Doch das, was am Sonntagabend zu bestaunen war, war ein perfektes Match! Denn Brandt Brauer Frick haben in Bremen gespielt. Nicht irgendwo in Bremen, sondern im Kito!
„Wo?“, mag der geneigte Konzertbesuchende fragen. Genauso ging es mir anfangs auch, denn das Kito liegt etwas außerhalb von Lagerhaus, Tower, Schlachthof, Lila Eule und Co. Das macht unter Umständen die Anfahrt schon so atmosphärisch. Denn das Kito liegt im kleinen Hafenbereich von Bremen-Vegesack, also im Norden der Stadt, direkt an der Weser. Da kommt man auch per Fähre rüber und so ging es am Sonntagabend los. Das Kito liegt im dritten Stock eines alten Packhauses, hat also ganz schön Geschichte im Gemäuer. Die war auch sichtbar, schöne Holzbalken und eine hohe Decke umgaben den Saal, in den gut 120 Leute gepasst hätten, knapp 50 waren da. Das erstaunte mich schon, da das Trio ja schon recht bekannt ist, wenn man auf experimentelle Musik steht. Vielleicht lag es am Ort oder am Sonntag oderoderoder.
Die Menschen, die da waren, wurden richtig freundlich am Getränkestand bedient, durften sich setzen und hörten schon vor dem Beginn eine ganz tolle, stimmungsvolle Playlist!
Um kurz nach acht kamen die drei Herren dann auf die Bühne. Was in den zwei Stunden danach passierte, ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Zum Teil fehlt mir das technische Know-How um die Musik von Brandt Brauer Frick zu beschreiben. Aber ich nutze dennoch mal meine beschränkten Möglichkeiten. Was war zu sehen? Klar, das Foto zeigt dies und das. Ganz links stand Jan Brauer zum Einen vor einem Keyboard, zum Anderen neben einer Art Konsole mit allerhand Knöpfen und Schaltern. Daraus sollte im Laufe des Abends eine Menge Wumms erschallen. Bass vor allem. In der Mitte stand Daniel Brandt mit zwei Drumsticks in der Hand und allerhand analogem aber noch viel mehr digitalem Percussiongedöns. Neben der Trommel und High-Hat entlockte er all möglichen Oberflächen die verschiedensten Sounds! Rechts an der Bühne war Paul Friedrich Frick zu finden, der auch mit Keyboard und allerhand Kram zum Drehen, Drücken, Schalten gewappnet war. Das war zu sehen.
Was dann allerdings zu hören war, war enorm. Im Grunde genommen spielen sie live Techno mit allerhand Samples klassischer Instrumente. Das macht den akustischen Reiz aus. Das Explosive an ihrem Auftritt waren jedoch die Dynamiken, die innerhalb der Songs entstanden. Insbesondere Daniel Brandt trommelte wie ein Uhrwerk. Natürlich gab er den Takt, die Geschwindigkeit an, auf der anderen Seite spielte er auch immer wieder gegen den Rhythmus, brach ihn und stieg später wieder ein. Das war äußerst faszinierend. In meinen Augen sah er anfangs ein wenig schlecht gelaunt aus, aber im Laufe des Abends habe ich verstanden, dass er einfach nur wahnsinnig konzentriert war! Nachvollziehbar. Jan Brauer und Paul Friedrich Frick gaben sich mit Melodie, Samples, Bass und einer weiteren Portion Rhythmus die Klinke in die Hand. Was sie gut zwei Stunden spielten war unglaublich genau. Teilweise sogar streng. Doch dann auch wieder völlig verspielt, stetig voller Energie, Wumms. Es war schon eine große Party, keine Frage. Nach und nach haben sich Leute getraut, aufzustehen und zu tanzen. Das war vielleicht der einzige Nachteil der Location, dass es bestuhlt war. So fehlte ein wenig die Nähe zwischen Band und Publikum. Tanzend konnte auch ich die Musik viel besser aufsaugen, denn sie geht ganz automatisch durch den Körper! Viele Lieder gingen ineinander über, wie ein DJ-Set. Doch das war alles live.
Ihre Lieder wiesen ganz verschiedene Facetten auf. Oft fühlte ich mich wie auf einem dystopischen Weltraumtrip. Viel Ungewissheit, Dunkelheit, Neues, viel Geschwindigkeit. Dann kamen wieder Phasen der Erholung, Melodien, die Helligkeit brachten. Apropos Licht: Das flackerte und ballerte sehr ordentlich an dem Abend. Was ein paar Strobos anrichten können…
Elektrisierend waren vor allem die vielen gegenläufigen Elemente ihrer Musik. Das Schlagzeug spulte einen Rhythmus ab, die Melodie griff sie auf, der Bass untermauerte sie, dann änderte sich der Rhythmus und der Rest folgte wie ein ganz langsames Domino, das in sich aber stark vibrierte, bebte, mitriss. Viele Dissonanzen, Verschiebungen. Ja, das kann durchaus als anstrengend wahrgenommen werden, zwei Besucher neben uns sind auch nach der Hälfte gegangen.
Aber wer sich auf die Musik, die Energie, die Bilder von Brandt Brauer Frick einlässt, wird reich beschenkt und mindestens für zwei Stunden in ein ganz anderes Universum mitgenommen! Was für eine unfassbare Kunst, was für eine Idee, so Musik zu machen. Das war richtig stark!
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