(ms) Jeder kann eine Geschichte zu den Donots erzählen. Bevor es zum neuen Buch und der ausufernden Show geht, ist hier meine: Siebeneinhalb Jahre habe ich in Münster gewohnt und die meiste Zeit davon studiert. Oder so getan. Für das nötige Zubrot kellnerte ich. Sehr gerne! Das Team war irre, es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Jeder noch so stressige und heftige Freitag war mit diesen Menschen eine Wonne. Eines Sommerabends, ich kümmerte mich um den Biergarten, stutzte ich. Da saßen sie: Die Donots. Nicht allein. Die Begleitung hat mich noch ein wenig mehr beeindruckt. Denn: Die Donots sieht man halt schon mal, wenn man in Münster ist. Mit am Tisch saß: Kurt Ebenhäuser. Der Mann ist eine Erscheinung, groß, breit, wallendes Haar, irre freundliche Augen. So saßen sie dort, bestellten große Biere und große Salate. Denn: Alles Vegetarier. Kurt sprach ich an, fragte ihn, was er hier mache, sein Studio sei doch in Koblenz. Allgemeines Staunen, kurz gedacht: War jetzt auch ein blödes Rumgepose. Es müsste um die Karacho-Zeit gewesen sein. In mir wuchs in kurzer Zeit die Erkenntnis, die von allen Wegbegleitern im Buch auch zu lesen ist: Was ist das für eine unglaublich sympathische, nahbare, ehrliche, gut gelaunte, fröhliche Band! Alle! Absolut. Das ist die große Wahrheit: Vielleicht sind die Donots einfach die freundlichste Band, die es gibt. Es ist an ihrer Ausstrahlung zu erkennen, aber auch an ihren Mundwinkeln und glänzenden Augen: Immer froh, immer locker, für wirklich jeden Plausch zu haben. Das sind sie.
Fünf Jungs aus Ibbenbüren. Und auch die Behauptung aus dem Buch kann ich bestätigen: Ibbenbüren, nördlich von Münster, westlich von Osnabrück, ist eine irre langweilige Stadt. Eine durchschnittliche Kleinstadt, die nichts zu bieten hat. Kein Wunder, dass die Pendlerzüge stets gut besucht sind. Wohnen tut es sich in den nahen Großstädten wesentlich besser. Aber so sieht es nun mal aus. Dort kommen Purgen, Alex, Ingo, Guido und Eike her.
Dort begann das, was nun in Heute Pläne, Morgen Konfetti kulminiert ist. Eine Bandbiographie. Über nicht all zu viele Gruppen dieser Kategorie gibt es derart lesenswerte Bücher! Das hat Gründe. Grund Nummer 1: 27 Jahre sind eine verdammt lange Zeit! So lange in unveränderter Besetzung beisammen zu sein, ist ungewöhnlich. Grund Nummer 2: Klar, die Geschichten ergeben sich von allein. Grund Nummer 3: Siehe oben, die Band ist nahbar, erzählt halt auch wahnsinnig gern drauf los. Auf stets unterhaltsame Art. Grund Nummer 4: Ihre Geschichte ist wirklich einzigartig. Sie werden immer erfolgreicher, statt in der Versenkung zu verschwinden und Baumärkte einzuweihen. Grund Nummer 5: Der Autor, Ingo Neumayer, war immer im Dunstkreis der Band zu finden. Grund Nummer 6: Zahlreiche Bilder aus allerlei Momenten der Bandhistorie!
Das Buch, das vor wenigen Wochen erschien, schrieb sich also von allein.
Bei aller Empfehlung muss auch gesagt sein, dass dieses Buch selbstverständlich eine subjektive, sehr anbetungsvolle Art hat über die Band zu schreiben. Entweder gab es kaum Knartsch in der Band und die logischen Zweifel, die in so einer langen Zeit des Bestehens auftauchen, sind das krasseste an Negativem, was es zu erzählen gab, oder es wurde einfach nicht erzählt. Denn ganz frei von objektiver Berichterstattung kann sich Ingo Neumayer auch nicht machen. Will er vielleicht auch gar nicht. Er ist nicht nur Autor, sondern auch Freund der Fünf. Und so ehrlich muss man sein: Das Buch ist schwer und hat ein großartiges Format mit allerhand Bildmaterial, das in jedem Fall. Doch niemand sollte erwarten hier einen literarischen Höhenflug zu lesen. Musikjournalismus im Pop/Rock hat immer etwas Flapsiges, Unterhaltsames, das selten sprachlich in die Tiefe geht. Hier auch nicht. Aber: Schwamm drüber, erwartet ja auch niemand.
Es wäre nun also auch billig, wenn ich hier das Buch wiedergeben würde. Dafür sollte man es sich anschaffen und gemütlich durchschmökern. Was das Buch dennoch auszeichnet: Intensiv habe ich mich nie mit den Donots beschäftigt. Sie waren immer irgendwie da. Nach der Lese weiß ich Bescheid. Nicht nur über die Band. Sondern, und da liegt meines Erachtens der Trumpf des Buches, über die Mechanismen der Branche. Was für ein hartes Brett da oft zu bohren ist, ist kaum zu glauben, wenn wir als Hörende, Sehende dann nur das Video oder die Platte bestaunen. Die ganzen Querelen mit Labels und Produzenten: Das ist höchst lesenswert! Welche Art von Musik wollen die Donots machen? Wie kriegen sie das hin? Was tun, wenn die Bandkasse (mal wieder) leer ist? Was tun, wenn sie kurz davor sind, die Band aufzulösen? Was tun, wenn man nicht mehr weiter weiß? Und was hat das alles mit Stop The Clocks zu tun? Und wie unfassbar massiv (im aller positivsten Sinne) war die Entscheidung seit einigen Jahren auf Deutsch zu singen?! Ja, vorher liefen die Donots für mich auch als spaßige Punkrockband. Punkt. Ihre politische Einstellung wurde auch für mich erst mit den deutschsprachigen Texten sehr viel deutlicher. Was für ein brillanter Schachzug! Klingt nach Kalkül, ist aber pures Herz!
Wer das und allerhand Anekdoten aus Japan, den USA, Polen, dem Münsteraner Südviertel, Gekritzel, Getrommel und beharrlicher Disziplin lesen will, dem sei das Buch sehr ans Herz gelegt!
Klar, die Feier dazu darf nicht fehlen! Und sie war ausufernd. Vergangenen Samstag, am 8. Mai, fand sie im Internet statt. Kein reines Konzert, eher ein Abend mit Freunden und Musik und einer herrlich bescheuerten und total sympathischen Aktion. In Berlin führte Nilz Bokelberg durch den Abend der und mit den Donots. Freunde und Wegbegleiter kamen hinzu. In Geschichten und fröhlicher Nostalgie wurde sich gewälzt. Und das keineswegs vor dem kalten Bildschirm. 444 Accounts durften sich zuschalten, interagieren, ihr Applaus war zu hören, ihr Gepoge zu sehen. Ja, das war ein wirklich sehr gut funktionierender Kompromiss in bühnenfreien Tagen. Selbstredend spielten die Donots auch ihre Songs. Doch immer nur ein paar am Stück, bis sie sich wieder an den Thresen zu Nilz setzten. Leider kam es an dem Abend auch zu einer bitteren Wahrheit: So unterhaltsam und locker Ingo Neumayer auch geschrieben hat, so ein mieser Vorleser ist er auch. Puh!
Zu allerspätester Stunde kam es dann wohl zum bescheuertsten Höhepunkt des Abend. Zugeschaltete durften sich von Guido tätowieren lassen. Eine junge Dame hat das Angebot angenommen, ließ sich mit dem Taxi herkarren und bekam dann vom Gitarristen, der auch schon Bier genossen hat, den sagenumwobenen Kausalvogel auf den Hintern gemalt. Phantastisch! Was für eine herrlich sympathische Schnapsidee! Ich finde es super! Die Geschichte ist bezeichnend! Sie ist irre, sie hat DIY-Charakter, es sprach nichts dagegen und ausnahmsweise war es Konfetti statt Pläne.
27 Jahre Donots.
Es geht weiter!
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