Montag, 29. Januar 2018

Friede Merz - Denmark Street (EP)


(sb) Zugegebenermaßen beginnt diese Geschichte klischeehaft: eine junge Frau aus der baden-württembergischen Provinz zieht zunächst nach Mannheim und dann weiter nach Berlin, um ihren musikalischen Traum auszuleben. Das wars dann aber auch schon wieder mit Plattitüden, denn Friede Merz bringt etwas mit, das es ihr eigentlich an jedem Ort der Welt ermöglichen sollte, nicht nur ihre Message unter die Leute zu bringen, sondern auch kommerziell erfolgreich zu sein. Mit ihrer EP „Denmark Street“ gelingt es ihr zu berühren und stellenweise sogar zu begeistern, auch wenn mir nicht jeder der (leider nur) fünf Tracks zusagt.
 

Auf fast alles, was man über Friede Merz sagen kann, trifft auch das absolute Gegenteil zu. Sie ist eine sanfte Extremistin und um mit Extremen zu spielen, muss man sich ihnen eine Weile gewidmet haben und bereit sein, immer weiter zu ziehen. Dies erscheint geradezu wie eine Prämisse in der Vita der Künstlerin, die in der  baden-württembergischen Dispora aufwuchs, kann sie sich doch an keine Zeit erinnern, in der sie nicht weit weg und immer weiter wollte. Sie suchte ihr zu Hause zunächst in Mannheim in der Klassik und später in Berlin im Jazz, um sich letztendlich einzugestehen, dass ein zu Hause niemals genug sein würde - weder räumlich noch musikalisch.

In ihrer Debüt-Single „Soho“ spricht Friede von genau diesem Weiterziehen und der Suche nach dem Vertrauten in der Fremde. Mit gebrochenem Herzen floh Friede vor einigen Jahren von Berlin nach London. Aus einem Ablenkungsmanöver wurde ein folgenschwerer Richtungswechsel: In den Drag Pubs von Soho fand Friede die Inspiration und in er berühmtberüchtigten Denmark Street, Namensgeber ihrer ersten EP, den Sound, nach dem sie gesucht hatte. Und nicht zuletzt die Menschen, die ihre Aufnahmen aus  den Nalepastudios Berlin veredelten: Mixing Engineer Alex Killpartrick und Master-Göttin Mandy Parnell.
 
Mittlerweile in Hamburg gelandet, hat Friede sich mit ihrem Debüt viel Zeit gelassen. Kein Manager, kein Label und vor allem keine halben Sachen. Friede hat ihre Studio-Aufnahmen und das in London gedrehte Musikvideo zu „Soho“ alleine produziert: „Ich konnte es mir ehrlich gesagt einfach nicht anders vorstellen. Ich bin getrieben von der Notwendigkeit mich immer weiterzuentwickeln und Neues auszuprobieren. Und dankbar, dass mit dem Musikvideo nun auch eine visuelle Komponente zum kreativen Output hinzugekommen ist.“
 
Die Verdrängung der Gay Bars in Soho aufzuzeigen und das als „natürlich“ Vorausgesetzte zu hinterfragen ist der pinke Faden, der sich durch das Musikvideo zu „Soho“ zieht. Mit einer warmen Stimme, lauten Gitarren und versöhnlichen Harmonien wird hier die Musik selbst zum Schutzraum.
 
Mein Favorit folgt jedoch direkt im Anschluss: „Visitor“ begeistert als Low-Tempo-Nummer, man versinkt in die melancholische Stimme und Stimmung und fühlt sich doch umgeben von einem musikalisch-warmen Mantel.

Bei „Let’s Move On“ ist der Name Programm, für mich ein absoluter Skip-Track, der mir rein gar nichts gibt.
 
„Astarte“ hingegen vereint wieder die Stärken von Friede Merz und das abschließende „Hannah’s Hands“ macht Lust auf mehr, auch wenn es bei weitem nicht mit den ersten beiden Songs der EP mithalten kann.

„Denmark Street“ erscheint am 02.02.2018 und spätestens dann gilt: Friede sei mit Euch!
 
 
 
 
 

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