Freitag, 30. August 2019

KW 35, 2019: Die luserlounge selektiert

Bild: signsandpainting.co.uk
(sb/ms) Diese kurze Einleitung nutzen wir für Schwachsinn, Politik, Bewegung im Musikgeschäft und als netten Lückenfüller. Sehender Blindtext quasi. Es ist ab und an wie ein guter Smalltalk. Und genau darüber haben die Menschen bei ZEIT online einen kurzen Text geschrieben. Darin sind 20 Fragen zu finden, wie man den sonst als dröge beschriebenen Smalltalk aufpeppen kann. Die Grundannahme dabei ist, dass Smalltalk oft schlecht gemacht ist. Es gibt aber auch super Smalltalk, unverbindlich und kurzweilig, vielleicht ein guter Flirt. Schauen wir uns ein paar dieser rhetorischen Kniffe an. Beispiel 1: "Welche App hat Ihr Leben wirklich besser gemacht?" Puh, ich bin so oldschool, dass die Frage halt unglaublich dämlich und wannabe-cool ist. Den Gesprächspartner fände ich dubios, der mir diese Frage stellt. Beispiel 2: "Was ist Ihr geheimes Talent?" Kruzifix, geht dich gar nichts an, deshalb ist es ja geheim, du Depp. Beispiel 3: "Wie bekommen Sie Kleidermotten in den Griff?" Hallo, sind wir beim Ü65-Yoga? Daher folgende These - und man sieht es auch an der Höflichkeitsform der Fragen: Dieser Kurzartikel ist pure Ironie. Was anderes darf er nicht sein. Bitte, liebe ZEIT, bitte lasst es Ironie sein!
Nun gut. Wir hingegen sind die luserlounge. Wir mögen Musik. Es ist Freitag. Wir haben selektiert!

Xul Zolar
(ms) Bereits letzte Woche kam eine neue EP der Kölner Xul Zolar auf digitalem Wegen raus. Doch auch um sich ein Urteil über nur drei Tracks machen zu können, nehmen wir uns Zeit: Denn diese vierteldutzend Lieder machen (wieder) sehr neugierig. Mein erster Berührungspunkt mit dem Quartett war ein Gig im Vorprogramm zu Rangleklods. Die Jungs brachten eine wahnsinnige Dynamik auf die Bühne. Ihre Tides EP ist immer noch große Klasse. Während ihr LP-Debut bei mir persönlich nicht so sehr gezündet hat, spielt Nightfalls wieder genau mit der Vielschichtigkeit, die die Band so im Blut hat. Auf allen drei Tracks ist wieder mehr Bandgefüge und weniger elektronisch-sphärische Spielerei zu hören. Ich will nicht böse sein, aber auch die unterschwellige Lethargie, die sich irgendwie durch Fear Talk zog, ist bei den drei neuen Liedern weg. Auf Perfume harmonieren zielgerichtetes Schlagzeugspiel mit ganz klarer Gitarre und dem nötigen Synthie-Sound. Und ist das ein leichter 80er-Klang auf dem Song Nightfalls? Der Text könnte auch in ein Horrorschauspiel passen. Your Ways ist dann wieder herrlich catchy, geht leicht ins Ohr und bleibt unter Umständen auch da. Eine super EP haben die vier Domstädter da abgeliefert, deren Tracks man bald hier live belauschen kann:

25.09.2019 – Köln, Bumann & Sohn
26.09.2019 – Darmstadt, Schlosskeller
27.09.2019 – Nürnberg, Club Stereo
28.09.2019 – München, Heppel & Ettlich
29.09.2019 – St. Gallen, Grabenhalle
02.10.2019 – Berlin, Berghain Kantine
03.10.2019 – Dresden, Groovestation
04.10.2019 – Leipzig, Moritzbastei
05.10.2019 – Hamburg, Nachtasyl
10.10.2019 – Göttingen, Nörgelbuff
11.10.2019 – Frankfurt, Lotte Lindenberg


Ilgen-Nur
(sb) Mein erster Gedanke: Wie kommt man denn auf so einen Namen? Ilgen-Nur? Des Rätsels Lösung ist ganz einfach: Die junge Frau aus der Nähe von Stuttgart, die mittlerweile in Hamburg lebt, heißt tatsächlich so. So, da das nun geklärt ist, wenden wir uns endlich der Musik zu, denn darum solls ja hier in erster Linie gehen.
Power Nap (VÖ: heute!) heißt das Debütalbum der Künstlerin, die erst vor zwei Jahren erstmals auf der Bühne stand, dann aber einen Raketenstart hinlegte, mit ihrer EP No Emotions Publikum und Fachpresse gleichwohl begeisterte und inzwischen nicht nur namhafte Festivals beehrte, sondern auch als Support von Annenmaykantereit und Tocotronic glänzte. Läuft.
Auch wenn der PR-Text von Parallelen zu Pavement und Built To Spill spricht, fühle ich mich doch eher an The Donnas und Melissa Auf Der Maur erinnert - und das ist sehr positiv zu interpretieren. Es gefällt mir sehr gut, was Frau Borali in ihre zehn Songs reinpackt: das ist ebenso stimmig wie stimmungsvoll und verdient sich die Bezeichnung "Slacker-Rock-Attitüde" redlich. Das ist lässig, scheißt gepflegt auf Konventionen und klingt genau so, als würde es das Leben und die Einstellung der Künstlerin reflektieren. Noch Geheimtipp, bald auf großen Bühnen. Ganz sicher.

08.09. Berlin, Lollapalooza
27.09. Worms, Pop Up Festival
28.09. Wolfsburg, Sauna Klub
12.10. Nürnberg, Pop Festival
15.10. München, Import Export
29.10. Essen, Weststadthalle
30.10. Dresden, Groovestation
04.11. Erfurt, Engelsburg
05.11. Wiesbaden, Schlachthof
06.11. Köln, Bumann & Sohn
07.11. Bielefeld, Movie
08.11. Braunschweig, Eule
09.11. Paderborn, Wohlsein
14.11. Heidelberg, Karlstorbahnhof
15.11. Augsburg, Soho Stage
16.11. Schorndorf, Club Manufaktur
23.11. Münster, Gleis 22
27.11. Bremen, Lagerhaus
30.11. Hamburg, Molotow
06.12. Chemnitz, Atomino
07.12. Berlin, Berghain Kantine


Lingua Nada
(ms) So wird man auch auf neue Bands aufmerksam. Die Mail hatte einfach den perfekten Betreff: Die ideale Band für die/den fortgeschrittene/n Hörer/in. Wir sagen ab und an über uns: Guter Geschmack garantiert. Das beweist sich nun (und dann kommen wir von unserem hohen Ross auch wieder runter, versprochen).
Das Trio Lingua Nada aus Leipzig präsentiert sich auf ihrem neuen Album Djinn (VÖ: 27. September über Kapitän Platte) als Band, die sich dagegen wehrt ein bestimmtes Genre zu bedienen. Verglichen werden sie unter anderem mit Portugal. The Man. Den Vergleich sehe ich nur so halb, allerhöchstens mit den alten Platten à la Church Mouth. Vom experimentellen Charakter - nicht von der Musik - sind daher auch mit The Hirsch Effekt vergleichbar. Die Stilrichtungen wechseln innerhalb der Songs. So auch bei Dweeb Weed, das die Band in Marokko zeigt. Ihre Musik wird mit "Surf-Core" beschrieben, was immer das auch sein mag, es hört sich  großartig und vielleicht so an:



DZ Deathrays
(sb) Kennt einer von Euch noch das legendäre Atomic Cafe in München? Mittwochs und freitags legten da Marc Liebscher und Henning Furbach auf, der Britwoch und der Smart Club waren Institutionen und ich im Zeitraum rund um die Jahrtausendwende sehr lange Stammgast. Und jetzt, rund 20 Jahre später, sitze ich im Auto auf dem Weg zur Arbeit, höre das neue Album der DZ Deathrays und mein erster Gedanke ist: "Das wäre damals sicher im Atomic gelaufen!"
Die Australier legen Indie-Hymnen am Laufband vor - kein Wunder also, dass Positive Rising: Part 1 (VÖ: heute) hier gut abschneidet! Von der ursprünglichen Hard Rock-Attitüde der Band ist indes recht wenig übrig geblieben, was altgedienten Fans etwas sauer aufstoßen mag; ich hingegen feiere das Album gerade ziemlich und fühl mich gleich nochmal zwanzig Jahre jünger. Ordentliche Riffs, uneingeschränkte Partytauglichkeit, Retro-Feeling - kauft das und hört es Euch an.


Deichkind
(ms) Ob Deichkind nun ein neues Album raus bringen oder nicht, ist mir im Grunde genommen ziemlich egal. Vielleicht bin ich zu alt geworden für ihre Musik. Es gibt die unerfindlichsten Gründe. Warum wir der Band hier dennoch Platz einräumen: Sie haben ein weiteres großartiges Video abgeliefert. Und es wäre nie (NIE!) so genial gewesen, wenn Lars Eidinger nicht nochmal mitgemacht hätte. Die Idee zu Keine Party ist einfach super. Eidinger springt wie nicht gescheit durch Berlin mit Retro-Kopfhörern auf und das die gesamte Spieldauer des Liedes. Einfach und genial. Was muss der junge Mann geschwitzt haben. Und sicher war der Muskelkater nach Drehschluss auch nicht von schlechten Eltern. Ahja: Der Song ist doch auch ganz okay geworden und der Bass ballert gut. Voilà:



Sudan Archives
(ms) "Erstaunlich poppig", dachte ich, als ich den Track Confessions zum ersten Mal gehört habe. Und auch der zweite und dritte Durchlauf bestätigten meine erste Assoziation. Wenn man sich entsprechende Berichte und Vorschusslorbeeren über Sudan Archives durchliest, könnte man schnell auf den Gedanken kommen, dass es hier brutal avantgardistisch zugeht. Wenn von nordafrikanischen Geigentönen, experimenteller elektronischer Musik und R'n'B die Rede ist, könnte es halt schnell kopf- und feuilletonlastig werden. Doch die Multiinstrumentalistin Sudan Archives bringt dies so locker und selbstverständlich zusammen, dass es leichtfüßig, beschwingt und unverkrampft klingt. Enorm! Daher macht nicht nur dieser Track enorm Bock auf das anstehende erste Album. Ein Datum und ein Namen für die Platte gibt es noch nicht - reichen wir nach - aber Tourdates. Voilà:

12.11. - Berlin, Säalchen
13.11. - Köln, CBE
14.11. - München, Rote Sonne



Eamon McGrath
(sb) Ach Folk-Pop, Du Luder, immer wieder kriegst Du mich mit einzelnen Künstlern, obwohl ich Dich eigentlich gar nicht so gerne mag. Bei Mumford & Sons (oder wie wir sie redaktionsintern nennen: Manfred & Hans) stellen sich mir beispielsweise die Nackenhaare gewaltig auf. Mitunter ganz schlimm, dieses Rumgeheule.
Umso schöner, dass man von anderer Seite dann quasi aus dem Stand so positiv überrascht wird: Eamon McGrath veröffentlicht am 06.09. sein Album GUTS und das hat mich - solange es nicht zu sehr ins Country-eske abdriftet - vom ersten Hören an überzeugt. Schöne Songstrukturen, ansprechende Lyrics, eine angenehme Stimme und eine wenig aufdringliche Instrumentierung erinnern an Okkervil River oder auch The Decemberists und sind zu keiner Zeit langweilig, was bei dem Genre ja durchaus mal passieren kann.
Nachdem ist das Album nun gehört habe, freue ich mich umso mehr, den Kanadier demnächst zusammen mit No King. No Crown. live in Rorschach zu sehen. Hier die Tourdaten:

09.10. Berlin (DE), Cassiopeia
10.10. Bremen (DE), Kapri Bar
11.10. Bremerhaven (DE), Kapovaz
12.10. Brüssel (BE), Rock Classic
15.10. Oberhausen (DE), Druckluft
16.10. Dortmund (DE), Rekorder
17.10. Vaduz (FL), Zwei Bar
18.10. Bad Ragaz (CH), Beatz
19.10. Rorschach (CH), Treppenhaus
20.10. Schaan (FL), Black Pearl


Adam Green
(ms) Es gibt Musiker, Bands, Künstler, die immer irgendwie da waren, aber nie zu greifen waren. So geht mir das mit Adam Green. Der Name ist mir natürlich geläufig, aber ich kann nichts damit anfangen, kein Lied zuordnen, nicht mal einen Stil. Das ändert sich jetzt, denn der New Yorker veröffentlicht kommenden Freitag (6. September) sein zehntes (!) Studioalbum, das auf den Titel Engine Of Paradise hört. Klar, er hat auch Filme gemacht und Bücher geschrieben. Parallel zu den neuen Klängen wirft er auch seine Graphic Novel War And Paradise auf den Markt. Man sieht den roten Faden. Doch die Musik bleibt sein Kerngeschäft. Und die Platte ist erstaunlich kurz: Die neun Songs haben eine Spieldauer von nur gut 22 Minuten. Alle Tracks gehen super leicht ins Ohr, klassischer Folkpop, den er mit lockeren Texten auffüllt. Charakteristisch dabei: Die sanften Streicher und das irgendwie damit einhergehende Retrokorsett. Es ist die ideale Musik für zwischendurch, für nebenbei und für ganz bewusst. Super vielseitig und im besten Sinne eingängig. Wir alten Indie-Hasen legen Euch das ans Herz! Adam Green ist demnächst für zwei Shows in Deutschland zu sehen:

28.10. - Hamburg, Stage Club
29.10. - Berlin, Bi Nuu


Samstag, 24. August 2019

Live in Hamburg: Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen

Rock'n'Roll im Goldenen Salon. Foto: luserlounge
(ms) Der Gang von den Landungsbrücken bis zum Fischmarkt an einem warmen Abend mit einem kühlen Getränk in der Hand ist ein Erlebnis für sich. Das Ziel war gestern der Goldene Salon im Hafenklang, wo Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen die Veröffentlichung ihres brandneuen Albums Fuck Dance, Let's Art präsentierte.
Doch kein Besuch in Hamburg ohne mindestens eine Ikone der Stadt zu sehen. So spazierte am gleichen Abend in der gleichen Gegend auch Heinz Strunk umher, der gestern auch eine neue Platte ans Tageslicht beförderte. Hamburg stand also ganz im Zeichen der Musik. Nur Banausen würden behaupten, dass ein großes Radrennen der heiße Scheiß am Wochenende sei.
Der Goldene Salon ist das etwas kleinere, aber wesentlich schönere Venue im Hafenklang, denn wann kann man schon im ersten Stock während eines Konzerts auf den Hafen schauen? Richtig!
Unter wirklich vielen Konzerten, die ich besucht habe, war ich - meiner Erinnerung nach - noch nie auf einem Release-Gig. Premiere also. Wer kommt zu so einem besonderen Abend? Es sind ein paar versprengte Musikliebhaber (ich zähle mich mal dazu) und zu einem großen Teil Freunde der Band und die, die die Platte ermöglicht haben und mehr oder weniger zufällig in der Stadt waren. So vermute ich zumindest.
So schwebten die Gentlemen in gemütlichem Smalltalk vor dem Auftritt durchs Publikum und versuchten zweifelhaft das Album-Plakat am rechten Bühnenrand zu befestigen: Keine Chance!

Mittlerweile sind ja Jubiläums-Tourneen für einzelne Alben sehr modern. Band X geht mit Album Y auf Tour und spielt es komplett in der originalen Reihenfolge. So ähnlich habe ich mir das hier auch vorgestellt. Umso besser, dass es nicht so war. Die Gentlemen haben auch nicht direkt mit dem ersten Hit der neuen Platte begonnen, sondern die auf Spannung getrimmten Gemüter mit einem Klassiker beruhigt. Doch dann ging das FDLA-Feuerwerk los. Meiner Erinnerung wurden nur zwei Tracks nicht gespielt - Escape From Martinique und Links, Rechts, Geradeaus -, verbessert mich, wenn ich falsch liegen sollte. Die neuen Singles wurden auch vom Publikum abgefeiert: Mitsingen bei Ein Leben In Rot Mit Purpurnen Blitzen und heißer Tanz bei Frustration. Doch das Durchschnittsalter der Gäste zeigte auch, dass sie die Liga (Markant: frenetische Liga, Liga, Liga-Rufe zwischendurch) und sicher auch Superpunk länger verfolgen. Daher gab es großen Jubel, als beispielsweise Kennst Du Werner Enke oder Arbeit Ist Ein Sechsbuchstabenwort durch die Boxen schallte.
Doch kein Abend der Gentlemen, ohne astreine Unterhaltung von der Bühne. Carsten, Gunther, Tim, Fabio und Heiko glänzten durch pfiffige Ansagen und eine Menge spürbarer Harmonie untereinander. Wichtige Notiz an dieser Stelle: Wie kann man nur so abgefuckt lässig den Bass bedienen und Ba-Ba-Ba-Sänge mitträllern wie Tim Jürgens? Extrem stilvoll!

Kurzweilig, leidenschaftlich, gentlemenlike. Ein Abend in Hamburg. Große Klasse!
Heute spielt die Gruppe in Berlin, auch ausverkauft wie gestern.
Ab Oktober dann hier auf Tour. Liebe Menschen, geht da bitte hin!

02.10. - Mainz, Schon Schön
03.10. - München, Milla Club
04.10. - Ulm, Hudson Bar
05.10. - Stuttgart, Goldmarks
10.10. - Dortmund, Subrosa
11.10. - Hannover, Lux
12.10. - Wolfsburg, Sauna Club
30.10. - Potsdam, Waschhaus
31.10. - Leipzig, Naumanns im Felsenkeller
01.11. - Köln, Gebäude 9
02.11. - Osnabrück, Kleine Freiheit
27.12. - Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus
28.12. - Hamburg, Knust
29.12. - Berlin, Lido

Freitag, 23. August 2019

KW 34, 2019: Die luserlounge selektiert!

Bild: getbusylivingblog.com
(ms/sb) Wir möchten gern diese Einleitung nutzen, um auf eine sehenswerte Doku hinzuweisen, von der ihr möglicherweise vor längerer Zeit gehört habt. Es handelt sich dabei um den Film Hamburger Gitter, der seit dieser Woche in voller Länge bei YouTube zu sehen ist. Dabei geht es um die Aufarbeitung der Polizeiarbeit zum G20 Gipfel vor zwei Jahren. Das schöne an diesem Film ist, dass er so gut wie ausschließlich mit Zitaten arbeitet, den Hörer also nicht massiv lenkt. Natürlich tut er das mit der Auswahl, der Sprechenden. Aber es kommen viele Seiten darin vor; von der aktiven gewaltbereiten Szene bis zum Sprecher der Polizei. Gerade Letzterer steht nicht gut da, wenn Juristen, Soziologen, Journalisten und Anwesende von Szenen sprechen, die der offiziellen Darstellung der Polizei massiv widerspricht. Viel mehr möchten/müssen wir gar nicht schreiben, der Film spricht für sich und damit haben wir auch unseren Bildungsauftrag erfüllt.

Jetzt wird selektiert.

Montreal
Ja, verdammt, wir sind eine Woche zu spät dran mit dieser Rezension, aber wenn's um den Familienurlaub geht, müssen sich sogar Montreal hinten anstellen. Anders ausgedrückt: Hier und heute nicht wäre letzten Freitag die passende Schlagzeile in der Selektion gewesen, denn da erschien das neue Album des Punkrock-Trios.

Fast wäre es gar nicht dazu gekommen, denn bei einem Ausflug nach Amsterdam saß die Band Ende 2018 in einem Straßencafé, als ein Terracotta-Blumenkübel die Markise durchschlug und nur wenige Zentimeter neben Bassist Hirsch einfederte. Schwein gehabt!

Und wie klingt das siebte Studio-Album von Montreal nun? Nun ja, wer gerne die von Farin Urlaub geschriebenen Ärzte-Songs hört (und mir persönlich sind die deutlich lieber als die von Bela und Rod), der kommt vollends auf seine Kosten, zumal Montreal wunderbar über sich selbst lachen können und an Witzen auf ihre eigenen Kosten nicht sparen. Das Album verbreitet gute Laune und verkürzt jede Autofahrt - bin positiv überrascht und werde mir das in Zukunft sicher öfter mal anhören.

Live demnächst hier:

25.10. Wiesbaden, Schlachthof (ausverkauft)
26.10. Stuttgart, ClubCann
08.11. Hannover, Capitol
09.11. Bremen, Schlachthof
22.11. Leipzig, Conne Island
23.11. Nürnberg, Z-Bau
20.12. Berlin, Festsaal Kreuzberg
21.12. Hamburg, Markthalle
22.12. Hamburg, Markthalle
27.12. Papenburg, Alter Güterbahnhof
29.12. Magdeburg, Factory
10.01. Osnabrück, Lagerhalle
11.01. Düsseldorf, Zakk


Andy Clark
"Vater zu sein, hat mich dazu veranlasst mich mit mir selbst zu beschäftigen und die Umwelt zu hinterfragen, an die ich mich so gewöhnt hatte. Zudem hat es meine Aufmerksamkeit umso mehr aufs Hier und Jetzt gelenkt. Ich werde täglich daran erinnert, dass sowohl mein Wissen als auch mein Verständnis lediglich die Summe meiner Erfahrungen und als solche völlig willkürlich und oft ziemlich ablenkend sind."

Da ich (sb) selber Vater bin, verstehe ich nur zu gut, wie sich das Leben und die Denkweise von Andy Clark seit der Geburt seiner Kinder verändert hat. Man betrachtet Vieles ganz anders als zuvor, setzt plötzlich völlig abweichende Prioritäten zum Gewohnten. Der Brite hat ein Album darüber geschrieben, wie er das Leben mit Kindern nicht nur meistert, sondern auch genießt und daran wächst. Dass die Liebe zum Nachwuchs dabei zum einen oder anderen textlichen Schmalztopf führt, verzeihe ich ihm gerne, da ich mich doch des Öfteren ertappt und verstanden fühle. I Love Joyce Morris (VÖ: 30.08.) ist ein sehr harmonisches Singer-/Songwriter-Album mit erkennbarem Folk-Einschlag und ebenso gefühlvollen wie witzigen Lyrics.

Wer sich live von den Qualitäten des Multiinstrumentalisten, der u.a. auch schon bei Animal Collective aktiv war, überzeugen möchte, der hat hier die Möglichkeit dazu:

09.10. Stolberg, Anderswelttheater
10.10. Magdeburg, Blue Note
11.10. Ratingen, Bürgerhaus
12.10. Kassel, Moonwalk
16.10. Quedlinburg, KuZ Reiche
17.10. Homburg, Mandys Lounge
18.10. Bad Bentheim, Altes Museum
19.10. Düsseldorf, Beethoven
23.10. Eckernförde, Spieker
25.10. Bielefeld, Pappelkrug
26.10 Lübeck, Tonfink


Palila
Are We Happy Now? Diese Frage können wir Euch leider nicht beantworten, aber was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass Evacuate, der erste Teaser für die am 20.09. erscheinende EP von Palila ein sehr ansprechender Track ist, der fernab jeglicher Aufgeregtheit wunderbar ins Ohr geht. Dazu trägt auch die Stimme von Sänger Matthias Schwettmann (ehemals Hell And High Water) bei, die phasenweise an Michael Stipe erinnert und das ist sicher nicht die schlechteste Referenz.
Wir bleiben dran. Ihr auch?


The Happy Sun
Eigentlich ist Gerhard Potuznik ja eher im elektronischen Milieu zuhause, hat dort acht Alben und unzählige Singles veröffentlicht und sich auch als Produzent (u.a. für Mediengruppe Telekommander und Chicks On Speed) einen Namen gemacht.

Dass der Österreicher aber noch eine ganz andere Seite hat, offenbart er mit seiner Band The Happy Sun. Dort lebt er seine musikalischen Wurzeln aus, die eindeutig in den 70ern und 80ern liegen und stark gitarrengeprägt sind. Und holla: das geht ab! Der Einstieg mit Alien Girl ist mal unfassbar genial und trotz des unverkennbaren Retro-Feelings gibts moderne Klänge auf die Lauscher, die jedem aktuellen medialen Liebling im Rock-Genre zur Ehre gereichen würde. Oft höre ich in neue Alben mal rein und was mich nach 2-3 Tracks noch nicht eingefangen hat, hat es danach schwer oder wird sogar geskipped - ganz anders bei The Happy Sun (VÖ: 27.09.): da war schon nach wenigen Minuten klar, dass ich mich ausführlicher damit beschäftigen würde.

Shoegaze meets Psychedelic Rock meets 70s meets 80s - und trotzdem hat das Ganze das Potential, nicht nur das Feuilleton zu begeistern, sondern auch im Mainstream anzukommen. Stark!
Ach ja: Live wird Potuznik unter anderem vom großartigen Clemens Haipl an der Gitarre unterstützt, der seit Jahrzehnten dank seiner Sendung "Projekt X" einer meiner ganz großen TV- und Radio-Helden ist.


Anna Ternheim
Ja, ich (sb) hab schon ziemlich einen Narren an Anna Ternheim gefressen und freue mich jedes Mal wieder wie ein kleines Kind, wenn es was Neues von der Schwedin zu hören gibt. Mein Plattenschrank quillt über vor lauter Limited Editions, Alben, Singles und sonstigem Schnickschnack, aber was tut man nicht alles?

Natürlich fiebere ich deswegen auch schon dem 20.09. entgegen, wenn das neue Ternheim-Album A Space For Lost Time veröffentlicht werden wird. Schon heute erscheint die zweite Single daraus und You Belong With Me befeuert meine Vorfreude noch zusätzlich.

Live gibts Anna Ternheim demnächst hier zu sehen und hören:

31.10. Berlin, Kesselhaus
01.11. Leipzig, Felsenkeller
02.11. Dresden, Scheune
04.11. Erlangen, E-Werk
05.11. Wien (AT), Das Haus der Musik
06.11. München, Technikum
07.11. Lyss (CH), Kulturfabrik
08.11. St. Gallen (CH), KUGL
10.11. Zürich (CH), Kaufleuten
11.11. Frankfurt, Batschkapp
12.11. Stuttgart, Im Wizemann
14.11. Köln, Gloria
25.11. Bremen, Schlachthof


Mädness
"Ihr kommt mit Wackness und Müll, wir mir Mädness und Döll."
Ihr wisst: Wir sind nicht die Szene-Rap-Kenner. Daher haben wir Mädness (und auch seinen Bruder Döll) erst durch Audio88 und Yassin kennengelernt. Mann Im Mond, Isso und True Story sind super Kollaborationen. Nach seinem Solo-Debut von 2007, folgten mehrere EPs und Features. Heute legt Mädness mit seiner nächsten eigenen Platte nach. Sie hört auf den Namen OG und ist unglaublich stark! Uns als Rap-Laien fallen schnell die sehr guten und reduzierten Beats auf. Mädness braucht kein riesiges Tamtam aus den Boxen, um zu überzeugen. Denn es ist so, wie es bei Rap halt sein sollte: Die Texte stehen im Vordergrund und sind so enorm vielseitig. Endlich Neue Freunde kommt melancholisch daher, doch dass man mit der eigenen Vergangenheit mal abschließen muss, hat definitiv auch gute Seiten. Ja, die Texte drehen sich um ihn selbst oder die Person, die als Protagonist fungiert. Freundschaft ist auch in Anderer Mensch ein Thema, man lebt sich auch als Buddies auseinander. Über die hessische Heimat lässt De Gude sich auf Kein Ort aus, neben ihm brilliert hier auch Marteria als einziger Feature-Gast der Platte. Weniger verkopft und etwas melodischer ist der Titeltrack, dessen Beat von Suff Daddy schnell im Ohr bleibt.
Ich (ms) lehne mich mal weit aus dem Fenster: Die Platte macht in diesem Jahr Fatoni mächtig Konkurrenz!

Die Tour kommt kommendes Jahr:
06.02.2020 Bremen, Tower
07.02.2020 Münster, Skaters Palace Café
08.02.2020 Frankfurt, Zoom
11.02.2020 München, Kranhalle
12.02.2020 Stuttgart, Schräglage
13.02.2020 Köln, Yuca
14.02.2020 Trier, Mergener Hof
15.02.2020 Jena, Kassablanca
16.02.2020 Dresden, Chemiefabrik
18.02.2020 Hamburg, Terrace Hill
19.02.2020 Hannover, Lux
20.02.2020 Berlin, Badehaus



Heinz Strunk
In den Kopf von Heinz Strunk würde ich gerne mal reinschauen. Natürlich ist er ein Multitalent und er setzt seine gesamten kreativen, künstlerischen Ideen in die Tat um. Toll sind natürlich seine verfilmten Bücher, in denen er dann auch selbst die Hauptrolle spielt, siehe Jürgen - Heute Wird Gelebt. Die Verfilmung von Der Goldene Handschuh habe ich nicht gesehen, das Buch jedoch steht für sich: Große Klasse und völlige Verstörung. Dass er ernst kann, weiß er und hält damit nicht hinter'm Berg. Dass er auch so richtig gaga kann, ist auch bekannt. Seine Kolumnen bei der Titanic oder Extra3 sind super und schräg.

Schräger geht bei Heinz Heinzer Strunk aber auch noch. Und die heftige Gaga-Seite lebt er auf seinen Platten aus. Schon Sie Nannten Ihn Dreirad schwankt zwischen genial und völlig bekloppt. Heute gibt es Nachschub via Audiolith: Aufstand Der Dünnen Hipsterärmchen. Für die 12 neuen Tracks sollte man besser den Kopf ausschalten und nichts hinterfragen, es einfach hinnehmen. Vielleicht auch das ein oder andere Bier im Vorhinein intus haben. Jeder Song ist eine Herausforderung. Die kleinen Geschichten, die meist über einen Techno-Beat gesprochen werden, eignen sich wenig zum bewussten Hinhören. Abgelaufen, Originals oder Alter Vater sind originell und wirklich witzig. Anstrengend hingegen: Drohnen oder Wer Wird Millionär. Ganz schwer, darüber ein Urteil zu fällen. Man kann es sowohl schnell scheiße finden, aber auch heftig abfeiern. Mehr wollen wir nicht sagen. Hört mal rein:

Mittwoch, 21. August 2019

L'aupaire - Reframing

Bild: https://www.facebook.com/laupaire/
(sb) Reframing. Umgestalten. Aus etwas Altem etwas Neues machen, aus etwas Schlechtem etwas Gutes. Ob es L'aupaire nach seinem seinem Debütalbum Flowers, das vor ca. dreieinhalb Jahren erschien und immerhin die Top 50 der deutschen Charts erreichte, schlecht ging, vermag ich nicht zu beurteilen, aber seitdem hat sich wahnsinnig viel getan im Leben des 30-Jährigen. Zusammen mit seiner Partnerin und der mittlerweile einjährigen Tochter verschlug es Robert Laupert, so der bürgerliche Name des Künstlers, in die hessische Provinz - ein krasser Gegensatz zu Budapest und Berlin, wo er zuvor einige Jahre gelebt hatte. Mit Reframing (VÖ: 23.08.) legt L'aupaire nun endlich seinen zweiten Longplayer vor  - und der hat es in sich und vereint die Quintessenz seines Schaffens der vergangenen Jahre in einem beeindruckenden Album.

Laupert ist gereift, sowohl als Mensch als auch als Musiker. Aus dem jugendlichen Entertainer ist ein Künstler geworden, dem die Meinung anderer nicht mehr sonderlich wichtig ist und der stattdessen zielstrebig seinen Weg geht und seine Ziele verfolgt. Klar, als Vater verändert sich Vieles, das eigene Leben wird komplett auf den Kopf gestellt und wenn die Partnerin selber noch erfolgreich im Musikbusiness tätig ist, dann verschieben sich die Prioritäten gewaltig. Das spürt man auch als Hörer. Trotz allem erkennt man auf Reframing eindeutig L'aupaire - und das ist nicht nur Robs charakteristischer Stimme geschuldet, die mal tieftraurig, dann fröhlich und im nächsten Moment wieder unendlich sehnsuchtsvoll klingt. Nein, es ist das Songwriting, diese Losgelöstheit von allen Konventionen, dieser (vermutlich unbewusste) Drang, perfekt unperfekt zu klingen. Einst formulierte Laupert dies so: "Ich hasse Langeweile und Wiederholungen. Perfektionismus ist gut, aber es muss ein gewisser Grad an Innovation da sein, damit immer eine gewisse Spannung da ist."

Bild: https://www.facebook.com/laupaire/
Genau diese Spannung erzeugt L'aupaire auf Reframing durch eine angenehme Vielfalt hinsichtlich der Songstrukturen. Jeder Track für sich ist ein kleines Highlight, die volle Wirkung entfaltet das Mosaik aber erst, wenn man es zusammensetzt. Dies deutete sich bereits im Vorfeld des Releases an, als Rob quasi monatlich einen neuen Song veröffentlichte und so einen ausgedehnten Apero fürs Album servierte. Renegades, Cinderella, Whole Wide World und einige mehr hielten die zahlreichen Fans (immerhin wurde seine Musik im Jahr 2017 in 61 Ländern der Welt immerhin satte 312.000 Stunden gehört!) bei der Stange, sind aber doch so viel mehr als Cliffhanger, sondern tragen Reframing und bilden das Gerüst eines bemerkenswerten Albums, das alles mitbringt, um sowohl Underground als auch Mainstream glücklich zu machen und zudem kommerziell durchzustarten.

Besonders gelungen ist natürlich die Vinyl-Version des Albums, der neben Reframing noch eine farbige 10 Inch mit fünf Coverversionen (u.a. Dancing In The Moonlight und Cool Kids) beiliegt. Einfach nur wunderschön und die paar Euro extra definitiv wert. Gönnt Euch das!

Bereits im Mai stellte L'aupaire sein neues Werk live vor, nun geht es im Oktober auf Teil 2 seiner Tour; hier könnt Ihr den Künstler samt Support Lily Among Clouds erleben:

Bild: https://www.facebook.com/laupaire/




Dienstag, 20. August 2019

Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen - Fuck Dance, Let's Art

Eine Liga für sich. Foto: Martin Morris
(ms) Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen sind daher ein so großartiges Beispiel, um über Humor in populärer Musik zu schreiben, weil es bei den Hamburgern aufgeht. Lieber ein gutes Beispiel nehmen, als jemanden für das Nichtgelingen abzuwatschen.
Und es gibt einige Exemplare, wo dieses Rezept nicht aufgeht. Entweder ist es so verschachtelt, dass man es gar nicht bemerkt (auch als großer Bewunderer von Konstantin Groppers Werk, sehe ich in keinem Get Well Soon-Song eine humorvolle Ebene, auch wenn er das mal behauptet hat), oder es ist so dermaßen plump, dass es nervt (viele altgediente Rap-Formationen leiden sicher darunter, Fanta4, Deichkind, Fettes Brot). DLDGG setzen sogar an mehreren Fronten der schmunzelnd unterhaltenden Musik an. Es sind auf der einen Seite die Songs, die durch ihre bittere Realität an Doppelbödigkeit gewinnen, wenn es darum geht, dass der Protagonist kein Geld in der Tasche hat, aber dennoch stilsicher den Alltag bestreitet. Auf der anderen Seite sind es die erzählten Geschichten, die an sich schon lustig sind, durch Carsten Friedrichs Art zu texten aber noch besser werden. Was ist Der Große Kölner Pfandflaschenbetrug für ein irrer Lächel-Ohrwurm!
Nun gibt es Nachschlag am Rock'n'Roll-Buffet. Denn Carsten Friedrichs, Tim Jürgens, Gunther Buskies, Fabio Papais und Heiko Franz versorgen uns mit neuem Stoff. Ja, richtig gelesen: Es gab einen Wechsel in der Besetzung und das auf Kosten des Saxophons. Sehr schade. Dennoch: Fuck Dance, Let's Art ist ein Kracheralbum mit Kracheralbumtitel! Es erscheint diesen Freitag bei Tapete Records. Wo auch sonst?!




Elf brandneue Songs mit 31 Minuten und 15 Sekunden Spieldauer warten auf den geneigten Hörer und man kommt voll auf seine Kosten! Los geht es mit Der Letzte Große Bohemian und der Sound ist unverwechselbar DLDGG: hohes Tempo, leicht verspielter Klang, mehrstimmiger Gesang im Refrain, klare Texte, die nicht überladen sind und einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Das heißt: kurzweilig und gut. Inhalt: Wie kann man stilsicher als Jobcenterkunde bestehen?! Tragikomik in Reinform. Frustration mit zwei Minuten und 18 Sekunden Spielzeit schlägt in dieselbe Kerbe (oder ist das die neue Ernsthaftigkeit?). Ein Rock-Hit mit Gitarrensolo, das für Ekstase auf der Bühne sorgen wird. Und die Band beweist fortlaufend Chuzpe! Wenn der Track, der den gleichen Namen trägt wie das Album, an sechster Stelle kommt und es ein Instrumental ist, dann hat man es geschafft: Scheiß' aufs Tanzen, lass uns Kunst machen.
Dann kommen die starken Storytelling-Lieder. Es geht los mit Der Glückliche Spion, der das Dechiffrieren liebte und fast einen Finger verlor. Doch der richtige Hit vom neuen Album ist Der Kleine Matratzenmarkt. Friedrichs beweist erneut, wie gut er den Alltag analysieren und ihn humorvoll und melodramatisch mit einer Geschichte anreichern kann. Ein Song über einen Matratzenladen mit so einer geilen Hoo-Hoo-Hookline im Refrain; das macht keine andere deutschsprachige Band, absolut genial!
Dass mit Escape From Martinique ein weiteres Instrumental kommt, könnte problematisch sein. Anderen Bands verzeihe ich das kaum, insbesondere weil die Platte so kurz ist, doch aus unerfindlichen Gründen ist das bei den Gentlemen kein Problem! Nun, beim letzten Song - Hässlich Und Faul, Musik Und Der HSV - werde ich als St. Pauli-Fan sicher etwas an Überwindung brauchen, um bald live mitsingen zu können, aber das Fußballherz kann da mal eben Pause machen.

Logisch, Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen erfindet auf ihrem fünften Studioalbum das Rad nicht neu, bleibt der eigenen Linie im Sound (ja, auch ohne Saxophon) und Text treu. Das Ergebnis ist eine Platte, die dem verkopften Alltag mehr als gut tut und live mit größter Wahrscheinlichkeit hervorragend aufgeht. Davon kann man sich hier in den kommenden Wochen überzeugen:

23.08. - Hamburg, Hafenklang (Record Release Show)
24.08. - Berlin, Schokoladen (Record Release Show)
02.10. - Mainz, Schon Schön
03.10. - München, Milla Club
04.10. - Ulm, Hudson Bar
05.10. - Stuttgart, Goldmarks
10.10. - Dortmund, Subrosa
11.10. - Hannover, Lux
12.10. - Wolfsburg, Sauna Club
30.10. - Potsdam, Waschhaus
31.10. - Leipzig, Naumanns im Felsenkeller
01.11. - Köln, Gebäude 9
02.11. - Osnabrück, Kleine Freiheit
27.12. - Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus
28.12. - Hamburg, Knust
29.12. - Berlin, Lido

Sonntag, 18. August 2019

Über Konzerte in der Provinz

Russkaja in Rotenburg, Niedersachsen. Foto: luserlounge
(ms) Wir stehen leidenschaftlich vor den Bühnen dieser Republik, das ist einer der Gründe, warum wir diesen kleinen Blog betreiben. Festivals und Konzerte sind mehr als nur die Musik endlich live zu hören, die daheim hoch und runter läuft. Es ist auch: über einen längeren Zeitraum die Entwicklung einer Band verfolgen, schauen wie sich die Lieder live verändern, welche aus den Playlists geworfen und welche neu aufgenommen werden. Auch die Frage, wie Gruppen in unterschiedlichen Städten spielen, ihre Ansagen variieren, die Atmosphäre auf und vor der Bühne ist. Dazu kommt noch ein entscheidender Faktor: Emotion. Zum Einen ist es die Dynamik, die zwischen Musikern und Besuchern entsteht. Zum Anderen das persönliche Ergriffensein, wenn die Texte, die Situation, die Energie durch die Musik einen zum Staunen, Weinen, Ausrasten, Genießen bringt. Irre.
Je nach dem, wen man sich anschaut - Stichwort Größenordnung, Bekanntheitsgrad, Logistik -, passiert das häufig in größeren Städten, deren Clubs die Erfahrung und Infrastruktur mitbringen und wo sich die Booker sicher sein können, dass die Leute zahlen und kommen.
In vielen Fällen fahren wir dafür durch die Gegend, um eben genau an diese Orte zu kommen.

Doch wie ist es, wenn ein Event in der Nachbarschaft, in der Provinz stattfindet?
In die Klein- und Mittelstädte verirren sich Bands mittlerer Bekanntheit so gut wie nie (selbst in den kleinen Großstädten - Gütersloh, Bremerhaven, Koblenz oder Heilbronn - verirren sich Bands, über die wir berichten, selten). Wie bekommt man sie dennoch dorthin und was bedeutet es für die Menschen, die dort wohnen?
Ein Grund für einen Gig in der Provinz sind Solidaritätsveranstaltungen; beispielsweise für Jugendzentren. Oder es sind Stadtfeste, die Bewegung in die verschlafenen Gegenden bringen.
Beispiel: Das Fest laut & draußen in Rotenburg, Niedersachsen, das vergangenen Freitag stattfand. Organisiert wird es von den Rotenburger Werken, eine Einrichtung für Menschen mit speziellen Bedarfen. Die Organisatoren haben die Bands Bitte Lächeln, Doctor Krapula, Stoppok und Russkaja an die Wümme geholt. Und die Innenstadt ist richtig voll gewesen, ein lauer Sommerabend und stabile Wetterverhältnisse haben die Menschen raus getrieben. Die Wartezeit am gut organisierten Getränkestand war ein weiterer Indikator, dass viel los ist. Insbesondere eine Band wie Russkaja ist für solche Veranstaltungen bestens geeignet. Nicht falsch verstehen: Man muss ihre Musik nicht kennen, um schnell viel Spaß zu haben. Der Mix aus Polka, Ska und Gitarrenrock und Bläsersound ist ansteckend. Zudem versteht Sänger Makazaria es ideal, wie man die Leute animiert. Die sonst so nervigen Festivalspielchen sind hier genau das richtige Mittel und dann nerven sie auch nicht mehr.

Meine Vermutung ist, dass die Leute nicht dort hin gegangen sind, um gezielt Russkaja oder eine der anderen Gruppen zu sehen. Sondern weil es halt die einzige Veranstaltung am Freitagabend war. Und dann noch so eine gute!
Solche Gigs in der Provinz sind wichtig für die Menschen vor Ort: sie bekommen etwas Tolles geboten; gewöhnlich - wie auch hier - umsonst. Aber sicher ist es auch toll für die Bands, mal nicht vor den immer gleichen Publikumsstrukturen zu spielen.

Freitag, 16. August 2019

KW 33, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: github.com
(sb/ms) Eine der großen Fragen der Musikkultur: Was ist Popmusik? Ich wette, dass Dietrich Diederichsen diese Frage anders beantworten würde als die Jury vom Preis für Popkultur, der dieses Jahr wieder im Oktober verliehen wird und Qualität statt kommerziellen Erfolg auszeichnen will. Schaut man sich die Shortlist an, so ist schnell zu vermuten, dass Popmusik in diesem Jahr zu einem Großteil aus HipHop besteht. Vom reinen Genre sind die beiden natürlich auseinander zu dividieren. HipHop ist aber (wieder) so dermaßen populär, dass der Begriff auf der anderen Seite auch passen mag. Schon letztes Jahr haben Rap-Tracks die Media Control-Charts dominiert, dieses Jahr ist es nicht anders. Dass da viel übler Schrott bei ist, ist natürlich schlimm, aber ein anderes Thema. Wenn die Kids üblen Schrott abfeiern, dann feiern die Kids halt üblen Schrott ab. Da müssen wir links-grüne Guthörer mal ein wenig die Klappe halten. Wirkliche Pop-Musik, die man sie irgendwie im Gefühl hat, ist nur ab und an bei der Jury zu finden. Ich würde Alice Merton, Mine und Bosse dazu zählen. Die Beatsteaks sind populär, machen aber keine Popmusik. Fatoni hingegen ist super, und sollte alle Kategorien, in denen er nominiert ist, gewinnen. Es bleibt spannend, was bei der Verleihung im Oktober herauskommt!
Nun ist erstmal Freitag. Wir sind die luserlounge. Wir haben selektiert:

Steaming Satellites 
Drei Typen, die den Groove im Blut haben. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum die Steaming Satellites schon als Support der bockstarken Portugal. The Man aufgetreten sind. Das österreichische Trio weiß halt genau, was sowohl tanzbar als auch musikalisch richtig fein ist. Eine entsprechend gewachsene Fan-Schar ist der logische Beweis dafür. Kommenden Frühling - Vorsorge ist besser als Nachsorge - gehen sie weider auf Tour und bei den Terminen sollte für jeden etwas dabei sein. Heißt auch: Es gibt keine Ausrede, nicht hinzugehen. Seit dem 5. Juli gibt es schon den neuen Track Running Out Of Time zu hören - herrliche Gitarre! - nach Silvester irgendwann kommt dann das neue Album. Titel und genaues Erscheinungsdatum werden wir Euch natürlich umgehend mitteilen! Also: Kalender raus, Tickets holen, Boxen aufdrehen!

15.04.2020 Karlsruhe, Substage Café
16.04.2020 Osnabrück, Popsalon Festival
17.04.2020 Dresden, Polimagie Festival - Beatpol
18.04.2020 Berlin, BiNuu
21.04.2020 Hamburg, Nochtspeicher
22.04.2020 Köln, Helios 37
23.04.2020 Frankfurt, Zoom
24.04.2020 München, Technikum
25.04.2020 Innsbruck, Music Hall
27.04.2020 Graz, Orpheum
28.04.2020 Linz, Posthof
29.04.2020 Regensburg, Alte Mälzerei
30.04.2020 Konstanz, Kulturladen
11.05.2020 Salzburg, Szene
12.05.2020 Wien, Arena



Solstorm
Es gibt Schrott-Namen für Bands (ja, wir regen uns regelmäßig darüber auf), aber es gibt auch Musiker, die sich ihren Bandnamen mit Bedacht ausgewählt haben. Solstorm aus Norwegen gehören definitiv dazu. Was genau ein Sonnensturm ist, lest ihr besser in der Enzyklopädie Eures Vertrauens durch. Rein visuell ist es ein Spiel aus Helligkeit und Dunkelheit. Es ist schön und dennoch gefährlich. Und genauso hören sich Solstorm an. Satte Gitarrenriffs, heftig gespielter Bass, ein gut bearbeitetes Schlagzeug und - wenn er da ist - tiefer, rauer Gesang. Reiner Hardrock mit vielen instrumentalen Parts. Die Band hat vor acht Jahren ihr erstes Album veröffentlicht und Anfang Oktober (VÖ. 4.10.) legen sie nach! Es trägt de simplen Namen II und mit Eklips kann man sich drauf freuen. Setzt Euch hin, schnallt Euch vielleicht an und dann dreht die Boxen abermals auf!



Amanda Palmer
In der großen, weit gefassten Poplandschaft (siehe oben) gibt es nicht viele KünstlerInnen, von denen man behaupten kann, dass ihr kreativer Geist ihr gesamtes Schaffen auf höchstem Niveau zur Geltung bringt. Bei Amanda Palmer ist genau das seit Jahren der Fall. Ihr aktuelles Album There Will Be No Intermission ist nichts für schwache Nerven, nebenbei äußerst sie sich immer wieder lautstark in gesellschaftlichen Debatten und das neue Video zu Drowning In The Sound zeigt, dass sich der Inhalt des Songs durchaus in Elementen mit einer Tanzperformance darstellen lässt. Klug ausgewählt ist der Track, die Klaviermelodie zieht sich durch das ganze Album. Die Choreographin Coco Karol ist übrigens mitten im Video zu sehen; und ja, sie ist im siebten Monat schwanger. Die Dramatik des Liedes spiegelt sich toll in der Umsetzung des Videos:



Cassels
Wie stellen wir unsere wöchentliche Rundumschau zusammen? Neben vielen Möglichkeiten, Ideen und Vorlieben, schauen wir natürlich auch, was alles in den Mails zu entdecken ist, die wir von Agenturen und Labels bekommen. So wurde uns auch das neue Material des Londoner Duos Cassels zugespielt. Ich klickte auf Play für den Song The Woman In The Moon und wollte nach eineinhalb Minuten eigentlich wieder den Tab schließen. Doch dann hat der Track Fahrt aufgenommen. Der Lo-Fi-Indie zu Beginn holte mich nicht ab. Die anschließende Dynamik sagt aber: Hör ein Lied stets bis zum Ende, bevor du dir ein Urteils erlaubst, du Depp. Das Tempo zog an, sowohl in der Gitarre als auch im Gesang und so verdichtete sich der ganze Track. Richtig gut gemacht.
Bald - am 6. September - erscheint das zweite Album der Band, es heißt The Perfect Ending. Es ist zu hoffen, dass auf dem Langspieler noch mehr Überraschungen zu entdecken sind! Auch erwähnenswert: Loz an den Drums und Jim an Gitarre und Gesang sind Brüder. So klingt der Track:



Simon Joyner
Und dann sind da diese Stimmen, die einen sofort eine Gänsehaut bescheren. Sie sind dann noch intensiver, wenn die begleitende Musik reduziert ist. Vielleicht nur Gitarre, zurückhaltende Streicher, dezente Percussion und ganz im Hintergrund eine Trompete. Damit sind wir beim Singer/Songwriter Simon Joyner und seinem Song Tongue Of A Child. Klar, es liegt daran, dass seine Stimme angenehm tief ist, aber halt auch durchdringend und in dem Lied klasse in Szene gesetzt. Sollte er seinen Zigaretten- und Whiskey-Konsum (wenn überhaupt) massiv steigern, könnte er in vielen Jahren vielleicht wie Tom Waits klingen. Bis dahin können wir aber noch die pure, reine Form seines Gesangs und seiner Musik genießen. Der Herr aus Omaha veröffentlicht sein neues Werk Pocket Moon am 25. Oktober. Wahrscheinlich richtig gute Herbstmusik!

Mittwoch, 14. August 2019

Hanne Hukkelberg - Birthmark

Foto: Mike R. Cruz Angeles
(ms) Das Musikuniversum ist oft halt doch viel zu klein und zu ungleich verteilt, als dass den Künstlern, die wirklich qualitativ hochwertig arbeiten, der entsprechende Ruhm, Erfolg und der damit einhergehende Bekanntheitsgrad entgegen kommt. Es müssen nicht direkt die großen Hallen und die Heavy Rotation im Radio sein. Die gut gefüllten 500-Leute-Clubs machen sicherlich auch sehr glücklich.
Dabei ist Hanne Hukkelberg nicht die einzige Künstlerin, der wir das wünschen. Doch sie veröffentlicht an diesem Freitag (16. August) ein ganz großartiges Album.
Die Norwegerin macht unkonventionelle Musik, auf die man sich etwas einlassen muss, dann aber ganz schnell die darin innewohnende Schönheit entdeckt. Als grobe Leitlinie kann man sagen, dass Hukkelberg etwas zwischen Dear Reader und CocoRosie macht. Also: klasse Stimme, keine Angst vor außergewöhnlicher Instrumentierung, durchaus einen Hang zu ruhigeren Tönen, aber auch keine Furcht im nächsten Moment daraus komplett auszubrechen.
Zum Unkonventionellen gehört auch, dass das Album Birthmark nur neun Lieder beinhaltet und genau 30 Minuten lang dafür sorgt, den Alltag ganz schnell zu vergessen!
Bevor wir zu den einzelnen Songs kommen, hier noch ein paar harte Fakten zum neuen Werk: Hanne Hukkelberg veröffentlicht ihr sechstes Album auf ihrem eigenen Label Hukkelberg Music. Seit mehr als fünfzehn Jahren macht sie Musik und steuerte zuletzt die klangliche Untermalung zum norwegischen Dokufilm My Heart Belongs To Daddy bei. Hinter Birthmark steht eine ganz besondere Geschichte in der Entstehung: Die Lieder wurden alle via Improvisation geschrieben. Zudem saß sie dafür am Klavier ihrer verstorbenen Großmutter; was alles an Emotion halt in ein Album reingeht. Das große Tasteninstrument steht auch klanglich im Vordergrund bei den neun Songs. Außerdem  - Stichwort Unkonventionalität - nutzt sie als Percussion ein paar Haushaltsgegenstände. Hat sie vielleicht bei Hauschka oder Käptn Peng abgeguckt?



Wie klingen nun die Lieder auf Birthmark?
Der gleichnamige erste Track ist mit einer Minute Spielzeit eher ein Intro, arbeitet mit Samples und Sythie-Flächen und endet zu guter Letzt mit einem verzerrten Lächeln. Mit Samples geht es auf Don't Dream weiter, dieses Mal von Bläsern und den angesprochenen Percussion-Ersatzteilen. Der Track spielt durchaus mit Dissonanzen und arhythmischen Arrangements ohne jedoch unangenehm fürs Ohr zu werden. Mit Rules wird es poppig oder soulig; die Presse-Infos sprechen auch von R'n'B, meinetwegen. Die immer noch nonkonform klingenden Sounds regen hier jedoch extrem dazu an, dass daraus ein astreiner Ohrwurm wird, denn dieses Lied baut sich hervorragend auf und macht eine Menge Freude. Insbesondere durch den Uhh-huu-Gesang. Crazy ist die erste Auskopplung (s.o.) und das ist kein Wunder. Die Dame hat Jazz studiert, ist also vom Fach und weiß, was gut ins Ohr geht. Schöne Xylophon-Sounds sorgen hier für ein sehr harmonisches Gesamtbild. Stichwort Percussion und Alltagsgegenstände: die ersten Geräusche auf Catch Me If You Can klingen so, als ob sie eine mit Kleinigkeiten gefüllte Holzbox schüttelt.
Bei Faith kommt man einfach auf das innewohnende Thema: die großen Fragen. Die stellt Hukkelberg immer wieder auf dem Album; bei diesem melancholischen Song so: "Can you explain what's in your brain / Can you explain the places you've been / Can you explain all the things you've seen". Davon erzählen: sicherlich. Sie erklären: Heikle Aufgabe!
Mein Vorschlag: For The Young And Bold I sollte die nächste Single werden! Beatboxing ist zu vernehmen, dazu gesellt sich ein verspieltes Klavier und später dann ein insgesamt satter Beat!

Birthmark ist ein musikalisch anspruchsvolles Album. Ob es sich gut eignet, um nebenbei zu laufen, muss man selbst ausprobieren. Mir hat es schnell sehr gut gefallen, weil es außergewöhnlich ist. Außergewöhnlich schön und außergewöhnlich schlau arrangiert. Das kann man sich im Herbst genau hier anschauen:

12.10. - Essen, Peng Festival
13.10. - Hamburg, Turmzimmer
14.10. - Berlin, Monarch
16.10. - Frankfurt, Mousonturm Lokal
17.10. - Hannover, Feinkost Lampe

Sonntag, 11. August 2019

Live in Hannover: Fährmannsfest Freitag

Kettcar als Headliner. Foto: luserlounge
(ms) Vor zehn Jahren war ich das erste und letzte Mal beim Fährmannsfest in Hannover. Damals war ich für Schandmaul da. Puh, die Zeiten ändern sich!
Aber das Areal des Festivals ist gleich geblieben und ich erkannte die Gestaltung fix wieder. Ja, am Freitag war der Wettergott etwas unentschlossen, wie er dieses Wochenende in Niedersachsen einläuten soll. Hat er sich erst für Regen entschieden, so hat er  - sicherlich auf Grund der astreinen Musik an diesem Tag - sich später doch dagegen entschieden und der Trockenheit weitestgehend walten lassen.
Wo die Ihme in die Leine mündet, stand am Freitag die große Festivalbühne, deren Wiesen sich nach und nach sehr ordentlich gefüllt haben. Das lag sicherlich an dem geschmackvollen Booking für den Abend, aber auch an der persönlichen Note der Veranstaltung. Ich mag Veranstaltungen, bei denen Moderatoren durch den Abend führen. Der informationelle Mehrwert ist sicherlich streitbar, aber es macht das ganze heimelig und nimmt das Festival aus einem anonymen Nacheinander-Auftreten heraus.

Als es noch etwas nieselte, betrat der Drei-Mann-Dampfer Fortuna Ehrenfeld die Bühne und hat eine halbe Stunde abgeliefert, was das Zeug hält. Was ist das einfach für eine irre Band? Habe sie nun schon ein paar Mal live gesehen und jedes Mal steigt die Vorfreude immens! Natürlich liegt das auch an Martins Schlafanzug und der Pulle Rotwein, doch in Wahrheit sind es die Texte. Die von unglaublich wahr und nah bis gaga nichts auslassen und genau deshalb so ehrlich sind. Ganz große Klasse natürlich, dass zum Abschluss Puff von Barcelona gespielt wurde!
Nach wildem, aber planvollem Umbaugewusel auf der Bühne, standen da vier Hipster-Typen an den Instrumenten. The Districts. Ich habe vorher mal reingehört und es als solide empfunden. Was dann allerdings passierte, war kaum auszudenken. Die vier Kerle aus Pennsylvania haben jeden Funken Energie aus ihren Kehlen und Saiten und Trommeln geholt, die vorhanden waren. Wenn mich Musik umhaut, dann liegt das meist an etwas, das ich Dynamik nenne. Und die haben es raus gehabt. Insbesondere der letzte Track - völlige Verausgabung - war große Klasse. Super Booking!
Anmerkungen zu Isolation Berlin: Wenn ich Tocotronic hören will, gehe ich zu Tocotronic. Wenn ich Drangsal hören will, gehe ich zu Drangsal. Wenn ich Element of Crime hören will, gehe ich zu Element of Crime. Aber ich will keinen üblen pseudointellektuellen Mix aus diesen großartigen Gruppen haben. Durchsage beendet.

Den Abschluss gaben Kettcar. Und sie waren abermals der Grund, warum ich vor den unterschiedlichsten Bühnen stehe. Über ihre musikalische Qualität - auf Platte und auch live - kann man auf diesem Blog an anderen Stellen nachlesen. Warum gehe ich zum 27. Mal Kettcar angucken? Wird das nicht langweilig, werde ich gefragt? Spielen die nicht immer die gleichen Lieder, werde ich gefragt? Ja, sie spielen zum Großteil die gleichen Lieder, aber langweilig wurde es noch nie. Gründe, warum ich süchtig nach dieser Band bin: alle haben ein Mikrophon vor sich, niemand steht wirklich im Mittelpunkt, auch wenn Marcus singt und Reimer viele Ansagen macht. Es ist null Attitüde dabei; alles, wirklich alles kommt aus dem Herzen. Und genau da landet es halt auch wieder. Die Songs von Kettcar berühren mich jedes Mal. Manchmal auch, wenn ich es nicht erahnt habe. Es sind die politischen Lieder, die mich genauso hart treffen wie die Befindlichkeitsfixierten. Als Fan einer Band verbindet man natürlich auch Tracks mit eigenen Stationen und Situationen im Leben. Und während eines Konzerts wird dann oft ein innerer Film abgespult, der einen zum Schmunzeln bringt und genauso die Tränen ins Auge treiben. Zudem habe ich die Vermutung, dass die Band nun erstmal eine Pause einlegen wird, seit zwei Jahren sind sie extrem viel und erfolgreicher dennje auf Tour. Und Danny Simon muss nun bei Thees Uhlmann wieder Gitarren über die Bühnen werfen! Bis zum nächsten Mal, Kettcar. Bis zum nächsten Mal, tolles Fährmannsfest!

Freitag, 9. August 2019

KW 32, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: davingreenwell.com
(ms/sb) Über die Eventisierung von großen Festivals muss ich mich noch mal kurz auslassen. Auf dem Deichbrand Festival ist mir was Schlimmes aufgefallen. In der Regel hatten die Bands mindestens 60 Minuten Zeit für ihren Slot, bei den Größeren natürlich 90 Minuten. Und was machen einzelne Gruppen in ihrem Set? Sie covern Lieder! Oder - noch viel schlimmer - sie spielen sie einfach ohne eigene Note nach. Was soll das denn bitte? Fehlt den Künstlern Kreativität? Haben sie Angst, dass die Meute, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das eigene Werk nicht kennt, dazu nicht abgeht? Vertraut man der Energie der eigenen Musik nicht? Imitiert man einen Dorf-DJ, der immer mal wieder einen Mega-Kracher raushauen muss, damit die angetrunkene Menge auf der Tanzfläche bleibt? Oder warum haben beispielsweise Swiss & Die Andern Schrei nach Liebe von Die Ärzte gespielt? Klar, das ist ein solider Song, aber ich kenne die Tracks von Swiss und bin stark von ihrer Festivaltauglichkeit überzeugt. Meine Vermutung: Spielen die Bands, die zum Beispiel auf dem Deichbrand vor mehreren Tausend Menschen gespielt haben auf kleineren Festivals, tun sie genau das nicht. Wenn das zutrifft, wäre das eine Bankrotterklärung in das eigene Schaffen.
Ich gehe davon aus, dass beim Traumzeit Festival, dem Immergut, dem Haldern Pop oder dem Appletree Garden keine einzige Band irgendwas covert, da das Publikum sich gern auf Neues einlässt. Wir haben auch Neues für Euch. Denn es ist Freitag und wir haben selektiert!

Onk Lou
Ganze zwei Wochen hat sich Onk Lou Zeit genommen, um ganz spontan im eigenen Wohnzimmer eine neue EP einzuspielen und diese zu veröffentlichen. Wir verfolgen den musikalischen Weg des Österreichers ja schon etwas länger und sind immer wieder sehr angetan von seinem Output, seiner Joe Cocker-esquen Stimme, seinem Songwriting und der Art und Weise, wie er mit scheinbar wenig Aufwand seine Hörer in seinen Bann zieht. Die Summer Tapes EP stellt da keine Ausnahme dar: sechs kleine Perlen, die ihren wahren Wert erst offenbaren, wenn man sich ihnen ganz hingibt und bereit ist, Onk Lou seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ein bisschen Soul, ein bisschen Blues, ein bisschen 70s und fertig ist ein trotz allem extrem modernes Stück Musik, das Ihr Euch nicht entgehen lassen solltet.


Young Guv
Musikliebhaber und Zündfunkmoderator Achim Bogdahn überschüttet Young Guv geradezu mit (Vorschuss-)Lorbeeren und krönt Guv I zum "Sommeralbum des Jahres". Grund genug, sich das mal genauer anzuhören und zu checken, ob Achim auch diesmal wieder ein super Gespür bewiesen hat. Und ja: so ganz falsch liegt er damit nicht! Ich höre zwar aktuell lieber etwas ruhigere Töne, aber was Ben Cook, der Gitarrist der Hardcore-Band Fucked Up da abliefert, ist schon richtig stark. Young Guv erfindet das Rad definitiv nicht neu (teilweise erinnert mich Guv I ziemlich an Fountains Of Wayne aus dem Jahr 1996), aber das ist egal, denn Powerpop kommt heutzutage oft viel zu kurz und die Vermischung von psychedelischen Elementen mit Shoegaze und britischer Popmusik klingt schon ziemlich sexy. Taugt. Sehr sogar.


Sedlmeir
Wichtig ist auch, wenn Musik sich nicht immer so ernst nimmt. Dann darf es auch vor Kitsch triefen, sodass es einem normalerweiser schaudert. Doch Musik ist halt auch dafür da, den Kopf mal auszuschalten. Das geht bei Sedlmeir immer gut. Sein Label Weltgast bezeichnet seine Kunst als Lo-Fi Chanson und das trifft herrlich zu. Wo Pathos und große Worte sich mit einem Augenzwinkern zusammentun, können wir nicht nein sagen. Ein leicht melancholisches Lächeln im Gesicht ist die logische Konsequent. So auch beim neuen Song Frau Mit Hund. Ich mag zwar keine Hunde, Haustiere generell überhaupt nicht, kann aber verstehen, was der Mann uns sagen will. Der Track ist Teil des am 27. September erscheinenden Albums Senioren Gegen Faschismus. Allein der Titel macht in höchstem Maße neugierig! Ab heute ist der Herr live zu sehen:

09.08.19 Kassel, Goldgrube
23.08.19 Dorsten, Bürgerpark Maria Lindenhof
13.09.19 Wuppertal, Die Börse
19.09.19 Hamburg, Damensalon
20.09.19 Plauen, Malzhaus
27.09.19 Berlin, Cortina Bob (Record Release Party)
03.10.19 Tübingen, Blauer Salon
04.10.19 Bamberg, Pizzini
25.10.19 Saarbrücken, Theaterschiff Maria-Helena
07.11.19 Unna, Spatz & Wal
08.11.19 Mönchengladbach, Blu Box Studio
09.11.19 Celle, MS Loretta
22.11.19 Altötting, Festsaal MKT
05.12.19 CH- Basel, Hirscheneck
06.12.19 CH-Zürich, Helsinki Klub
07.12.19 Freiburg, Slow Club



Niels Frevert
Da sind diese speziellen Künstler, bei denen die große Vorfreude auf neues Material mit unpathetischem Berühren des Herzen verbunden ist. Das war kürzlich bei Enno Bunger so. Und Niels Frevert schlägt in die gleiche Kerbe. Wir haben schon auf das neue Album Putzlicht, das am 6. September bein Groenland Records erscheint, hingewiesen. Und wollen das heute nochmal untermauern.
Denn es gelingt nicht vielen Musikern richtig gut über die Emotionen zu singen, die Musik an sich übermitteln kann. Frevert kann das. Und zwar richtig gut. Das Lied heißt Immer Noch Die Musik und verbindet Ton und Video richtig gut. Wer kennt es nicht, nach einem gebrauchten Tag im Auto (im Zug, auf dem Rad...) den Sound so richtig aufzudrehen, dass er einem gut tut, den Ärger des Tages vergessen lässt und auf das besinnt, was einem Energie gibt: Töne und richtig gute Worte. Anfang September darf man dann also ein großartiges Album erwarten! Hier die dazugehörigen Tourdaten, die man dringend wahrnehmen sollte:

09.10.2019 Essen, Zeche Carl
10.10.2019 Köln, Clubbahnhof Ehrenfeld
11.10.2019 Frankfurt, Nachtleben
12.10.2019 Münster, Gleis 22
16.10.2019 München, Orangehouse
17.10.2019 Dresden, Scheune
18.10.2019 Berlin, Heimathafen
19.10.2019 Hamburg, Mojo



Battles
Es ist immer spannend, wenn Bands einen eher projektartigen Charakter haben. Battles würden das sicherlich nie von sich behaupten, für mich macht es aber dennoch den Eindruck. Denn: Ian Williams und John Stanier sind die Köpfe der Band und offiziell auch ihre gesamte Besetzung. Mit Keyboards, elektronischen Geräten, Gitarre und Schlagzeug bewaffnet haben sie schon auf drei Alben bewiesen, was überwiegend instrumentale Musik zu bewirken vermag. Regelmäßig holen sie sich jedoch Unterstützung am Gesang - das meine ich der Projektartigkeit. Je nach SängerIn kann man dann halt doch sehr unterschiedlich klingen, und das macht neugierig. Am 18. Oktober erscheint ihr neues Werk Juice B Crypts über Warp Records. Mit Titanium 2 Step, wo Sal Principato singt, kann man schon reinhören. Was einen erwartet: pure Dynamik und kluges Arrangements, die extrem zum Tanzen einladen. Euer Glück, dass wir freitags selektieren!
Battles spielen dieses Jahr noch ein Konzert hierzulande:

23.10 - Berlin, SchwuZ



Rikas
Hier kommt der nächste Hype. Obwohl... der steigt schon seit mindestens einem Jahr. Seitdem sind Rikas auf jeden Fall mehr geworden als nur ein Geheimtipp auf Festivals und in den kleinen, schönen Clubs. Ich habe sie letztes Jahr schon zwei Mal mehr oder weniger zufällig gesehen und war total angefixt von der extrem tanzbaren Gute-Laune-Musik. Und das ist keinesfalls negativ gemeint. Ich bin immer froh, Bands zu entdecken, die einen schönen Gegenpol zu den kopflastigen Künstlern bilden (siehe Niels Frevert) ohne plump zu sein. In wiederkehrenden Abständen haben die vier Schwaben Singles samt Videos rausgehauen, doch nun ist es endlich soweit: Ihr Erstling Showtime erscheint am 11. Oktober und das gleich beim Major Sony. Natürlich schwingt da die Sorge mit, sofort ausverkauft und verramscht zu werden oder so dämlich-beliebig wie die zuvor gehypten Von Wegen Lisbeth oder AnnenMayBumsi. Daher freuen wir uns auf das Album, das uns mit schwingenden Tönen den Herbst versüßen wird und können jetzt schon mal reinhören: Fanny Pack Party gibt's hier! Und dann folgt eine weitere Rutsche an Tourdaten, obwohl die Vier schon pausenlos unterwegs sind!

12.11.2019 Erlangen, E-Werk
13.11.2019 Frankfurt am Main, Das Bett
15.11.2019 Saarbrücken, Studio 30
21.11.2019 München, Strom
22.11.2019 AT-Wien, Rhiz
23.11.2019 AT-Linz, Stadtwerkstatt
27.11.2019 Tübingen, Sudhaus
28.11.2019 Köln, Artheater
29.11.2019 Hannover, Béi Chéz Heinz
30.11.2019 Kassel, Schlachthof
03.12.2019 Münster, Gleis 22
04.12.2019 Bielefeld, Movie
05.12.2019 Bremen, Lagerhaus
06.12.2019 Hamburg, Molotow
07.12.2019 Flensburg, Volksbad
10.12.2019 Leipzig, Moritzbastei
11.12.2019 Dresden, Altes Wettbüro
12.12.2019 Berlin, Badehaus
13.12.2019 Würzburg, Jugendkulturhaus Cairo
14.12.2019 Stuttgart, Im Wizemann

Freitag, 2. August 2019

KW 31, 2019: Die luserlounge selektiert!

Bild: commons.wikimedia.org
(sb) Das war also die Woche, in der ein Arschloch ein Kind vor einen fahrenden Zug stieß. Die Woche, in der der Täter und seine Nationalität mal wieder wichtiger waren als das bzw. die Opfer. Die Woche, in der ekelhAfDe Politiker das Stock-Foto eines Kindermodels in den sozialen Medien verbreiteten und der dummen Bevölkerung weismachen wollten, es handle sich dabei um den getöteten Jungen. Die Woche, in der Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen ernsthaft die Aussage tätigte, er sei "sozial und damit eher links." Die Woche, in der ein vorbestrafter Ex-nach-Südafrika-Flüchtling und Montagsmarsch-Organisator eine schwedische Teenagerin aufs Übelste beleidigte, nur weil diese sich für den Umweltschutz und eine bessere Zukunft für die folgenden Generationen einsetzt.

Was ist nur los mit dieser Welt? Da läuft einiges gewaltig schief und die Spirale lässt sich nicht wirklich aufhalten. Sachdienliche Hinweise zur Verbesserung der Situation werden gerne entgegengenommen.

Bis dahin versorgen wir Euch natürlich gerne mit neuer Musik, denn: Es ist Freitag. Es wird selektiert.

Keele
So ganz neu sind Keele ja nun nicht, aber Kalte Wände (VÖ: 23.08.) ist tatsächlich erst das zweite Album der Hamburger. Und keine Frage: das Ding geht gut! Auch wenn ich kryptische Lyrics mitunter sehr gerne mag, überfordert mich das Album in einigen Passagen und ich denke, dass man schon Mitglied der Band sein muss, um so manche Metapher zu verstehen. Das liegt aber auch sicher daran, dass Keele auf ihrer Scheibe das Jahr 2018 Revue passieren lassen und Ereignisse reflektieren, mit denen sie selbst (oder zumindest ihr nahes Umfeld) konfrontiert wurden. Melodisch top, gesanglich auch sehr gelungen und textlich trotz der erwähnten Schwierigkeiten stark - taugt! Und sollte die Band das hier tatsächlich lesen: Geht es in Einer von den Großen um charakterliche Nullen, die ihr menschliches Versagen durch eine politische Karriere in einer NPD-liken Partei mit besorgtbürgerlichem Anstrich kaschieren wollen? Bin um eine Antwort sehr dankbar!

Live demnächst hier:

22.08. Hamburg, Nachtwache
12.09. Bremen, Capri Bar
13.09. Oberhausen, Druckluft
14.09. Düsseldorf, Spilles
27.09. Berlin, Schokoladen
28.09. Erfurt, Cafe Tiko
03.10. Jena, Cafe Wagner
26.10. Hamburg, Knust


Lagwagon
Seit 1990 (!) liefern Lagwagon feinsten Punkrock ab und an ein Ende ist nicht zu denken. Fünf Jahre nach dem Erfolgsalbum Hang lassen die Kalifornier nun Railer (VÖ: 04.10.) folgen und präsentieren darauf zwölf Songs, die die Skate Punk-Legenden auf einen Trip zurück in die Anfangstage der Band entführt. Mit Bubble erschien diese Woche die erste Single aus dem neuen Material und erinnert mich in der Tat an meine Jugend, in der Bands wie Pennywise, Millencolin und NOFX rauf- und runterliefen. Hach, was waren wir jung... Aber genug des Schwelgens in längst vergangenen Zeiten: Lagwagon liefern, überzeugen und machen Spaß. Viel Überraschendes sollte man allerdings nicht erwarten.

Für ganze drei Konzerte werden die Kalifornier auf ihrer bevorstehenden Tour auch im deutschsprachigen Raum Station machen:

17.11. Wels (AT), Alter Schlachthof
19.11. Berlin (DE), SO36
20.11. Münster, Skaters Palace


Jesse Barnett & Nathan Gray
Wenn sich die Köpfe von zwei erfolgreichen Post Hardcore-Bands zusammentun, um gemeinsame Sache zu machen, dann ist das per se schon mal sehr vielversprechend. Und wenn dabei dann auch noch so etwas Tolles rauskommt wie die Split EP (VÖ: 16.08.) von Jesse Barnett und Nathan Gray, dann wurden die Vorschusslorbeeren nicht umsonst verteilt. Sind beide sonst vornehmlich laut und treibend unterwegs, zeigen sie sich solo nun so persönlich und intim wie nie zuvor. Steht ihnen hervorragend!

Die Kooperation der zwei Sänger erweist sich als fruchtbares künstlerisches Neudenken, das seinen Ursprung bereits in der Begegnung der beiden auf einer gemeinsamen Tour vor einigen Jahren hatte. Mit ihren Hauptbands haben die Musiker indes schon wieder große Pläne: Gray spielt mit Boysetsfire im Herbst eine große Tour zum 25-jährigen Bandjubiläum und arbeitet parallel zudem an einem neuen Solo-Album. Barnett kommt mit Stick To Your Guns Ende 2019 erneut nach Europa, wo die Hardcore-Ikonen ihre zwei bislang größten Headline-Shows in Köln und Berlin absolvieren werden.


Grossstadtgeflüster
Die Elektro-Pop-Band aus Berlin schenkte uns überragende Hymnen wie Ich muss gar nix oder Fickt-Euch-Allee und meldet sich nun mit der Single Hallus zurück. Mit an Bord sind die Kollegen von Hgich.T, was auf etwas ziemlich Abgefahrenes schließen lässt. Und so ist es dann auch... Passt natürlich zu Grossstadtgeflüster, ist aber sicher nicht jedermanns Sache und reißt mich leider nicht wirklich mit. Das können die deutlich besser! Für das Video sollte zudem eine Epilepsie-Warnung ausgesprochen werden, aber das nur am Rande. Am 16.08. folgt zudem das neue Album Tips & Tricks - Termin selbstverständlich trotzdem vormerken!


No King. No Crown.
René Ahlig und seine Kollegen von No King. No Crown. begleiten uns schon das ganze Jahr mit ihrer wundervollen Musik und dem großartigen Album Smoke Signals. Auf Spotify hat diese Perle mittlerweile über 700.000 Aufrufe - Grund genug für die Dresdner, dem Titeltrack einen neuen Anstrich verpassen zu lassen! Makk liefert pünktlich zum Wochenende einen sommerlichen Remix von Smoke Signals ab und zeigt uns völlig neue Facetten des Songs. Toll bleibt toll bleibt toll.

Live gibts dann aber doch eher das Original und das solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen:

27.09. Suhl (DE), Kulturbaustelle
28.09. Jena (DE), Leuchtturm
19.10. Rorschach (CH), Treppenhaus
20.10. Luzern (CH), Schürr
21.10. Winterthur (CH), Monomontag
22.10. Darmstadt (DE), Schlosskeller
24.10. Tübingen (DE), Secret Show
25.10. Stuttgart (DE), Atelierkonzert
26.10. Dresden (DE), Altes Wettbüro


Thees Uhlmann
Die frohe Kunde vom neuen Album (Junkies und Scientologen; VÖ: 20.09.) hatten wir Euch ja bereits überbracht, schon heute gibt es den ersten Vorgeschmack in Form der Single 5 Jahre nicht gesungen. Merkt man nicht, klingt wie eh und je. Macht Euch ein Bier auf, Thees Uhlmann ist wieder da! Er wird in diesem Leben wohl nicht mehr der beste Sänger der Welt, aber darauf kam es bei ihm ja noch nie an. Diese Texte, diese Liebe zur Musik. Thees, es ist so, dass Du gefehlt hast. Ehrlich jetzt.


Refused
Apropos "gefehlt": Satte 16 Jahre (abzgl. einer einjährigen Reunion im Jahr 2012 mit insgesamt 84 Konzerten) mussten Fans von Refused auf ihre Lieblinge verzichten, ehe sich die Schweden 2014 wieder zusammenrafften, um gemeinsam zu musizieren. Dass die Band nachwievor eine Daseinsberechtigung hat und mitunter wichtiger denn je ist, zeigen nicht zuletzt die Lyrics, die man auf dem bevorstehenden Album War Music (VÖ: 18.10.) zu hören bekommen wird:

"We still believe that capitalism is cancer
and we still believe it can be cured.
We still believe that the patriarchy is cancer
and we still believe it too can be cured.
We still believe in the power of art to transform and expand the mind.
And last but by no means least:
We still believe in the total violent obliteration of the one percent.
Blood red until we're fucking dead.
Let's go.“

Bereits heute erscheint die erste Single daraus (Blood Red, siehe Video) und auch live werden die Mannen um Dennis Lyxzén dieses Jahr noch vorstellig:

04.11. Köln, Carlswerk
05.11. Hamburg, Große Freiheit
11.11. München, Tonhalle
12.11. Berlin, Huxley's Neue Welt


Kyles Tolone
Der PR-Text spricht von "aufbrausenden Schallwellen" und "mitreißenden Stromschnellen" - klar, es ist Agentur-Job, da große Worte zu finden und immer wieder für neue Superlative zu sorgen, aber manchmal ist weniger halt auch mehr. Denn Kyles Tolone haben es gar nicht nötig, sich hinter solchen Phrasen zu verstecken; vielmehr überzeugt das Quartett aus Göttingen durch sinnvolle Texte, die im Hier und Jetzt verwurzelt sind, eine solide Instrumentierung und eine kraftvolle Stimme, der man zu keiner Zeit anhört, dass es sich um ein deutsche Band handelt. Mein erster Gedanke war ja, dass Low Spirits & Fireworks (VÖ: 13.09.) nach Matchbox 20, aber ein bisschen härter klingt. Ich bin sehr, sehr positiv überrascht und der ein oder andere Track des Albums wird es sicher auf meinen Auto-USB-Stick schaffen und mich somit in Zukunft regelmäßig beschallen. Stark!

Wer sich das auch live anschauen möchte, hat demnächst hier die Möglichkeit dazu:

27.09. Köln, Tsunami Club
28.09. Frankfurt/Main, Ponyhof
23.10. Münster, Cafe Sputnik
25.10. Hamburg, Astra Stube
26.10. Hannover, Lux
28.11. Berlin, Sage Club
30.11. Göttingen, Exil