Foto: luserlounge |
Fangen wir vorne an, beim Davor. Naja. Mines aktuelles Album Baum hat mich gar nicht so sehr begeistert. Zugegebenermaßen habe ich mich auch nicht so intensiv damit auseinandergesetzt, weil auch der Drive zwischen Baum und mir ein wenig fehlte. Ja, ein paar gute Lieder sind wirklich darauf, die die ganze Klasse dieser Musikerin zeigen. Aber das war es auch (für mich). Dem kommt Folgendes hinzu: Im Herbst 2022 spielte sie das letzte Mal im Bremer Schlachthof und der Auftritt hat mich nicht so sehr gekickt. Das fand ich schade, denn ich hatte so Bock darauf. Zusammenfassung: Die Vorzeichen, dass mir der gestrige Abend gefällt, waren eher so mäßig.
Nächster Schritt. Das Dabei. Wow ist eigentlich gar kein Ausdruck dafür, was in den schönen Mauern des Schlachthofes passiert ist. Als Einstimmung auf den Abend hat Lie Ning gespielt. Da habe ich im Vorhinein reingehört und war sehr angetan. Leider hat es mich live dann nicht so sehr gepackt. Klar, seine Stimme ist von einem anderen Stern, alle, die etwas anderes behaupten, sind Banausen. Aber die Musik packte mich nicht so sehr. Soul, R‘n‘B, Pop. Irgendwo dort hält er sich auf. Er war auch unfassbar sympathisch, aber ich konnte mich nicht fallen lassen, die Musik berührte mich nicht so.
Nun gut. Das änderte sich dann in den darauf folgenden zwei Stunden, denn die waren auch von einem anderen Stern. Maßgeblich daran beteiligt war der richtig gute Sound! Nicht zu laut und richtig gut arrangiert! Denn der Klang von Mines Musik ist vielschichtig. Da spielt jeder gefühlt sieben Instrumente. Dass ein zweiter Drummer Teil der Band wurde, hat auch deutlich zur Energie des Abend beigetragen. Denn die stieg mit Mines Betreten der Bühne in wenigen Sekunden ganz weit hoch! Was für eine Präsenz, was für eine Ausstrahlung. Und das lag nicht am goldenen Mantel! Es ist mühsam, die Wucht ihrer Musik an einzelnen Stücken festzumachen, für mich ist es eher die Gesamterscheinung. Mine ist ein Ereignis! Die Arrangements ihrer Stücke sind so dicht, so fein, so gut durchdacht, es zeugt von sehr viel Können dieser Band, das so astrein auf die Bühne zu bringen. Und sie mittendrin. Sie lebt das, was sie komponiert und schreibt. Mit unfassbar viel guter Laune spricht sie zum schier unsagbar aufmerksamen Publikum, es wird alles eins. Und dann immer wieder ihre Halsschlagader, pumpt die Energie dorthin, wo alles benötigt wird. Wie sie dabei strahlt und lächelt. Wie sie auch weiß, dass der musikalische Plan zu 100 Prozent aufgeht. Bei den zittrigen Stücken wie Staub und den massiven Darbietungen wie Hinüber. Das ist so beeindruckend und es sieht so leichtfüßig aus. Mit Laserhandschuh, textsicherem Publikum, Duett mit Lie Ning, Baum mitten auf der Bühne.
Danach. Nicht nur heute, einen Tag danach, sondern gestern schon direkt vom Schlachthof nach Hause… Das war sehr besonders. Viel besser, intensiver als ihr letzter Auftritt in Bremen. Ein sehr guter Stein des Anstoßes, dass ich mir Baum doch noch öfter zu Gemüte führen sollte. Und die große, feste Überzeugung, dass diese Künstlerin vielleicht in der Form ihres Lebens ist, dass diese Band herausragend spielt, dass das wirklich große Kunst ist. Vielen Dank!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.