Wizo im Club Vaudeville |
Mein Sohn geht seit September in die Schule, der Kontakt zu seinem Kindergartenerzieher blieb jedoch Gott sei Dank bestehen. Super Typ, toller Musiker und ausgezeichneter Musikgeschmack. Frühkindliche Musikerziehung ist nicht zu unterschätzen und da wusste ich den Filius in besten Händen. Nur leider ist es so, dass wir hier am Bodensee etwas in der musikalischen Diaspora beheimatet sind und es höchstselten vorkommt, dass interessante Bands einen Zwischenstopp im Vierländereck einlegen. Wenn nicht mal ein Act im Dornbirner Conrad Sohm, auf dem Poolbar Festival in Feldkirch oder im Lindauer Club Vaudeville aufschlägt, wirds eng.
Letzterer bildet eine angenehme alternative und stark linksorientierte Alternative zum oberschwäbisch-allgäuerischen Konservatismus und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zum willkommenen Treffpunkt derer entwickelt, die bewusst anders sein wollen. Das Booking ist seit jeher exzellent und legt den Fokus auf die Bereiche Punk, Hardcore und Metal. So verwunderte es auch nicht, dass Wizo den Club Vaudeville auch auf ihrer aktuellen Tour beehrten und als Rantanplan als Support bekanntgegeben wurden, war klar: Da will ich hin!
Ein kurzes Schlucken war dann zwar nicht zu verhindern, als auf dem Ticket 40 Euro (!) stand, denn schließlich sind das 80 Mark und 550 Schilling, aber hey, was lacostet sie Welt? Auch Punks wollen (über-)leben und schließlich wird ja alles teurer. Ihr kennt das ja. Egal, Geld in die Hand genommen und hin da. Zur Belohnung gabs ein echtes Ticket, nicht so einen Drecks-Ausdruck - dass ich das noch erleben durfte!
Mittwoch Abend, der Club brechend voll, die Getränke fließen in Strömen und gleich drei Merchstände (beide Bands plus ein reiner Politik-Stand) laden dazu ein, seine Moneten loszuwerden. Dann aber rein und vor die Bühne, Rantanplan starten. Von der ursprünglichen Besetzung ist nur noch Sänger Torben dabei, die beiden Bläser waren noch nicht mal auf der Welt, als die Band 1995 gegründet wurde. Mit dabei damals übrigens auch: Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff, heutzutage mit Kettcar in ganz anderen Sphären unterwegs. Wobei auch Rantanplan mit ihrem aktuellen Album Ahoi einen Überraschungserfolg erzielten und in Deutschland auf Platz 11 charteten.
Vor über 20 Jahren sah ich Rantanplan in München und Maxhütte-Haidhof, nun also in Lindau. Endlich wieder! Die Alben der Hamburger hatte ich in der Zwischenzeit durchaus verfolgt, live ging es sich aber in all den Jahren aus diversen Gründen nicht aus. Umso größer war die Vorfreude und ich wurde nicht enttäuscht. Ein grandioses Set, in dem sogar Songs vom Debütalbum und von Samba, meiner Lieblingsscheibe von Rantanplan aus dem Jahr 2000, Platz fanden. Gepaart mit starken Ansagen überzeugte das Quintett das Publikum und ich bin mir sicher, dass viele von denen im Oktober wieder in den Club Vaudeville kommen werden, wenn Rantanplan als Hauptband zurückkehren.
Rantanplan in Lindau |
Bezüglich des Alters war ich im Publikum vermutlich ziemlich im Schnitt, aber es war schon schön zu sehen, dass sich auch viele Teens politisch eindeutig positionieren und bereit sind, sich gegen den Rechtsruck zu stellen. Wizo waren laut, die Zuschauer*innen teilweise jedoch noch lauter und krass textsicher - über sämtliche anwesende Generationen hinweg. So entwickelte sich ein sensationeller Konzertabend, an dem vermutlich alle auf ihre Kosten kamen. Ganz, ganz stark - und die investierten 40 Euro mehr als wert!
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