Mittwoch, 3. Dezember 2025

Tom Smith - There‘s Nothing In The Dark That Isn‘t There In The Light

Foto: Edith Smith
(Ms) Am 18. Juni 2007 erschien die Single Smokers Outside The Hospital Door von den Editors. Bis heute hat der Track, sicher nicht nur für mich, wenig an Energie verloren. Die Gitarren, die Energie, der Text. Und natürlich die Stimme! Die Stimme von Tom Smith prägt seit gut zwanzig Jahren den Sound dieser britischen Band. Bei all dem Wandel in ihrem Sound blieb sie und glänzt immer wieder, bei den elektronischen und bei den analogen Tracks.
Das oben genannte Stück war das erste, das ich von dieser Band hörte, ich sah sie öfter live und habe viel gestaunt. So ein Bandleben macht natürlich auch etwas mit ihren Mitgliedern. Zusammen mit Andy Burrows hat Sänger Tom Smith bereits zwei Alben abseits der großen Band herausgebracht. Nun folgt diesen Freitag die erste Platte, die nur seinen Namen trägt, an dessen Klang er weitgehend alleine gewerkelt hat. There Is Nothing In The Dark That Isn‘t There In The Light heißt das Werk, das 10 Tracks und gut 40 Minuten Spieldauer aufweist. Der Titel hat eine dezente Ying-und-Yang-Atmosphäre, oder?

Wie dem auch sei… Es geht ruhig zu auf diesen Liedern. Viel Akustikgitarre, ein bisschen Bass, hier und da mal Streicher und Bläser, wenig Schlagzeug, viel Stimme. Dadurch entsteht auch viel Nähe. Und Ruhe. Etwas, was in diesen Tagen, die vor Trubeligkeit nur so platzen, stark vonnöten ist.
Nah am Herzen ist diese Musik gebaut. Musikalisch als auch inhaltlich. Es geht um Verbundenheit, Trennung, die großen Fragen des Lebens, Liebe, genutzte und verpasste Chancen. How Many Times ist zum Beispiel ein toller Track, der zeigt, wie wichtig es ist, dass wir uns gegenseitig Halt geben. Dass wir in guter Art und Weise voneinander abhängig sind. Dazu ist dieses Lied wunderbar arrangiert, es kommt immer eine Ebene hinzu und am Ende strahlt es hell und leuchtend! Eine großartige Hymne aufs Leben ist Life Is For Living. Egal, wie es läuft, es gilt unsere limitierte Zeit auf dieser Erde zu füllen. Mit Gutem, für all die Menschen, die für uns da sind inklusive Gänsehautgarantie, wenn die Streicher erklingen, ein Chor singt und Tom Smiths Bariton sein volles Volumen darbietet - wow! Lights Of New York City ist ein schmerzhafter Blick zurück in eine Zeit, die nicht mehr aufgewickelt werden kann. Sehnsucht, Melancholie, Nostalgie, abgeschlossene Vergangenheit - garniert mit tollem Trompetensound! Saturday, das letzte Stück, ist eine tolle filmische Szene. Eine Bühne, Rampenlicht, Applaus. Doch das einzige, was das lyrische Ich will, ist mit seinem nahen Gegenüber, seiner Liebe (?), zu reden, bis man endlich zu Hause ist. Mit dem Versprechen, dass das Ich zuhört. Hach… wie schön!

Die Stärke dieses Albums ergab sich in meinen Ohren nicht direkt beim ersten Hören. Dafür fehlt mir etwas Energie im Sound. Das Reduzierte ist schön, packt mich aber nicht. Doch die Tiefe der Texte packt mich, sie sind im besten Sinne einfach gehalten, sodass sie ganz unmissverständlich sein können. Tom Smith legt hier abseits des großen, wummernden Sounds der Editors eine tolle Platte hin, die Verletzlichkeit und Menschlichkeit in den Mittelpunkt rückt und dadurch glänzt - Hut ab!

11.03.2026 Köln - Kulturkirche (ausverkauft)
13.03.2026 Schorndorf - Manufaktur
19.03.2026 AT-Wien - Simm City
25.03.2026 Berlin - Passionkirche (ausverkauft)
26.03.2026 Hamburg – Christiankirche (ausverkauft)


Montag, 1. Dezember 2025

Stainer & Madlaina - Nah Dran

Foto: June Fischer
(Ms) Hinhören. Zuhören. Zwei Fähigkeiten, die vielen Menschen in unserer Zeit zunehmend abhanden kommen. Letztens las ich Momo von Michael Ende. Das Buch ist aus den 70ern. Es könnte auch eine phantastische Fabel auf unsere Zeit sein. Wer setzt sich denn schon hin und hört den anderen zu? Insbesondere denen, mit denen man nicht übereinstimmt. In der Regel wird verbal draufgehauen und die eigenen Hörkanäle werden blockiert. So kommen wir nicht weiter. Zuhören also. Gesellschaftlich wichtig.

In der Kunst genauso. Denn je aufmerksamer wir der Kunst lauschen, desto größer werden die Welten, die sich in ihr verbergen. Und wir können eintauchen und anfangen zu staunen. Ist das nicht eines der schönsten Dinge auf der Welt?! Ja, oder? Gut, dass es Steiner & Madlaina gibt. Ihr neues Album Nah Dran gehört mit zum Schönsten, was dieses Jahr an neuer Musik erschienen ist. Anfang November kam diese Platte ans Tageslicht. Sie ist textlich groß und musikalisch breit und ein großer Beweis von wahrem Künstlerinnentum!

Es geht sehr puristisch los. Da Bist Du heißt das erste Stück, nur Stimme und Klavier. Und die Stimme singt einen Text, der direkt den Atem stocken lässt. Ein Lied über die Liebe, ein Lied über das, was Menschen zusammen hält. Ein Lied übers Ich-bin-für-dich-da. Auf der einen Seite zart und zerbrechlich, auf der anderen Seite voller Stärke und Halt. Wow, der erste Treffer sitzt! Zuhören lohnt sich auch bei Hend Mir Nur Wele Glücklich Si? Ich finde es so toll, dass die beiden immer wieder auf Schweizerdeutsch singen. Als in NRW Geborener und nun im Norden zu Hause-Seiender verstehe ich so gut wie kein Wort. Aber es lässt sich dieses und jenes erahnen, mitlesen ist ganz hilfreich. Was mich hier aber stark begeistert, ist der wundervoll arrangierte Refrain. Das Stück ist eher leise und melancholisch gehalten. Der Refrain lebt von Energie und Dringlichkeit. Wow, wie toll ist das denn bitte gemacht?! Gänsehautgarantie dank Kontrabass und Bläsern! Ich Hab Alles Und Die Liebe Satt ist ein herrlich-schmerzvoller Track über das Gefühlschaos am Ende einer Liebe. Das lyrische Ich läuft durch die nächtliche Stadt und mäandert zwischen Sehnsucht und Endgültigkeit. Wer kennt es nicht?!
Vor Stell Sie Mir Vor gilt es den Hut zu ziehen. Dieser Text ist großartig. Ein wenig nebulös und voller interpretatorischer Tiefe. Ich glaube, es geht auch um die Liebe und all den Seiten, die da mitschwingen. Stolz, Kummer, Zweifel. Außerdem ist auch dieses Stück einfach meisterlich arrangiert. Mit Kinderchor, Streichern, großen Gefühlen und sehr viel musikalischem Sachverstand. Man kann sich nur vor Nora Steiner und Madlaina Pollina verneigen - was für Künstlerinnen! Apropos Arrangement! Fairplay ist auch so ein Hammer - ein Stück aufgebaut wie ein großes Crescendo. Was holen die beiden nur raus aus dem musikalischen Werkzeugkoffer?! Uh La La Träum Von Dir ist nicht nur ein toller Beweis, dass die beiden auch die Gitarren knallen lassen können, sondern auch ein ganz seltenes Fundstück, dass es durchaus sehr gut möglich ist, mit der deutschen Sprache Intimität zu zeigen. Und wie! 

Logisch, Nah Dran ist ein Album, bei dem es viel um die Liebe geht. Aber nicht verträumt und naiv. Es ist kaum zu glauben, wie klug die beiden Musikerinnen hier texten. Vor diesem musikalischen Werk gilt es, sich auf die Knie zu senken und dankbar zu sein, dass es solche Lieder gibt. So stark arrangiert. Textlich so tief und groß aufgestellt. Diese Platte gehört sicher zu den Schönsten und Schlausten, was seit langem veröffentlicht wurde! Zuhören… es lohnt sich!