Quelle: hanneswittmer.de in Verweis auf Lars Kaempf |
Ein unverschämt gutes Los schmeißt Hannes Wittmer nun dort hinein. Bisweilen ist es - vor Staring Girl und ClickClickDecker - mein Favorit geworden und das in allerkürzester Zeit.
Wer es nicht mitbekommen hat, dem seien hier alle wichtigen Informationen zur Veröffentlichung von Das große Spektakel zusammengefasst: Hannes Wittmer ist derjenige, der vorher Spaceman Spiff war. Er hat das Album ohne Label und Vertrieb produziert. Das Album gibt es unter diesem Link zum kostenlosen Download. Im Frühjahr erfolgt eine Vinyl-Edition beim mairisch-Verlag. Er versucht sich mit dieser waghalsigen, extrem mutigen, ehrlichen und aufrichtigen Aktion aus dem Hamsterrad Musikbusiness zu lösen und findet auf seinem Blog dazu selbst die besten Worte.
Viel ist im Kopf und mit dem Musiker Hannes Wittmer passiert in den letzten Jahren. 2014 hat er übers Grand Hotel van Cleef sein denkwürdig schönes Album Endlich Nichts heraus gebracht, das ihm zu weitläufiger Bekanntheit verholfen hat. Es folgten ausverkaufte Konzerte in schönen Venues. Nur ein Jahr später verkündete er, dass er Spaceman Spiff vorerst auf Eis legen wolle, um sich mit englischen Texten und neuem Equipment als A Tin Man auszuprobieren. Das war okay, aber auf Deutsch entfachen seine Lieder viel mehr Energie. Letztes Jahr spielte er dann wieder unter altbekanntem Namen bis es dann zur gänzlichen Verwandlung in 2018 kam.
Nun ist mit Das große Spektakel sein viertes Album zu haben. Wie ist das Verhältnis eines Künstlers zu seinen Lieder, wenn er sie unter diesem Hintergrund bereitstellt und hält der Titel denn, was er verspricht? Hm, was ist denn nun ein Spektakel? Folgen wir der Definition eines großen Online-Lexikons - ein Ereignis, das Aufsehen erzeugt - dann stimmt es wohl. Nicht wenige befreundete Musiker von Wittmer haben sich voller Anerkennung und Respekt seinem Weg gegenüber geäußert. Und ja, das Album mit zehn Liedern ist wunderbar geworden.
Die ersten paar Takte aus Fragen erinnern leicht an Alin Coen, entwickelt dann aber schnell den altern Spaceman-Charme, wäre ja auch kurios, wenn die Musik sich nun grundlegend geändert hätte. Und was schafft er für einen schönen Wiedererkennungswert: die sanften Melodien und die unkomplizierte Direktheit in den Zeilen: "Wir sind alle entbehrlich, unser Streben banal". Ja, er regt zum Denken an. Rom ist dann ein Beweis für das Glück, dass Wittmers Musik nicht zu der jammernden Melancholie-Generation im deutschsprachigen Indiepop von vor gut zehn Jahren gehört, wo ich das erste Knyphausen-Album oder einzelne, frühe Songs sogar von Herrenmagazin und Enno Bunger zuzählen würde. Es ist durchaus andächtige Musik, keine Frage. Doch sie hat eine lockere Tiefe und ein kluges Songwriting wie bei Größen wie Niels Frevert, jedoch viel hoffnungsvoller. Ist das nicht genial?
Es folgt 140cm, und wenn man sich selbst mal in einer emotionalen Ausnahme- und Umbruchsituation befindet, brechen hier sofort alle Tränendüsendämme. Was für ein irres Lied, was für ein Text! Die Musik ist ja umsonst zu bekommen, daher ist dies hier nun eine Anweisung, es sich irgendwo gemütlich zu machen und diesen Song aufmerksam anzuhören. Knyphausen erzählt wunderbare Geschichten, Staring Girl können hervorragend Perspektiven drehen, Kettcar betrachten eindrucksvoll die Dynamiken unserer Gesellschaft und Hannes Wittmer schafft es dazwischen die Lieder zu schreiben, die - ganz ohne Pathos - sehr nah ans Herz gehen.
Mit Norden ist dann auch ein Lied dabei, das auch schon auf den letzten Konzerten zu hören war. Sollbruchstellen bescheinigt, dass Dramatik und kraftvolle Arrangements auch in seinem Repertoire liegen, da macht sich seine tolle Studioband, die ihn auch wieder live begleiten wird, bezahlt. Auch der mehrstimmige Refrain in Affen, einem gesellschaftspolitischen Track, wird auf der Bühne kommendes Jahr sicher richtig gut. Zum Schluss kommt mit Volkslied tatsächlich eins um die Ecke, das sich als solches entpuppt. Ganz ungewohnt, denn es ist ein Cover von Jan Böttcher. Es klingt anfangs unpassend, am Ende reiht es sich doch nahtlos in dieses herrliche Album ein.
Das große Spektakel ist zu großen Teilen ein leises, aufmerksames und kluges Spektakel. Als musikalische Veröffentlichung jedoch ganz, ganz groß. Meines Erachtens toppt es auch Endlich Nichts. Da war es auch keine wirkliche Frage, ob ich Hannes Wittmer finanziell unterstütze. Es ist nur die Frage, mit welchem Betrag. Ob 20€ jetzt - als Student - zu viel, angemessen oder zu wenig ist, das weiß ich auch nicht so richtig. Wahrscheinlich zu wenig.
01.02. Stuttgart - Club Cann
02.02. Freiburg - Artik
03.02. Wiesbaden - Schlachthof
05.02. Leipzig - Werk 2
06.02. Dresden - Scheune
07.02. Erlangen - E-Werk
08.02. München - Ampere
09.02. Würzburg - Cairo
12.02. Bremen - Tower
13.02. Münster - Sputnikhalle
14.02. Hannover - Lux
15.02. Berlin - Lido
16.02. Hamburg - Uebel & Gefährlich
19.02. Trier - Exhaus
20.02. Aachen - Musikbunker
21.02. Köln - Gloria
22.02. Essen - Zeche Carl
23.02. Heidelberg - Halle 02
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