(sb) Nachdem der Kollege (ms) kürzlich schon das neue Werk von Pascow in den Ring geworfen hat, was 2023 "Album des Jahres" werden könnte, möchte ich nicht dem nicht nachstehen. Aus meiner Sicht hat die Band CRIM beste Chancen, diesen Titel am Ende des Jahres einzuheimsen. Jawoll, Ansage!
Mein Spanisch ist mehr schlecht als recht, Sprachkenntnisse in Katalanisch sind quasi nicht gegeben - und doch gelingt es mitunter, das geschriebene Wort irgendwie sinnvoll zu übersetzen. Immer wieder schön, wenn die Texte im Booklet abgedruckt sind. Noch besser natürlich, wenn es dazu auch noch die englische Übersetzung gibt, so wie in disesem Fall. Das bestätigt, dass ich des Öfteren mit meinen Mutmaßungen hinsichtlich der Lyrics gar nicht so falsch lag. Die kleinen Freuden des alternden Musikliebhabers...
Aber was für eine Art Musik machen CRIM denn und wer sind die überhaupt? Zugegebenermaßen ist das Quartett aus Tarragona hierzulande bislang eher ein Geheimtipp, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Klar, den Mainstream werden die Katalanen mit ihrem Punkrock vermutlich nicht erreichen, aber die Nische sollte doch extrem drauf anspringen, denn die Kombination aus aggressiver Stimme, politisch motivierten Texten und diese fast unverschämt catchy Melodien ist schon extrem reizvoll.
Ich selber habe CRIM auch erst vor ein paar Jahren kennengelernt und fand sie damals so lala. Das lag allerdings daran, dass das Album damals auf Englisch eingesungen wurde und das hat mich irgendwie ziemlich abgetörnt. Trotzdem habe ich mich etwas mehr mit der Band beschäftigt und siehe da: Auf Català klang das Ganze gleich deutlich authentischer und geiler! Als dann kurze Zeit später Patrimoni Mundial auf dem HFMN Crew-Sampler erschien, war es endgültig um mich geschehen. Was für ein Brett!
Fast monatlich lag ich seitdem Jürgen von Rookie Records in den Ohren, wann denn nun endlich das neue CRIM-Album käme und jetzt ist es endlich so weit. Am 10. März wird Cançons de Mort veröffentlicht und ich verspreche nicht zu viel, wenn ich schreibe, dass das Ding meine Erwartungen in jeglicher Hinsicht übererfüllt.
Die zwölf Songs auf dem Album sind nicht irgendwelche Tracks. Das sind fucking Hymnen! Selbst wenn man kein Wort versteht, möchte man mitgröhlen, fühlt sich wie in einer schwitzigen Konzerthalle und spürt, dass da gerade etwas ganz Spezielles passiert.
Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass es für mich dieses Jahr noch ein geileres Album geben wird. Das Ding ist einfach vorne bis hinten perfekt!
(Sb/ms) Gestern Abend hing ich mit toten Augen so auf YouTube rum. Wenn man mit dem Cursor über ein Video streift, beginnt ja eine kleine Vorschau. Von PULS gibt es eine sogenannte Musikanalyse. Es geht um die Aktualität von Deichkind. Finde ich gut, spannend, relevant, da habe ich dann mal drauf geklickt. Und nach fast eineinhalb oder zwei Minuten wieder auf Pause gedrückt, um das ganze komplett zu beenden. Es tut mir wirklich leid, aber ich kann dem Moderator einfach nicht zuhören. Es ist nicht die Art, wie er spricht. Sondern die Auswahl des Vokabulars. Wer schreibt denn solche Texte? Und für wen sind sie gedacht? Sicher nicht für langjährige Deichkind-Fans. Die verstehen das nicht. Der schmeißt nur so mit „coolen“ In-Wörtern um sich, dass ich wirklich den Inhalt gar nicht mehr verstehe. Schauen sich die 17-Jährigen von heute die „PULS Musikanalyse“ an? Wenn ja, Glück gehabt. Aber für alle, die eine feine Einschätzung über das künstlerische Schaffen der Band haben wollen, tut es mir nur leid. Wer drei Mal im Satz „weird“ nutzt, dem ist nicht zu helfen. „Die Bühnenshow sind easy härter“, danach mache ich aus. Was soll das? Oder in seinen Worten: „What The Fuck“? Oder ist das Video eine „gigantische crazy ass Kunstperformance“? Wer verarscht hier wen? Das ist doch nicht hörbar. Und vor allem nicht echt! Oh je…
Eydis Eversen
(Ms) Und wenn man sich über solch Nichtigkeiten wie oben aufregt, braucht der Mensch eine Pause. Okay. Die sind auch notwendig, wenn ganz andere Dinge des Alltags auf einen einprasseln. Schreckliche Nachrichten, schlimme Schreiben, volle Supermärkte, verspätete S-Bahnen. Dann lohnt es sich sehr, das alles schnell mal zu vergessen. Am besten natürlich mit dem passenden Soundtrack. Ich finde instrumentale, seichte Musik immer ideal, um so richtig runter zu fahren. Alles, was so im Bereich Neo-Klassik sich seit ein paar Jahren abspielt, ist tendenziell toll. Klar, einiges ist so ähnlich, dass man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Aber. Manches sticht heraus. Eydis Eversen zum Beispiel. Die Isländerin erweitert den modernen Piano-Sound um ein paar andere Elemente. Wie zarte Streicher oder Bläser. Und offenbar soll es auf ihrem kommenden Album The Light (VÖ: 26. Mai) auch Gesang geben. Es bekommt schon beinahe etwas Folkloristisches. Untermalt wird ihre schöne Single Tephra Horizon von einem herrlich isländischen Video. Wobei ich sagen muss, dass dieser brennende Kreis gar nicht sein muss. Das Video an sich auch nicht. Also, klar, es ist toll, wunderbare Aufnahmen. Doch der Genuss der Musik funktioniert meines Erachtens auch hervorragend ohne. Live geht das auch. Die Musikerin kommt für ein paar Termine demnächst nach Deutschland:
10.06.23 Hamburg, Elbphilharmonie, kl. Saal 15.06.23 Darmstadt, Centralstation 16.06.23 Köln, Stadtgarten 17.06.23 Berlin, Silent Green 18.06.23 Leipzig, UT Connewitz
Robocop Kraus
(Ms) Hach, ein bisschen nostalgisch bin ich ja auch ab und an drauf. Klar, man muss dieses Wort ins Verhältnis setzen. Und wenn ich mich Anfang dreißig gern an die Zeit von vor zehn Jahren erinnere, mag das für manches Ohr schräg klingen. Tatsächlich handelt es sich dabei aber nur um musikalische Sehnsucht, ich möchte niemals nochmal Anfang zwanzig sein! Egal! Es war einfach eine tolle Zeit, die viel hervorbrachte. Viele Bands haben einen tollen wiedererkennbaren Sound entwickelt, der sofort aufhorchen lässt. Und das ist nicht nur bei den großen Namen der Fall. Sondern auch bei den mittelkleinen wie Robocop Kraus. Seit gut fünfundzwanzig Jahren ist die Band schon dabei. Und ihre letzte Platte ist tatsächlich vor fünfzehn Jahren herausgekommen. Nostalgie an allen Ecken und Enden. Nun erscheint am 14. April The Smile und ich hab Bock. Es ist der gleiche treibende Bass, die gleichen catchy Girarren, das gleiche wirbelnde Schlagzeug. Und wenn ich so leicht in das Album reinhöre, dann bin ich baff! Fast schon frech ist, mit welch Leichtigkeit diese Band spielt. Endlich geht es mal wieder um gar nicht so viel. Keine große Programmatik oder Gefallenwollen. Hier ist in jedem Takt wahnsinnig viel Spielfreude zu hören, die ansteckend ist. Da wippt das Bein, da nickt der Kopf. Und doch! Dann möchte ich doch sorglos wie Anfang zwanzig durch die Clubs ziehen. Das wird hier bald möglich sein:
12.04. Mainz – Schon Schön 13.04. Hamburg – Hafenklang 14.04. Berlin – Festsaal Kreuzberg 15.04. Osnabrück – Pop Salon festival 07.06. Stuttgart – Merlin 08.06. Karlsruhe – Kohi 09.06. Essen – Grend 10.06. Köln – Gebäude 9
The Offenders
(sb) Bereits ihr neuntes Studioalbum legen The Offenders vor. Auf Orthodoxy Of New Radicalism (VÖ: 31.03.) mischen die Italiener, die es bereits 2008 nach Berlin verschlagen hat, Folk-Elemente mit Punkrock - und das klingt gewohnt gut. Ich persönlich finde es ja sehr schade, dass sie nicht auf Italienisch, sondern größtenteils auf Englisch singen, aber man kann wohl nicht alles haben. Nichtsdestotrotz weiß das Quartett zu gefallen und durch ihre politische Message zu überzeugen. Zudem gelingt es den vier Musikern, die heutige Gesellschaft treffend zu portraitieren: fließend, mutig und furchtlos, aber auch grausam und hoffnungslos. Schaurig schön und wunderbar laut!
Unknown Mortal Orchestra
(Ms) Nochmal zur Entspannung hier. Es muss nicht immer die neuste Neo-Klassik sein, zu der ich perfekt entspannen kann. Manchmal ist man ja auch nicht so richtig in Piano-Stimmung. Dann braucht mal, um sich zurückzulehnen und mal durchzuatmen auch ein wenig Beat, vielleicht auch feines Gitarrensolo, aber alles schon ruhig und gelassen. Wenn in dieser Konstellation dann noch ein Hauch Psychedelika mitschwingt, fahre ich richtig runter. Das hat die Band Unknown Mortal Orchestra perfektioniert. Ganz grob würde ich den Klang der Band irgendwo zwischen Portugal. The Man und Alt-J ansiedeln, aber in halber Geschwindigkeit. Hinter der Band, die am 17. März ihr neues Album V veröffentlicht, steckt Ruban Nielson und ich lehne mich so weit aus dem Fenster, dass man seine neuseeländischen und Hawaiianischen Wurzeln hört. Es ist nicht immer mega fröhlich, mal auch leicht melancholisch, aber immer sehr, sehr gelassen und entspannt. Tolle Platte!
Helge Schneider
(sb) Man kennt ihn als singende Herrentorte, Schauspieler und auch Comedian, der zu polarisieren weiß. Doch Helge Schneider ist auch Musiker - und zwar ein sehr guter. Zuletzt wurde er in der Diskussion um kulturelle Aneignung für seine Aussagen teils scharf kritisiert, aus meiner Sicht zu Unrecht. Denn tatsächlich - und da deckt sich Schneiders Meinung mit meinem Empfinden - lebt Kultur und Musik vom Austausch und es kommt darauf, was man fühlt. Und dass er beispielsweise das fühlt, was er auf seinem neuen Album Torero (VÖ: 03.03.) spielt, ist nicht von der Hand zu weisen. Acht Tracks, acht Mal Spielfreude ohne großen Klamauk, sondern mit sehr viel Können. Helge halt.
(Sb/ms) Der Austausch von Kunst und Kopf. Immer wieder faszinierend, weil es so wenig festgelegt ist. Ein Bild, ein Theaterstück, ein Buch oder eine Musik. Sie entfachen ganz unterschiedliche Emotionen und Landschaften im Kopf. Manche beschäftigen mich nicht so lang, andere über einen ausgedehnten Zeitraum. So wie Ian McEwans Buch Lektionen, das ich in den letzten Wochen las. Es ist ein erstaunliches Werk, denn über die gut 700 Seiten wird ein ganzes Leben erzählt. Das von Roland, der in der Londoner Peripherie lebt. Was diese Erzählung so spannend macht, ist, dass durch dieses Leben auch elementare Geschehnisse der europäischen Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts eingebunden werden. Klar, zum großen Teil dreht es sich um Rolands privates Leben, als Sohn zweier Eltern, die nicht allzu viel mit ihm zu tun haben wollen. Über seine Zeit im Internat, einer wichtigen Begegnung mit seiner Klavierlehrerin, die ihn erst fasziniert und später erschüttert. Seine Zeit als junger Erwachsener mit unsteten Beziehungen. Der Begegnung mit Alissa und der Geburt seines Sohnes Lawrence und wie die Mutter die beiden verlässt. Und und und. Dabei treten immer wieder Geschichten aus den Weltkriegen, der Weißen Rose, dem Aufschwung, Tschernobyl, Mauerfall, Internet, Covid mit ein. Alles in einem Leben, bei dem ich mir unschlüssig bin, ob Roland am Ende des Buches glücklich ist oder nicht. Wer sich davon ein Bild machen möchte, dem sei dieses Buch sehr ans Herz gelegt!
Nun geht es hier aber primär um Musik. Also: Aufgedreht!
Linkin Park
(Ms) Verrückt, ich hätte niemals gedacht, dass ich je nochmal was zu dieser Band schreiben werde. Sie waren für mich und sicher zig Millionen andere Teenager vor gut zwanzig Jahren die bestimmende Band, die uns den Soundtrack des Alltags serviert haben: Linkin Park. Was war es schön, in der Jugend Chesters Gebrülle mit zu brüllen oder es zumindest zu versuchen. Irgendwann habe ich diese Gruppe völlig aus den Augen und Ohren verloren. Dieser stark elektronische und eher weiche Sound hat mich wenig gepackt. Nu Metal finde ich jedoch oft immer noch geil. 2017 ist Chester gestrorben, Suizid. In diesem Jahr hat ihr Album Meteora 20-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird es die Platte ab dem 7. April in allerhand überarbeiteten und erweiterten Versionen als Neuauflage geben. Und ein quasi neuer Song ist dabei: Lost. Schaffte es damals nicht aufs Album, bleib verborgen. Nun haben Mike Shinoda und Co. ihn rausgeholt. Es packt mich gar nicht mehr, lässt mich ziemlich kalt. Aber für den ein oder anderen (damaligen) Hardcorefan sicher eine schöne Sache!
Xul Zolar
(Ms) Wenn Wunsch und Realität nicht passkonform sind, dann muss man vielleicht irgendwann Abschied nehmen. Okay, das klingt jetzt erstmal dramatisch. Ich meine das so: Vor vielen Jahren sah ich Xul Zolar eher zufällig live, als sie Support von Rangelklods waren. Ich war direkt hin und weg, da da s viel Druck und Bass am Start war aber vor allem, weil es ungeheuer raffiniert war, was diese Band auf der Bühne dargeboten hat. Das ging alles wahnsinnig geschmeidig Hand in Hand und hat wirklich viel Bock gemacht. Ihre EP Tides steht immer noch bei mir als 10“ und es ist eine spitzen Platte. Doch aus meiner Warte konnte die Band danach nicht mehr an diesen Sound anknüpfen. Oder sie wollte nicht. Wer weiß. Wenn ich nun deren neue Single Underwater höre, dann ist das für mich ziemlich charakterloses Allerlei, was mich null abholt. Ziemlich schade. Ob das auf ihrem neuen Album Heidelbach (17. März) auch so klingen wird, bleibt abzuwarten, aber ich schnüre für mich wenig Hoffnungen. Vielleicht nehme ich dann eher Abschied…
Brandt Brauer Frick
(Ms) Je tiefer ich mich in die unterschiedlichsten Spielarten von Musik hineingrabe, desto vielschichtigere Dinge finde ich. Das ist oft Musik, die niemals im Radio laufen wird und auch selten von trendigen und einflussreichen Playlisten aufgenommen wird. Acts, die oft auch nicht auf Festivals spielen. Aber neben all diesen Handlungsspielräumen viel Aufmerksamkeit und Bewunderung erfahren. Es ist oft nischig, aber beeindruckend. Das Trio Brandt Brauer Frick gehört sicher genau dazu. Die drei Musiker, deren Nachnamen den Namen der Band formen, sind an ihren Instrumenten studierte Freaks, die Klassik und Techno miteinander verbinden. Daraus entsteht ein Sog, der mich packt, der manchmal knarzt, aber auch verdammt gut aufgeht. Immer wieder wird es psychedelisch und auf jeden fall tanzbar. Am 2. Juni erscheint ihr neues Album Multi Faith Prayer Room. Das gibt es meines Erachtens an Flughäfen beispielsweise. Offensichtlich ein toller Begegnungsort. Mit Act One ist nun auch das erste Stück davon zu hören. Sie haben sich Mykki Blanco dazu eingeladen, der über der basslatigen, rauschhaftem Musik spricht. Es scheint zuerst um die großen ökologischen Fragen unserer Zeit zu gehen, bis er davon schwärmt, wie erfüllend ein Dreier mit zwei hübschen Demonstranten ist. Stark! Ich empfehle nicht nur laut aufzudrehen, sondern auch sorgfältig dem Text zuzuhören. Wenn das musikalisch und textlich so weiter geht, könnte das eine irre Platte werden! Bereit vor Veröffentlichung ist die Band hier unterwegs:
(Ms) Worüber schreiben, wenn man seit dreißig Jahren Musik macht? Was steckt da noch an Kreativität in mir? Womit kann ich noch überzeugen? Was finde ich von meinem Geschriebenen selbst überhaupt noch gut? Würde ich meine Lieder von vor fünfzehn Jahren so nochmal schreiben? Bin ich damit noch zufrieden? Oder wer war das eigentlich, da steht zwar mein Name drunter, aber ich fühle es nicht. Natürlich kann ich nicht in den Kopf von Niels Frevert gucken, aber ich vermute, dass er sich einige dieser Fragen gestellt hat. Ich glaube, dass er auf seinem kommenden Album Pseudopoesie ganz gefühlvoll mit sich selbst ins Gericht geht. Nach all den Höhen und Tiefen seines Schaffens mal einen Strich drunter zeiht, die unterschiedlichen Epochen seiner Musik betrachtet und darüber grübelt, wie sich das im Nachhinein überhaupt noch anfühlt. Ob er sich selbst dabei als Pseudopoet betitelt sei natürlich dahin gestellt, aber ich kann es mir sehr gut vorstellen. Die neue, gleichnamige Single lässt ein wenig darauf schließen. Dieses Album erscheint am 24. März und scheint nicht nur sehr reflektiert zu sein, sondern auch mit einem etwas neuen Klang aufzufahren. Ein bisschen kräftiger, weniger schwer, ein bisschen mehr vorantreibend. Ich finde es ganz wundervoll, dass er nach all den Jahren immer noch so rund klingt, so zuversichtlich auch und fröhlich wirkt. Auf dieses Album freue ich mich immens und wir sehen uns dann auf Tour:
19.04.23, Bremen - Lagerhaus
20.04.23, Hannover - Pavillon
21.04.23, Hamburg - Markthalle
22.04.23, Berlin - Lido
23.04.23, Leipzig - Moritzbastei
26.04.23, Köln - Gloria
27.04.23, Mainz - KUZ
28.04.23, Schorndorf - Manufaktur
29.04.23, München - Strom
30.04.23, Mannheim - Alte Feuerwache
09.05.23, Erfurt - Zentralheize
10.05.23, Zürich - Bogen F
11.05.23, Freiburg - Waldsee
12.05.23, Ulm - Roxy
13.05.23, Dortmund - FZW
18.05.23, Dresden - Groovestation
19.05.23, Magdeburg - Moritzhof
20.05.23, Rostock - Peter Weiss Haus
Fatoni
(Ms) Ich komme schon wieder gar nicht klar. Als ob es nicht schon anstrengend genug ist, den ganzen privaten Kram auf die Reihe zu bekommen. Dann kommt noch ein kräftezehrender Job dazu, der ja immer eigentlich ganz schön, aber auch oft ermüdend ist. Dann spiele ich zwei, drei Mal am Tag die Nachrichten auf der Tagesschau-App durch und weiß überhaupt nichts damit anzufangen. Alles kompliziert, vieles so schlimm, manches verstehe ich überhaupt nicht, aber zum Glück kommt am Ende immer das Wetter. Ist es bei der Lage der Welt noch gerechtfertigt, sich abends berieseln zu lassen?! Sollte man sich nicht lieber eine Meinung bilden?! Pah! Auf keinen Fall. Das verlangt niemand von mir. Außerdem möchte ich auch einfach mal ausspannen, die Glotze anmachen, mich berieseln und unterhalten lassen. So wie Fatoni. Es gibt endlich wieder neue Musik von ihm! Wunderbare Welt heißt die erste Single zum gleichnamigen Album! Und sie ist seit dieser Woche zu hören und sehen. Dabei geht es um genau die soeben beschriebene Vielschichtigkeit des Alltags. Auf einem extrem entspannten Beat erzählt uns der Rapper seine Sicht der Dinge. Und erneut beweist er, dass er ein feiner Schauspieler ist und den Film liebt. Einen klasse Song mit einem sehr sehenswerten Video hat er da zusammen gebastelt und ich freue mich auf die neue Platte, die am 19. Mai erscheinen wird. Dazu gibt es schon ein paar Openair Termine:
(ms) Den Bremer Slang kann man schon vom Platt aus der angrenzenden Region unterscheiden. Ich finde das sehr sympathisch. Als jemand, der mit recht normalem Hochdeutsch aufgewachsen ist, neige ich sehr schnell dazu, unterschiedliche Dialektformen toll zu finden! Für das Österreichische hege ich seit Jahren auch eine große Faszination! Im Sommer war ich noch in Tirol und am Mittwoch gab es eine kleine Wiener Insel, einen kleinen Sprachurlaub quasi. Mitten in Bremen. Die Reisegruppe Voodoo Jürgens hat sich auf den Weg gemacht im Laufe ihrer sehr großen Tour zum aktuellen Album Wie Die Nocht Noch Jung Wor. Im Lagerhaus haben sie mit Euroteuro Halt gemacht und für einen erstklassigen Abend gesorgt. Na klar, das war fast ein kleiner Kulturschock, aber es ging sich sehr gut aus. Ich glaube, die etwas steifen Nordlichter hier sehnten sich den Ösi-Polka sehr herbei.
Begonnen hat Euroteuro den Abend. Ein anzugtragender Schlacks mit fulminanter Band im Laptop. Er musste nur ein, zwei Sätze im Wiener Dialekt plaudern, und schon flogen ihm die Herzen zu. Diese Ein-Mann-Maschine hat dann für eine halbe Stunde extrem gut eingeheizt.
Die Auswahl eines weiteren Acts, der mit auf Tour kommt, ist gar nicht so leicht. Es soll ja Laune machen, was ertönt. Ich finde es zunehmend ermüdend, wenn sich die Klänge der beiden Gruppen eines solchen Abend sehr gleichen. Klar, etwas Vergleichbares zu Voodoo Jürgens kenne ich auch gar nicht, aber bei anderen Konzerten langweilt es mich, wenn das zu ähnlich ist. Hier also alles perfekt. Denn Euroteuro hat astreinen NDW-Techno-Trash abgeliefert. Ich konnte nur staunen, was da passiert ist. Derbe Bässe, wilde Tänze, viel Ironie, sehr viel Spaß. Es war der ideale Auftakt!
Vor fast genau drei Jahren spielte Voodoo Jürgens zuletzt im Bremer Lagerhaus. Nur wenige Wochen später wurde alles dicht gemacht. Wie die Zeit vergeht. Die Stimmung war ausgelassen, es konnte los gehen. Die Ansa Panier betraten in einem Halbkreis angeordnet die Bühne, spielte los, nach wenigen Momenten kam Voodoo in ihre Mitte und ab ging‘s! Für gut 100 Minuten gab es allerbeste Unterhaltung. Natürlich sind es nicht nur die Texte, die schmunzeln lassen - wenn man sie denn versteht. Es ist auch die Art der Musik, dieser geile tanzbare Polkapop! Ich finde es unglaublich stark, es entfacht eine irre gute Laune in mir. Und: Die Band besteht aus unsagbar guten Musikern. Was sie alles gleichzeitig oder abwechselnd tun, wie viele Instrumente bedient werden, das ist großes Kino!
Zwei Teile hatte der Abend mit Voodoo Jürgens. Beide gingen ähnlich lang. Der erste widmete sich sinnigerweise den neuen Stücken. Ach, wie habe ich mich drauf gefreut. Die aktuelle Voodoo-Platte finde ich erneut herausragend. Diese kleinen und großen Geschichten, die auf breitem Wienerisch dargelegt werden… wer wird denn nicht schwach dabei?! Eben. Neben den sehr tanzbaren Stücken wie Twist oder Es Geht Ma Ned Ei habe ich mich insbesondere über das sehr melodische Fast Wie Ans gefreut. Und während das Publikum tanzt und die Band sich in den Wirbel spielt, sieht man eine Figur auf der Bühne, die ja auch skurriler nicht sein kann. Dieser dürre Typ aus Tulln an der Donau mit seiner wilden Frisur, den gut sitzenden Klamotten und der markanten Stimme. Das passt alles schon ziemlich gut zusammen. Und ich würde noch einen Schritt weitergehen: Das ist wahre Kunst. Diese Musik, diese Texte finden keinen Vergleich, es ist vollkommen eigenständig, nie da gewesen. Mal tragisch, mal nicht zu verstehen, mal unterhaltsam, mal überbordend. Immer großartig und musikalisch auf einem hohen Level mit Geige, Kontrabass, Trompete, Horn oder Harmonium.
Es kamen natürlich auch die „Klassiker“ zugute. Ob bei Heite Grob Ma Tote Aus mitgesungen, bei 2l Eistee geschunkelt oder Fensterbrettl gelauscht wurde, es war ein großartiger Abend. Einer der Höhepunkte war in jedem Fall Angst Huams, das in einer wesentlich dramatischeren, längeren und dichteren Variante gespielt wurde als auf Platte zu hören ist. Auch bei solchen Modulationen der Musik zeigt sich die Qualität, die dem innewohnt.
Wahnsinnig glücklich bin ich nach Hause getaumelt. Und auf den nächsten Wiener Besuch hier im Norden freue ich ich jetzt schon unglaublich! Voodoo Jürgens - leiwand!!!
(Sb/ms) Argh, viel zu viel auf dieser Welt und im Privaten passiert, dass alle Gedanken und Gefühle in einen sinnigen Einleitungstext einfließen können. Daher hier ein paar Fetzen: 1) Leider momentan viel zu wenig Zeit und Klarheit im Kopf, um aufmerksam und konzentriert über Musik zu schreiben. 2) Letztens nochmal im Ballett gewesen und nun das Urteil gefällt, dass eine Wiederholung erstmal nicht vorgesehen ist. Toll ist es aber dennoch, wie die Menschen dort mit ihren Körpern eine Geschichte erzählen. 3) Mein Fußballverein hat endlich mal wieder eine gute Phase, Hurray, Hurray, Hurray! 4) Heute hat mir ein kleiner Junge erzählt, dass sein Papa, seine Tante und sein Onkel zum Helfen in die Türkei fahren. Irre! 5) Da dieser Text völlig aus der Reihe erscheint, ist hier ein großes Fragezeichen zu sehen. 6) Viel auf Konzerte gehen, ist weiterhin das schönste der Welt!
Echo Neuklang
(Ms) Mindestens alle zwei oder drei Wochen rege ich mich hier über irgendeine dämliche Genrebezeichnung aus. Bedroom Pop. Electro-Free-Jazz-Fusion. Zum Beispiel. Was soll das sein? Tja. Dies ist keine neue Frage. Doch bei diesen Neuschöpfungen sehe ich wenig Zukunftspotential. Nun gut, das haben die Leute, die Krautrock zum ersten Mal verwendet haben, sicher auch nicht. Doch dann war dieser Begriff da, prägt bis heute eine ganz wichtige Zeit der experimentellen Musik, die weit ab vom Radio stattfand. Und sie wirkt immer noch nach. Das was in den 70er Jahren in Düsseldorf oder München begann, findet nun immer noch statt. Nur, dass ein fester Ort dafür nicht mehr zu nennen ist. Was das Wort „Rock“ darin zu suchen hat, war immer schon schleierhaft. Denn wenn ein Krautrocker eine Gitarre in der Hand hatte, dann sicher lediglich dazu, möglichst viele seltsame Töne damit zu erzeugen und nicht, um die große Show draus zu zimmern. Über die Frage nach dem Begriff und seiner Wirkung haben sich auch der Musiker Andreas Dorau, der Journalist Christoph Dallach und der Labelmensch Daniel Jahn Gedanken gemacht. Und ihr Antrieb für die Compilation Echo Neuklang (Neo-Kraut-Sounds 1981 - 2023) finde ich ganz großartig. Sie haben dreizehn Stücke zusammengestellt, die die Geschichte, Fortsetzung und Wirkung von Krautrock hörbar machen. Von den 70ern bis in dieses Jahr. Keineswegs ist dieses Genre tot. Unter anderem mit der von mir sehr geschätzten Conny Frischauf hat diese musikalische Spielart eine wirklich herausragende Transformation ins Hier und Jetzt geschafft. Doch auch die anderen Stücke sind überhaus hörbar. Das ganze wird am 31. März auf Bureau B erscheinen und ich freue mich echt auf die Scheibe!
Angelika Express
(Ms) Wenn es gut läuft, gehe ich demnächst endlich mal wieder auf eine 00er-Jahre Indie-Party! Es ist und bleibt die Zeit, die einfach wahnsinnig viele Hits hervorgebracht hat. Teilweise sogar im Wochentakt. Eine Zeit, in der die schrammelige Gitarrenmusik eine ordentliche Dominanz ergatterte und lange nicht abgab. Dass es die Band Angelika Express, die damals schon ganz ordentlich zugeschlagen hat, heute noch gibt, hätte ich echt nicht gedacht. Dabei hat sie sich nur vor Jahren kurz aufgelöst. Passend zu meinem Freizeitvorhaben und der verstrichenen Zeit, hat die Band zusammen mit Shirley Holmes ihre damals schon heiße Single Was Wollt Ihr Alle in ein etwas neues Gewandt gepackt und nochmal raus gehauen. Herrlich! Das Tempo, die Konsequenz der Musik, die leicht programmatische Art des Textes, es fühlt sich alles wie ein kleiner Zeitsprung an. Aber der macht richtig Bock, ich glaube, den Track wünsche ich mir in zwei Wochen, um herrlich durch die Zeit zu tanzen!
Element of Crime
(Ms) Herrlich! Es gibt ja so Bands, die irgendwie immer schon da waren. Und andere, die ich irgendwie immer so phasenweise höre. Und dann gibt es Element Of Crime, auf die beides zutrifft. Niemand kann so schön die Kleinigkeiten des Lebens, die unter dem Motto „Das ist dann nun halt mal so“ laufen, in Musik fassen, wie die Band um Sven Regener. Wie oft es auf den Liedern der Band um gar nicht mal so viel geht, ist beeindruckend. Und dennoch schwingt immer eine tolle Stimmung und ein Grinsen im Gesicht mit. Schön, dass sie immer weiter machen. Auch nach dem Tod ihres ehemaligen und langjährigen Bassisten David Young. Unscharf Mit Katze heißt das neue Lied, das das Album Morgens Um Vier ankündigt. Die Scheibe erscheint am 7. April und wird wahrscheinlich großartig. Durch die Single habe ich die leise Ahnung, dass der Sound der Band wieder etwas schnodderiger wird. Wie in den 90er Jahren ungefähr. Vielleicht ein wenig langsamer und gesetzter, aber dennoch. Das wäre irre.
Tristan Brusch
(Ms) Was ist das denn für ein irrer Kerl? Der sieht ja auch schon sonderbar aus. Und dann diese durchdringende Stimme. Obendrauf gesellen sich noch Texte, die auch nicht von dieser Welt kommen. Teils schauerlich schön, dann wieder gibt es viel Groove und alles erscheint eindeutig mit einer eigenen Handschrift. Ich denke, dass man jetzt, aber in größerem Rahmen in ein paar Jahren sagen können wird: Das ist ein klassischer Tristan Brusch, denn so singt und textet niemand. Und so arrangieren auch nur wenige ihre Kunst. Das ist mal fein, mal sehr grob, mal tanzbar, mal einfach nur schön! Das zeigen auch seine neuen Lieder, Wahnsinn Mich Zu Lieben erschien erst vor ein paar Tagen und überzeugt selbstredend durch einen tollen Text, aber bei mir bleibt die feine Instrumentierung noch stärker haften. Die Streicherarrangements, die Flöte, das kaputte Klavier, die wunderbare Dramatik, die in dem Lied steckt. Irre! Sein neues Album wird Am Wahn heißen und erscheint am 24. März. Das könnte ein richtig großer, kräftiger und beeindruckender Beweis sein, wie deutschsprachige (im weitesten Sinne) Popmusik sein kann. Sie dringt durch Mark und Bein.
(Ms/sb) Nebenan ist ein Hochhaus. Also gar nicht mal so riesig. Aber im Vergleich zur Siedlung fällt es schon auf. Luftlinie von meinem Balkon sind nur dreißig Meter. Dann steht er da, der Riese. Die Eingänge der acht Stockwerke sind von mir aus gut zu sehen. Es ist immer viel los da drüben. Öfter hört man Leute da laut schreien. Manchmal liegt ein wenig Müll herum. Puh. Sicherlich wohnen da einige Menschen auch nicht ganz freiwillig. Es ist kompliziert. Nun wird da aber groß gebaut. Es heißt, das Ding wird über ein paar Jahre hinweg durchsaniert. Und wohin mit den Leuten, deren Bude gerade dran ist?! Da haben sich die Eigentümer etwas Seltsames ausgedacht. Vor dem Eingang stehen nun mehrere Wohncontainer. Stehen auf der Wiese, Leitungen für Strom und Wasser wurden gelegt, kleine Eingänge gebaut. Diese Dinger haben maximal zehn Quadratmeter Wohnfläche. Oder Daseinsfläche. Offenbar inklusive Sanitär und Kochbereich. Und das sind keine Tiny Homes. Da wird dann also gewohnt, wenn die Wohnungen renoviert werden. Das sieht von außen echt bitter aus. Vielen der Bewohnern bleibt sicher nichts anderes übrig, als mitzumachen. Noch ist es da still. Aber es ist eine Frage der Zeit, wann das Aus- und Umziehen vonstatten geht. Das tut mir schon beim Ansehen weh…
Juli Gilde
(Ms) Was tun, wenn man zu früh zu etwas „Ja“ sagt? Weil es in diesem einen Moment alles so klar, so richtig, so gut erscheint! Weil alle Ampeln in diesem einen Moment auf grün gestellt sind und sich überall Vorfreude und Euphorie breit macht. Weil im Kopf in diesem einen Moment eine Zukunft entsteht, die sinnhafter gar nicht sein kann. Und dann kommt das alles. Und die Freude, die Euphorie und die Ampeln wechseln ihre Farben. Denn vielleicht war das gar nicht mal so gut durchdacht. Nun hängt man aber drin. In einer Idee, die jemand anders für einen geschmiedet hat. Ein anderes, altes Ich. Eine Idee, in der man sich verloren hat und nun gefangen ist. Und wieder raus muss. Dahin, wo man eigentlich immer schon war. Davon singt Juli Gilde auf ihrem neuen Lied Autofensterkurbel, das vor zwei Wochen erschien. Die junge Dame hat letztes Jahr schon eine tolle, kleine EP veröffentlicht und die nächste folgt sogleich. Im neuen Ton, mit anderen Menschen. Es ist weniger Folk und mehr Indie, was auf Euphorie Und Panik zu hören sein wird, Veröffentlichungsdatum folgt! Hier ist eine tolle, junge Stimme zu hören, die sich bestimmt, hoffentlich in der Landschaft der schönen Töne etablieren wird. Nutzt die Gelegenheit und schaut sie euch hier an:
11.03.23 Heidelberg - schöner Lügen Festival 21.04.23 Bad Doberan - Kornhaus 22.04.23 Flensburg - Volkshaus 23.04.23 Münster - Pension Schmidt 27.04.23 Köln - Die Wohngemeinschaft 28.04.23 Frankfurt - Ponyhof 29.04.23 Bremen - tba 05.05.23 Erlangen - Unter einem Dach Festival 06.05.23 Schorndorf - Manufaktur
Kapa Tult
(Ms) Das mit dem Hype habe ich bis heute nicht so ganz verstanden. Wie entsteht er? Wer ist dafür verantwortlich? Warum finden das denn alle auf einmal gut?! Ich bin doch so gut darin, Dinge sofort richtig doof zu finden. Das passiert mir oft. Und aus meiner Warte selbstredend immer zurecht. Und nun geht es wieder anders rum. Ich finde das stark, was da aufkommt! Richtig gut. Nur weiß ich nicht, woher sie kommen, wer dafür verantwortlich ist und warum ich das so geil finde. Ach, ganz ehrlich: Ist doch auch völlig egal! Solange es knallt, ist es doch gut! Die Gruppe heißt Kapa Tult (Ja!), sie sind zu viert und machen Musik mit Gitarren, die extrem gut ins Ohr geht, ins Tanzbein und auch in den Kopf! Das ist eine Mischung, die mir gefällt. Und ich bin ein Freund der übertriebenen Wiederholungen. Die sind auf Menschen (Denen Es Gut Geht) mehr als genug vorhanden. Die Band klingt ein wenig danach, als ob ihre Musik vor zwanzig Jahren rauskam. Das wäre dann heute aber irgendwie peinlich, komisch. Sie haben also alles richtig gemacht. Verrückte Texte, mal klare, mal weniger klare Aussagen, viel Drive, viel Groove und genügend Mut, den ganzen Quatsch durchzuziehen. Beim zweiten Hören dachte ich: Hier trifft Dotas Stimme auf Team Scheisse. Ich lass das einfach mal so stehen. Am 23. Juni erscheint ihr erstes Album Es Schmeckt Nicht und ich glaube es wird der heiße Scheiß des Jahres!
GoGo Penguin
(Ms) Wirkung von Musik. Ein Thema, an dem ich mich abarbeiten könnte. Es hat so viele Seiten und so viele davon sind wichtig und wahr. Musik als Kanal der höchsten Euphorie. Als Ort, um den Schmerz abzuladen. Als Blende, um den Alltag hinter sich zu lassen. Als zwingend notwendiges Mittel, um Wut und Zorn zu kanalisieren. Als therapeutisches Mittel. Als… Als Soundtrack eines Traums möglicherweise auch. Das war der erste Gedanke, als ich Glimmerings gehört habe. Dieses Lied hat mich sofort beruhigt, mich angehalten, sanft einen ruhigeren Gang eingelegt. Das Schlagzeug ist so wahnsinnig entspannt, gibt ganz ruhig das Tempo vor. Dazu gesellt sich ein warmer, zarter, friedliebender Bass. Als Melodie wechseln sich gezupfte Gitarre und Klavier ab. Beide mit den gleichen Tönen, sie gehen ineinander über, formen sich zu einer Einheit. Der Klang mäandert, umhüllt mich, sagt, dass alles schon gut wird. Genauso heißt auch das neue Album von GoGo Penguin. Everything Is Going To Be OK erscheint am 14. April und könnte der ruhige, ausgewogene Gegenpol zu alldem werden, was draußen schrill, laut und grell auf mich hineinballert. Dann spielt das Trio aus Manchester in seinen schönsten Formen und macht mir ganz zart bewusst, dass es immer wichtig ist, darauf zu achten, dass es einem selbst gut geht.
Gorillaz
(Ms) Der Typ wird bald 55. Das ist ja noch verhältnismäßig jung. Jung dafür, unzählige Hits geschrieben zu haben. Jung dafür, irre berühmt zu sein. Mit dieser verdammt markanten Stimme. Ich glaube, dass Damon Albarn als Kind in den musikalischen Zaubertrank gefallen ist und sein gesamtes Leben davon zehrt, dieses Talent ausleben zu können. Noch nie hatte er einen Fehlgriff. Alles, was er anfasst, sich ausdenkt, geht unglaublich gut auf. Ob Blur, solo oder halt mit den Gorillaz. Zwischendurch hat er meines Erachtens sogar eine Oper geschrieben. Klar, kein Problem. Woher nimmt dieser Kerl all die kreative Energie? Wie kommt er nur auf all diese genialen Hooklines?! Es ist mir ein Rätsel und auch ein bisschen egal, denn ich feiere es komplett ab. Und irre gern würde ich die Gorillaz mal live sehen. Vielleicht bietet sich ja bald mal wieder die Gelegenheit, denn ein neues Album steht in den Startlöchern! Am 24. Februar schon erscheint Cracker Island. Den gleichnamigen Song kann man schon seit letztem Jahr hören und mit Silent Running legt die Band nun nochmal nach. Es ist großer 80er-Jahre-Melancholie-Pop. Sicher wird die ganze Platte sich nicht so anhören, das zeigte ja die vorherige Single. Ein weiterer Fingerzeig, dass Albarn es nie leid wird, zu überraschen und sich mit allem mal auszuprobieren. Wird eh aufgehen. Ich freue mich schon auf diese Scheibe! Echt jetzt!
The Go! Team
(Ms) Die Routine am Alltagsmorgen ist mir heilig. Es muss wirklich immer alles exakt gleich ablaufen. Fast schon wie beim Murmeltier. Aber es ist schön, ich mag es. Frischmachen, Frühstück, fertig und los. Langweilig wird es da in der Regel nicht, da es eher ein Funktionieren als passioniertes Ausleben ist. Doch ein wenig Schwung wer nicht verehrt, oder? Ein wenig mehr Farbe reinbringen. Vielleicht auch ein wenig Leichtigkeit. Dazu gibt es nun den richtigen Soundtrack. Für Sorglosigkeit, Swing und auf jeden Fall für gute Laune. Denn The Go! Team bringen heute ein neues Album raus! Seit der letzten Platte habe ich diese Gute-Laune-Band auf dem Schirm und freue mich echt über diese neuen Klänge. Denn es ist die Garantie für buntes Umherrschwirren. Ja, okay, ich kann verstehen, wenn Menschen das zu knallig und verspielt finden. Aber das ist mir egal, ich feiere es komplett ab. Die britische Band schafft es mit frecher Leichtigkeit unterschiedliche Sounds zu vereinen. Verschiedenste Klänge aus zahlreichen Regionen der Welt haben immer wieder Einfluss auf die Band und ihre Lieder. Teils bauen sie Instrumente selbst. Irre. Ob Melodien aus Benin oder Frankreich. Alles fließt sehr harmonisch in ihren Rap-Soul-Swing-R‘n‘B hinein. Sehr gekonnt. Heute erscheint The Get Up Sequences Part II. Der Soundtrack, um den Morgen ein wenig aufzupeppen!
(Ms) Gefühlt waren sie immer schon da. Seitdem ich in diesem Indie-Rock-Pop-Kosmos unterwegs bin. Mit kleinen und großen Hits. Fast jeden Sommer sah ich sie auf irgendeinem Festival. Sie sind nimmermüde. Wie ernst es jedoch um die Donots auch mal stand, wusste ich erst, seitdem ihre Bandgeschichte nachzulesen ist. Ingo Neumayer hat vorletztes Jahr ein wirklich lesenswertes Buch über diese Band veröffentlicht. Nun erscheint ihr zwölftes Album, seit fast dreißig Jahren besteht diese Gruppe. Das sind Eckdaten, die andere neidisch machen. Ein großes leidenschaftliches Durchhaltevermögen, viel Eigeninitiative, eine innige Freundschaft und viel Mut tragen dazu bei, dass die Band heute erfolgreicher da steht, als je zuvor. Andere, die ebenso lang dabei sind, weihen nun Baumärkte ein. Heute Ist Ein Guter Tag heißt die neue Scheibe und es ist nun das dritte Album, das sie komplett auf Deutsch abliefern. Das ist wohl der geschickteste Kniff der letzten Jahre. Auf Deutsch zu texten ist sicher nicht leicht. Erst recht, wenn es vorher jahrelang auf Englisch zuging. Doch dieser Plan ging sehr gut auf. Die Fans singen nicht nur laut mit, sie verstehen sogar noch viel besser, was die Band zu sagen hat. Und auch das wird immer mehr. Ich muss mich auch outen, dass ich einige englische Texte oft nicht so gut durchdringe. Das geht mit der Muttersprache doch wesentlich leichter. So kann man doch beispielsweise viel besser gegen Nazis aufbrüllen!
15 Tracks sind auf dem neuen Album zu finden. Es ist in meinen Augen und Ohren eine Platte, die bei jedem Hörgang besser wird. 42 Minuten. Die magische Zahl. Beim ersten Durchlauf hatte ich große, große Sorgen. Sorgen, dass die Donots den Platz der Toten Hosen einnehmen. Großer, platter Stadionrock, der im Radio hoch und runter dudelt und nur noch aus Ohhhhh- und Ahhhhh-Gesängen besteht. Ja, diese Momente sind auf Heute Ist Ein Guter Tag auch enthalten, aber sie bleiben zum Glück in der Unterzahl. Das wird live gut aufgehen, aber kein neues Markenzeichen der Gruppe.
Mit einem Kinderweltuntergangslied wird man auf diesem Album begrüßt, bis es bei Auf Sie Mit Gebrüll direkt so richtig geil scheppert. Es ist ein richtig starker Song! Er ist nicht nur kompromisslos im Tempo, sondern auch in der Aussage: Wir hier stehen alle zusammen, bauen die Welt wieder auf, die momentan vor die Hunde geht und dann auf! Auf zur Rebellion, zur Rache, zum Gegenangriff, denn „jede Mauer hat ‘ne Tür, wenn wir es nur wollen“. Herrlich, genauso habe ich mir den Beginn dieser Scheibe vorgestellt. Es folgt mit Augen Sehen ein Guido-Track, sauber unter zwei Minuten über Sehnsucht, Liebeskummer. Stark, wie unterschiedlichste Themen bei dieser Band problemlos nebeneinander stehen! Zum Glück geht es auf 9 Leben nicht um Katzen, sonst müsste ich als bekennender Haustierhasser hier abhaten. Viel mehr ist dieses Lied als Metapher gedacht, dass es immer weitergeht, es immer wieder ums Aufstehen geht. Und es gibt ordentlich was oben drauf, denn Jörkk Mechenbier hat einen tollen Featurepart inne! Es ist eine Nummer, die live zu einhundertprozent aufgehen wird!
Es sind die schönen Geschichten, die Ingo Donot uns auf dieser Platte erzählt. Hunde Los ist zum Glück auch kein Tiertrack. Viel mehr knüpft es thematisch an 9 Leben an. Ein Lied dafür, den Mut zu haben, aufzubrechen, alles hinter sich zu lassen, sodass Suchtrupps unterwegs sein müssen. Im Kopf entstehen sofort Bilder wie die aus dem Stop The Clocks-Video.
Ja, die Spielzeit dieser Platte kann kein Zufall sein. Traurige Roboter ist nicht nur ein inhaltlich galaktischer Track, sondern liebäugelt stark mit dem dazugehörigen Film und seinem Plot. Falls die Band mal im Norden unterwegs ist, sollte sie in der Oldenburger Kneipe Marvin‘s vorbeischauen. Aus Gründen. Was die Band noch sympathischer macht, sind nicht nur solche Anekdoten, sondern auch Aufnahmeschnipsel, die auf Platte zu hören sind, wie beim Ende von Apokalypse Stehplatz Innenraum, wo Purgen, Guido, Ingo, Alex und Eike sich diebisch über die Aufnahme freuen und es einfach so drin lassen. Sehr gut so. Dafür ist auch Blackmails Kurt Ebelhäuser verantwortlich, der die Platte produziert hat (nebenbei erwähnt: er produzierte auch die aktuelle Pascow-Scheibe, zwei richtig heiße Dinger, die nur eine Woche nacheinander erscheinen).
Radikale Passivisten ist kurz vor Ende dann noch die Breitseite, die wir verwöhnten, scheinbar belesenen Meinungsinnhaber dringend benötigen. Alles am Essenstisch abnicken, was man halt so gut findet. Die Besetzung in Lützerath, die Anti-Nazi-Demo nebenan. Nur selbst taucht man da halt nicht auf. Die anderen machen das ja schon. Nicht so die Donots aus Ibbenbüren. Als die AfD Münster Mitte Januar Bernd Höcke einlud, organisierte sich ein großer Widerstand in der Studentenstadt. Die Donots ließen es sich nicht nehmen, abends laut gegen die Faschisten aufzuspielen. An dieser Band kann man sich mal ein Beispiel nehmen!
So ist Heute Ist Ein Guter Tag eine richtig stabile Platte. Ich muss zugeben, dass mich nicht jeder Track inhaltlich und musikalisch komplett abholt. Aber das erwarte ich komischerweise auch gar nicht bei den Donots. Die Band überzeugt mich viel mehr darüber, dass sie so nah beieinander stehen und mit so, so viel Herzblut ihre Musik spielen. Die Freude an der Musik ist nicht nur auf Platte zu hören. Ihr großer Trumpf sind seit fast dreißig Jahren ihre Auftritte. Daher sollte man sich das nicht entgehen lassen: