Freitag, 28. April 2023

KW 17, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: br.de
(Sb/ms) Mit dem Rücken zum Fenster gewendet, saß ich am Montag im Lesesessel und entspannte mich ein wenig nach der Arbeit. Ein paar Planungen, ein paar Ideen schwirrten durch den Kopf, ein wenig runterfahren und sich auf den Abend freuen. Doch nach einem recht harten PENG an der Scheibe, war ich hellwach. Schaute auf den Terrassenboden vor dem Fenster und sah dort eine kleine Meise liegen. Sie zuckte ganz verzweifelt. Hilflos sah ich ihr dabei zu. Wie die Zuckbewegungen schwächer und weniger wurden und schließlich aufhörten. Der kleine Fratz war tot. Was tun?! Draußen regnete es wie in Strömen, aber ich konnte ihn da auch nicht alleine lassen. Also schnell Jacke über und Schuhe an und ein kleines Loch gegraben und die kleine Meise hinein verfrachtet und zugebettet. Da liegt sie nun. Das arme kleine Ding. Traurig war ich. Ganz schön traurig. Der kleine Vogel. Und - ungelogen - taperte eine halbe Stunde später eine andere Meise durch den Garten. Vielleicht suchte sie ja ihren Freund. Ach, herrje. Da muss mal schnell Musik an, sonst kullert mir noch eine Träne über die bibbernde Wange…

De Staat
(Ms) Letztens war ich beruflich im Kino. Ja, das geht. Es lief der Animationsfilm Alles Steht Kopf. Es geht um das Innenleben eines Teenager-Mädels, die langsam pubertär wird und wo sich Verhaltensweisen ändern. Die Handlung findet in ihrem Kopf statt. Dort, in der Schaltzentrale, bedienen die fünf Grundemotionen Angst, Sorge, Ekel, Wut und Freude ihre Handlung und Reaktionen. Diese fünf kleinen Wesen hatten je nach Emotion eine unterschiedliche Farbe. Ekel war grün, Sorge dunkelblau. So halt. Ob die niederländische Band De Staat den Film gesehen hat, weiß ich nicht. Aber es könnte ziemlich gut passen. Denn im letzten Jahr haben sie drei EPs veröffentlicht. Alle hatten den Namen einer Farbe, Yellow, Red und Blue. Jede EP bestand aus fünf Stücken und sollte aus einer bestimmten musikalischen Seite der Band bestehen. Yellow für Fröhlichkeit, Blue für das Melodische, Red für den zornigen Part. Nun sind alle drei EPs zu einem Album verschmolzen, das selbstredend Red, Yellow, Blue heißt und am 2. Juni erscheint. Für all die, die die EPs nicht einzeln besitzen. Zugegebenermaßen kannte ich die Band gar nicht so sehr, doch diese Platte holt mich ganz schön ab. Das Quintett macht deftig elektronische Musik mit viel Bass, Synthies und Rhythmus. Es klingt wie ein Mix aus Gorillaz, Everything Everything und C2C. Das ballert mitunter recht ordentlich und macht ungeheuer Laune, es immer lauter und lauter zu drehen. Eine richtig tolle Entdeckung, über die ich mich sehr freue. Noch toller wäre es natürlich, wenn die Band demnächst hierzulande live zu sehen wäre.


Karies
(Ms) Okay, über die Genialität des Bandnamens muss man ja eigentlich gar nicht berichten. Aber das ist schon ganz schön ausgefuchst, oder? Karies! Was für ein brutaler Name. Tut ja direkt höllisch weg und erinnert daran, dass der letzte Zahnarztbesuch viel zu lange her ist. Erwarten würde ich als erstes krawalligen Punkrock oder sehr programmatische Ablegermusik von Tocotronic. Beides ist nicht der Fall. Post-Punk, verlangsamter New Wave. Sowas. Elektronisch, mitunter düster, fast schon etwas psychedelisch an einigen Stellen. Das weiß sehr schnell zu gefallen. Im März ist ihr neues Album Tagträume An Der Schaummaschine I erschienen, und das müsste der Gagahaftigkeit des Titels zufolge von Schlammpeiziger geklaut sein. Zugestehen muss ich aber auch, dass ich gar nicht mal so sehr auf den Text achte (das ist sicher woanders besser nachzulesen). Denn die Musik zieht mich in einen abenteuerlichen Bann, auch wenn sie oft gar nicht so ausgefallen ist. Eher die phasenweise dynamische Monotonie packt mich, wenn die Gitarre mal den Ton angibt, dann wieder der Rhytmus, dann wieder die Synthies. Das passt alles sehr gut ineinander, ist wunderbar verwoben. Hört, hört:


Jungstötter
(Ms) Wie viele Bands haben allein wir schon in den letzten Jahren ganz weit nach oben geschrieben. Gemeint, dass das bald überall laufen wird. Oder zumindest auf den geschmackvollen Indiepartys. Doch manchmal sind es nicht nur die ganz kleinen Blogs, dann sind es auch mehr, die schreiben. Und bei Sizarr waren sich vor vielen Jahren sehr viele Schreibende einig: Das wird was, das wird knallen. Ja, es wurde etwas. Aber nur recht kurz. 2018 löste die Band sich auf und ihr Sänger Fabian Altstötter ist seitdem aus Solopfaden unterwegs und zeigt allein, wie wunderbar seine Stimme erklingen kann. So zart, zerbrechlich und manchmal auch kräftig und doll. Jungstötter heißt sein Projekt, nun gut. Heute erscheint sein zweites Album One Star. Und es ist wirklich toll geworden. Platten, auf denen Künstler mehrere Seiten zeigen und bei denen immer noch ein roter Faden zu erkennen ist, sind die, die in meinen Ohren Qualität zeigen. Können. Wissen um Musik. Und genau das ist hier der Fall. Genau deshalb ist dieses Album so schön! Die zarten Seiten machen mir das Herz schwer, die dollen blitzen und donnern durch meinen Körper. Und das kann ganz wunderbar direkt nacheinander geschehen. Wow! Hier empfehle ich dringend, sich in Ruhe in das Album reinzuhören, da es meines Erachtens sonst Gefahr läuft, zu schnell da Acta gelegt zu werden. Also: zurücklehnen, Kopfhörer auf, Augen schließen und drauf einlassen!


Kati von Schwerin
(Ms) Oft finde ich es kaum auszuhalten, wie unfassbar gemein diese Welt ist. Ich könnte echt daran zu Grunde gehen. Seit mindestens siebzehn Jahren höre ich aufmerksam Musik und bin richtig gerne auf der Suche nach dem, was sich richtig lohnt, dafür die Ohren zu spitzen (aus meiner Warte, klar). Es ist und bleibt einfach zu wenig Zeit, um sich alles anzuhören. Und wenn man dann etwas gefunden hat, das sofort richtig berührt und wo die Kinnlade offen steht, dann muss ich davon berichten! Heute: Kati von Schwerin. Was für ein bezaubernder Name. Und was für kraftvolle Musik, von der ich vorher noch nie gehört habe. Mary‘s In Need zum Beispiel ist nah an Kat Frankie dran. Genau im richtigen Maß opulent und sehr dynamisch. Mir gefällt, wie geschmackvoll die Streicher eingesetzt sind. Auch die Bläser spielen sich nie in den Vordergrund, sondern geben dem Lied genau die Power, die es braucht. Das ist wirklich außergewöhnlich rund, was hier zu hören ist, begeistert mich beim ersten Hören! Zum Glück ist vergangene Woche ihr neues Album erschienen. Bitte hört euch Welcome Back Home an, es ist ganz große Musik, der vielleicht noch etwas die Reichweite fehlt. Aber das ändern wir jetzt, oder?! Genau!


Gregor McEwan
(Ms) Selbstredend ist eine der schönen Herausforderungen beim Schreiben, dass es möglichst abwechslungsreich ist. Schon oft haben wir über die vielen wunderbaren Lieder von Gregor McEwan geschrieben. Und über seine Wahl zu diesem super Künstlernamen. Nun hat er wieder ein neues Stück für uns. My Little Girl ist ein herrliches Liebeslied, weil es so ehrlich ist. Gott, was ist diese Welt kompliziert. Der Text scheint so wahnsinnig leicht zu sein, aber er ist es nicht. Die präzise gewählten Worte sind der Kniff, die das Lied ganz groß werden lassen. Und an dieser Stelle muss mal erwähnt werden, wie toll seine Stimme eigentlich ist. Auf der einen Seite so schön sanft, dann auch immer wieder klar, manchmal kommt eine etwas knarzige Seite durch, dann wieder hell und strahlend. Noch Toller: Die leichte Verzweiflung, die dem Text ja auch irgendwo innewohnt, kommt durch seine Stimme einfach perfekt raus! Das ist Kunst, das passt einfach komplett! Woha, hört es euch bittebittebitte an: 

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