Freitag, 11. Februar 2022

KW 6, 2022: Die luserlounge selektiert

Quelle: microsoft.com
(sb/ms) Wie kann es sein, dass nun wieder Herbst ist? Wer hat an der Uhr gedreht, Fatoni und Edgar Wasser? Hm? Sechs Grad und Nieselregeln. Schönen Dank auch. Am Mittwoch bin ich durch dieses Wetter heim gedüst, Kapuze tief ins Gesicht, schneller in die Pedale getreten, um zügiger anzukommen. Ist ja auch ungemütlich. Auf dem Rad ist man schnell, zu Fuß kann es unangenehm werden. Doch dann sah ich auf der anderen Straßenseite MacGyver und wäre fast in die Böschung gefallen. Diese Person hat das Problem auf so abgefahren coole Weise gelöst, dass ich immer noch ganz baff bin. Dass da vorher noch keiner drauf gekommen ist. Bei Regen bietet sich die Nutzung eines Schirmes an. Klar. Doch dann können die Pfoten abfrieren, manchmal helfen da auch Handschuhe nicht weiter und mit so einer dämlichen Schirm-auf-der Mütze-Konstruktion will man ja auch nicht rumlaufen. MacGyver weiß sich ja immer mit den naheliegendsten Dingen zu helfen. Und das tat er auch bei Schietwettter. Der Kerl auf der anderen Straßenseite hat einfach den Schirm in seinen Rucksack gesteckt und war trocken inklusiver warmer Hände. Was für ein Genie! Ich bin immer noch Baff!

Clevere Musiktipps reichen wir hiermit nach. Herzlich willkommen und ab dafür:

Lena Stoehrfaktor
(ms) 1. Letztens ist Max Eberl, der Manager von Borussia Mönchengladbach zurückgetreten. Er führte in einer extrem emotionalen Pressekonferenz gesundheitliche Gründe an. Und wenn man diesen Menschen dann so sieht in diesem kranken Fußballbusiness, ist es einfach nachvollziehbar. Dass er die Stärke bewies seine Lage zu offenbaren, erntete viel Respekt! Zurecht. 2. Auf Lena Stoehrfaktor bin ich erst durch dieses Buch gestoßen. Finde ich gut. Lesend Musik entdecken. Schöne Verzahnung kultureller Ausdrucksformen. Sie ist schon ganz lange dabei und auf ihrem aktuellen Song Sonnenallee zeigt sie auch, woher sie kommt und wie ihre Rapgeschichte aussieht. Sehr sympathisch, auch wenn mich der Song nicht so wegbläst. Er sollte ursprünglich auf einer neuen EP veröffentlicht werden. 3. Das wird vorerst nicht passieren. Denn gesundheitliche Schwierigkeiten verhindern das. Gute und baldige Besserung an dieser Stelle. Das ist natürlich heftig und schlimm. Aber das Zeichen finde ich gut, dass Gesundheit immer noch wichtiger ist als jedes einzelne Lied. Alles Gute, Lena Stoehrfaktor.


Pöbel MC
(ms) Richtig gut. Das ist die Quintessenz. Und damit habe ich ehrlich nicht gerechnet. Nach den letzten Releases von Pöbel MC bin ich ein wenig skepisch geworden, es hat mich nicht mehr sooo begeistert. Zu kompliziert und gewollt und auch irgendwie gestelzt schien es mir. Klar, es ist sein Markenzeichen, möglichst sperrige Wortgebilde zu kreieren. Aber in meinen Ohren muss es auch zugänglich sein. Mit seiner heute erschienenen EP Backpfeife Auf Endlosschleife hat er mich wieder voll im Griff. Die Beats super austariert und die Texte (wieder) viel klarer. Der maskierte Rostocker, mittlerweile auch in Berlin bewahlheimatet, schlägt erneut zu und zeigt auf beeindruckende Weise, wie klug, umsichtig und dennoch/trotzdem sympathisch asi Rap sein kann. Ob es Battlerap ist der eine neue Bestandsaufnahme der Realität, Pöbel kann das alles. Super gut. Ich drücke ihm die Daumen, dass die folgenden Konzerte stattfinden können:

03.03.2022 Rostock - Peter-Weiss-Haus (Zusatzkonzert)
04.03.2022 Rostock - Peter-Weiss-Haus (Ausverkauft)
05.03.2022 Kiel - Die Pumpe
10.03.2022 Düsseldorf - zakk
17.03.2022 Berlin - Festsaal Kreuzberg (Zusatzkonzert)
18.03.2022 Berlin - Festsaal Kreuzberg (Ausverkauft)
19.03.2022 Jena - Kassablanca
24.03.2022 Bremen - Lagerhaus
25.03.2022 Hannover - Faust
26.03.2022 Dresden - Chemiefabrik
31.03.2022 München - Feierwerk
01.04.2022 Nürnberg - Desi
02.04.2022 Leipzig - Conne Island (Ausverkauft)
07.04.2022 Wien (AT) - Arena
08.04.2022 Augsburg - Kantine
09.04.2022 Stuttgart - Schräglage
22.04.2022 Saarbrücken - Studio30
23.04.2022 Frankfurt - Zoom
29.04.2022 Münster - Gleis22 (Ausverkauft)
26.05.2022 Basel (CH) - Hirscheneck
27.05.2022 Bern (CH) - Reitschule
28.05.2022 Zürich (CH) - Dynamo
09.06.2022 Hamburg - Uebel&Gefährlich (Nachholtermin)


Bugge Wesseltoft
(sb) Erst vor drei Wochen hatte ich Euch das wunderbare neue Werk von Ludovico Einaudi vorgestellt. Das läuft bei mir zuhause noch immer rauf und runter. Und doch ist es schon an der Zeit, Euch das nächste Piano-Album ans Herz zu legen. Bugge Wesseltoft stammt eigentlich aus dem Jazz, beweist aber auf Be Am (VÖ: 25.02.), dass ihm auch im klassischen Bereich keiner etwas vormacht. Zwar agiert der Norweger dabei extrem minimalistisch, jedoch zu keiner Zeit langweilig oder eintönig. Ganz im Gegenteil! Durch die in aller Stiller präsentierte Vielfalt gelingt es dem Künstler, eine Tiefenentspannung hervorzurufen, wie es nur die Klassik vermag. Wenn ich noch im Home office wäre, wäre das mein Soundtrack. Ganz, ganz großartig!


Jack Pott
(sb) Kennt von Euch noch jemand die Wohlstandskinder? Nein? Egal, aber die habe ich Ende der 90er echt geliebt! Auf jeden Fall aber waren die meine erste Assoziation, als ich in Bomben über Disneyland (VÖ: 18.03.) reingehört habe. Gut, der Eindruck verflog mit zunehmender Albumdauer, aber Jack Pott haben mir sehr eindrücklich vor Augen geführt, warum ich diesen deutschsprachigen Pop-Punk damals so gerne gehört habe. Catchy Melodien, ein eiskaltes Bier in der Hand und glückliche, feiernde Menschen um einen rum - und das Ganze in einem Club, in dem sogar die Wände schwitzen. Danke für die geile Zeitreise, ich fühlte mich nochmal gut 20 Jahre jünger.
Ach ja: Der damalige Sänger der Wohlstandskinder schreibt heute Hits für Wolfgang Petry, Udo Lindenberg, Christina Stürmer und Helene Fischer. Jackpot. Und da schließt sich der Kreis. Irgendwie.

 
Everything Everything
(ms) Auf wie vielen Partys war ich wohl schon? Puh, das ist sehr schwer zu überblicken. Und ich meine die, wo man gezielt in einen Club gegangen ist. Wobei... bei der kommenden Thematik kann auch ein Ereignis im Privaten gar nicht so ausgeschlossen sein. Ruft man sich Statistiken von sexuellen Übergriffen vor Augen, war ich sicher schon auf mehr Partys, auf denen sie stattgefunden haben, als mir lieb ist. Wer wird wo bedrängt? Wer wird vielleicht auch wo gegen den eigenen Willen festgehalten oder belästigt mit dämlichen Sprüchen oder auf dem Weg nach Hause verfolgt? Sicher traurigerweise mehr als genug. Genau darum geht es auf der neuen Single von Everything Everything. Auf Bad Friday schildern sie genau solch ein Ereignis der Übergriffigkeit. Schlimmer noch: Wie diese Vorfälle dann auch aus Opferseite bagatellisiert werden. Soweit darf es doch gar nicht kommen. Aber was habe ich als weißer, privilegierter Typ schon zu urteilen? Die Band aus Manchester kündigt mit diesem verhältnismäßig ruhigen aber krassen Song ihr neues Album Raw Data Feel an, das am 20. Mai erscheinen wird. Das könnte überragend werden!


Robert Glasper
(sb) Woohoo, das ist ja mal mega smooth! Zugegebenermaßen sind weder amerikanischer Hip Hop noch R'n'B oder Jazz meine bevorzugten Genres, aber diese unwiderstehliche Kombination auf Black Radio III (VÖ: 25.02.) hat mich von Beginn an überzeugt. Extrem entspannt (und entspannend), obwohl Robert Glasper wirklich was zu erzählen hat. Der Texaner macht das aber auf eine derart unaufgeregte Art und Weise, dass man sich gerne die Zeit nimmt und die Konzentration auf ihn richtet. So werden die Inhalte einprägsam und doch unterhaltsam transportiert - ideal. Auch die Auswahl seiner musikalischen Gäste (z.B. Gregory Porter, India Arie und Meshell Ndegeocello) ist absolut auf den Punkt. Ich hätte ja nicht gedacht, dass mich das Album so anspricht, aber das ist wirklich mal eine extrem positive Überraschung.
 

Still Talk
(ms) Machen wir eine kleine Zeitreise. Sagen wir in die Zeit des Musikfernsehens. Das war abenteuerlich. Meine Schwester und ich saßen echt sonntags bei ihr zusammen im Zimmer und haben VIVA Top 100 geguckt. Komplett. Wie verrückt ist das denn bitte? Was macht Mola eigentlich? Es war auch eine Zeit, in der Pop und Punk oft ineinanderfloss. Das machen Still Talk aus Köln jetzt auch. Was aufs erste Hören nicht direkt bei mir ankam, entwickelte sich zusehends. Nun erschien ihre erste EP mit dem griffigen Titel A Short Collection Of Songs About How Easily I'm Distracted. Das Quartett formiert sich um Sängerin und Texterin Tanja Kührer, die aus Österreich kommend am Rhein gestrandet ist. Die sechseinhalb Stücke sind mal ruhiger, mal komplett nach vorne dreschend, mal andächtig, mal wild. Sehr gut, sehr austariert, sehr Bock machend das mal live zu sehen. Auch textlich komplett überzeugend. Als bekennender Katzen-und-Haustier-Ablehner habe ich wenig Verständnis für das Video (andere Angelegenheit...), doch die Thematisierung von der Zerstörungskraft von psychischen Krankheiten ist wichtig. Oft werden sie leider unter den Tisch gekehrt, mit neunmalklugen Plattitüden weggewischt. Gefährlich. Gut, dass das hier aufgegriffen wird. Vorfreude auf Livetermine!


Fortuna Ehrenfeld
(ms) Vor einigen Jahren war ich bei einem Gesprächsabend mit Marcus Wiebusch in Essen. Es ging um sein Songwriting und die Wirkung seiner Lieder, solo und für/bei Kettcar. Nach seiner Art zu schreiben wurde gefragt. Wiebusch erklärte Bruce Springsteen zu seinem Vorbild, er würde ein Storytelling an den Tag legen, das Wiebusch im deutschsprachigen Musikraum vermisst. Sowas gäbe es vorher hier nicht. Dann schallte ein Protest durch den Raum mit den Worten "Was ist mit Fortuna Ehrenfeld?" Wiebusch meinte ungefähr: "Zum Glück gab es die zu dem Zeitpunkt noch nicht." Recht hat er. Denn was Martin Bechler in den letzten Jahren an Texten und Musik uns geschenkt hat, ist kaum auszuhalten. So bescheuert. So nah am Herz. So unpathetisch. So ergreifend. So unterhaltsam. So direkt. Und da ja immer noch Pandemie ist und Konzerte mal wieder verschoben wurden, aber Ideen sprudeln, kommt nun ein Solo-Album unter gleichem Namen mit dem sinnigen Titel Solo I. Klar, das wird großartig. Und ich freue mich insbesondere, da bei mir das letzte Fortuna-Album nicht soo gezündet hat. Brüsseler Platz ist der erste Vorgeschmack und haut komplett rein. Da ist das Charakteristikum der Band kulminiert in einem Lied. Das weiche Klavier. Der rauchige Gesang. Die unvergleichlichen Texte und das Gefühl, das dadurch heraufbeschworen wird. Enorm. "Komm, wir treten der Zeit in den Arsch und halten sie an." Da lasse ich lieber Bechler sprechen als mir was zusammenzustammeln:

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