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Die Erfahrung und Begeisterung aus den letzten sechs Jahren, als ich auch schon da war - mal nur einen Tag, mal das gesamte Wochenende - bestätigen, dass in jährlicher Regelmäßigkeit die Veranstalter ein sehr feines Händchen fürs Booking und die Gestaltung beweisen. Die konzeptionelle Neuausrichtung, die Kraftzentrale nicht mehr zu bespielen, dafür jedoch den Cowperplatz und ein bisschen mehr auf Pop zu setzen, bewahrheitet sich auch in diesem Jahr. Der anscheinend recht gut laufende Kartenvorverkauf gibt ihnen Recht. In den letzten Jahren sind zu prominenten Spielzeiten Tom Odell, Alice Merton, Milky Chance, Olli Schulz, Calexico oder Wanda aufgetreten.
Was mich jedoch bei den letzten Mal dazu bewogen hat, bei Vorverkaufsstart direkt ein Ticket zu holen, sind nicht die großen Namen, mit denen geworben wird. Es ist die extrem entspannte Atmosphäre vor Ort, die Weitläufigkeit des Geländes, das wunderbar gemischte Publikum und die Einzigartigkeit der Umgebung. Die großen Türme, die nachts so herrlich mystisch beleuchtet sind, die schiere Höhe der Gebläsehalle, die irre Architektur der Gießhalle. Ja, es ist schon ein besonderer Platz, an dem ein Festival stattfindet. Gerade weil es am gleichen Wochenende wie das Hurricane/Southside stattfindet, ist es eine herrliche Alternative zu Halligalli, auskatern im Schlamm oder der schieren Besuchermassen, denn circa 5000 Tagesgäste sind schon überschaubar. Denen wird mit reichhaltigem kulinarischem Angebot auch fürs körperliche und seelische Wohl gesorgt.
Auch für diejenigen, die kein Ticket haben, lohnt der Ausflug ins Ruhrgebiet. Denn für die Essensstände und die Bühne am Gasometer braucht man kein Einlass zahlen. Diese Freibühne ist extra für lokale Acts reserviert und bietet dem Nachwuchs aus der Region eine tolle Plattform, sich zu zeigen.
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Und auch beim diesjährigen Line-Up (siehe Foto rechts) ist mir ein Großteil nicht bekannt oder nur vom Hörensagen. Da ab und an auch experimentelle Musik und Neoklassik dargeboten wird, bin ich in eineinhalb Wochen total gespannt auf Brother Grimm, Jaguwar, Low, The Wholls, Malakoff Kowalski und speziell Mogwai und Martin Kohlstedt.
Als alter Festivalhase, der nie einen Bogen um größere Veranstaltungen wie das Open Flair oder Deichbrand gemacht hat, steigt die Lust daran, sich treiben zu lassen, anstatt das x-te mal die Donots oder Kraftklub zu sehen. Das soll ausdrücklich nicht heißen, dass (insbesondere diese beiden) Bands nicht das Zeug dazu haben, die Massen zu bewegen (im Gegenteil), sondern auf den anderen Bühnen auch Gruppen spielen, die gehört werden wollen. Ein Festival wie das Traumzeit gibt ausreichend Gelegenheiten genau dafür. Und wer zwischendurch eine Pause braucht, kann sich auf den weiten Wiesen ringsum entspannen oder auf Entdeckungsreise gehen und sich von alter Industrie fesseln lassen.
Da alle Festivals mittlerweile auch feste Traditionen im Programm haben, ist der Beginn der Traumzeit ein ganz besonderes Ereignis. In all den letzten Ausgaben hat der Knappenchor Duisburg Homberg die ersten Töne von sich gegeben. Ein Chor aus ehemaligen Bergmännern - Durchschnittsalter ca. 75-80 Jahre -, die Bermannslieder singen. Das war jedes Mal ein langanhaltender Gänsehautmoment. Die Homberger haben sich leider letztes Jahr aus Altergründen und wegen fehlendem Nachwuchs aufgelöst, was schade ist. Glücklich darf man sich jedoch schätzen, wenn stattdessen der Knappenchor Rheinland aus Moers kommt und mit dem Steigerlied das Festival eröffnet. Ich höre jetzt schon die Klänge, die Mitsingenden Besucher und spüre die Gänsehaut...
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