Sonntag, 26. November 2023

Dagobert - Schwarz

Foto: Fritz Fechner
(Ms) „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.“ So hart, bitter und direkt hat es Paul Celan in seiner bekannten Todesfuge einst geschrieben. Bei seinem Gedicht über die Gräuel im Zweiten Weltkrieg lässt es einen heute noch erschaudern.
Weit vorher, mit völlig unterschiedlichen Anlässen und bis heute ist der Tod in der Kunst ein immer wiederkehrendes Motiv. Eines, das hart ist. Eines, das Angst macht. Eines, das aber auch Erleichterung versprechen kann. Denn sterben müssen wir alle, nur wie begreifen wir das eigentlich? Und wann? Lyrisch ist es seit jeher auch ein Motiv vieler Österreicher. Josef Winkler hat es sicher in seinem Werk auf die Spitze getrieben. Ständig spielen Todesfälle aus dem Heimatdorf und der Familie eine Rolle, niemals lässt es ihn los. Es ist ein biologisches Thema. Ein Theologisches und Philosophisches.

Irgendwo in diesen ganzen Sphären, die Bücher füllen, bewegt sich nun auch der Schweizer Sänger Dagobert. Am 24. November veröffentlichte er sein neues Album. Es heißt Schwarz und die neun neuen Lieder behandeln alle den Tod. Ein Konzeptalbum der ganz besonderen Art. Den poppig-schlageresken Touch, den seine Lieder immer schon hatten, sucht man hier vergeblich. Eher tritt er hier als Liedermacher, Chansonnier auf. Nicht nur das dieses endgültige Thema alle Strophen und Refrains durchströmt, auch die Arrangements folgen einem klaren Plan: Der Text soll im Vordergrund stehen. Daher gibt es keinen Rhythmus, kein Schlagzeug auf dem gesamten Album. Streicher, Flöten, Klavier, Harfen säumen Dagoberts Stimme, die ganz unterschiedliche Blickwinkel auf den Tod richtet.

Die Platte startet mit dem hymnischen Todessehnsucht. Schnell wird klar, dass die Texte hier wirklich von großem Gewicht sind und der Sänger sich von einer ganz anderen Seite zeigt. Ein Stück, in dem der Ich-Erzähler so am Boden ist, dass er sich nur noch den Tod wünscht, um endlich von allem erlöst zu sein. Da muss man erstmal schlucken, denn wesentlich fröhlicher wird es nicht. Auch nicht auf Dagobert Und Die Blumen, auch wenn der Titel ein wenig seltsam scheinen mag. Doch darin sucht er eine alte Bekanntschaft oder Liebe auf, extra mit einem Strauß Blumen in der Hand, doch niemand öffnet und die Blumen - wie auch derjenige, der sie fest hält - lassen darauf den Kopf hängen. Traurig, traurig.
Und doch kann der Tod auch schöne Seiten mit sich ziehen - ja, es ist kaum zu glauben. Natürlich lässt er verzweifeln und zu verstehen ist das alles eh nicht. Doch er kann auch ein Vehikel für starke, positive Emotionen sein und Anlass geben, der großen Liebe ein großes Lied zu schreiben. Stille Abenteuer ist so eines. Solch sanfte Zeilen folgen darin einander, die aufrecht und fest bezeugen, diese Liebe, die zwei Menschenleben begleitete, groß und wundervoll war.
Der Höhepunkt dieses außergewöhnlichen Albums ist die Rabensinfonie. In den anderen Stücken packt mich die Musik gar nicht mal so sehr, sie spielt ja auch keine so große Rolle. Hier sticht sie aber in gewaltigem Maße zu. Der schwarze Vogel scheint hier ein Zeichen des Todes zu sein und das gewaltige Arrangement untermalt, welche bittere Botschaft er mit sich bringt. Enden tut das Werk mit dem gleichnamigen Lied - Schwarz. Oft wird der Tod ja auch als der Ewige Schlaf bezeichnet, oder jemand Verstorbenes ist ‚friedlich eingeschlafen‘. Nur halt, dass diese Menschen leider nicht mehr aufwachen. Auch den Traum, den Dagobert zum Schluss hin träumt, ist hart, er schwelgt von der Schönheit des Lebens und der erfüllenden Liebe, die es gab. Doch so hart und bitter dieses Album auch begann, so schließt es auch. Denn der Ich-Erzähler wacht hier doch nicht mehr auf. Es bleibt alles schwarz.

Ja, das ist keine leicht Kost. Trotz allem hat mich diese Platte nicht runtergezogen. Viel mehr begeistert mich an den neun Stücken, von welcher Seite sich Dagobert auch zeigen kann und das hier sehr souverän tut. Das macht die Konzerte, die er kommendes Jahr dazu spielt natürlich sehr interessant. Wie startet man als Besucher in solch einen Auftritt und wie geht man raus?! Das alles kann nur die Erfahrung zeigen.

05.03.2024 Bozen, Parkhotel Mondschein
06.03.2024 Zürich, Bogen F
07.03.2024 Basel, Gannet
13.03.2024 Stuttgart, Merlin
14.03.2024 Karlsruhe, Kohi
15.03.2024 Mainz, Schon Schön
16.03.2024 München, Fat Cat
22.03.2024 Bern, Gaskessel
23.03.2024 Luzern, Neubad
27.03.2024 Bremen, MS Loretta
28.03.2024 Hamburg, Hafenklang
29.03.2024 Berlin, Colosseum
30.03.2024 Leipzig, Noch Besser Leben

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