„Es Ist Immer Sommer Irgendwo“, „Ferien Für Immer“. Diese und weitere Lieder der Liga schwelgen in die Ferne. Wie groß ist die Sehnsucht, das Fernweh? Bist du satt von Hamburg oder ist es einfach woanders auch sehr schön?
Man sagt ja, das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite. Aber ich habe relativ spät das Mittelmeer gesehen aus Flugangst und weil ich kein Geld hatte. Und dann war ich mal da und fand das dort so toll und dachte: Da kann man mal ein paar Songs drüber machen. Und tatsächlich ist das Wetter hier ja auch echt scheiße. Das Regnerische in Hamburg geht an die Substanz. Worüber soll man Songs schreiben?! Über das, was einen beschäftigt.
Bleiben wir draußen. “Ein Dienstag in Dur (Es ist Frühling)” behandelt eine ganz andere Jahreszeit. Der Frühling - unterschätzt als musikalisches Thema?
Ja, eigentlich schon. Es gibt sehr viele Sommerhits, von Frühlingshits habe ich noch nie gehört und da dachten wir: Mit einem Sommerhit hat es noch nicht geklappt, vielleicht klappt es mit einem Frühlingshit. Der Song entstand so, dass ich den Titel im Kopf hatte und dann fing bei uns zu Hause die Wand an zu schimmeln und im Büro stand ganz viel Flaschenpfand und daraus entstand dann irgendwann der Text. Die Musik mache ich dann mit Gunther zusammen, arrangieren tun wir das mit der ganzen Band, die dann noch den tollen Liga-Sound dazu bringt.
Zum Titel der Platte. Ich las, dass “Egg Benedict” keine größere Bedeutung mit sich trägt, sondern einfach gut klingt, für sich steht. Ist die Pop- und Rockmusik an anderen Stellen viel zu kompliziert?
Ich habe mir mal aus Spaß so eine Band ausgedacht, die Egg Benedict heißen sollte und die sollten Musik wie Zoot Woman machen. Und die erste Single sollte Adamskostüm heißen. Als wir dann als Band zusammen saßen und einen Titel für das Album zu suchen, da fiel mir der Name meiner imaginären Band ein und das war beschlossene Sache.
Ob Popmusik zu kompliziert geworden ist, weiß ich nicht. Vom früheren Label L’Age D’Or gab es einen Satz: Popmusik darf nicht dumm sein. Den habe ich nie verstanden und das widerspricht sich meiner Ansicht auch gar nicht. Kunst ist ja auch zu einem Selbstzweck da und soll Aufmerksamkeit generieren. Und der Titel ist so beknackt, dass Leuten das im Gedächtnis bleibt.
Auf jeder Liga-Platte gibt es ein, dies mal sogar zwei Instrumentals. Woher kommt die Tradition, immer ein Instrumental dabei zu haben?
Man muss Ohren und Gehirn mal eine Pause gönnen. Den Ohren von meiner Stimme und dem Gehirn von den anspruchsvollen Texten. Deshalb achten wir darauf, dass immer ein paar Instrumentals dabei sind. Wir sind auch alle große Fans von Soundtracks. Wir schreiben imaginäre Soundtracks für imaginäre Filme. Außerdem finde ich es gut, wenn man nicht die ganze Zeit vollgelabert wird, sondern auch die tolle Band mal im Vordergrund steht.
Auch das Thema Film kommt immer wieder in Liga-Songs vor. Ihr singt auf dieser Platte von Hedy Lamarr. Ich habe den Namen vorher noch nie gehört und ihre durchaus bewegende und spannende Geschichte kurz nachgelesen. Ist sie eine Figur, die ihr alle kennt und woher kommt die Idee, ihre Geschichte zu erzählen?
Ja, wir kannten sie alle. Der Song entstand so, dass Gunther und ich mit unserem Freund Andreas Dorau nach Wien gefahren sind. Er hat ja ein Konzeptalbum über die Stadt geschrieben, das dieses Frühjahr erschienen ist. Wir saßen zusammen im Heurigen und suchten nach der nächsten Idee und ich glaube es war Andreas, der dann meinte: Lasst uns mal was zu Hedy Lamarr machen. Dann ist der Song so gut geworden, dass wir Andreas angebettelt haben, dass der auf unsere Platte kommt. Außerdem ist das ein sehr großzügiger und netter Typ, der dann meinte: Ja, macht Jungs!
“Ist Gunther da” - wie entstand der Text? Standet ihr nur zu viert im Proberaum oder bist du tatsächlich, wie in den Zeilen, durch Hamburg gefahren, um deine neusten Ideen mit ihm auszutauschen?
Ne, es gibt einen Song der Band Deparment 5 und der heißt “Is Vic There”. Den fand ich schon immer gut und das wollte ich schon immer mal in einem eigenen Stück verwursten. Und da war ich mal auf dem Weg zu Gunther, um Musik zu machen und dann ist mir der restliche Text eingefallen. Man muss einfach nur die Antennen aufstellen und dann kommen die Ideen und Songs fast von alleine.
Die Liga und Fußball gehen stets einher. HSV und St. Pauli in einer Band. Gönnt man sich gerade gegenseitig den nahenden Aufstieg und den wahrscheinlichen Klassenerhalt? Wie groß ist die Vorfreude auf die nächste Stadtmeisterschaft?
Ich kann da nur für mich sprechen (als HSVer), ich gönne St. Pauli das. Gunther gönne ich das auch, wie der das aber mit dem HSV sieht... da möchte ich jetzt meine Hand nicht für ins Feuer legen. Vielleicht würde er sich auch freuen, wenn der HSV den vierten Platz belegt.
Ihr seid dieses Jahr oft unterwegs, um das neue Album zu präsentieren. Nach Weihnachten seid ihr seit Jahren, und meines Wissens schon zu Superpunk-Zeiten, immer in Bremen, Hamburg und Berlin in den gleichen Läden unterwegs. Wie kam es zu dieser Tradition?
Das ist tatsächlich schon viele Monde her, da war noch zu Superpunkt-Zeiten. Da dachten wir: Zwischen Weihnachten und Neujahr ist so wenig los. Und es sind ja eh alle zu Hause, da sollten wir einfach mal spielen und dann kommen viele Leute und so war das dann auch. Inzwischen ist zu der Zeit mehr los, aber die Leute kommen immer noch gerne. Und das ist auch so ein Highlight des Jahres und da freue ich mich jetzt schon drauf.
Touren und Konzerte werden immer teurer aus vielerlei auch guten Gründen wie faire Löhne etc. Bleibt vom Touren was bei der Liga hängen oder seit ihr maximal kostendeckend unterwegs?
Ja, da bleibt schon immer was hängen aber reich wirst du dabei nicht. Ein normaler Mensch würde fragen: Warum macht ihr das?! Und ich würde ihm antworten: Weil es geil ist!
Dazu die nächste Frage: Im letzten Jahr fand das erste mal das “Treffen” im Hamburg statt - ein Gegenfestival zum Reeperbahn-Fesival. Ihr ward dabei: Was sind die Beweggründe und weißt du, ob es dieses Jahr einen Nachfolger gibt?
Es war kein Gegenfestival sondern viel mehr eine Ergänzung. Gerade Bands aus Hamburg haben gar nicht mehr beim Reeperbahn Festival stattgefunden. Und es machen ja auch lange nicht alle Läden mit beim Reeperbahn Festival. Außerdem ist es recht preiswert gewesen - ein 10er pro Konzert!
Seit vielen Jahren schreibst du unterhaltsame Lieder mit wunderbaren Geschichten. Sind sie ein bewusster Gegenpol gegen eine überhitzte Welt? Oder macht es einfach furchtbar viel Spaß Songs wie “Wenn du ein Problem hast” zu schreiben?
Ja, es macht Spaß und ich hoffe, dass sämtliche Songs von uns einen unterhaltenden Charakter haben. Zudem hat Popmusik ja immer was mit Eskapismus zu tun, der Alltag ist eine Tretmühle. Und was bringt einem da weiter?! Ein Abend mit guter, lauter Musik hilft aus der Mühsal des Alltags raus. Für mich ist Popmusik, dass man drei Minuten was Schönes hat.
Zudem möchten wir als Band Musik machen, die wir selber gerne hören, Wir möchten die Songs machen, dir wir selber gerne spielen wollen. Wir sind Dr. Jekyll und Dr. Jekyll in einer Band.
Welches ist denn dein Lieblingslied vom neuen Album?
Richtig gut finde ich „Ein Dienstag In Dur“. Den mag ich richtig gern und jedes Mal wenn ich den höre, bin ich richtig stolz ein Teil der Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen zu sein!
Vielen Dank für deine Zeit, für ein weiteres tolles Liga-Album und wir sehen uns in Bremen!