Donnerstag, 6. Oktober 2022

Yasmo & Die Klangkantine - Laut und Lost

Foto: Caro Pernegger
 (ms) Editors. Wanda. Björk. Kraftklub. Der Herbst diesen Jahres scheint eine Zeit der großen Bands zu sein, die neue Alben rausbringen. Die Frage ist nur, wie überzeugend sie sind. Welche Aussagen sie haben. Wie viel Drive drin steckt. Wie viel Leidenschaft. Nein, das will ich denen allen nicht absprechen, um Gottes Willen. Doch wenn ich mir den Releaseherbst anschaue, ist da eine Platte, die mich ziemlich schnell begeistert hat. Sie ist so frisch, ja, spritzig. Originell obendrein. Sie hat Drive und Dynamik. Es ist so viel Freude, Ernsthaftigkeit und Passion zu hören. Da steckt so viel hörbare Liebe zur Musik drin, dass dieses Album mich unfassbar schnell überzeugt hat und nicht nur, weil darauf zu hören ist, wie die Sängerin grinst beim Singen. Nein, es geht um so viel mehr auf Laut Und Lost, dem neuen Album von Yasmo und ihrer Band Die Klangkantine. Dass sie mit ihrer tollen Platte nicht die Charts umwerfen, wissen sie selbst. Darum geht es ja auch gar nicht. Es geht um Haltung, Liebe, Aufrichtigkeit, Freude. Hier geben sich Urban Brass, feministisches Empowerment und Poetryslam die Klinke in die Hand.

Wie bitte?! Ja! Die Wienerin Yasmo ist nicht durch Battlerap zum HipHop gekommen. Wobei… Irgendwie ist Poetryslam ja auch Battle. Nur nicht so vulgär. Viel feiner halt. Und vom feinen Wort zum fetten Bass ist es nun mal nicht so weit und so ist das bereits das dritte Album, das sie diesen Freitag (7. Oktober) veröffentlicht. 12 wunderbare Lieder stecken auf Laut Und Lost. Vielseitig im Klang, abwechslungsreich in den Themen. So, dass diese Platte ein wunderbar kurzweiliges Hörerlebnis ist, das nachwirkt. Ja, das geht.

Und das liegt vor allem in der Klarheit des Vorgetragenen. Es ist cool, eindringlich und kommt von Herzen. Beispielsweise, wenn sie auf Rich darüber singt, dass Care-Arbeit immer noch nicht anerkannt, geschweige denn entlohnt wird. Da niemand dafür dankt, es keinen gesellschaftlichen Ausgleich gibt, bleibt nichts anderes übrig, als stark, aufrecht und verbündet zu sein. Ja, gemeinsam stark sein mit erhobenem Haupt!  Ja, viele Lieder sind ein fettes feministisches Manifest. Vielleicht braucht es den wummernden Bläsersound, damit in den männlichen Köpfen das Mein Nein endlich mal durchdringt. Wir Typen haben kein Recht darauf, andere einfach anzufassen. Punkt. Nein heißt Nein - hier sogar zum tanzen!
90 Kind wiederum ist die coolste Art der Nostalgie, die ich je gehört habe. Hier geht es nicht darum, dass etwas von früher vermisst wird, um es wieder zu haben. Es war halt anders. Und es war echt cool, eine super Zeit zwischen Mini Playback Show und Prince Of Bel Air. Und dieser smoothe Beat nimmt dem Thema endlich mal einen bescheuerten Samstagabend-TV-Blödel-Charakter. Auf keinen Fall möchte ich die Jahre meiner Kindheit zurück haben, toll war sie dennoch. Beides geht.
Am besten gefällt mir, wie druckvoll, mit heftig satten Beats ihre Forderungen vorgetragen werden. Block ist auf der einen Seite eine unumkehrbare Ansage ans Tanzen. Auf der anderen Seite gibt es nicht nur männliche Idioten, die weibliche Neins im analogen Leben überhören, sondern die ihren Kreuzzug im Internet fortführen. Yasmo blockt die toxischen Typen mit einem überirdischen Song. Richtig so!
Thema Musik aus Österreich: Vielen Bands ist es ja enorm anzuhören, woher sie kommen. Yasmo nicht. Sie könnte genauso aus Frankfurt oder Hamburg kommen. Doch auf Haut verrät sie sich. Auf diesem bockstarken Track nutzt sie das Wort ‚leiwand‘. Offensichtlich eine Vokabel, die gepusht wird. Oder, Voodoo Jürgens und Marco Pogo?
Sehr gut gefällt mir ihre Smartphone-Kritik auf Cheese. Dabei geht es ja noch nicht mal darum, dass wir viel zu viel an der kleinen Mattscheibe kleben, sondern dass es dabei meistens auch nur um einen selbst geht. Gefallen-wollen des Individuums auf bilderlastigen Plattforen um jeden Preis. Was für ein Quatsch…
Und dann kommt Denk An Dich. Bam! Was für ein wunderschönes Lied. Aufdrehen, aufdrehen, aufdrehen. Bitte. Wie sie hier mit lieben Worten umgeht, ist beeindruckend. Es hört sich so unglaublich leicht an. Was für eine irre Hymne auf Freundschaft. Auch auf solche, die auf Distanz aufrecht gehalten wird. Nein, es ist kein romantisches Liebeslied. Es ist viel tiefer. Und da steckt etwas in ihrer Stimme, das mir sagt, dass es ihr ungeheuer wichtig ist, diese Zeilen zu singen. Aufrichtigkeit, Eindringlichkeit, Ehrlichkeit. Wow!

Auf dieser großartigen Platte stecken noch mehr Tracks, die mich umwerfen, umhauen, begeistern, berauschen. Die Kombination aus dem poppigen Urban Brass und Rap ist musikalisch schon ungeheuer stark. Obendrauf ihre fulminanten, überzeugenden, aufrechten, starken Texte. Wie sehr wünsche ich ihr angemessenen Erfolg mit diesem wundervollen Album! Auch wenn Freiburg und München auf der kommenden Tour die nördlichsten Haltestellen sind: Hin da! Und vielleicht kommt die wunderbare Yasmo mit ihrer energiegeladenen Klangkantine kommendes Jahr noch ein wenig weiter! Ich bin sofort da!

11.11.2022 - Kammerlichtspiele Klagenfurt
12.11.2022 - frei:raum, St. Pölten
01.12.2022 - Porgy & Bess, WIEN
02.12.2022 - Porgy & Bess, WIEN
14.12.2022 - Milla Club, München
15.12.2022 - E-WERK, Freiburg





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