Freitag, 9. November 2018

KW 45, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: eaststreetarts.org.uk
(ms/sb) Nachdem ich in dem sehenswerten Queen-Film war, denke ich viel darüber nach, ob es derzeit noch so eine richtige Riesen-Band gibt. Also wo das internationale Ganz Oben im Musikbusiness ist und wer es besetzt. Welcher jüngere Künstler, welche jüngere Band - und hier sprechen wir vielleicht von "unter 50" - geht einfach mal so auf Welttournee und macht alle richtig großen Hallen oder gar Stadien voll?! Mir fällt tatsächlich niemand ein. Am ehesten vielleicht Ed Sheeran oder Taylor Swift, aber die machen so furchtbare Musik, dass ich es ihnen ungern zugestehen möchte. Wo ist die Band, die - wie etwa Queen - die Menschen genre-, alters- und grenzübergreifend zusammenbringt? Dass sie nicht überflüssig sind, zeigen die Bilder im Film, wo Vater und Sohn sich bei den Konzerten Arm in Arm liegen. Ohne Pathos: Wie schön! Alle, die sowas annährend schaffen sind die vom alten Eisen: Elton John, die Stones, AC/DC, Kylie Minogue oder Madonna. Und dann schaue ich gleichzeitig bei einem großen Kartenanbieter nach Karten für die kommende Rammstein-Stadion-Tournee und sehe: Komplett ausverkauft innerhalb kürzester Zeit. Verrückte Welt. Und wir versprechen: Es wird noch ein bisschen verrückter mit dieser Selektion:

Matt Corby
Wenn man sich Rainbow Valley (VÖ am 02.11.) anhört, mag man kaum glauben, dass der Sänger einer Casting-Show entspringt, doch Matt Corby wurde 2007 mit zarten 17 Jahren Zweiter bei Australian Idol. Heute, ein gutes Jahrzehnt später, lernen wir einen gereiften Künstler kennen, der sich geschmeidig zwischen Folk und Indie eingenistet hat und dessen neues Album ein Feelgood-Event der angenehmsten Sorte ist. Wo ist eigentlich ein Strand, wenn man ihn mal dringend braucht, um der Musik das passende Ambiente zu verleihen?
Ganz ohne Strand geht der Australier Anfang 2019 übrigens auf Tour und macht auch in unseren Gefilden Halt:

06.02. - Hamburg, Docks
07.02. - Köln, Carlswerk Victoria
10.02. - Zürich, X-Tra



Mean Caesar
Ebenfalls bereits veröffentlicht (seit Anfang Oktober und zwar auf Little Rocket Records), aber jetzt erst zu uns durchgedrungen ist die selbstbetitelte Debüt-EP der Londoner Punkband Mean Caesar. Schön melodisch, zum Mitgrölen anregend und live sicher ungemein tanzbar. Ganz ehrlich: da fühle ich mich direkt wieder zwanzig Jahre jünger und weiß ganz genau, warum ich damals genau diese Art Musik so wahnsinnig gerne gehört habe. Großartig und hoffentlich nur der Appetizer für ein vollständiges Album im kommenden Jahr.



Drangsal
Der Gruber Max. Ein Performer, der sicherlich auch ganz nach oben will. Dafür bringt er nicht nur sehr, sehr gute Musik raus. Er lässt sich auch mit den richtigen Leuten wie zum Beispiel Casper ein, mit dem er einen Podcast betreibt. Oder Sam Vance-Law, in dessen Video er mitspielte. Zu seinem eigenen neuen Bewegtbild als Drangsal holte er richtig aus und konnte niemand geringeren als Lars Eidinger engagieren, der ja gerne mal Exzentriker spielt. So auch hier. Doch was genau ist Eine Geschichte/Und Du? jetzt eigentlich? Ein guter Kurzfilm? Eine reine Provokation? Eine nette Spielerei mit Nacktheit, SM-Szenen, Leder und Brüsten? Eine Effekthascherei? Oder schlicht genial? Da wir um das Video auch nicht herum gekommen sind, empfehlen wir es für die eigene Meinungsbildung mal anzuschauen. Drangsal ist derzeit auf Tour!

15.11. – Hannover, Café Glocksee
16.11. – Berlin, SO36 (Ausverkauft)
17.11. – Hamburg, Uebel und Gefährlich (Ausverkauft)
29.11. – Leipzig, UT Connewitz (Ausverkauft)
30.11. – Mannheim, Alte Feuerwache
01.12. – Köln, Gloria (Ausverkauft)
02.12. – Bochum, Bahnhof Langendreer
09.03. – Berlin, SO36


Boygenius
Täglich erreichen uns zahlreiche Anfragen, Nachrichten und Anrufe, woher wir, die luserlounge, denn unsere musikalischen Quellen beziehen! Wie kommt man an die entlegensten Bands und kleinen Künstler aus Norwegen, Japan oder Peru? Das verraten wir natürlich nur ungern, aber es sind hauptsächlich Mails. Oder der Newsletter vom ZEITmagazin. Darin schreibt Christoph Amend immer allerhand interessanten Kram, den man sich abends oder früh morgens durchlesen kann. Diese Woche empfahl er die Gruppe Boygenius, mehr oder weniger eine Allstar-Band des weiblichen Folk: Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus sind das. Und sie haben zusammen einen schönen, ruhigen Song geschrieben, den man hier anhören kann:



Little Dragon
Platz 2 in den US Dance Charts erreichten Little Dragon aus Göteborg mit ihrem Album Nabuma Rubberband vor vier Jahren und an genau diesen Erfolg wollen Sängerin Yukimi Nagano und ihre Band nun mit ihrer Lover Chanting EP (VÖ: heute digital, nächsten Freitag dann auch als 12'') anknüpfen. Keine Frage, die Songs sind einwandfrei produziert und dürften jeden Dancefloor füllen, aber das ist einfach keine Musik, die mich begeistert und die ich mir freiwillig anhören würde. Wer allerdings auf so Tanzzeug steht, der wird sicher angetan sein; nicht umsonst kooperierten die Schweden in der Vergangenheit bereits mit Größen wie Odesza, De La Soul und den Gorillaz.



Sniffing Glue
Das Kontrastprogramm bieten Sniffing Glue: auf Kindnap Records erscheint mit Feral Thoughts (VÖ: 16.11.) das mittlerweile fünfte Album der Hardcore- & Punk-Veteranen vom Niederrhein. 16 Songs, einfach mal so übers Wochenende im Studio reingehämmert - authentischer geht kaum. Dass es dabei aber nicht permanent auf die Fresse gibt, sondern sogar die ein oder andere Mid Tempo-Nummer zu hören ist, macht das Ganze abwechslungsreicher und wertet das Album ungemein auf. Geht verdammt gut.



Überyou
Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis Überyou wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben haben und nun lassen uns die Schweizer doch tatsächlich noch bis Anfang 2019 warten! Am 11.01. veröffentlichen die Züri-Punks auf Gunner Records ihr mittlerweile viertes Studioalbum namens Night Shifts. Hot Water Music und Against Me stehen Pate, die Leidenschaft der Musiker für ihr Tun ist spürbar und so kann man das Album nach Startschwierigkeiten (Track 1 Make It Last ist nicht wirklich meins...) gut durchhören. Sniffing Glue und vor allem Mean Caesar gefallen mir zwar besser, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.


Coconami
So, abgefahrener wird's heute nimmer! Coconami sind Miyaji und Nami aus Japan, die beiden wohnen allerdings in München und singen auf Deutsch, Bairisch, Italienisch und Englisch - u.a. über Aale, die Herpes bekommen können und König Ludwig. Whaaaaaaaaaaaaaaaaaaaat? Das Coole daran ist aber, dass das tatsächlich Spaß bereitet, der Ukulelensound wie die Faust aufs Auge passt und diese Ansammlung an Absurditäten sich zu einem stimmigen Gesamtbild fügt. Saikai wird am 23.11. auf Trikont (wo auch sonst?) veröffentlicht und ist in seiner Unschuld einfach nur bezaubernd.



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