Freitag, 18. April 2025

KW 16, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Lange Zeit dachte ich, dass ich nach dem Studium und so gar nichts Neues mehr dazu lernen würde. Keine Ahnung, woher dieser abwegige Gedanke kam. Aber er war da und saß einigermaßen hartnäckig in meinem Stammhirn. Doch mit allem, was man liest, sieht, tut, lernt man ja etwas dazu. Aus Fehlern sowieso. Zuletzt las ich ein Buch über Gärten, aber nicht aus einem floristischen Sinn, sondern es war eher eine kulturell-philosophische Abhandlung, die an einigen Stellen schwer verdaulich war. Bei weitem blieb nicht allen hängen. Doch - und das mag komisch klingen - ein paar Gedanken von Epikur fand ich sehr, sehr gut! Würde er heute leben, wäre er ein Gegner des carpe-diem-Slogans. Den Moment zu genießen heißt ja auch immer, unruhig zu sein, das nächste Highlight zu suchen, ständig auf der Pirsch nach dem nächsten Event. Das verkehrt den Satz in sein genaues Gegenteil. Epikur hingegen bringt die Begriffe Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit Dankbarkeit, Geduld und Hoffnung zusammen und das fand ich sehr gut! Für das, was war, dankbar sein. Es findet sich immer etwas! Geduld für das haben, was ist - schwer, aber lohnenswert. Und stets hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Ich glaube, das könnte uns in dieser Welt viel weiter helfen! Wieder was dazu gelernt. 

Hellseatic Festival
(Ms) Letztes Jahr war ich auf der spannendsten musikalischen Veranstaltung, seitdem ich auf Konzerte gehe. Ungelogen und auch ohne Selbstbeweihräucherung: Ich hab schon eine Menge live gesehen, genreunabhängig. Doch das Hellseatic Festival im Bremer Schlachthof letztes Jahr war eine immense Erfahrung. Lediglich die schwedische Band Ef war mir bekannt. Innerhalb von zwei Tagen habe ich zahlreiche Bands kennengelernt, so viele intensive Livemomente, so viele freundliche Menschen vor Ort, so ein vielseitiges Booking - faszinierend. Schon im Vorhinein war klar, dass die Durchführung auf Messersschneide stand, denn es fehlte an Geld. Die Veranstaltenden haben in ihre eigene Tasche und darüber hinaus gegriffen, die Stadt Bremen hat nichts gegeben, Bands haben auf Teile der Gage verzichtet und doch standen sie am Ende im Minus da. Sehr transparent haben die Durchführenden das bekannt gegeben. Die Meisten hätten dann aufgehört, zu prekär ist das Geschäft, zu schwer die Planung. Doch die Menschen vom Hellseatic geben nicht auf - im Gegenteil! Am 1. und 2. Mai 2026 geht es wieder rund im Bremer Schlachthof. Die Bekanntgabe ein Jahr vorher ist klug: es lässt sich viel besser planen, die ersten 100 Tickets sind weg, ohne dass auch nur eine Band bekannt gegeben wurde. Ich werde auch wieder zugegen sein und mich in den musikalischen Sog reißen lassen - erzählt allen davon!


GoGo Penguin
(Ms) Wenn die ersten Takte schon die Augen schließen lassen, der Kopf sich leicht im Rhythmus bewegt, die Schönheit der Melodie durch den Körper dringt, dann passieren wahrlich magische musikalische Momente. Irgendwie logisch, dass eine instrumentale Band wie GoGo Penguin dafür verantwortlich ist. Sie haben wieder neues Material am Start und wissen ab dem ersten Moment zu überzeugen. Followfield Loops heißt der neue Track, der mit einem angenehmen Mix aus Melancholie und Träumerei daher kommt, ohne einen runter zu ziehen. Vielmehr strahlt dieses Stück eine sanfte Meditation aus, wenn Schlagzeug, Bass und Klavier wieder Hand in Hand gehen und sagenhafte Bilder entstehen lassen. Das Video passt hervorragend dazu! Lässig kommt der Track daher und doch so leicht nachdenklich. Ein Zeichen, dass die Drei wieder richtig gut arrangiert haben. Am 20. Juni kommt ihr neues Album Necessary Fictions raus und dürfte uns in andere Sphären heben - genial!


Oskar Haag
(Ms) Bei neuer, junger Popmusik bin ich immer etwas skeptisch. Oft ist sie mir viel zu groß, zu dramatisch, zu aufgeladen, zu sehr gewollt in meinen Augen. Oder sie ist halt so überproduziert, dass es an Effekten nur so knallt, AutoTune den Rest erledigt und eine eher künstliche Stimmung hervorgerufen wird. Das langweilt mich irgendwie, weil es so unglaublich vorhersehbar und wenig überraschend ist. Wer stimmt denn noch ruhige Töne an? Wer hat den Mut dazu? Wer dreht die ganzen Schalter denn mal ab und lässt auch die etwas wolkigeren Gefühle zu?! Vielleicht ist es Oskar Haag! Gerade mal 19 ist der Typ und ist schon seit einigen Jahren live unterwegs, kaum zu glauben. Mit 15 ging seine Reise los, ich hoffe es geht im gut. Ist er das nächste, große österreichische Ding? Gut möglich! Kommende Woche erscheint seine neue EP Field Of Love und dreht allen etwas runter - wie wohltuend. Angenehm, sehr angenehm. Tut auch der Popmusik gut, nicht immer den nächsten großen Knall zu suchen. Oskar Haag - merkt euch diesen Namen!


King Gizzard & The Lizard Wizzard
(Ms) Der Rock hat immer wieder Bands zu bieten, die ohne Ende Alben raushauen. Früher waren es Mando Diao, dann haben Portugal. The Man Alben in aufeinander folgenden Jahren veröffentlicht. Und dann gibt es noch King Gizzard & The Lizard Wizzard, wo man immer aufpassen muss, dass alle Z im Namen enthalten sind. Aber 27 Alben in 15 Jahren ist ja auch etwas krank, oder? Oder ist es einfach nur wahnsinnig produktiv und kreativ, was die Australier da machen?! Zudem wechseln sie quasi auf jeder Platte das Genre - es ist völlig unvorhersehbar, was als Nächstes kommt. Der Überraschungsmoment ist auf ihrer Seite - definitiv! Und sie machen einfach weiter, verändern sich im Minutentakt, schrauben die Gitarren und Synthies wieder etwas zurück, dafür sind nun die Bläser sehr präsent. Und das ballert richtig gut! Deadstick heißt der neue Hit der neuen Platte Phantom Island, das am 13. Juni erscheinen wird. Man fühlt sich in die 60er zurück versetzt oder in noch frühere musikalische Gefilde. Richtig geil, richtig raffiniert! Da komplett unsicher ist, wie lange die Halbwertzeit dieses Albums sein wird, sollte man es zügig intensiv genießen! Zu zwei Shows kommen sie im Herbst hier her:

10.11.25 – Columbiahalle – Berlin
12.11.25 – Gasometer – Wien


The Notwist
(Ms) Dies ist eine der Bands, die zu Hause kaum laufen. Aus irgendwelchen Gründen, ich weiß es nicht. Doch live schaue ich sie mir richtig gerne an, weil es immer einen irren Rausch verspricht. Klar, es geht um The Notwist. Wenn sie in großer Besetzung auf der Bühne stehen, dann weiß ich manchmal gar nicht was ich tun soll. Es ist so intensiv und dynamisch, dass ich die ganze Zeit die Augen schließen möchte und auf der anderen Seite will ich genau beobachten, was auf der Bühne eigentlich passiert. Seit über 30 Jahren sind sie dabei, Wahnsinn! Klar, dass sich der Sound einer Band dann auch ändert, doch so radikal wie bei dieser Gruppe, klingt es nur bei wenigen. Haben sie mit Metal und Hardcore angefangen, sind sie nun bei breiter, sphärischer Musik, die filigran und elektronisch dominiert wird. Beides hat seinen Reiz. Und weil die alten Lieder immer noch so stark sind, gehen The Notwist im Herbst als Pocketband auf kleine Tour. Drei Leute auf der Bühne, drei Städte, jeweils zwei Abende hauptsächlich mit den Songs der ersten drei Alben. Das wird intensiv, das sind kleine Läden, das wird laut und gut! Wir sehen uns dann in Hamburg!

13.10.2025 - Köln, Gebäude 9
14.10.2025 - Köln, Gebäude 9
08.11.2025 - Hamburg, Knust
09.11.2025 - Hamburg, Knust
11.11.2025 - Berlin, Lido
12.11.2025 - Berlin, Lido


Die Höchste Eisenbahn
(Ms) Bestimmte Musik löst bestimmte Gefühle aus. Was sehr plakativ und einfach klingt, zeigt sich im Detail. Wenn Moritz Krämer und Francesco Wilking zusammen singen, ihre seichten, leichten, wohligen Melodien und ein leicht wippender Rhythmus dazu erklingt, dann geht das Herz auf. Ihre Worte treffen etwas im Inneren, das nicht zu benennen ist. Da ist etwas zutiefst Menschliches, Ehrliches, Aufrechtes, Schönes, Gutes. Und das macht so richtig viel Freude! Im September erscheint ein neues Album von Die Höchste Eisenbahn und nun gibt es bereits den zweiten neuen Track. Heimlich heißt er und kommt schwelgerisch und sanft daher. So soll Musik doch klingen, oder?! Eben!

30.05.-01.06.2025 Mannheim, Maifeld Derby Festival
02.10.2025 Leipzig, Täubchenthal
03.10.2025 Dresden, Tante Ju
04.10.2025 AT-Wien, Flucc
06.10.2025 München, Technikum
07.10.2025 Freiburg, Jazzhaus
08.10.2025 CH-Zürich, Exil
10.10.2025 Erlangen, E-Werk
11.10.2025 Jena, Kassablanca
21.11.2025 Heidelberg, Karlstorbahnhof
22.11.2025 Karlsruhe, Tollhaus
24.11.2025 Stuttgart, Im Wizemann
25.11.2025 Wiesbaden, Schlachthof
27.11.2025 Hamburg, Große Freiheit 36
28.11.2025 Rostock, Peter-Weiß-Haus
29.11.2025 Magdeburg, Moritzhof
01.12.2025 Köln, Gloria
02.12.2025 Essen, Zeche Carl
03.12.2025 Bremen, Lagerhaus
04.12.2025 Hannover, Faust
05.12.2025 Münster, Sputnikhalle
19.12.2025 Berlin, Huxleys

Montag, 14. April 2025

Leselounge: Rafael Schmauch - Battlerap

(Ms) In meiner Lieblingsbuchhandlung gibt es ein ganzes Regal nur für Bücher über Musik. Biographien, die KiWi-Reihe über Popmusik, Bildbände undundund. Tatsächlich finde ich sowas wenig interessant. Bücher über Musik, ihre geschichtliche Wirkung, Funktionsweisen müssen schon wirklich gut geschrieben sein, damit sie spannend sind, damit man beim Lesen etwas lernen kann, damit sie auch zu einem gewissen Grad Unterhaltung sein können. Klar, auf dieser Seite gibt es auch einige, richtig gute Bücher wie Electri_City oder Futuromania.

Doch das Buch über Musik, das ich in den letzten Tagen in meinen Händen hielt, schlägt ein gänzlich neues Kapitel in diesem literarischen Subgenre auf. Denn Battlerap von Rafael Schmauch ist nicht nur unsagbar gut geschrieben, toll recherchiert, sondern vielleicht auch etwas wie ein modernes Standardwerk für ein ganzes Genre. Zugegebenermaßen habe ich noch nie ein Buch über Rap gelesen oder gar die HipHop-Kultur außer Signifying Rappers von David Foster Wallace. Das, was Rafael Schmauch hier darbietet, ausbreitet, analysiert, ist schlicht und einfach genial. Und das liegt daran, dass er die Perspektive von innen und außen kennt. Rafael Schmauch ist Battlerapper und nennt sich dann Papi Schlauch und kennt die Szene ziemlich gut. Und genau das ist es auch, eine Szene. Battlerap, das habe ich auch dazu gelernt, hat wenig mit dem Studio-Rap zu tun, über den wir hier auch schreiben. Große Liebe an Waving The Guns, Juse Ju, Zugezogen Maskulin, Fatoni und auch die Altvorderen Fettes Brot. Die Texte, die die Battle-Kontrahenten schreiben, sind nur für diesen einen Moment, in dem sie sich gegenüber stehen. Wochen und Monate tüfteln sie an den richtigen Reimen und der richtigen, passenden, treffenden Form der Beleidigung.

Denn darum geht es. In der Szene und im Buch. Und wie Rafael Schmauch die unterschiedlichen Weisen der Beleidigungskunst seziert, ist nichts anderes als beeindruckend! Wichtig für das Verständnis ist, dass es immer nur um die Kunstfigur mit einem Alias auf der Bühne geht. Die Beleidigung soll clever, unterhaltsam, mitunter auch hart sein. Aber die Beteiligten des Wettkampfs geben auch zu Protokoll, dass sie sich dadurch nicht persönlich angegriffen fühlen. Das sind die unausgesprochenen Regeln. Wie viel Zeit in so einem Text stecken kann, wie viel Vorbereitung, Recherche zeigt der Autor in zahlreichen Beispielen. Was für eine Mühe! Denn die lassen sich nicht nachlesen. Rafael Schmauch muss also stundenlang Battles angesehen und transkribiert haben!
Und dann geht das Buch so richtig auf. Denn Papi Schlauch seziert einzelne Battles, dröselt Reimstrukturen auf, analysiert das Für und Wider einer gelungenen Punchline und geht dabei auch immer wieder mit sich ins Gericht, wenn er über Gelungenes auf der Bühne und Griffe ins Klo berichtet. Dabei portraitiert er unterschiedliche Protagonisten, von denen ich bislang noch nie gehört habe. Zudem gibt er eine Übersicht über die unterschiedlichen Battle-Ligen und deren Funktionsweise.

Beim Lesen dieses Buches habe ich mich auch gefragt, warum diese Szene so wenig künstlerische Aufmerksamkeit bekommt?! Das, was die Rapperinnen und Rapper immer wieder in der Crowd bieten, ist hohe Kunst. Die Leute, die sich dort gegenüber stehen, haben ein irres Gespür für Sprache, einen extrem ausgebauten Wortschatz, viel Sinn und (Bauern-)Schläue, mit Sprache umzugehen! Bis es soweit ist, dass diese Menschen den Grimmepreis bekommen, ist die Lektüre dieses Buchs angebracht! Das ist einfach nur genial und eine große, große Leseempfehlung.

Freitag, 11. April 2025

KW 15, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) In manchen Momenten gehe ich nur deshalb so gerne einkaufen, um bei anderen Menschen auch in den Einkaufswagen zu schauen. Denn da spielen sich oft hochinteressante Geschichten ab. Klar, bei mir eventuell auch, aber ich weiß ja, was ich will. Letztens stand also an der Supermarktkasse vor mir ein Typ, der sicher noch einen spannenden Abend vor sich hatte. Keine Ahnung, wie genau seine Planung aussah, ich denke aber, es hat etwas mit wach-sein und Calzium zu tun. Dabei sah er recht gewöhnlich aus. Vielleicht war das auch seine Tarnung! Richtig mitgezählt habe ich nicht, aber es waren bestimmt an die 30 0,5-Liter-Energydrinks im Wagen. Plus ein Liter Milch. Was stellt man bloß damit an?! Oder nach dem ganzen Zucker noch ein Müsli hinterher?! Wer ballert sich denn diese ganze Scheiße rein?! Das Zeug sollte nicht nur für Ü16 verboten sein, sondern generell keine KäuferInnen finden dürfen. Na, egal. Ich hoffe, es hat gemundet!

Erobique & Jaques Palminger
(Ms) Was einige KünstlerInnen an Output haben, ist oft schwer zu ergründen. Carsten Meyer zum Beispiel. Klar, er hat „erst“ zwei Alben veröffentlicht, aber zahlreiche Projekte angeschoben, unzählige Kollaborationen und Zusammenarbeiten, Ideen über Ideen mit ganz viel Sinn und Verstand und Humor und Können. Nun hat Erobique sich für den nächsten Geniestreich mit Jaques Palminger zusammengetan und eine Platte produziert. Sie heißt Songs For Joy Auf Der Veddel und erscheint am 17. Mai. Der Clou an der Platte: Sie haben aus zugeschickten Texten Lieder erstellt. Das ist ganz schön clever und klingt auf der ersten Single Bert & Ernie wahnsinnige raffiniert! Ein Lied über die wunderbaren Gegensätze des Zusammenseins. Die Verse hat Adja Schwietring geschrieben, den Gesang steuert Bettina Stucky beigesteuert. Es ist Bass, zurück gelehnt, Jazz, Soul, genial! Diese Platte bringt Schwung und Gelassenheit in den beginnenden Sommer - versprochen!


Fair-Weather Fest
(Ms) Große Festivals reizen mich schon seit einigen Jahren überhaupt nicht mehr. Im Sommer ist die Zeit auf dem Appletree oder Watt En Schlick genau das, was ich gut finde und wo ich mich wohl fühle. Doch es gibt auch zahlreiche, richtig gute Indoor-Festivals. Popsalon in Osnabrück oder Hellseatic in Bremen. Bleiben wir doch direkt an der Weser. Denn dort werden Anfang Juni in drei Clubs die Türen geöffnet für Punk, Rock und alles was damit zu tun hat. Eine ziemlich gute Idee. Zudem findet das Fair-Weather Fest mitten im Viertel statt. Das Lagerhaus, Calavera und die Lila Eule werden dann zugänglich sein für zahlreiche Gigs. Wahrscheinlich wird es nicht soo viele Tickets geben, denn groß sind alle drei Stätten nicht. Unter anderem werden Rauchen, The Deadnotes, Shoreline, The Pill oder Giver auftreten. Das ist eine richtig gute Idee von den Veranstaltenden und ich freue mich schon richtig darauf, wieder viele neue Musik kennenzulernen! Mehr davon!!!

 

Kochkraft Durch KMA
(Ms) 2024, Kettcar veröffentlichen ihr neues Album und gehen auf ausgedehnte Tour. Bei Bands, die ich schon recht oft live gesehen habe, bin ich doppelt gespannt, wen sie denn mitnehmen, um die Konzerte zu eröffnen. Im letzten Jahr waren es unter anderem Kochkraft Durch KMA. Der Name ist immer noch genial - der Sound eine Wucht. Und ich denke, dass einige ZuhörerInnen nicht schlecht gestaunt haben, als das Duisburger Quartett auf der Bühne stand und los legte! Denn es schepperte direkt aus allen Boxen - und wie! Elektronischer Punkrock ist nicht unbedingt, was man erwartet hat vor Kettcar. Doch es hat richtig gut funktioniert und hat herrlich geballert! Ein Jahr später und ihre neue Platte ist draußen - am heutigen Tag erscheint Hardcore Never Dies Das. Auf dem Album versammeln sich tätowierwürdige Zeilen zwischen dem täglichen privaten und erschütternden gesellschaftspolitischen Struggle, die eine Menge Wucht mit sich bringen! Merkt euch diese Band und kauft euch ein Ticket. Insbesondere die Rückkehr zum Traumzeit Festival ist für die Band sicher toll, 2016 sah ich sie dort schon, ich denke, dass die diesjährige Bühne etwas größer sein wird!

30.04 Regensburg, Alte Mälzerei
20.-22.06. Duisburg, Traumzeit Festival
06.06. Merkers, Rock Am Berg
09.08. Eschwege, Open Flair
16.10. Karlsruhe, Substage
17.10. Stuttgart, ClubCann
18.10. Dortmund, FZW
19.10. Langenberg, KGB
21.10. Wiesbaden, Schlachthof
22.10. Saarbrücken, Garage
24.10. Konstanz, Kulturladen
25.10. Aarau, Kiff
26.10. Luzern, Sedel
28.10. Augsburg, Soho Stage
29.10. Erlangen, E-Werk
30.10. München, Ampere
01.11. Graz, Music-House
03.11. Wien, B72
05.11. Leipzig, Naumanns Tanzlokal
06.11. Wolfsburg, Hallenbad
07.11. Erfurt, VEB
08.11. Köln, Club Volta
12.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
13.11. Bremen, Lagerhaus
14.11. Hamburg, Molotow
15.11. Berlin, Badehaus


Gorillaz
(Ms) Wenn eine Band oder ein Künstler stets für eine gute Überraschung zu haben ist, dann sind es auf jeden Fall Damon Albarn und seine Gorillaz. Nein, es gibt keinen neuen Track aus der Zukunft, sondern einen frischen Blick in die Vergangenheit. Um genauer zu sein: Ins Jahr 2006. Das ist beinahe zwanzig Jahre her. Hört man die Tracks von Demon Days, denkt man immer noch, dass das ja unglaublich frisch ist! Damon Albarn war seiner Zeit immer schon voraus, so ein genialer Musiker ist er hat. Ja, vielleicht steckt ein guter Plan hinter der jüngsten Aktion, man wird es sehen. Seit Montag ist ein volles Konzert aus dem Apollo Theatre in Harlem auf YouTube zu sehen! Demon Days ins voller Länge - 1 Stunde und 9 Minuten! Für Abende, an denen man mal wieder eine Nordstory schauen möchte und nicht die passende Geschichte findet.

Donnerstag, 10. April 2025

Live in Bremen: Tocotronic

Foto: luserlounge
(Ms) Mittwochabend. Bremen. Schlachthof. 19.08 Uhr. Eine richtig lange Schlange vor dem Laden. Das habe ich an diesem Ort noch nie gesehen und ich war in den letzten Jahren öfter dort. Nun gut, es gab einen guten Grund, gestern Abend früh zu erscheinen. Denn nicht nur Tocotronic haben gezeigt, dass sie immer noch ganz genau wissen, wie eine E-Gitarre funktioniert, nein, der Abend war auch länger schon restlos ausverkauft. Zudem gab es wohl nicht wenige Leute, die gerne sitzen wollten. Doch das geschieht ohne diese Band und ohne die Veranstaltenden. Doch nach und nach…

Der Schlachthof ist in den letzten Jahren einer meiner liebsten Venues geworden. Er ist gut gelegen, sieht toll aus, hat mehrere Räumlichkeiten, faire Preise und ist einfach so großartig aufgebaut und der Sound ist stets richtig toll! So stabil muss ein Ort erstmal agieren. Ja, es war früh sehr voll und ich war froh, einen der Plätze auf der beginnenden Empore ergattert zu haben, dann ist die Sicht umso besser und der Weg zur Bar kurz. Doch je weiter der Abend voran schritt, desto enger wurde auch der, denn Menschen standen überall! Gesessen haben sie auch, als um 20 Uhr Cava die Bühne betraten und gezeigt haben, was Noiserock heutzutage so kann. Das Duo aus Berlin hatte richtig Wumms am Start - das hat sehr schnell sehr viel Spaß gemacht! Nicht nur dass die beiden Musikerinnen starke Ansagen gemacht haben, sie haben auch alle Effekte der E-Gitarre hervorragend ausgenutzt. Ich gehe stark davon aus, dass sie gestern einige neue HörerInnen gelockt haben. Hier schreibt einer davon. Merkt euch diesen Namen, nehmt euch Gehörschutz mit!

Knapp eine Stunde später sollten dann Tocotronic kommen. Nur es saßen noch immer einige Leute. Ja, mit meinen 34 Jahren habe ich den Altersschnitt sicher gesenkt, aber wer will diese Band denn sitzend sehen?! Das funktioniert vorne und hinten nicht und darauf hat dann auch ein Mitarbeiter des Schlachthofs sehr fair und freundlich aufmerksam gemacht - gutes Zeichen!
Dann betraten die Meister der Theatralik die Bühne und bewiesen für zwei Stunden, dass sie immer noch einen festen Platz auf dem deutschsprachigen Rockolymp inne haben! Die großen Gesten - Dirk von Lowtzow beherrscht sie alle! Applaus genießen, Applaus generieren, sich selbst abfeiern - kein Problem! Dabei werden die Zeichen immer kurz vor Divenhaftigkeit und Arroganz ins Unterhaltsame gezogen. Nein, ich hätte nicht vermutet, dass man so viel zu lachen hat bei einem Tocotronic-Konzert. Ist aber so! Einige der neuen Tracks von Golden Years haben sie gespielt! Über Wie Ich Mir Selbst Entkam habe ich mich sehr, sehr doll gefreut - ein großartiger Song! Das übrige Set bestand aus einem sehr ausgewogenen Mix ihrer Diskographie mit einem eindeutigen Akzent auf die früheren Stücke - das habe ich so nicht erwartet. Digital Ist Besser, Drüben Auf Dem Hügel, Sie Wollen Uns Erzählen, Let There Be Rock, This Boy Is Tocotronic, Hi Freaks, Gegen Den Strich, Aber Hier Leben Nein Danke. Eine lange Liste. Der emotionale Höhepunkt wurde aber mit Ich Tauche Auf erzielt, auch ohne Soap And Skin vor Ort. Das war sehr intim und weite Teile des Publikums haben es auch geschafft, dabei still zu bleiben.

Neugierig war ich auch, wie Felix Gebhard sich in die Band einfügt, um Rick McPhail zu ersetzen. Und siehe da - nahtlos! Ja, sie haben dort einen Engel gefunden, da hat Dirk von Lowtzow schon Recht gehabt! Wie Rock aussieht, haben sie zum Schluss auf Explosionen bewiesen. Es koppelte herrlich zurück, schrammelte, war laut und intensiv und genial! Und so richtig wollten die Menschen die Band dann gar nicht gehen lassen. Einige waren schon raus, doch es lag noch was in der Luft. Und tatsächlich haben sie nochmal zurück, um Freiburg zu spielen - genial!

Zugegebenermaßen habe ich den Rockveteranen nicht zugetraut, derart abzuliefern. Doch weit gefehlt - eine Band wie Tocotronic sollte man insbesondere live niemals abschreiben! Ein imposanter Auftritt! Im Stehen.


Mittwoch, 9. April 2025

Live in Bremen: Los Bitchos

Foto: luserlounge
(Ms) Spontaneität und positive Überraschungen stehen in direktem Zusammenhang. Genauso gestern Abend. Es war ein sonniger, herrlicher Tag und die Frage war nur: Wie lässt er sich noch so richtig gut ausklingen?!
Schon länger hatte ich das Konzert von Los Bitchos im Bremer Schlachthof auf dem Zettel, doch irgendwie konnte ich mich nicht so richtig festlegen. Was im Endeffekt eine total dämliche Idee war. Lieber Nägel mit Köpfen. Diese wurden recht spontan am gestrigen Abend zusammen gekloppt, dafür umso besser!

Die pankontinentale (so Wikipedia!) Band Los Bitchos sah ich vor ein paar Jahren auf dem Appletree Festival und es war die perfekte Musik für lockere Sommertage! Dass sie auch im Frühling funktioniert, ist logisch! Zugegebenermaßen waren die Erinnerungen an den Festivalgig nicht mehr ganz so frisch aber insgesamt als herrlich kurzweilig abgespeichert. Also ab nach Bremen in den wunderbaren Schlachthof!

Der war um 20 Uhr so luftig gefüllt, wie ich es selten gesehen habe. Es hätten doppelt so viele Leute reingepasst, also haben doppelt so viele Leute einen großartigen Abend verpasst! Denn es ging los mit Eilis Frawley über die hier letztens schon berichtet wurde. Die australische Schlagzeugerin hat vor kurzem ein tolles Album veröffentlicht und hat das ziemlich gut mit ihren beiden Mitmusikerinnen auf die Bühne gebracht. Sowieso: Eine Drummerin als Mittelpunkt einer Band - selten gesehen! Zudem war das, was sie rhythmisch dargeboten haben super spannend! Denn eben diese Rhythmen wechselten quasi ständig. Es ist ja so, dass man live ganz automatisch anfängt, mitzuwippen. Irgendwie bewegt man sich. Doch musste man beim eigenen Körper immer wieder nachjustieren, weil das plötzlich nicht mehr aufging. Das war stark, das war richtig, richtig gut!

Und genauso ging es weiter! Live bekommen Los Bitchos Unterstützung von einem Typen, der zusätzlich Gitarre spielt. Was die fünf auf der Bühne dann gezaubert haben, war irre! Instrumentale Musik kann vieles sein. Doch selten ist es so kurzweilig, locker, lustig, tanzbar und richtig gut gelaunt! Richtig spannend war es Gitarristin Serra Petale zu beobachten. Was durch ihr Gesicht an Emotionen fuhr, war irre. Die Musik, die sie mit ihrer Band macht, macht ihr eindeutig selbst unglaublich viel Spaß! Die Energie der Riffs, die sie auf den Saiten entflammt, spiegelt sich in ihrer Mimik wieder. Zudem haut sie zwischendurch immer wieder kraftvoll auf die Bongos und spielt sich selber in einen ganz eigenen Rausch! Das hat einfach wahnsinnig viel Spaß gemacht. Klar, insgesamt klingen die Songs dieser Band alle recht ähnlich, doch das ist für ein Konzert gänzlich egal, es ist ein Gesamterlebnis, wo das Tempo anzieht und abnimmt, die Dynamiken sich stetig ändern und hinten eine Drummerin sitzt, die wahnsinnig viel Spaß hat, ihre Band immer wieder mal nach vorne zu treiben.

Wer Bock auf musikalische Kurzweil einer höchst sympathischen Band hat, sollte sich Los Bitchos nicht entgehen lassen!

09.04. - Hannover, Café Glocksee
10.04. - Nürnberg, Z-Bau
11.04. - Heidelberg, Commissary
12.04. - Dresden, Polimagie Festival
13.04. - Wiesbaden, Schlachthof


Freitag, 4. April 2025

KW 14, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Dinge, die aus der Zeit gefallen sind. Mutmaßlich. Vor gut zwanzig Jahren kamen die ersten Stromberg-Folgen raus und auch ich habe diese Serie geliebt, zigfach mir die unterschiedlichen Folgen reingezogen und herzlich gelacht. Vor ein paar Wochen dachte ich: Ach, schaust du mal wieder Stromberg. Warum denn eigentlich nicht? Doch nach wenigen Minuten habe ich das ganze nicht weiter verfolgt. Der Humor, der die Serie trägt, ist einfach aus der Zeit gefallen. Das hat nicht mal was mit Political Correctness oder Schere im Kopf zu tun. Ich finde, frei nach Serdar Somuncu auch, dass man sich über alle und alles lustig machen kann. Doch es kommt auf den Ton hat. Randgruppenwitze, Hitlerwitze - klar, alles erlaubt. Doch bitte irgendwie cleverer, feiner. Also - Stromberg braucht keiner mehr. Doch dann fiel ich aus allen Wolken. Ende des Jahres soll es einen neuen Stromberg-Kinofilm geben?! Whats?! Warum das denn? Wer geht denn 2025 ins Kino und schaut sich das denn an? Damit das in irgendeiner Art und Weise aufgehen kann, dann muss sich auf jeden Fall der Ton geändert haben. Daran glaube ich aber nicht, dafür ist dieses Format viel zu sehr darauf ausgerichtet. Tja.
Zum Glück gibt es richtig gute, frische Dinge. Atemberaubende neue Musik zum Beispiel. Los geht‘s:

Yasmo & Die Klangkantine
(Ms) Vom Poetry Slam zum Bassgewitter. Die Geschichte von Yasmo ist großartig und ihre Musik noch viel großartiger. Vor vierzehn Jahren ging ihre musikalische Reise mit dem ersten Album los und nun bringt sie Brass-Sound und korrekte Ansagen auf beste Weise auf die Bühne! Denn sie steht bei weitem nicht alleine auf der Bühne, ihre Band, die Klangkantine hat ordentlich Wumms am Start! Nun gibt es ein neues Lied der Österreicherin und es passt perfekt. Zum Einen passt es hervorragend in diese Zeit, Rechte sind auf dem Vormarsch, hier und bei unseren Nachbarn im Süden. Gegen sie richtet sich Alles Außer. Zum Anderen kommt der Song mit derart viel Wumms, Bass und tanzbaren Parts daher, dass ich am liebsten bei diesen wärmeren Temperaturen im Garten tanzen möchte. Yasmo steckt in diesen Zeiten den Kopf nicht in den Sand, sondern will feiern und bring den eigenen Soundtrack einfach selber mit. „Wir machen eine Part / alles ist erlaubt, außer Nazis.“ Jawoll! 


Endless Wellness
(Ms) Dass Ischia und Endless Wellness fast die gleiche Band ist, ist auch nur schwer zu glauben, wenn man beide hört. Beide so charmant. Beide so verschieden. Beide auf so freche Weise gut! Die Österreicher sind derzeit auf Tour und hauen heute einfach mal eine neue Single raus. Die Guten Jahre heißt das gute Stück und prescht ordentlich nach vorne. Die Gitarren kräftig aufgedreht, der Bass rollt. Es ist Indie-zum-Faust-in-die-Luft-recken, wie ich ihn in den 00er Jahre am meisten gehört habe. Wie viel Energie, Herz und Kraft steckt denn bitte in diesem Track?! Warum sind die nicht riesengroß? Na gut, sie sind auf einem guten Weg, immerhin! Diese unbedingte Dringlichkeit, die diese Band in ihre Kehlen, Melodien und Rhythmen steckt, ist unschlagbar! Wow!


Berliner Doom
(Ms) Extrem kurze Lieder. Worin liegt der Reiz? Naja, ist recht klar, oder… Warum etwas in die Länge ziehen, was in eineinhalb Minuten gesagt ist?! Warum sollte man sich an ungeschriebene Pop-Gesetzte à la Intro - 1. Strophe - Refrain - 2. Strophe - Refrain - Bridge - Refrain halten? Eben, gibt doch keinen Grund. Das dachte sich eventuell auch die Band Berliner Doom! Vor zwei Jahren erschien ihre erste Platte. 12 Songs in 8 Minuten. Kann man machen. Nun werden sie nachlegen. Mit ihrem kommenden Album sprengen sie die eigenen Grenzen, werden auf gut 20 Minuten kommen. Mit L‘Amour Pour 2 Jours kann man schon mal reinhören. Sie spielen diese elektrisierende neue Version von NDW, die so schnell in die Beine geht und sie singen unter anderem, wie auf diesem Track, auf französisch. Unter anderem. Notre Doom (was für ein geiler Titel) erscheint dann am 19. September - wird sicher sehr gut!


Chantal Acda
(Ms) Thema Länge der Musik - bleiben wir dabei und betreten das gegenteilige Terrain. Dazu gleich. Als ich las, dass es Neues von Chantal Acda gibt, habe ich mich richtig gefreut. Vor allem auf den warmen Klang ihrer Arrangements. Das war bis dato der große Reiz an ihrer Musik für mich. Nur wäre ja auch irgendwie schade, wenn sie ständig das gleiche machen würde. Dachte sie sich eventuell auch. Heads heißt ihre neue Single, dauert knapp sieben Minuten und kommt mit einem ganz neuen Sound daher. Vielleicht spricht er mich sogar noch mehr an. Dieses Dunkle, was so schnell in den Bann zieht - Wahnsinn! Auf diesem Track entsteht ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Er ist roh, kommt sehr klar und dominant daher, verzerrt und versunken und lässt geneigte HörerInnen nicht mehr los. Was für ein tolles Lied! Die gebürtige Niederländerin, die heute in Belgien lebt, veröffentlicht am 19. September mit The Whale ein Album, auf das es sich lohnt, gut ein halbes Jahr zu warten!


Wet Leg
(Ms) Boah, ist das hier frech! Das ist richtig unverschämt, was diese Band hier abliefert! Da schlich sich in den letzten Jahren so langsam der Gedanke ein, dass der tanzbare Indie, der mich durch viele studentische Nächte tanzen ließ, langsam verschwunden ist. Und dann kommen Wet Leg mit ihrer zweiten Platte um die Ecke. BÄM! Das ist die eine Sache. Die viel schlimmere ist ja, dass ihre neue Sinlge Catch These Fists ab dem ersten Takt komplett reinhaut! Mein Gott, ist das gut! Verspielte Gitarren-Riffs, satter Bass, ein richtig schlau arrangierter Track, der sofort tanzen lässt! Und mit sofort meine ich auch sofort! 00er-Jahre-Indie ist wieder da - vielleicht sogar besser als das Original. Ihr neues Album Moisturizer wird am 11. Juli erscheinen und ein neues Zeitalter einleiten!


Easy Easy
(Ms) Gute neue Musik kennenlernen. Darum geht es eigentlich auf diesem Blog. Diese Mission ist gar nicht mal so leicht, denn auch ich höre meist nur die Bands, die seit fünfzehn Jahren bei mir laufen. Umso mehr freue ich mich über Töne, die mich direkt ansprechen, frisch klingen und wo die bisherige Geschichte eine große Zukunft voraussagt. Irgendwie schräg, aber auch geil, dass dieser neue NDW-Sound so populär und erfolgreich ist derzeit. Easy Easy aus Köln haben das auch verstanden und veröffentlichen am 6. Juni ihre erste Platte. War ja nach vier EPs und zahlreichen Shows, die sie schon abgerissen haben, auch höchste Zeit! Ihr selbst betiteltes Album, auf dem sie mal deutsch und mal englisch singen, enthält zwölf Tracks, die den Sommer schöner machen werden und im Herbst auf eigener Tour präsentiert werden:

25.09.2025 – Winterthur, Albani 
26.09.2025 – Aarau, Kiff 
05.11.2025 – Köln, Gebäude 9
06.11.2025 – Berlin, Cassiopeia
07.11.2025 – Leipzig, Naumanns
08.11.2025 – Passau, Zauberberg
09.11.2025 – München, Substanz
11.11.2025 – Hamburg, Nochtspeicher
12.11.2025 – Bremen, Tower
13.11.2025 – Göttingen, Nörgelbuff
14.11.2025 – Münster, Gleis 22
15.11.2025 – Stuttgart, Club Cann


Dekker
(Ms) Apropos Sommer! Leichtigkeit, lockere Klamotten, Eis, kühlende Getränke, Zeit an der frischen Luft, entspannte Musik, die schnell den Kopf wippen lässt. Wie gut, dass Dekker dafür die nächste Single in petto hat! Familiar Beat ist mal wieder unglaublich entspannt, ohrwurmig, einfach lässig. Tatsächlich könnte ich mir seine Musik zu Hause nicht endlos anhören, da es auf Dauer doch ein wenig monoton wird. Aber ich sah ihn ein Mal live und dort entfacht er eine richtig gute Energie! Ein Glück, dass für den Herbst das nächste Album und eine Tour angekündigt ist. Dekker sollte man auf jeden Fall mal live gesehen haben!

Donnerstag, 3. April 2025

Yann Tiersen - Rathlin from a Distance | The Liquid Hour

Foto: Aurélie Scouarnec
(Ms) Vielleicht ist Neo-Klassik das spannendste Genre überhaupt! Bis auf Jazz ist mir keine Musikrichtung mit so einer groben Zuschreibung bekannt, die derart vielfältig ist. Zudem glaube ich auch, dass es keine Free, Hard, Latin oder XYZ-Neo-Klassik gibt. Es ist eine Spielart, die für sich steht. Ihr Selbstverständnis zeugt von Mannigfaltigkeit. Leise, meditativ, entspannend geht ebenso wie laut, intensiv, berauschend. Analog geht ebenso wie digital. Verträumt neben wuchtig. Zarte Klaviersaiten neben durchdringendem Bass.

In den meisten Fällen geschieht das getrennt voneinander. Künstlerin X ist wuchtig, Künstler Y zart. Dann gibt es ein paar große Namen, die beides machen, aber auch separiert voneinander. Martin Kohlstedt ist auf seinen Alben recht zart, live ist es enorm zum mittanzen. Olafur Arnalds macht solo wunderschönste, sphärische Klaviermusik, mit Kiasmos geht es auch auf die Tanzfläche. Also: Beides geht, auch wenn es manchmal hauchzart aneinander vorbeigeht.

Bis jetzt. Bis zum 4. April diesen Jahres. Vor dem nächsten Satz muss ich gestehen, dass ich kein superguter Kenner der Szene bin. An diesem Freitag erscheint ein Album, das beide Pole zum ersten Mal vereint. Mit Rathlin from a Distance | The Liquid Hour gelingt dies dem Altmeister Yann Tiersen. Graphisch ist das schon mal ganz klar festgehalten in zwei Parts einer Platte. Und klar, so ist dieses Werk auch aufgebaut. Von leise zu doll. Dieses wahnsinnige Album ist ein einziges Crescendo! Es ist unglaublich gut gelungen. Doch könnte man ja auch behaupten: Warum nicht zwei Alben draus machen bei sage und schreibe 83 Minuten Spieldauer?! Weil es einen roten Faden gibt! Weil man die HörerInnen auch mal etwas herausfordern kann. Weil es so wunderschön ist, sich der Kunst hinzugeben. Wer hört schon mal knapp eineinhalb Stunden Musik einfach so, ohne etwas anderes dabei zu tun?! Wir sollten dringend damit anfangen.

Der erste Teil ist enorm heilsam. Wunderschön. Filigran. Harmonisch. Insbesondere beim sanften Tórshavn fallen mir Worte wie tröstlich, ummantelnd ein. Eine einfache, wiederholende Grundmelodie trägt durch das Lied, darüber tanzen, leicht melancholisch angehaucht, verträumte Passagen. Etwas umtriebiger, verspielt und locker-leicht kommt hingegen Norðragøta daher. Die Titel scheinen skandinavisch angehaucht beim französischen Klangkünstler. Auf letzterem kommen Bilder von zwei Menschen in den Sinn, die sich im wuseligen Treiben finden oder wiederfinden. In ähnlicher Weise ist auch Bigton komponiert und erinnert an den großen Soundtrack, dessen Namen wir hier mal nicht nennen - das verfälscht den Gesamteindruck.

Und dann wird es so richtig spannend. Denn dieses Album folgt einem glasklaren Plan und ich bin völlig hin und weg, wie gut er aufgeht! Caledonian Canal ist mit seinen nur zwei Minuten Spielzeit der Beginn des Wandels. Langsam klingen die reinen, zarten, Klaviertöne aus, von denen man mitunter die mechanischen Geräusche hört. Ein eher funktionales Stück. Das auf das Folgende vorbereitet. Das nächste Lied heißt Stourm und ist in meinen Augen der Schlüsseltrack der ganzen Platte. Auch wenn es später noch wesentlich deftiger zugeht, ist dieser Song der Wendepunkt. Und es wird sich 11 Minuten und 23 Sekunden gewendet. Auf einmal sind Streicher zu vernehmen. Langsam schleichen sich einzelne Synthie-Töne dazu. Nach drei Minuten eine Andeutung von Bass. Und dann kommt eine Sequenz, die mich beim ersten, zweiten und x-Ten Hören aus den Schuhen kippt. An dieser Stelle muss ich mich als kompletter Sigur Rós-Fan kenntlich machen. Das, was auf diesem Stück von Yann Tiersen geschieht, ist so nah an der isländischen Band dran, wie ich es noch nie gehört habe. Das ist kein Ritterschlag, das ist eine Vergoldung! Die Bläser, das Verspielte, das dennoch ganz viel Fläche hat und Raum für einen Beat lässt. Das ist genial! Nach sechseinhalb Minuten wippt man automatisch mit, da der Klang satter, markanter wird. Französischer Gesang setzt ein (der Sigur Rós-Moment ist vorbei), eine Clubatmosphäre entsteht, man dreht den Track automatisch lauter und beginnt zu tanzen! Dieses Stück repräsentiert das ganze Album!

Dann kommt der rote Faden! Ninnog At Sea verbindet thematisch beide Teile des Albums. Denn es ist die erweiterte, elektronische Version von Ninnog, das zu Beginn der Platte zu hören war. Clever gemacht! Die letzten drei Stücke knüpfen an diesem Geist an. Es ist sehr beachtlich, wie sich zum Beispiel The Liquid Hour über knapp elf Minuten entwickelt!

Mit Rathlin from a Distance | The Liquid Hour erschafft Yann Tiersen ein unglaubliches Werk. Die Spielarten eines ganzen Genres auf eine klug zweigeteilte Platte zu verschmelzen, ist sinnvoll und in außergewöhnlichem Maße gut gelungen! Ich weiß, dass es eh fast niemand macht, aber: 83 Minuten Musik am Stück zu hören ohne etwas anderes zu tun - nie war es sinnvoller!