht wieder in die richtige Richtung und auch textlich sind wir hier besser unterwegs. Können die Madsen-Jungs es doch noch retten?

Foto: facebook.com/Madsenmusik
11. Kapitän
Kurz vor Veröffentlichung des Albums wurde diese Single noch an die Fans rausgeschmissen. Hab mir die da aber gar nicht angehört – mein Fehler, denn das Lied ist tatsächlich ziemlich gut. Ist zwar vom Textinhalt wieder sehr …naja…siehe oben, aber die Musik holt sehr viel raus.

12.Wird sie mich sehen
Wenn ich den Titel schon lese…So wie er klingt, so klingt auch das Lied – langsam, sehnsüchtig, schnulzig…. Hmpf….

13. Wo mal Wüste war
Ganz gut, aber auch hier nix Besonderes – läuft halt so nebenher durch und gut. Soldier Madsen-Song.

14. Macht euch laut
Das ist es endlich! BÄM! Das Lied, auf das ich unbewusst gewartet hab – laut, kraftvoll, ein Text, in dem es mal nicht um Liebe, Romantik, Sehnsucht etc. geht. Hier kracht es! Und welches zarte Stimmchen hört man da noch? Ich war sehr positiv überrascht, hätte ich nicht erwartet – doch diese Überraschung möchte ich euch nicht nehmen. Ich bin restlos begeistert von diesem Track.

15. Hungriges Herz
Ich habe das Album gehört, ohne die Trackliste vorher anzuschauen (digital halt). Umso erfreuter war ich, ein Lied aus Studienzeiten zu hören – damals hat es Mia. interpretiert. Und ich muss sagen – Madsen setzt es (fast) besser um als das Original. Hörempfehlung!

16. Bumm Bumm Bumm (feat. König Boris)
Scheint es ja schon seit Mitte letzten Jahres zu geben – ist aber komplett an mir vorbei gegangen. Sei‘s drum: Stark angefangen, doch dann…Wer zum Henker ist König Boris und was suchen Fettes Brot denn nun bitte hier? Ist das vielleicht der Beitrag zur WM? Mitgrölcharakter im entsprechenden Promille-Zustand hat es jedenfalls. Oder ist das Lied einfach nur Ironie? Ich weiß es nicht. „Es macht Bumm! Bumm! Bumm! Und keiner fragt warum; Hauptsache es ist laut und Hauptsache es ist dumm. Es macht Bumm! Bumm! Bumm! Und keiner fragt warum, die Lauten werden lauter und die Leisen werden stumm“ Zum Schluss dann eine Ermutigung, die Leisen lauter werden zu lassen – ich bin hier echt unentschlossen, wie ich dieses Lied finden soll. Vielleicht muss ich es noch ein paar Mal hören.



An dieser Stelle endet das Album, was mir Zeit für ein Fazit lässt: Meine eingangs erwähnte Hoffnung wurde leider nicht erfüllt. Es gab einfach zu viele Lieder, mit denen ich nix anfangen konnte, wobei es im Rückblick wohl doch eher 50/50 steht zwischen gut bis sehr gut und „naaa, lass mal lieber nicht weiterhören“. Würde man Track 6-9 und 12 rausschneiden, wäre es ein sehr gutes Teil. Zum Glück kann man sich ja seine Playlist selber zusammenstellen.

Trotzdem: Madsen sind sich selbst treu geblieben, sind wenig vom bisherigen Kurs abgewichen. Ich würde mir für die Zukunft wieder ein bisschen mehr „back to the roots“ wünschen. Aber das ist ja immer subjektiv und sicher gibt es genug Leute, die sich mit einigen Songs mehr identifizieren können als ich. Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß beim Hören.







Freitag, 15. Juni 2018

KW 24, 2018: Die luserlounge selektiert!

Quelle: astronlogia.com
(ms/sb) Die brutal heißen Tage der letzten Woche wurden blindlings abgelöst durch eher durchwachsenes Herbstwetter diese Woche. Die CSU hat keine Lust auf eine inhaltliche und konstruktive Auseinandersetzung zu ihren Plänen und handelt erneut trotzig wie ein Kindergartenkind. VW soll eine Milliarde Euro Schadensersatz zahlen. Das klingt sehr vernünftig, doch ob der Riesenkonzern dies tun wird, ist sicherlich mehr als fraglich. Daimler unterdessen muss hunderttausende seiner Fahrzeuge zurückrufen und nachbessern lassen. Gestern begann die Fußballweltmeisterschaft der Herren in Russland. Kurz vorher haben sich im Zuge eines Testspiels Vertreter des DFB mit Offiziellen von Saudi-Arabien getroffen, denen ein Geschenk übergeben worden ist. Und, hat jemand sich beschwert, dass man sich mit einem kriminellen, menschenverachtenden Staat abgibt?! Genau. Es hängt doch davon ab, wer was tut. Sagt zumindest Michel Abdollahi. Und der hat öfter mal recht. Und am Dienstag haben sich zwei gut frisierte Staatsoberhäupter getroffen. Ach, da höre ich doch lieber neue Musik...

Saltatio Mortis
Ja, es gab eine Zeit, da war Mittelalterrock richtig cool. Und cool bitte im coolen Sinne verstanden. Da hat man Met aus Hörnern gesoffen, war auf Mittelaltermärkten, hat Schottenrock getragen, ab und an mal innig rumgebrüllt und fand das irgendwie stark. Regelmäßige Besuche von Konzerten wie Schandmaul, Subway To Sally, Corvus Corax, In Extremo oder halt Saltatio Mortis. Das hat wirklich Spaß gemacht. Die harten Gitarren gepaart mit den epischen Texten und dem Dudelsack. Beim diesjährigen Open Fair spielen auch Schandmaul und ich werde es mir ansehen, nur um zu schauen, was die noch so machen. Bemerkenswert ist, dass diese Gruppen alle noch relativ erfolgreich sind, sie haben eine treue Fanschar und die Musik funktioniert. Saltatio Mortis bringen am 27. Juli ihr elftes (!) Studioalbum Brot und Spiele über Universal Music heraus. Brunhild ist der zweite Vorbote und geht schön nach vorne:



Ben Rector
Ein etwas blasser Typ vom Schlage Versicherungsvertreter oder Verwaltungsangestellter steht an einem späten Nachmittag vor einem Haus, die Garage daneben ist geöffnet. Darin sitzen Musiker an ihren Instrumenten. Es ist die Band Euromat. Der Typ, der zum Zuschauer spricht ist Ben Rector und diese Band war seine eigene zu Schulzeiten. Das Haus, in deren Garage sie das Lied Old Friends für das Video spielen, ist das seiner Kindheit. Klingt alles ein wenig kitschig, aber halt auch wahnsinnig schön. Nicht nur deshalb lohnt es sich, hier auf Play zu klicken. Old Friends ist halt auch ein wirklich schöner Gitarren-Klavier-Popsong. Er ist die zweite Single aus dem Album Magic, das am 22. Juni (kommende Woche) über OK Kid/Activist erscheint. Hier ist er noch nicht so bekannt, das sollte sich aber bitte schleunigst ändern:



Hannes Wittmer
Der heißt jetzt so. Na gut, der hieß schon sein ganzes Leben lang so. Doch aus dem Menschen Hannes Wittmer ist jetzt auch der Musiker Hannes Wittmer geworden, der sich bis vor kurze Spaceman Spiff genannt hat. Ein Künstler, den ich seit dem ersten Hören von Teesatz extrem verehre für seine Kunst. Wunderschöne, nahe deutsche Texte in großartiger Weise instrumentalisiert. Zig mal live gesehen, schlägt er nun neue Wege ein und begründet das auch. Dass er selbst den wirtschaftlichen Faktor thematisiert, finde ich menschlich und nachvollziehbar.
Doch es kommt noch mehr der Neuerungen. Sein kommendes Album wird Wittmer verschenken, seine Konzerte auf zahl-was-du-willst-Basis organisieren und sich dem großen, monetären Musikdschungel entziehen. Ein irres Experiment, das Respekt und Bewunderung verdient. Man darf höchstgradig gespannt sein, wie es sich entwickelt. Hier gibt es zum Glück auch schon ein Lied, das die kommende noch nicht benannte und terminierte Platte eröffnen wird:



Friede Merz
Die Stadt London hat es Friede Merz scheinbar angetan, denn nach ihrer starken Debüt-EP Denmark Street ist auch das Nachfolgewerk Daisy Lane (VÖ: 17.08.) nach einer Straße der englischen Metropole benannt. Was erwartet uns? So ungefähr das genaue Gegenteil zum Erstling, quasi das Negativ, ohne dabei aber irgendwie vorhersehbar zu sein. Klingt spannend, ist es auch. Leider gibt's noch kein neues Video, deshalb nochmal Soho von der ersten EP.




Death Cab For Cutie
Gute Nachrichten erreichen uns auch aus Seattle, wo Death Cab For Cutie für den 17.08. den Release ihres Albums Thank You For Today angekündigt haben. Drei Jahre haben sich Ben Gibbard und seine Kollegen seit ihrem letzten Longplayer Zeit gelassen, umso gespannter darf man nun sein, was die seit mehr als 20 Jahren aktive Band uns nun beschert. Die erste Single Gold Rush überrascht durchaus, ist aber doch unverkennbar Death Cab...




William Fitzsimmons
Mehrmals live gesehen, immer wieder entzückt und ja: ich bin Fan! William Fitzsimmons veröffentlicht heute mit Second Hand Smoke den ersten Vorboten seines nächstens Albums Mission Bell (Release am 21.09.). Hach, wie ist das schön...

Tourdaten gibt's auch schon:

30.08.  Köln - c/o pop
01.09.  Darmstadt - Golden Leaves Festival
02.10.  Dresden - Beatpol
04.10.  München - Technikum
08.10.  Stuttgart - Im Wizemann
17.10.  Hamburg - Grünspan
24.10.  Berlin - Heimathafen




Mittwoch, 13. Juni 2018

Dead Sara - Temporary Things Taking Up Space

Dead Sara. Foto: Lindsay Byrnes
(ms) Vor sage und schreibe dreizehn (in Zahlen: 13) Jahren erschien das bis heute sehr fetzige Lied Rock'n'Roll Queen von The Subways. Deren letztes Album ist vor drei Jahren auf den Markt gekommen und die drei Briten sind wie eh und je fleißig dabei die (Festival-)Bühnen der Welt zu bespielen. Was machte deren Erfolg und insbesondere ihre Beliebtheit aus? Sie haben ein einfaches Rockkonzept angewendet: krachende Gitarre, treibender Bass, kräftiges Schlagzeug, Gesang, viel Wumms und Texte, die man zügig mitsingen kann. Insgesamt eine Musik die schnell enorm Laune macht und die bestens dafür geeignet ist, sich gehen zu lassen.
Dieses relativ simple, aber gut funktionierende Rezept haben auch Dead Sara aus Los Angeles nun umgesetzt. Zwar hat das - auch das eine übereinstimmende Eigenschaft - Trio schon vor sechs Jahren ein Album veröffentlicht. Aus nicht weiter interesssanten Gründen haben sie sich stilistisch leicht verändert und ihren Klang für Synthies und Gastmusiker geöffnet, bleiben im Kern aber eine Dreierrockband. Seit letztem Freitag ist die EP Temporary Things Taking Up Space über Atlantic/Warner im Handel erhältlich. Sie müssen sich zwar den Vorwurf gefallen lassen, etwas zu sehr wie Pink auf ihren E-Gitarrenhits zu klingen, wahrscheinlich kommen sie damit aber zurecht.
Was ist auf den sechs Liedern zu hören? Mehr oder weniger genau der Sound, wie er anfangs beschrieben wurde. In aller bester Manier bedienen Emily Armstrong, Siouxsie Medley und Sean Friday ihre Instrumente und lassen es krachen. Wie es sich für das Genre gehört, ist kein Lied länger als vier Minuten, Strophen, Refrains und Bridges sind gut aufeinander abgestimmt. Anybody (okay, über vier Minuten) überzeugt mit ein paar wenigen ruhigen Takten zwischendurch bis es wieder rund geht. UnAmerican ist eine politische Momentaufnahme der Vereinigen Staaten, in der ziemlich deutlich zu hören ist, was die drei vom gut frisierten Präsidenten halten. Auch Heaven's Got A Back Door weiß mit dem verstärkten Handwerkszeug umzugehen.
Im September und Oktober sind sie in den USA live unterwegs. Ob und wann sie in Europa auftreten, ist nicht ganz klar. Bis dahin sollte man unbedingt diese energiegeladene EP hören!



Dienstag, 12. Juni 2018

Eskapismus im Pott: Das Traumzeit Festival in Duisburg

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(ms) Vor wenigen Wochen haben wir Euch das poolbar Festival in Feldkirch ans Herz gelegt. Für alle, die nicht so schnell im schönen Österreich sind, gibt es ein wunderbares Event im tiefsten Westen der Republik, in Duisburg: das Traumzeit Festival im Landschaftspark Nord.
Die Erfahrung und Begeisterung aus den letzten sechs Jahren, als ich auch schon da war - mal nur einen Tag, mal das gesamte Wochenende - bestätigen, dass in jährlicher Regelmäßigkeit die Veranstalter ein sehr feines Händchen fürs Booking und die Gestaltung beweisen. Die konzeptionelle Neuausrichtung, die Kraftzentrale nicht mehr zu bespielen, dafür jedoch den Cowperplatz und ein bisschen mehr auf Pop zu setzen, bewahrheitet sich auch in diesem Jahr. Der anscheinend recht gut laufende Kartenvorverkauf gibt ihnen Recht. In den letzten Jahren sind zu prominenten Spielzeiten Tom Odell, Alice Merton, Milky Chance, Olli Schulz, Calexico oder Wanda aufgetreten.
Was mich jedoch bei den letzten Mal dazu bewogen hat, bei Vorverkaufsstart direkt ein Ticket zu holen, sind nicht die großen Namen, mit denen geworben wird. Es ist die extrem entspannte Atmosphäre vor Ort, die Weitläufigkeit des Geländes, das wunderbar gemischte Publikum und die Einzigartigkeit der Umgebung. Die großen Türme, die nachts so herrlich mystisch beleuchtet sind, die schiere Höhe der Gebläsehalle, die irre Architektur der Gießhalle. Ja, es ist schon ein besonderer Platz, an dem ein Festival stattfindet. Gerade weil es am gleichen Wochenende wie das Hurricane/Southside stattfindet, ist es eine herrliche Alternative zu Halligalli, auskatern im Schlamm oder der schieren Besuchermassen, denn circa 5000 Tagesgäste sind schon überschaubar. Denen wird mit reichhaltigem kulinarischem Angebot auch fürs körperliche und seelische Wohl gesorgt.
Auch für diejenigen, die kein Ticket haben, lohnt der Ausflug ins Ruhrgebiet. Denn für die Essensstände und die Bühne am Gasometer braucht man kein Einlass zahlen. Diese Freibühne ist extra für lokale Acts reserviert und bietet dem Nachwuchs aus der Region eine tolle Plattform, sich zu zeigen.
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Dieser wunderbare Mix macht es umso entspannter für einen selbst unbekannte, nie gesehene Bands und Musiker live zu sehen. Mich haben zuletzt Amanda Palmer, Helgi Johnson und Tina Dico, Asgeir, Jesper Munk, Why? oder Milliarden begeistert.
Und auch beim diesjährigen Line-Up (siehe Foto rechts) ist mir ein Großteil nicht bekannt oder nur vom Hörensagen. Da ab und an auch experimentelle Musik und Neoklassik dargeboten wird, bin ich in eineinhalb Wochen total gespannt auf Brother Grimm, Jaguwar, Low, The Wholls, Malakoff Kowalski und speziell Mogwai und Martin Kohlstedt.
Als alter Festivalhase, der nie einen Bogen um größere Veranstaltungen wie das Open Flair oder Deichbrand gemacht hat, steigt die Lust daran, sich treiben zu lassen, anstatt das x-te mal die Donots oder Kraftklub zu sehen. Das soll ausdrücklich nicht heißen, dass (insbesondere diese beiden) Bands nicht das Zeug dazu haben, die Massen zu bewegen (im Gegenteil), sondern auf den anderen Bühnen auch Gruppen spielen, die gehört werden wollen. Ein Festival wie das Traumzeit gibt ausreichend Gelegenheiten genau dafür. Und wer zwischendurch eine Pause braucht, kann sich auf den weiten Wiesen ringsum entspannen oder auf Entdeckungsreise gehen und sich von alter Industrie fesseln lassen.
Da alle Festivals mittlerweile auch feste Traditionen im Programm haben, ist der Beginn der Traumzeit ein ganz besonderes Ereignis. In all den letzten Ausgaben hat der Knappenchor Duisburg Homberg die ersten Töne von sich gegeben. Ein Chor aus ehemaligen Bergmännern - Durchschnittsalter ca. 75-80 Jahre -, die Bermannslieder singen. Das war jedes Mal ein langanhaltender Gänsehautmoment. Die Homberger haben sich leider letztes Jahr aus Altergründen und wegen fehlendem Nachwuchs aufgelöst, was schade ist. Glücklich darf man sich jedoch schätzen, wenn stattdessen der Knappenchor Rheinland aus Moers kommt und mit dem Steigerlied das Festival eröffnet. Ich höre jetzt schon die Klänge, die Mitsingenden Besucher und spüre die Gänsehaut...