Dienstag, 23. Juli 2024

Kiasmos - II

Foto: Maximilian König
(Ms) Wow, ist das raffiniert!

Oft war an dieser Stelle schon die Rede von heilsamer Wirkung von Musik. Immer noch bin ich fest davon überzeugt, dass dieser Zauber den Tönen innewohnt. Klar, Musik kann ohne Ende pushen, es möglich machen, Nächte lang zu tanzen oder Lästiges wie Putzen in ein kleines spaßiges Event zu verwandeln. Sie kann beruhigen und begleiten. Wir können weinen, wenn bestimmte Lieder laufen. 
Und sie kann den Kopf ganz frei machen, berühren, die Mitte finden lassen. Die Wege dahin sind vielfältig, sie können laut und leise sein, harmonisch oder verschoben. Doch wenn Musik heilsam sein kann, dann sind ihre Töne in den meisten Fällen sanft, zart und ganz ausgeglichen.

Genauso erscheinen die Melodien auf dem neuen Album von Kiasmos. Das Duo Janus Rasmussen und Ólafur Arnalds haben Anfang Juli II veröffentlicht, ihre neue Platte nach zehn Jahren! Das, was diese beiden Musiker auf ihren Stücken miteinander kombinieren, war neu und klingt immer noch ziemlich frisch. Organischer Techno, so könnte man vielleicht sagen. Rasmussens Erfahrungen als DJ und Arnalds Arbeit in der Neo-Klassik kommen hier krönend zusammen. Natürlich sind die elf neuen Songs alle sehr unterschiedlich, aber es ist ein klares Muster zu erkennen. Alle Stücke weisen einen oft recht rasanten, aber nicht allzu treibenden elektronischen Beat auf, der im Hintergrund wummert. Er ist klar, drängt sich aber nicht auf. Darüber, daneben, darunter schweben Melodien aus Klavier- oder Streicherklängen. Mal sind es auch elektronische Töne, die die Richtung angeben. Insgesamt ist es frech, wie gut das arrangiert ist, sich ergänzt, zusammen glänzt. Sehr raffiniert.

Zum Einen ist das exzellente Tanzmusik. Das beweisen die beiden seit vielen Jahren insbesondere live. Ihre Art des Techno ist keine offene Tür für den krassen Exzess. Viel mehr erlaubt diese minimalistische, reduzierte, aber sehr feine Art der elektronischen Tanzmusik das sanfte Hinübergleiten in einen anderen Zustand, einen Zustand des Glücks, der Ruhe, der Gelassenheit. Schaut man sich Live-Videos von Kiasmos an und dann in die Gesichter der Besucher, ist alles klar: Das tut einfach nur gut, ist heilsam. Hier findet keine große, ausufernde Party statt, sondern ein kollektives Grinsen der Zufriedenheit. Daher bin ich super gespannt auf ihren Auftritt beim Watt En Schlick in wenigen Tagen. Überaus raffiniert.

So ertönen auch die Stücke aus dem neuen Album. Die Tracks sind sehr entspannt, es wird einem sehr leicht gemacht, im Sound zu verschwinden. Ich persönlich finde es sehr müßig, einzelne Songs hervorstechen zu lassen. II ist meines Erachtens ein unsagbar gut gelungenes Gesamterlebnis. Es droht nie langweilig zu werden, jedes Lied hat seinen eigenen Charme, bietet die Möglichkeit, entspannt dazu zu tanzen oder allem Lärm da draußen für die Spielzeit mal eben zu entsagen. Heilsam eben. Und das alles ist wirklich sehr raffiniert!

27.08.2024 - Dangast, Watt en Schlick
20.09.2024 - Köln, Stadthalle
26.09.2024 - Berlin, Columbiahalle


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