Freitag, 11. Juni 2021

KW 23, 2021: Die luserlounge selektiert

Quelle: facebook.com/galerie23
(sb/ms) Zugegebenermaßen hatte ich diese Woche kaum Zeit. Eine Besprechung zum aktuellen Lambchop-Album wird demnächst erscheinen. Auch für Zeitunglesen, offline oder online, hatte ich kaum Zeit. Daher bin ich auch nur mäßig informiert, was folgende Behauptung anbelangt: Wo - verdammt noch mal - bleibt die Empörung? Wie kann es sein, dass dort gute Laune herrscht? Wie kann es, um alles in der Welt sein, dass da jetzt gejubelt wurde? Ich verstehe es nicht. Es geht mir nicht in den Kopf!!! Da wurde in einem Bundesland eine rechtsradikale, völkische, inhumane Kackpartei gewählt mit über 20% der Stimmen. Heißt: Jede fünfte Person, die wählen gegangen ist, hat Nazis gewählt. 2021. So ist es. Das ist Fakt. Amtliches Endergebnis ist das Fachwort dafür. Und was ist auf den Bildern zu sehen? Eine jubelnde CDU, eine wie immer depressive SPD, die es nicht schafft ihre eigenen guten Ideen und Erfolge auf Bundesebene als ihre zu verkaufen, eine Linke, die es nicht schafft seit vielen Jahren ihre zahlreichen sehr, sehr guten Ideen nahbar zu machen und eine aufstrebende Partei, denen ich die Daumen drücke, die sich mehr erhofft haben. Und dann grinst dieser dämliche Lindner in die Kameras und faselt was von Wirtschaft. Bah! Zwanzig Prozent für Nazis. Mitten in Deutschland. Ich krieg leider schon wieder derart das Kotzen, dass mir schwindelig wird. Sorry.

Zum geht's um Musik. Hier ist die luserlounge. Wir haben selektiert. Denn es ist Freitag! Ab dafür:

Oehl
(ms) Es gibt sehr gute Gründe, die Band Oehl sehr gut zu finden. Ich bin ihnen total verfallen. Los ging es mit Wolken, dann das Album, die Live-Show und nun die bald erscheinende EP 100% Hoffnung (VÖ: 2. Juli). Denn Ariel und Hjörtur haben es geschafft einen wirklich eigenständigen, neuen Klang zu kreieren. Das ist wundervollste Artpop-Musik, die immer wieder das Herz streift. Das liegt an den sanften, klugen Arrangements und Ariels phantastischem, lyrischem Talent. Auf der kommenden EP geht er vom klassischen Songwriting über zum Storytelling und es geht voll auf! 300.000 heißt das Stück, das seit letzter Woche zu hören und sehen ist. Ungewöhnlich: Es reimt sich ganz wenig. Gewöhnlich (für Oehl-Verhältnisse): Ariel nuschelt wieder so herrlich herum, dass es gar nicht so verkehrt ist, den Text einzublenden. Wichtig: Er spricht nicht so. Auch das ein tolles Alleinstellungsmerkmal. Worum geht es in dem Lied? Veruntreuung von Geld. Alles auf wahren Geschichten aus der jüngsten österreichischen Geschichte genommen. Den Rest erzählt das Stück selbst: Hören und staunen, wie empathisch er mit den Augen erzählen kann!
 
 
Matze Rossi
(sb) Er waristbleibt ganz klar einer der besten deutschsprachigen Sänger und Songwriter und daran ändert auch das neue Album nichts. Matze Rossi zieht auch auf Wofür schlägt Dein Herz (VÖ: heute!) alle Register seines Könnens und überzeugt vor allem textlich voll und ganz. Interessanterweise wurden gerade die beiden Tracks als Singles veröffentlicht, die mir am wenigsten gefallen. Aber klar: Das ist Jammern auf ganz hohem Niveau, denn auch diese beiden Songs (Die Vögel fliegen himmelwärts und Du weißt immer wie spät es ist) beweisen, dass Matze das Herz am rechten Fleck hat und seine Emotionen wunderbar in Worte fassen kann. Eindringlich und zugleich menschlich berührt Matze Rossi die Herzen der Hörer - und das seit vielen, vielen Jahren. Ganz ehrlich: Wenn ich mir einen Musiker aussuchen könnte, mit dem ich mich mal einen Abend lang an die Bar setzen und reden darf, dann wäre es der Herr aus dem fränkischen Schonungen. Beste Songs des Albums: Stadtflucht, Herz einer herzlosen Welt und das alles überstrahlende Vogelmann. Er schafft es einfach immer wieder, mich einzufangen...

Live und corona-konform demnächst hier:
 
13.06. DE - Köln Underdog Recordstore (StreamingShow)
09.07. DE - Welzin Kultursommer
10.07. DE - Schweinfurt - Stattbahnhof Biergarten
11.07. DE - Coburg Kunstverein
24.07. DE - Essen - Grend
25.07. DE - Braunschweig - Wolters Kultur Garten
30.07. DE - Würzburg - Kulturpicknick
31.07. DE - Haren - Uferklänge 2021
13.08. DE - Trier - Brunnenhof
14.08. DE - Kaiserslautern - Kammgarn
15.08. DE - Köln - VCA Buhmann & Sohn
17.08. DE - Hamburg - Schrödingers
18.08. DE  - Bremen - Tower
19.08. DE - Rostock - Fantasia
20.08. DE - Privatshow
21.08. DE - Beverungen - Orange Blossom Festival
22.08. DE- Oberhausen - Druckluft
27.08. DE- Bucha - Rusticus Festival

 
The Damned Don't Cry
(ms) Sechsundzwanzig Sekunden können viel aber auch gar nichts sagen. So bin ich mit einem Urteil aus diesem winzigen Eindruck auch noch sehr, sehr vorsichtig. Denn: Aus Koblenz kommen so gut wie immer gute musikalische Nachrichten. Dort hat Carlos Ebelhäuser her. Mit Blackmail und Scumbucket hat er selbst auf der Bühne stehend gezeigt, wie wuchtig Gitarren klingen können. Die andere Hälfte ist Ingo Drescher, der Gleiches mit Cuba Missouri getan hat. Logische Folge: Das, was sie nun zusammen unter den Namen The Damned Don't Cry machen werden, wird dicht und dynamisch. Die ersten sechsundzwanzig Sekunden klingen in meinen Ohren noch etwas seicht, aber das ist halt auch nur ein kurzer Ausschnitt. Vampire wird dann wohl die erste Single aus Doing, Making, Saying Things sein, die Ep, die im Herbst erscheinen wird. Könnte gut werden, oder?
 

Telquist
(sb) Ich gebe zu: Ich hätte nicht gedacht, dass Telquist in Albumlänge funktioniert. Aber hey, was der Regensburger Sebastian Eggerbauer da auf Wild-Haired (VÖ: 04.06.) abliefert, ist ganz großer Sport! Passt ja auch irgendwie, schließlich wurde das gute Stück bei Blickpunkt Pop, dem Haus- und Hoflabel der Sportfreunde Stiller, veröffentlicht. Das ist so unverschämt lässig und entspannt, dass man sich eine Couchlandschaft mit angrenzendem Pool und dem ein oder anderen Gin Tonic herbeisehnt. Hamma aber nicht und so müssen aufreizend coole Tracks wie Mojo, Taste oder Cheesy Cars für die Abkühlung sorgen. Jetzt brauchts eigentlich nur noch Sommer.
 

A Place To Bury Strangers
(ms) Unter der Woche kam ich nachmittags von der Arbeit, nahm mir ein Heißgetränk meiner Wahl, machte eine kleine Pause auf dem Sofa, um entspannt neue Musik zu lauschen. Dieser Plan schlug fehlt. Denn von Entspannung war überhaupt kein Anzeichen zu verspüren. Der Grund: A Place To Bury Strangers ballerte aus meinen Boxen. Zugeben: Ich kannte die Band bis dieser Tage nicht. Dass sie versuchen, die lauteste Band der Welt zu sein, leuchtet mir ein, während ich schon in ihre neue EP Hologram hören darf. Die fünf neuen Stücke erscheinen am 16. Juli auf ihrem neu gegründeten, eigenen Label. Da ich nicht genau was, Postpunk überhaupt sein kann, ist das Genre Noise viel griffiger, obwohl es so wahnsinnig gaga ist. Ja, es ist ziemlicher Krach, aber es ist geil. Mit Tempo, Wucht und reichlich verzerrenden Effekten. Wikipedia sagt, dass sie bekannt seien für ihre überaus lauten Konzerte. Das finde ich sympathisch. So etwas habe ich mal bei Mogwai erlebt, supergut! Fünf Stücke also, die düster aber mitreißend sind! Ganz in unserem Sinne!


Saint Sister
(sb) Seit Therapy? und Ash habe ich ja ohnehin ein Faible für Musik aus Nordirland, doch mit Saint Sister wissen nun auch zwei junge Damen zu gefallen, deren Genre so gar nichts mit meinen All-Time-Favourites zu tun hat. Atmosphärische Melodien, abwechslungsreiche und resonante Klanglandschaften, Synthesizer, Drumcomputer, aber auch Harfen, Streicher,  Klavier und andere Live-Band-Komponenten - das ist schon sehr stimmig, was Morgan MacIntyre und Gemma Doherty da auf Where I Should End (VÖ: 25.06.) präsentieren. Als Gast ist zudem Lisa Hannigan zu hören, die vor zig Jahren zusammen mit Damien Rice die Charts stürmte. Mehr als nur ein Geheimtipp!

 
Walking On Rivers
(sb) Indie-Pop, Indie-Rock. Klingt ausgelutscht, kann halt aber doch so mit das Schönste sein, was die Musikwelt zu bieten hat. Mit Walking On Rivers sorgt eine Band für eine überaus positive Überraschung, die man irgendwie gar nicht mehr so recht auf dem Schirm hatte. Die Dortmunder sind zwar alles andere als ein Newcomer, haben sich aber in den vergangenen Monaten doch neu erfunden und der modifizierte Style steht der Band ungemein gut. Catchy, herrlich melodisch, angenehme Stimme und geile Refrains. Läuft! Hört mal rein in die Time To Lose Control EP (VÖ: 04.06.) und lasst Euch begeistern.

Gibts auch live:

12.06. Dortmund, Westfalenhalle (Streaming Konzert)
06.07. Hamburg, Schrödingers im Schanzenpark
07.07. Köln, Kantine Open Air

 
KAFVKA
(sb) So, nun aber doch nochmal kurz zurück zum Einleitungstext dieses Artikels, denn genau mit dieser Thematik befassen sich auch KAFVKA auf ihrem neuen Album Paroli (VÖ: heute!). Und, Leute, das Teil ist ein Manifest! Da trifft Waving The Guns auf die Irie Révoltés und textlich wird ordentlich gegen Rechts ausgeteilt. Besonders der Titeltrack Paroli geht voll auf die 12 und fasst das politische Geschehen in diesem unseren Land treffend zusammen. Erfreulich natürlich auch, dass Sookee mal wieder am Mic zu hören ist, die zusammen mit Roger Rekless als Feature bei Alle Hassen Nazis einen Part beisteuert. Die Scheibe ist rund (im wahrsten Sinne des Wortes!), kommt ohne Schwachpunkte aus und stellt klar: Wir werden nicht nachgeben! Und: Gegen Rechts zu sein, bedeutet nicht automatisch, dass man linksradikal ist, sondern einfach nur "normal". Aber das werden die EkelhAfDen wohl nie verstehen... Als sehr gelungen ist auch das Semi-Ärzte-Cover SNL zu bezeichnen - siehe Video!

 
The Weather Station
(ms) Eines der Alben, die mich dieses Jahr schon so richtig umgehauen haben, kommt von The Weather Station. An diversen Stellen dieses Blogs habe ich bereits meine Faszination dargelegt. Tamara Lindeman hat mit Ignorance ein unfassbar feines, kluges, atmosphärisches und sehr kunstvolles Hörwerk erschaffen. Ein Glück, dass gute Musik immer noch erfolgreich ist, ohne überall zu charten und auf jedem Schrottsender zu laufen. Beweis: Die ersten Chargen Vinyl sind bereits ausverkauft und im Herbst gibt es eine passende Nachpressung, die ich allen Menschen mit Geschmack ans Herz lege. Ich muss da auch zuschlagen! Und es gibt noch mehr gute Neuigkeiten: Neben einem Sommer, in dem endlich wieder massig Konzerte stattfinden werden, werden bald wohl auch wieder Clubkonzerte möglich sein. Zu einigen kommt die Musikerin in unsere Hörweite! Besuchsempfehlung!

28.03.2022 - Berlin, Frannz Club
04.04.2022 - Hamburg, Nochtwache
05.04.2022 - Köln, Blue Shell
06.04.2022 - München, Milla

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