Samstag, 14. September 2024

KW 37, 2024: Die luserlounge selektiert

Quelle: pixabay.com
(Ms) Werbung! Ein guter Werbeslogan, der kann mir wochenlang im Kopf hängen bleiben. Dabei ist es meist nicht mal die TV- oder Handy-Werbung. Oft gilt ja auch der Leitsatz: Je dämlicher, desto einprägsamer. So verkauft Seitenbacher seit Jahren Müsli zu horrenden Preisen. Mjammjammjam! Am Donnerstagmorgen fuhr ein kleiner Laster mit Bremer Kennzeichen an mir vorbei und ich dachte: Genial! Ich würde es zwar nie essen, aber der Spruch ist so blöd wie super. Es ließ sich lesen: Immer eine Wurst voraus. Ja, wieso denn nicht?! Immer eine Wurst voraus. Da darf man nicht ins Hintertreffen geraten. So wurstlos. Sollte ich irgendwann mal wieder anfangen, Fleisch zu essen, rufe ich da an. 

Juse Ju
(Ms) Back to the Watt? Im August sah ich Juse Ju beim Watt En Schlick und es war ein kompletter Abriss und genau darauf angelegt! Hui, was hat der Jusmeister den Bass aufgedreht! Und dann noch in dieser schicken Möwenjacke! Jau, das hat richtig viel Spaß gemacht! Doch mit Spaß ist gerade nicht mehr viel. Dazu musste in Thüringen und Sachsen nichtmal gewählt werden. Schlimm ist es genug. Da lässt sich die Bundesregierung echt von den Parolen der AfD und Union treiben und will Grenzkontrollen einführen?! Hallo, was haben wir in Europa denn noch mal geschafft?! Das ist doch völlig krank und wirklich kein Grund mehr für Zynismus. Davon rappt Juse Ju ungewöhnlich aggressiv auf Das Ende Des Zynismus mit niemand geringerem als Wolf Biermann zusammen! Das geht nicht nur ab, sondern auch tief. Tief in die Magengrube, denn Recht haben die beiden auf jeden Fall! Und für dieses Video… ist er zurück nach Dangast gefahren?! Vom Schlicklevel könnte es passen.


Amanda Bergman
(Ms) Eine Tour abzusagen muss für KünstlerInnen ein ganz übler, harter Schritt sein. Ich kann es mir nur so vorstellen: Da hast du mitunter jahrelang an neuen Liedern gearbeitet, gefeilt, Ideen verworfen, andere konkretisiert und an den richtigen Akkorden geknobelt. Dann ist endlich alles so fertig, wie du es haben wolltest, ein Veröffentlichungsdatum steht fest, die Platten sind fertig gepresst, der Tourbus gebucht, die Städte schon mal ausgecheckt, die Crew heiß gemacht. Und dann - peng! Dann hat dein Partner einen schlimmen Unfall und die Prioritäten verschieben sich natürlich sofort in eine ganz andere Richtung. So geschehen bei Amanda Bergman, die erst vor Kurzem ihr Album Your Hands Forever Checking On My Fever veröffentlicht hat, was ganz großartig geworden ist. Nun muss sie aus diesem Grund ihre Tour absagen. Gute Besserung an ihren Partner! Dennoch (oder genau deswegen) hat sie vor ein paar Tagen ein neues Stück veröffentlicht, All Over Town. Ein Track, der wundervoll leichtfüßig ist, leicht wippen lässt und die Hoffnungen schürt, dass ihr Partner sich bald vollständig erholt und sie dann die Konzerte so richtig genießen kann!


Mine & Nicola Rost
(Ms) Was hat das zu bedeuten? Warum hat er das genau so gesagt? Was wollte sie mit dieser Geste ausdrücken? Warum hat er mir jetzt dieses Buch hier her gelegt? Warum will sie lieber mit ihren Leuten den Abend verbringen? Warum hat er mich gestern nicht in den Arm genommen, als ich das doch so offensichtlich brauchte?!
Puh, Fragen über Fragen. Unsicherheiten begleiten viele Beziehungen. Warum macht er/sie das jetzt auf genau diese Art und Weise und was will er/sie mir damit sagen? Vielleicht hat die Handlung des Gegenübers ja auch gar nichts mit mir zu tun. Alles ist möglich. Und so fängt man an zu rätseln wie ein Detektiv. Sucht Anhaltspunkte, Beweise, Indizien. So tun es Mine und Nicola Rost auf Was Hab Ich Nur Getan? Hier wird alles auseinandergebastelt. Diese Spurensuche kommt bestimmt vielen Menschen bekannt vor. Mine und Nicola Rost verpacken diese Schnitzeljagd in einen äußerst tanzbaren Popsong, auf dem die Synthies Pingpong spielen! Yeah!


Cave to Cosmos
(Ms) Das Gefühl der Einsamkeit in der großen Masse. Überall lachen die Menschen, nehmen sich in den Arm, stoßen an, erzählen sich Geschichten von früher oder jetzt, sind offensichtlich glücklich. Und ich stehe daneben und will dazugehören, Teil dieser Freude sein, doch es kommt einfach nicht an. Davon handelt Lament, die neue Single von Cave To Cosmos, die auf der letztjährigen EP Truth Waits In Deepest Nights erschienen ist. Dazu gibt es ein Video, das wie gemacht ist für den Inhalt des Tracks. Man sieht die Band über den Jahrmarkt schlendern, Emanuel Winkler, Kopf und Texter der Gruppe, singt seine Zeilen in die Nacht. Lange scheint die Dringlichkeit des Textes musikalisch gar nicht durchzuscheinen. Doch im letzten Dritten wird alles so dicht, wie man es zum Beispiel sehr gut von Get Well Soon kennt. Hui, was sich da für eine wunderbare Gänsehaut über meine Arme streift…


Pöbel MC
(Ms) Es wird wieder geballert! Jawoll! Prolliger Rap ist im Grunde genommen das allerletzte, was ich höre und hören will. Doch keine Regel ohne Ausnahme, denn Pöbel MC der beste Proll mit doppeltem Boden. Über zwinkernde Augen muss man beim Rostocker gar nicht mehr berichten, das ist längst klar. Die prolligen Tracks wie Afterworkrapper sind in meinen Augen umso stärker, weil er auch noch eine ganz andere Seite hat wie auf 90s OST. Doch die neue Single lässt mich einfach nur grinsend zurück, denn: „Kunst ist Kacken, nicht Arschkriechen.“ Kann man erstmal so stehen lassen und vielleicht sage ich das irgendwann mal meinen KollegInnen ins Gesicht, wenn mal wieder über sinnlose Dinge auf Konferenzen debattiert wird. Am 18. Oktober erscheint dann das neue Album Dr. Pöbel und könnte die Messlatte im deutschen Rap mal wieder ein wenig weiter nach oben schrauben.


The Deadnotes
(Ms) Nach der ersten Minute, die ich Reservoir von The Deadnotes hörte, dachte ich mir: Ja, ist echt richtig nett, aber packt mich nicht so. Ich hätte den Track abschalten können. Aber! Aber ich ließ das Video laufen, in dem Darius Lohmüller und Jakob Walheim irgendwo durchs Weserbergland (oderoderoder…) fahren. Und je länger ich den beiden dabei zuschaute und diese irre Freude in ihren Gesichtern sah, kam der Gedanke auf: Da steckt doch was drin. In diesem Track steckt doch eine Magie, die mich elektrisiert. Der Gitarrenriff, die hüpfenden Keyboardsounds, der Klang, der nach Sommer und einem großen Leben klingt. Im weitesten Sinne geht es auch darum, es (endlich) schaffen, mit einem Ex-Partner in Kontakt zu bleiben ohne Vorwürfe, ohne Schmerz, ohne Trauer und im besten Fall nur mit der Einsicht, dass es halt nicht geklappt hat, aber die Basis so gut ist, dass durchzechte Nächte kein Problem darstellen. Die beiden haben jüngst einen Vertrag beim Grand Hotel van Cleef unterschrieben und spielen ein paar Shows hierzulande, bei denen man sich überzeugen lassen kann, dass da was Großes schlummert, denn mit 600 Konzerten in ganz Europa haben The Deadnotes reichlich Rock‘n‘Roll-Erfahrung im Gepäck!

23.09. Berlin, Monarch
25.09. Bremen, Bürgerhaus Weserterassen
26.09. Cologne, Stereo Wonderland (ausverkauft)
29.09. NL – Utrecht, ACU

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