(Ms) Wenn Golden Years an diesem Freitag (14. Februar) erscheinen wird, ist es das 14. Album in 33 Jahren Bandgeschichte von Tocotronic. Was für eine Zeit! In den letzten zwanzig Jahren war Rick McPhail maßgeblich am Sound der Band beteiligt. Ihn live spielen zu sehen, ist ein Genuss. Wie sehr er in das Gitarrenspiel versunken sein kann, wundervoll! Auf der kommenden Tour wird er nicht dabei sein, da er aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen vorerst aus der Band ausgestiegen ist. Alles Gute auf diesem Wege! Live wird Felix Gebhard von Muff Potter seine Rolle einnehmen - ein extrem würdiger Ersatz!
Golden Years!
Ja, wenn Tocotronic für eins bekannt ist, dann sind es die großen Gesten. Textlich und auch visuell. Insbesondere Dirk von Lowtzow kann wirklich allem mit seinem Körper, seiner Gestik, Mimik, seinem Sein viel Bedeutung verleihen. Viel Pathos. Viel Ernsthaftigkeit. Vielleicht ist es nach all den Jahren mal Zeit, einen etwas anderen Blick auf diese Band zu werden. Können Tocotronic lustig sein? Hat diese Band Humor? Könnte in den Texten etwas zum Schmunzeln drin stecken? Nehmen sie sich vielleicht doch gar nicht mal so ernst?
Wenn die neuen Stücke der Platte laufen, fällt direkt auf: Musikalisch werden wir hier nicht überrascht! Das ist Tocotronic-Gitarrenrock, wie man ihn seit langer Zeit kennt. Wenn nun ein eventueller humoristischer Zug in ihrem Texten erkennbar sein sollte, müssen die Erwartungen dafür klar sein. Hier spielen nicht Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen, die witzige, kurzweilige Geschichten erzählen. Tocotronics Humor funktioniert anders. Auch bei weitem nicht auf jedem Stück, das wäre ja auch falsch. Aber er lässt sich finden und tut dem Bild dieser Band mal ganz gut. Es müssen nicht immer die großen Gesten und die große Bedeutungsaufladung sein.
Das Titelstück ist zum Beispiel so eins, wo man schmunzeln kann. Ein Rückblick auf zahlreiche Zugreisen und Konzerte, die die Band gespielt hat. Freilichtbühne Recklinghausen, Motel One, Schlafmittel. Dazu beinahe eine Musik, zu der man schunkeln kann. Dass es hier Verse gibt, die mal ein wenig profaner sind, ist schön und nicht einfallslos. Mein Unfreiwillig Asoziales Jahr ist ja per Titel schon unterhaltsam. Worum es genau geht, bleibt im Unklaren. Doch es kann sein, dass es um massiven Handykonsum geht - sitzen und starren auf den tiefblauen Bildschirm. Dazu Dirk von Lowtzows herrlicher Bariton - tolle Kombination! Nach all den Jahren darf man auch definitiv über mäßig gut gelungene Zeilen amüsieren. Zum Beispiel: „Vergiss die Finsternis / Finsternis ist Mist.“ Puh, da gilt es mal eben durchzuatmen. Zum Schmunzeln ist auch Bye Bye Berlin mit all seinen Kischees, um die es im Text geht. Insbesondere von außen darf man ja Berlin als Stadt, als Lebenskonzept gar nicht so ernst nehmen, das tun die BewohnerInnen der Stadt schon zu Genüge. Doch: Schließen Tocotronic hier ihre Berlin-Jahre? Keine Ahnung. Schöne Ungewissheit.
Und dann sind Tocotronic zurecht für gute, wahre, dringend benötigte Parolen bekannt. Dafür brauchen wir diese Band unbedingt. Denn Sie Wissen Was Sie Tun ist die erste Singleauskopplung gewesen und seitdem läuft das Lied immer wieder bei mir, weil es so einfach, so klar, so klug, so wahr ist. Insbesondere die Entwicklungen in den letzten Wochen in Österreich, den USA oder hier Bundestag zeigen, dass es viele recht Hardliner gibt, denen alles vollkommen egal ist. Außer die Superreichen werden noch superreicher. Neben den ganzen faschistischen Einstellungen ist und bleibt die AfD eine Partei der Bestverdienenden, die schonungslos den Staat abschaffen will. Diese Menschen sind gefährlich.
Doch mein ganz persönliches Highlight von Golden Years ist Wie Ich Mir Selbst Entkam. Es ist ein typisches Tocotronic-Lied, das ein Szenario eröffnet, das unklar ist. Ein Lied, das in einem philosophischen Metastadium funktioniert. Das erzählende Ich findet sich im „Asyl für Tagediebe“ ein und findet dort Erlösung. Ein Sanatorium, um sich selbst zu finden. Oder sich zu entkommen. Vielleicht ist beides ja das gleiche, je nachdem, woher man kommt. Die Liebe dieser Erde und die Veränderung begegnen sich dort und beobachten sich. Ein schwer zu greifendes Lied, das mich aber ganz enorm berührt. Mystisch, wundervoll!
Golden Years! Die 14. Platte von Tocotronic kommt ohne einen großen Knall daher. Damit muss diese Band auch gar nicht aufwarten. Wer so lange unterwegs ist und so erfolgreich ist und stets kreativ bleibt, der muss niemandem etwas beweisen. Es ist ein tolles Album zum Schmunzeln, Skandieren und Träumen. Wenn die Band demnächst auf Tour ist, bin ich extrem gespannt, wie sie als „neues“ Quartett funktionieren. Bestimmt gut!
(Ms) Bremen. Die Stadt platzte gestern fast aus allen Nähten. Und es gab zahlreiche gute Gründe dafür. Preminale im Schlachthof, Konzerte im Pier2 oder im Club des Theaters. Vor allem aber kamen gestern zwischen 35.000 und 50.000 Menschen auf den Domplatz, um für Solidarität einzustehen. Das war wirklich schön, dass es so viele Menschen gibt, die für das Wir stehen, egal wer wer ist und woher jemand kommt. Mögen einzelne PolitikerInnen das ignorieren. Dann machen wir unsere Gesellschaft halt selbst. Am eindrücklichsten fand ich bei der Kundgebung den Part der Omas Gegen Rechts. Wie cool, aufrichtig, besorgt und kreativ kann man eigentlich sein?! Finde ich genial, inklusive Gänsehaut! Es war kalt, aber egal. Es gibt Wichtiges für das es sich einzustehen lohnt. Auch der Adenauer-Bus des Zentrums Für Politische Schönheit war anwesend und zugegebenermaßen sehr imposant!
Gut, dass es am Abend unter solch solidarischen Menschen, die ihrem Unmut musikalisch Ausdruck verleihen, weiterging. 100blumen aus Düsseldorf sind an die Weser geschippert, haben Es War Mord mitgebracht und die Lila Eule fast zum Einsturz gebracht. Auf das Quartett vom Rhein bin ich erst im vergangenen Oktober aufmerksam geworden, als sie beim Rookie Fest spielten. Hui, was für eine Livemacht - das hat mich sehr beeindruckt! Und was im Hamburger Knust funktioniert, kann im Bremer Kellerclub auch funktionieren.
Leider muss an dieser Stelle ein nicht unwichtiges Aber eingeschoben werden. Um kurz nach Acht haben Es War Mord begonnen, bedingungsloser Punk, der keine Pausen macht. Aber gerne hätte ich verstanden, worum es geht. Insbesondere den Gesang habe ich gestern bei beiden Bands als echt schlecht verständlich empfunden. Ein paar Mal habe ich die Positionen gewechselt, mit und ohne Gehörschutz, aber viel verstanden habe ich leider nicht. Es hätte sich bestimmt gelohnt, so kann ich ganz wenig über den Auftritt sagen, außer dass es cool wäre, wenn der Sänger nicht auf der Bühne raucht.
Was mich bei 100blumen im Herbst so begeistert hat, war die wahnsinnige Wucht, die sie auf die Bühne bringen. Das ist echt kein Punk mehr. Es ist viel intensiver, phasenweise nicht ganz so typisch schnell und in jedem Fall mir viel mehr Bass aus den Synthies, die Sänger Marcel vor sich stehen hatte. Hin und wieder ist sogar das Wort Industrial zu sehen. Falsch ist es nicht. Gut 80 Minuten haben sie gespielt und auch wenn ich nicht alle Texte verstanden habe, hat es tierisch Bock gemacht. Diese Energie, die die Band erzeugt hat, ist enorm! Enorm sind auch die Reaktionen des Publikums auf diese Musik. Einige Menschen stehen recht stoisch dabei, andere wippen punkig den Kopf, wieder andere tanzen wild und ausgelassen und noch ganz andere versorgen die Band mit Schnaps. Sehr gut!
So ging ich mit einem weinenden (wegen des Sounds) und einem lachenden Auge (wegen der Dynamik) nach Hause und freue mich auf das nächste Mal, wenn 100blumen spielen - es sei jedem und jeder ans Herz gelegt!
(Sb/ms) Wahlplakate. Heikles Thema. Sind sie wirklich notwendig? Findet der Wahlkampf nicht hauptsächlich auf Social Media statt? Aber was ist mit den Leuten, die da nicht sind (möglicherweise auch aus guten, nachvollziehbaren Gründen)? Also wieder pro Plakat. Nun las ich, dass PolitikerInnen verschiedenster Parteien eine sehr hohe Anzahl an zerstörten Plakaten verzeichnet haben. Das sollte sicher jedem von uns bekannt sein, dass sie entweder runtergerissen, zerrissen am Straßenrand liegen oder beschmiert wurden. Das ist und bleibt Sachbeschädigung und damit theoretisch strafbar. Nur: Müssen wir es aushalten, wenn Parteien, die die freiheitlich demokratische Ordnung willentlich zerstören wollen, so Werbung machen? Muss das eine Demokratie aushalten? Ich sage: Nein! Das muss niemand aushalten, es ist einfach nur falsch, dass die AfD Plakate aufhängt, um ihre gesellschaftlich zerstörerischen Ideale zu verbreiten. Weg mit ihnen!
Andreas Dorau
(Ms) Besser spät als nie! Kurz nach Weihnachten war Andreas Dorau Gast bei der Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen auf der traditionellen 3-Städte-Tour und für ein paar Lieder stand er mit auf der Bühne. Logisch, er hat mit der Band ja auch ein Album gemacht! Tatsächlich kannte ich bis dato auch nur Fred Vom Jupiter. Aber das ist ja wirklich lange her. Nach dem Bremen-Konzert der Liga mit Andreas Dorau waberte tagelang ein hartnäckiger Ohrwurm von Flaschenpfand durchs Haus - und alle haben mitgemacht! Nun kommt ein neues Album, samt Konzept dahinter. Und es offenbart sich am Titel direkt: Wien wird es heißen und am 14. Februar erscheinen (nächste Woche!). Ja, es dreht sich alles um die österreichische Hauptstadt. Das Konzept ist nicht objektiv, sondern Andreas Doraus Blick auf die Donaustadt. Die tanzbare, elektronische Single über die prägnanten Straßenlaternen 45 Lux ist schon draußen und wieder sehr ohrwurmig. Ungern zitiere ich Presse-Texte, aber das hier ist einfach zu gut: „Wenn es dann auch noch ein norddeutscher Musiker ist, der ein monothematisches Album über die österreichische Hauptstadt macht, drängt sich fast zwangsläufig die Frage auf: Ist das schon Austro-Pop?“
13.02. Hamburg, Hanseplatte (Q&A mit Gereon Klug) 14.02. Berlin, HHV Recordstore (Q&A mit Maurice Summen) 04.04 Berlin, Monarch 11.04.Hannover, Lux
Horsegirl
(Ms) Female fronted soll eine Musikkategorisierung sein. Warum um Himmels Willen?! Allein, weil eine Frau dabei ist, wird eine Schublade aufgemacht. Das ist doch nicht alles das Gleiche! Dennoch traurig, dass das oft passiert. Dann ist da nämlich eine Schublade, die geöffnet wird und all die Bands, in denen Frauen singen, werden miteinander verglichen. Stellt euch das mal bei Männern vor. Tja. Geht halt nicht.
Also: Horsegirl aus den Staaten. Drei Schülerinnen aus Chicargo gründeten eine Band, wurden von namhaften Leuten produziert und jetzt kommt die zweite Platte! Yeah! Das Trio macht reduzierte, unkomplizierte, verspielte, ohrwurmige Musik, die ein wenig an 90er/00er-Indie erinnert und bei mir sofort Momente von durchtanzten Nächten aufflimmern lässt. Das ist sehr leichtfüßig, beschwingt und einfach richtig schön! Nächste Woche Freitag erscheint das Album Phonetics On And On und könnte richtig gut werden!
10.06.25 Hamburg, Molotow Club 11.06.25 Berlin, Badehaus Szimpla 16.06.25 Köln, Bumann & Sohn
Shirley Holmes
(Ms) Man muss ja nicht mal in die Nachrichten gucken, um zu wissen, dass es hier und global gerade an vielen Stellen den Bach runter geht. Was macht der orangene Mann? Was passiert mit den Blauen und Schwarzen? Ich sehe manchmal nur Rot! Zum Glück geht es anderen genauso. Shirley Holmes zum Beispiel. Die Berliner Band singt in ihrem neuen Track unmissverständlich davon, denn er heißt Angst & Hobbys. Damit ist doch alles gesagt, oder? Fast: Wie gut es das Trio rüberbringt sei unbedingt erwähnt. Druckvoll singen sie davon, dass es schlimm ist, diese Zukunftsangst zu haben. Wobei diese Zukunftsangst unmittelbar greifbar ist. Da hilft nur eins: Diesen Song laut drehen, sich zusammen tun und dagegen angehen! Das ganze Album Mein Besseres Selbst erscheint nächste Woche Freitag bei Rookie Records!
07.03.25 Dresden, Chemiefabrik 08.03.25 Erfurt, Museumskeller 14.03.25 Hamburg, Nochtwache 15.03.25 Bremen, Lagerhaus 27.03.25 Hannover, Lux 28.03.25 Essen, Don't Panic 29.03.25 Würzburg, Immerhin 05.04.25 Berlin, SO36 06.06.25 Beverungen, Orange Blossom Special 07.06.25 Merkers, Rock am Berg Open Air 28.06.25 Hergensweiler, Woodstockenweiler Festival 05.07.25 Remchingen, Steinbruch Benefiz Open Air 09.10.25 Nürnberg, Z-Bau 10.10.25 Graz (AT), tba 11.10.25 München, Milla 07.11.25 Bielefeld, Forum 08.11.25 Köln, Blue Shell
Alicia Edelweiss
(Ms) Klar, Musik ist eines der schönsten Dinge auf der Welt. So facettenreich und wichtig. Und so wunderbar, der Entwicklung von KünstlerInnen zuzuschauen. Oder zuzuhören. Vor Jahren war Alicia Edelweiss Vorband von Voodoo Jürgens und Teil seiner Band. Dann stieg sie bei den Ansa Panier aus und intensivierte ihre bereits begonnenen Solo-Pfade. Die waren vielleicht ein bisschen schräg, weil ungewohnt zu Beginn (bei Songs wie Dreck), doch dann - so vermute ich mal - hat sie immer mehr ihren eigenen Sound gefunden. Es ist folkig, Avantgarde, breit und sphärisch. Nun ist sie bei Glitterhouse Records und hat eine neue Single veröffentlicht. Behind The Gates kommt nicht nur mit einem tollen Video daher, sondern vor allem mit beeindruckendem Klang! Nimmermüdes Schlagzeug, Glocken, Streicher, ganz breit angelegte Arrangements und ein phantastischer, gänsehautiger Gesang darüber! Wow, das ist großartig und sehr beeindruckend, was die Österreicherin hier wieder macht! Am 9. Mai wird ihr Album Furie erscheinen und sicher für große Ohren sorgen - versprochen!
Marble Sounds
(sb) Pop as Pop can. So gut. Nicht sonderlich spektakulär, aber ungemein eingängig, dazu eine tolle Stimme, zeitlose Melodien, außerordentlich gutes Songwriting und eine stimmige Linie, die sich durchs ganze Album zieht. Mit Core Memory hauen Marble Sounds am 07.03. eine Scheibe raus, die es verdient hätte, richtig durch die Decke zu gehen. Mastermind Pieter Van Dessel fasst zusammen:
"Das Vorgängeralbum zielte auf das Herz ab, während dieses Album auf das Bauchgefühl abzielt und
mehrere Verweise auf musikalische Erinnerungen aus meiner Kindheit enthält, insbesondere aus den 80er Jahren.“
Hört Euch das an. Von mir aus auch erstmal als Stream und legt Euch dann das Album zu. Das ist ganz großartig!
The Roxies
(sb) Mist, voll in die Falle getappt! Nein, The Roxies sind keine Frauenband und es ist noch nicht mal eine Roxy dabei. Am 07.03. veröffentlicht die Band aus Berlin ihr neues Album Keep You Up At Night und lässt aufhorchen. Sehr hörenswerter Powerpop mit Punkrock-Anleihen und (meist) - tadaa - männlichem Gesang. Wem The Cribs gefallen, der wird das lieben. Isso.
(Ms) Dies ist ein Text über die wundervollen Effekte von guten Support-Bands.
Obwohl. Der Name ist ja irgendwie doof, oder? Support, Unterstützung. Martin Bechler von Fortuna Ehrenfeld hat auch schon mal mit dem Namen gehadert. Nein, die Gruppe, die mit einer anderen auf Tour geht und als erstes spielt, ist nicht nur schmückendes Beiwerk. Oft haben sie die Chance, ihre Musik einem größeren Publikum vorzustellen, als sie selbst erreichen würde und oft geht das richtig gut aus. So wie gestern Abend in Bremen.
Begonnen hat das alles aber gut ein Jahr vorher. Da haben My Ugly Clementine im Lagerhaus gespielt und Blush Always war als eröffnende Band dabei, damals solo mit ordentlich Wumms vom Band. Das hat mir enorm gut gefallen, war ein beeindruckender Auftritt, der zudem viel Spaß gemacht hat. Also: Direkt abgespeichert.
Im September kam dann Katja Seifferts zweites Album raus: An Ode To? Ja, genau, mit dem Fragezeichen dahinter. Sie bringt 90er-Jahre-Gitarrenrock auf die Bühne ohne nur im geringsten Maße damit nostalgisch zu wirken. Im Gegenteil! Das, was sie macht, ist sehr frisch und sehr persönlich und sehr gut!
Nun ist sie auf eigener Tour und das natürlich nicht alleine. Als sie am Donnerstag im Tower gespielt hat, hat sie Wohinn? mitgebracht. Ja, auch hier ist das Fragezeichen an der richtigen Stelle. Die junge Hamburger Band hat den Abend vor gut 70 BesucherInnen eröffnet. Und wie?! Das Quartett hatte nicht nur enorm viel Energie, sondern auch eine brillante Instrumentierung. Die eingesetzte Querflöte und allerlei Sounds aus unterschiedlichen Drumcomputern und Synthies haben einen wahnsinnigen Klang erschaffen. Es war dicht und sehr atmosphärisch. Hier wissen vier Leute ganz genau, wie man mitreißende Musik arrangiert, das war genial, hat richtig viel Spaß gemacht! Also: Direkt abgespeichert!
Eine kleine Umbaupause später betraten Blush Always dann die Bühne! Die Gitarren waren gestimmt, das Schlagzeug bereit und dann ging es los. Gut 80 Minuten hat Katja Seiffert mit ihren drei Musikern gespielt und es war ein tolles Konzert! Ja, es ist 90er-Gitarrenrock. Aber: das ist erstmal nur das musikalische Gewand. Dahinter verstecken sich Texte, auf die es zu achten gilt. Zum Glück - denn nicht alles war soo gut zu verstehen - hat die Sängerin zu einigen Tracks etwas erzählt. Katja Seiffert singt in ihren Liedern viel über ihren eigenen Weg. Vom Zweifeln und sich Trauen. Vom Dankbarsein und sich Besinnen. Wie es ist ein Girl In A Band zu sein in einem Musikbusiness, wo ganz schnell gelabelt wird und female frontet bizarrerweise zum Teil ein Genre darstellt. Und die, die früher so oft so schnell errötet ist, steht selbstbewusst auf die Bühne, singt immer wieder aus voller Kehle, hat mir ihrer Band richtig viel Spaß und sehr aufmerksame Menschen vor der Bühne, bei denen viele lächelnde, glückliche Gesichter zu sehen waren. Insbesondere für ein paar jüngere Frauen im Publikum ist Katja Seifferts Geschichte, ihre Musik und das, was sie dazu zu erzählen hat, ein tolles Beispiel von Mut, Kreativität und Zusammenhalt. Zusätzlich auch einfach richtig gute Musik, die wahnsinnig viel Spaß macht!
Zwei Gigs kommen heute und morgen noch dazu, geht da unbedingt hin, es wird toll!
07.02.25 DE - Münster, Gleis 22 08.02.25 DE - Berlin, Neue Zukunft
(Ms) Es ist Samstag am frühen Nachmittag und ich sitze im Kurzurlaub an der Nordsee und schaue aufs Watt. Was für eine Woche?! Die Rede von Merz am Mittwoch im Bundestag habe ich mir live im Fernsehen angeschaut. Das war schon beeindruckend, wie verlogen ein Mensch sein kann, dem scheinbar alles egal ist. Seine persönliche, moralische Integrität. Der Ruf seiner Partei. Bündnisse mit Faschisten eingehen. Und dann kam das allerbeste oder -schlimmste: Er hat, wie ein kleines, beleidigtes Kind, danach die Grünen und die SPD dafür verantwortlich gemacht! Ha, genial wenn es nicht so dumm wäre. Die Logik ist: Wir mussten ja mit den Faschisten stimmen, weil ihr nicht mitgemacht habt. Heißt in der kleinkindlichen, beleidigten Welt: Ich musste mir das Eis ja klauen, weil ihr mir kein Geld gegeben habt. Ich bin nicht Schuld, das war kein Fehler, ihr hättet es ja anders machen können. Alter, Kotzreiz! Zum Glück haben ein paar Menschen in seiner Partei dann ja doch ein Gewissen, er selbst ja nicht. Ich schau jetzt wieder aufs Watt.
AB Syndrom
(Ms) Diese Musik ist vollkommen frei! Es gibt keinen Vergleich, es darf keinen geben, weil es hier keine Regeln gibt. Ob AB Syndrom ein eigenes Genre sind?! Ja, das kann gut sein. Doch es ist schwer zu füllen. Im weitesten Sinne besteht es aus Sprechgesang, vielen ohrwurmigen Melodien und bestechenden Rhythmen! Doch darüber gibt es noch ein Prinzip, das dominiert. Und das liegt in der Art und Weise zu texten: Es ist total frei, sehr nah, zerbrechlich, ehrlich, ungeschminkt. Das beweisen sie schon seit Langem und nun wieder ganz frisch auf I Can Make It Better zusammen mit Futurebae. Woher kommen denn die Idee zu diesen Sounds und so einem Arrangement?! Klar, das ist schon ziemlich Pop, aber das ist auch im wahrsten Sinne genial! Das Album Implosion erscheint am 28. März und wird sicher ein Meilenstein des Jahres sein, nach dem sich noch viele umdrehen werden - versprochen!
Odd Couple
(Ms) Mittwochabend, ich habe einige Zeit die politischen Entwicklungen des Tages verfolgt und konnte nur noch kotzen. Dann war ich ein wenig leer am Abend und brauchte etwas anderes. Anderen Input, einen Schwenk. Musik muss her. Dann lief plötzlich Die Deko von Odd Couple bei mir auf dem Gerät und ich war stockstarr. Was ist das? Was will es von mir? Warum ist das so schrill? Warum finde ich das so gut? Wieso tanzt der Bass so geil? Wie herausragend ist die Gitarre, die sich darüber legt? „Verlieb dich in meinen Kontostand, verlieb dich in Nichts.“ Haha, was ist hier denn los?! Hier wird aufgeräumt, alles muss weg, insbesondere die Deko. Mal wieder klar werden, sich auf das Wesentliche besinnen. Wie auf diesen großartigen Track dieser Band! Es sind dreieinhalb Minuten, die lohnen! Und schnell werden mehr draus - versprochen!
Echolalia
(Ms) Zu viele Köche verderben den Brei?! Klar, an Sprichwörtern ist immer etwas dran aber sie haben ja zum Glück keine universelle Gültigkeit. Wenn gut zehn KünstlerInnen aus der kreativen Szene Nashvilles sich zusammen tun, könnte es magisch werden. Das ist nun eingetreten und zusammen nennen sie sich Echolalia und veröffentlichen am 24. Februar ihr gleichnamiges Album. Miranda Lambert und Spencer Cullum stehen in der ersten Reihe, dahinter haben sich weitere phantastische Musikerinnen versammelt. Und was spielen sie zusammen?! Sie machen eine Zeitreise in die 70er Jahre. Es wird wild, psychedelisch, man denkt sofort an die Energien, die zu der Zeit in Düsseldorf umhergeisterten. Can oder Amon Düül. Ein kraftvoller Sog breitet sich aus und nimmt alles in sich auf, was daher kommt. Wenn die Musik läuft, möchte man schnell Teil davon sein und sich einsaugen lassen. Los, das ist es wert!
Lizki
(Ms) Vor vier Jahren kam eine Single raus, die mich ziemlich doll umgeworfen hat. Press Rewind heißt sie und hat alles, was ein wirklich perfekter Popsong braucht. Wumms, brillante Eingängigkeit und tolle Melodien. In diesem Track ist schon zu hören, dass die Künstlerin viel Gespür für das hat, was sie tut. Mit einem guten Grund: Sie hat Gesang und Klavier studiert. Statt in die Klassik vorzupreschen, hat sich Lizki (bei der ich die ganze Zeit ein t vor das z setzen will) für Popmusik entschieden. Und legt nun nach! Back Out Alive heißt ihre neue Single und sie macht einfach da weiter, wo sie einst begann. Das neue Stück ist nicht mehr ganz so derbe, sondern unterstreicht musikalisch den Inhalt: Die Angst vor dem Verlieben - in welche Richtung geht das und wie geht das weiter… oder wie komme ich da wieder raus?! Die großen Fragen mit großer Musik beantwortet! Yes!
Kodder
(Ms) Wir rufen nach Erlösung! Bitte komm herab und rette uns! Schick uns deine Kraft und Macht und schlag zu! Schlag doll zu! Laut und kompromisslos und unmissverständlich! Oh Punkrock, komm zu uns und mach alles kaputt! Dann stell die Band Kodder in die erste Reihe und lass ihre Musik scheppern, bis es wirklich alle verstanden haben! Führer In Den Krieg heißt ihr Song, heißt ihre Parole. Und die bringen sie in einer selten da gewesenen Härte im Punkrock zu uns. Hui, das scheppert und knallt aber! Wenn die ganzen Arschlöcher schon Krieg führen wollen, dann sollen sie wenigstens in der ersten Reihe stellen. Oder: „Schickt doch eure Kinder in euren beschissenen Krieg, macht was ihr von uns fordert!“ Verstanden?! Okay! Im April kommt dann ein ganzes Album. Nie war Punk wichtiger!
Ich fahre wirklich gerne mit dem Zug. Es ist meine bevorzugte Möglichkeit von A nach B zu kommen. Selbst muss ich nichts machen, außer pünktlich kein, eine gültige Fahrkarte dabei haben und die Fahrt genießen. Wenn sie denn stattfindet.
Und da kommt ihr ins Spiel. Letzten Samstag wollte ich so richtig gerne nach Osnabrück fahren, um meine liebste Band Kettcar live zu sehen. Die Ampeln standen auf grün, alles war bereit, die Vorfreude ganz, ganz groß! Da dachte ich mir tags zuvor, dass ich nochmal die Verbindungen checke. Mein Plan war um kurz nach elf zurück zu fahren. Entweder Richtung Bremen oder Oldenburg, ist egal, ich wohne in der Mitte dieser Städte. Und dann schaue ich in die App. Und bin schockiert. Statt der Bahn, wie noch wenige Tage vorher, fährt ein Bus. Und das ewige Stunden lang. Warum?! Keine Ahnung, ich habe keine Info gefunden. Das, liebe NordWestBahn kann echt viel besser laufen. Entweder sollte der Grund für den Ersatzverkehr ersichtlich sein oder halt schon vorher diese Alternative einsichtig sein. So spielten Kettcar sicher ein großartiges Konzert im schönen Osnabrück. Ohne mich. Euretwegen.
Dekker
(Ms) Sommer 2024, Schlossplatz Oldenburg. Es war herrlich warm, wir haben einen neuen Cocktail erfunden und waren gut drauf. Was könnte es besseres geben, als dann entspannte Musik draußen zu sehen?! Und dazu noch für lau! Dekker spielte beim Oldenburger Kultursommer und es war ein wunderbares Konzert. Entspannt, zurückgelehnt, beschwingt zum seichten tanzen. Der Mann mit dem großen Hut macht lockeren Pop mit Akustikgitarre und weiß, wie man so richtig entschleunigt. Nun hat er einen neuen Song draußen, Not Feeling Up heißt er. Im Laufe des Jahres soll eine neue Platte erscheinen. Das neue Stück klingt nicht unbedingt mitmachend. Ist es aber. Ich glaube, dass die Gesellschaft in den letzten Jahren erkannt hat: Es ist okay, wenn es dir mal schlecht geht. Du musst nicht immer ballern, leisten, malochen. Man darf auch mal durchhängen, sich zurückziehen und leise sein. Dies soll der Soundtrack dazu sein - er klingt genauso beschwingt wie die Nachricht, die er überbringen will!
25.03.25 Kulturkirche, Köln 26.03.25 Café Cairo, Würzburg 27.03.25 Franz K, Reutlingen 29.03.25 Feinkost Lampe, Hannover 30.03.25 Parktheater im Kurhaus Göggingen, Augsburg 31.03.25 Alte Mälzerei, Regensburg 01.04.25 Objekt 5, Halle (Saale) 02.04.25 Societaetstheater, Dresden 03.04.25 KulturGüterBahnhof (KGB), Langender 12.06.25 Konzerthaus, Dortmund
Tocotronic
(Ms) Duchhalteparolen sind genauso abgegriffen wie die Bedeutung des Begriffs schon. Meistens helfen sie keinem, sind leere Worthülsen, haben einen äußerst begrenzten Wirkkreis. Das könnte man auch meinen, wenn die neue Single von Tocotronic läuft. Bleib Am Leben heißt sie. Doch diese Band wäre nicht Tocotronic, wenn es im Text noch einen guten Twist gäbe. Das Durchhalten hat hier eine andere Ebene, es ist ein Wunsch an das Gegenüber, logisch. Hat aber die Bedingung, dass ich auf jeden Fall dabei helfen werde. Halt durch, ich lass dich nicht allein! Was für eine schöne Aussage, ein tolles Versprechen! Tocotronic zeigen ein weiteres Mal, wie gut sie zwischen den großen und privaten Themen schwenken können. All das zeigen sie auch auf ihrer neuen Platte Golden Years, die am 14. Februar zu haben ist! Im Video zur neuen Single tauchen auch ein paar spannende, bekannte Gestalten auf!
(Ms) Es ist Wahlkampf und Milli Dance kämpft mit! Die Tage sah ich eine Graphik, die zeigt, was die Parteien für die unterschiedlichen Einkommensklassen tun wollen. Welche Schicht profitiert von welcher Partei und ihrem Programm am meisten. Es ist nicht Neues, aber es ist wichtig: Die AfD ist eine Partei für die Reichen und sehr Reichen! Fischen tun sie in anderen Milieus. Pervers aber wahr. Auch bei der FDP ist das nicht anders, auch nichts Neues. Es gibt leider nur wenige einflussreiche Parteien, die sich wirklich für die ökonomisch Schwachen einsetzt. Das wiederum ist auch vollkommen schräg, da Preise und Gebühren steigen und steigen und steigen und für das Schöne immer weniger bleibt. Theoretisch könnte man mit einem ausgesprochen sozialen Wahlkampf Millionen Stimmen generieren. Theoretisch. Oder man hört einfach Jugendwort Des Jahres von Waving The Guns. Es ist die nächste Single aus Zwischen Wand Und Tapete und erneut kommt sie mit einem richtig starken Beat daher. Zudem kann Milli Dance erneut textlich wieder richtig derbe überzeugen! Selten war er so klar und wütend wie auf den letzten Tracks! Die Platte wird wichtig - versprochen!
13.03.2025 Rostock - M.A.U. Club (Zusatzshow) 15.03.2025 Rostock - M.A.U. Club (Ausverkauft) 20.03.2025 Dresden - Tante Ju 21.03.2025 Wien (AT) - Flex 22.03.2025 Graz (AT) - p.p.c. 23.03.2025 Innsbruck (AT) - P.M.K 25.03.2025 Zürich (CH) - Dynamo 26.03.2025 Stuttgart - Lehmann Club 27.03.2025 München - Strom 28.03.2025 Nürnberg - Z-Bau 29.03.2025 Jena - Kassablanca 03.04.2025 Dortmund - Junkyard 04.04.2025 Frankfurt - Das Bett 05.04.2025 Heidelberg - Karlstorbahnhof 10.04.2025 Hannover - Kulturzentrum Faust 11.04.2025 Köln - Stollwerck 12.04.2025 Bremen - Schlachthof 17.04.2025 Hamburg - Markthalle 25.04.2025 Leipzig - Werk2 26.04.2025 Berlin - Huxleys neue Welt
Die Anteile
(Ms) Die ersten Takte erklingen, der Kopf fängt an zu wippen und sofort schießt ein Gedanke durchs Gehirn: Wie geil ist das denn?! Wo kommt das denn auf einmal her? Warum sind die nicht ganz weit oben riesengroß und kaufen die großen Hallen aus?! Die erste Frage beantwortet sich von ganz alleine, wenn man Wie Geht Der Tanz hört. Die weiteren Fragen beantworten sich genauso einfach: Das Berliner Duo Die Anteile, die diese catchy-elektronische Popmusik machen, bringen bald erst ihr erstes Album raus. Dafür klingen sie aber schon enorm rund, sehr geerdet im Sinne von: Die wissen schon sehr genau, was sie machen wollen. Hier knallt ein Bass, der dominiert und darüber legen sich Textzeilen, die skandiert werden wollen! Fröhlich und sehr tanzbar! Hinter ihren Geschichten verbergen sich Gestalten und Ecken aus den Städten, die eher am Rande angesiedelt sind, an denen man vorbei fährt und die man übersieht. Ein toller Ansatz, um Musik zu schreiben. Und dann diese Beats! Wow - ich bin sofort Fan. Ihre Platte Pelzwerk werden die beiden bei Tapete Records am 25. April veröffentlichen und auf Tour gehen. Tanzschuhe an und ab geht‘s!
30.04. - Konstanz, Kantine
09.05. - Cottbus, Bunter Bahnhof
10.05. - Leipzig, Noch Besser Leben
29.05. - Oldenburg, Polyester
Die Zärtlichkeit
(Ms) Ich liebe den Kreislauf der Musik. Finde ich Band A gut, gehe ich auf ein Konzert. Dort ist dann Band B Support. Wenn die gut sind, finde ich die gut. Dann gehe ich zu Band B und entdecke vielleicht Band C. Seitdem Die Zärtlichkeit 2023 Vorband von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen waren, bin ich Fan. Ich mag ihre sanfte Popmusik sehr. Sehr! Sie ist im allerbesten Sinne eingängig, leicht, herrlich zugänglich, schön geschrieben, aus dem Herzen. Es gibt keinen Grund, Die Zärtlichkeit nicht mögen zu können. Nun bringen sie eine neue Platte raus, die den guten und treffenden Titel popsongs heißen wird und am 25. April draußen ist. Neue Lieder, die die Band so beschreibt: „Ein Soundtrack und ein Raum für dich, deine Gedanken, Perspektiven und Gefühle.“ Wow, wer das nicht hört, ist doof. Die erste Single Vienna ist bereits da und ein Lied über die Liebe und Zerrissenheit geworden. Das wird ein tolles Album werden - versprochen!
Noga Erez
(Ms) Shame on us! Letztes Jahr haben wir hier noch großspurig angekündigt, das neue Album von Noga Erez, Vandalist, selbstverständlich zu besprechen. Tja. Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Mal wieder nicht geschafft, dann vergessen, jetzt eingeholt. Tut mir leid, weil richtig geil!
Wer Noga Erez kennt, weiß auch, dass sie sich stetig mit richtig guten MusikerInnen umgibt, die ihre wuchtigen Songs richtig gut live rüber bringen können. Beim Appletree Festival vor drei Jahren durfte ich mich selbst davon überzeugen. Wenn ich es nun richtig verstanden habe, trat sie kürzlich bei der israelischen Lotto-Gesellschaft auf, die immer wieder tolle, kleine Gigs aufzeichnen, so wie bei Tiny Desk. Aquarium nennen sie es dann. Dreizehneinhalb Minuten ist sie dort mit Streichern und Bläsern zu hören, wie sie vier Track darbietet. Es ist schlicht und einfach großartig! So tanzbar, so genial, mitreißend und auf einem enormen Niveau! Hui, das macht viel, viel Spaß!
CocoRosie
(Ms) Was für eine beschissene Lage! Da brennt Sierra und Bianca Casady ihr Studio vor einigen Jahren nieder und alle Aufnahmen sind weg. Alles. Alle Ideen für neue Lieder. Alles war dort abgespeichert und unwiederbringlich verloren. So standen CocoRosie mit leeren Händen da, schockiert, verzweifelt. Doch wer die beiden Schwestern kennt, weiß auch, dass sie so viel kreative Energie haben, dass sie schlicht und einfach raus muss. Genau das ist jetzt endlich passiert! Cut Stitch Star ist die neue Single, die wir nun hören und bewundern können. Und wenn die beiden singen, wird klar: Diese Stimmen lassen sich aus tausenden heraushören. So gegensätzlich, so gut ergänzend. Dazu ihre oft phantastischen Arrangements, außergewöhnlich, tanzbar, wunderschön! Sechs Minuten dauert die neue Single, stark! Und überraschend. Denn Cut Stitch Star ist enorm poppig geworden! Also richtig doll poppig. Doch es wäre kein CocoRosie-Song, wenn er hier und da nicht auch ein wenig knartschen würde, wenn es nicht ein bisschen wackelt. Genial! Natürlich folgt dann auch ein Album, es wird Little Death Wishes heißen und schon am 28. März draußen sein! Die Vorfreude ist enorm!
(Ms) Leise Faszination. Das ist der Kern, um dieses Album zu beschreiben. Am Freitag (24. Januar) erscheint Love You All Over Again von tunng. Passend zum 20-jährigen Jubiläum der britischen Band, veröffentlichen sie eine neue Platte. Zehn Lieder sind darauf enthalten, die allesamt vor Schönheit und Genialität strotzen!
Erst mit dem Vorgänger bin ich überhaupt auf das Sextett aufmerksam geworden und ärgere mich, dass das nicht schon viel früher passiert ist. Denn die Musik, die diese Gruppe macht, ist großartig! Sie selbst nennen es Folktronica. Ein Genre, das irgendwie bescheuert klingt, aber sogar einen eigenen, wenn auch kleinen Wikipedia-Artikel hat. Wie lässt sich die Musik von tunng also beschreiben? Vor allem ist sie sehr unaufgeregt. Es gibt keine großen Gesten, keine überbordende Dramatik, keine großen Hymnen, die vor Energie überflutet sind. All das findet nicht statt. Die zehn neuen Songs (und alles, was sie vorher gemacht haben) sind Zeugnisse von weitsichtigem, klugem Songwriting. Die Musik dieser Gruppe ist sehr detailverliebt. Es gibt ungeheuer viele verschiedene Klänge, die sich in ihre Tracks einschleichen.
Die Grundlage aller Lieder sind aber ganz feine Gitarren, oft sind sie gezupft. Dahinter verbirgt sich oft ein Rhythmus aus elektronischen Klängen allerart. Da liegen sicherlich zahlreiche Synthies-Spielzeuge im Proberaum rum, wenn die sechs MusikerInnen zusammen kommen. Zudem ist kennzeichnend und hörbar, dass vier von den sechs singen. Das erzeugt ein sehr vielschichtiges Stimmbild und immer wieder den Eindruck, als ob tunng eine 360°-Erfahrung ist. Das ist sehr dicht, sehr nah beieinander. Bass wird sparsam genutzt, wenn er aber erklingt, dann wirkt er direkt durch den ganzen Körper. Auffällig ist, wie gut die Band verschiedene Bläser einsetzt. Querflöten, Trompeten, allerlei. Sie bringen eine gewisse organische Substanz in den Bandsound hinein. Dabei kommt ein Erlebnis heraus, das irgendwo bei The XX und The Notwist zu verorten ist, aber halt in leise und mitunter sehr sanft.
Zehn neue Stücke gibt es auf Love You All Over Again. Zusammen ergeben sie ein tolles Hörerlebnis, es ist schwer einzelne besonders hervorzuheben. Beispielhaft möchte ich dennoch ein paar Tracks beleuchten. Dabei ist mir persönlich der Text relativ egal. Diese Band wirkt für mich ausschließlich über die Musik und diese Wirkung ist immens! Didn‘t Know Why ist sicher der stärkste Song dieses Albums. Knarzige Rhythmussounds zu Beginn werden schnell von der sanften Gitarre abgelöst. Es kommen Glockenspieltöne dazu und der mehrstimmige Gesang. Wow, allein das ist phantastisch. Gesungen wird von der mörderischen Jenny, die sich schon auf anderen tunng-Stücken wiederfindet. Der Klang dieses Liedes hat durchaus etwas hypnotisches, insbesondere wenn sich der Gesang überlagert. Langsam entrückt mich die Musik und ich lande ganz woanders. Ich gebe mich dem gerne hin. Laundry ist durchaus tanzbar! Absolut beeindruckend, wie mehrere Querflöten-Linien hier eingesetzt werden, dazu gesellt sich ein markanter Bass, dann klatschen die MusikerInnen wieder und alles wird vom gezupften Gitarrenspiel zusammengehalten. Keine Ahnung, wann ich zuletzt so gut arrangierte Musik gehört habe - es ist großartig! Deep Underneath ist noch so ein Stück, was einfach unheimlich gut aufgebaut ist. Wer die Chance hat, diese Band bei ihren beiden Konzerten hierzulande zu sehen, denen wünsche ich ein umwerfendes Erlebnis. So genial wie diese Platte ist, so eindrücklich werden sicher auch ihre Livedarbietungen!
09.03.25 - Berlin, Silent Green 10.03.25 - Köln, Gebäude 9