Freitag, 16. September 2022

KW 37, 2022, Die luserlounge selektiert

Quelle: kidsmathgamesonline.com
(Sb/ms) Kaum zehn Meter geht der Mensch an der frischen Luft, ohne mit Werbung zugeballert zu werden. Von wirklich guter Werbung in den Straßen meiner Wahlheimat bin ich großer Freund, nur ist sie oft viel zu plump oder billig. Wenig Kreativität oder Pfiff ist zu sehen. Da sind manche Aufschriften auf Firmenautos oder -LKW wesentlich besser. Ein Design hat mich unter der Woche aber ziemlich ratlos zurück gelassen, ich weiß nicht mal, ob das überhaupt Werbung war. Ja, also schon. Aber die Werbung auf dem LKW hat hoffentlich nichts mit dem transportierten Inhalt zu tun. Das wäre schockierend und höchstgradig verwirrend. Leider konnte ich vor lauter Staunen auch nicht erkennen, wofür dieser LKW tatsächlich durch die Gegend fährt. Dein Aufschrift war nämlich groß und eindeutig: der Organspendeausweis. Klar, eine super Sache, keine Zweifel. Doch was war in dem 15m-langen Anhänger drin? Ausweise? Organe? Unfallopfer? Ohgottohgott. Ich will gar nicht weiter nachdenken. Auf der anderen Seite muss ich konstatieren: wirkmächtige Werbung!

Yasmo & Die Klangkantine
(Ms) Hach, ich liebe die Kreise, die die Musik zieht. Und die Wege, auf denen ich wirklich tolle KünstlerInnen entdecken kann. Hier ist eine Geschichte: Letztes Jahr erschien der sehr gute Sammelband Awesome HipHop Humans von Sookee und Gazal. Mannigfaltige Wege quer-feministischen Raps im deutschsprachigen Raum, die dort aus erster Hand berichtet werden. Die Steine, die im Weg legen, in den Weg gelegt werden und dann kraftvoll beseitigt werden. Bei der Lektüre hat mich der Beitrag von Yasmo direkt angesprochen, extrem lesenswert ist ihre Geschichte. Als Kind mit migrantischer Geschichte, der Liebe zur Sprache, zur Performance. Über Poetry Slams zur Musik. Richtig genial, da die Songstruktur eine andere ist. Beim ersten Hören fand ich es etwas gewöhnungsbedürftig, da mir die Spoken Word-artige Darbietung von Text im Rap so noch nicht untergekommen ist. Der kurzen Eingewöhnungsphase folgte die blanke Begeisterung. Nicht nur ihre Texte sind großartig, aufrichtig, teils hart, manchmal unterhaltsam, immer ehrlich. Auch die musikalische Umsetzung ist großartig. Kein DJ, der im Hintergrund an den Turntables dreht. Nein. Ihre Band ist die Klangkantine. Brasssound! Yeah, man. Das knallt richtig geil. Am 7. Oktober erscheint ihr neues Album Laut Und Lost und könnte phantastisch werden! Rap mit Haltung, Raffinesse und endlich mal wieder ohne Autotune-Kacke. Passend zur Ankündigung kommt mit 100K eine neue Single raus. Der Feature-Part von Mila Lu Kovacs gefällt mir nicht so sehr, aber wurscht, Musik ist und bleibt Geschmackssache. Das hier wird wohl ein tolles, tolles Album werden! Und ich hoffe inbrünstig, dass die Wienerin nach der Tour nördlicher als München auftreten wird.

10.11. - LINZ » Posthof Linz
11.11. - KLAGENFURT » Kammerspiele Klagenfurt 
12.11. - ST. PÖLTEN » Freiraum St. Pölten
17.11. - DORNBIRN » Spielboden Dornbirn
18.11. - INNSBRUCK » Treibhaus Innsbruck
23.11. - SALZBURG » Arge Kultur 
01.12. - WIEN » Porgy & Bess 
02.12. - WIEN » Porgy & Bess 
14.12. - MÜNCHEN » Milla Club



Pascow
(Ms) Im Vergleich zur Zeit, die es diese Band gibt, hat sich meine Liebe zu ihr ziemlich rasant in gut zwei, drei Jahren ins Extreme entwickelt. Erst mit Jade habe ich Pascow so wirklich kennengelernt, da gab es die Gruppe aus dem Saarland schon zwanzig Jahre. Ziemlich schnell und intensiv überkam mich eine irre Faszination für dieses Tempo, diese Inbrunst, diese Haltung, diese Aggression, diese absolute Hingabe an die Musik, die Töne, den Druck, die Energie. Dieser knallharte Punkrock flackert durch die Ohren in jede meiner Zellen, alles bebt, zittert, bewegt sich. Zum großen Teil ist es die Dichte der Musik, doch immer wieder schieben sich die inhaltlichen Aussagen nach vorne, lassen mich lauthals mitgrölen, die Lautstärke immer weiter nach oben drehen. Punkrock war nie so ganz mein Genre. Doch das hier packt mich wirklich stark. In kurzer Zeit haben es Pascow geschafft, bei meinen persönlichen Lieblingsbands sehr, sehr weit nach oben zu steigen. Zwei Mal sah ich sie live, zwei Mal war ich komplett überrumpelt und begeistert zugleich und finde nichts Vergleichbares. Daher jagte ein Schwall der Begeisterung durch mich, als nun herauskam, dass die Band mit Sieben am 27. Januar ein neues Album rausbringen wird. Ja, man! Superheld! Den ersten Track Himmelhunde gibt es bereits samt Video zu sehen, startet unerwartet langsam, nimmt immer weiter Fahrt auf zwischen Lebenshunger, Mittelfinger, wenn man die richtigen Leute an seiner Seite weiß. Boah, hab ich Bock!


Amiga // Max Herre & Dexter
(Ms) Musik aus der DDR. Da muss ich ganz ehrlich gestehen, dass ich für eine wirkliche Einschätzung einfach viel zu jung bin, Jahrgang 1990… Dennoch ist es ja möglich, sich da rein zu hören, einen kleinen Einblick zu erhaschen. Nach Lektüre weiß ich immerhin ein wenig über Punkrock in der DDR. Das fand öffentlich so gut wie gar nicht statt. Anderes dennoch schon. Ausnahmen bestätigen immer die Regeln, auch die der sozialistischen Kulturpolitik. Dazu gehörte sicher auch das Label Amiga. Es brachte eine ziemlich irre Bandbreite an Musik heraus, von volkstümlichen Sphären über progressive Rockmusik bis wiederum zu Jazz. 75 Jahre würde das Label nun werden. 1994 wurde das aktive Kapitel beendet, doch der Katalog wird immer noch betreut. Und zum Jubiläum wurde eine alte Sampler-Reihe mehr oder weniger wieder ins Leben gerufen. Sie hieß Hallo und kam in den 70er Jahren raus. Der Mix des Labels sollte damit der Öffentlichkeit bekannt(er) gemacht werden. Viele Jahre später, 2022, wurde an Max Herre und Dexter der Auftrag gegeben, die Soul- und Funkschiene der 70er zu kompilieren. Dass letzterer für seine Beats Jazz, Funk und Soul samplet, ist bekannt, und auch Max Herre ist wohl mit dem DDR-Sound bestens bekannt. Hallo22 heißt sinnigerweise das Ding, das am 30. September erscheinen wird. Neben Liedern von früher, gibt es auch zwei neue Stücke. Eine überarbeitete Version von Panta Rheis Aus Und Vorbei und Das War Nur Ein Moment, auf dem Max Herre nun dank Dexter ein Duett mit Manfred Krug singt. Klar, das ist alles sehr spleenig, aber auch irre hörenswert, da gierige Musikgeschichte!


Grandbrothers
(Ms) Das war mit Abstand, das Faszinierendste, was ich letztes Jahr live gesehen habe. Klar, es ging insgesamt nicht ganz so viel, aber ich habe verhältnismäßig viel mitgenommen. Dieser Trip nach Rotterdam sollte sich lohnen. Dort spielte das Düsseldorfer Duo Grandbrothers und ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Zum Einen war es ein ganz schön tanzbarer Abend in einem Kino - hat man ja auch nicht alle Tage. Zum Anderen wollte ich die ganze Zeit verstehen, was die beiden da auf der Bühne überhaupt machen. Glücklicherweise haben sie es auch erklärt und die Achtung vor diesem künstlerischen Schaffen stiegt noch weiter an. Klavier-Techno würde ich das mal nennen. Und das auch noch live. Die beiden arbeiten gänzlich ohne Samples - irre! Das liegt auch daran, dass einige selbstgebraute Teile und Maschinen zum Einsatz kommen, um über allerhand Technik Sounds aus dem Klavier zu kreieren. Ist genauso verrückt, wie es sich anhört. Also im doppelten Sinne. Den Song Yonder haben die beiden in Vorbereitung auf die vergangene Tour erdacht und erscheint nun. Es ist nicht untertrieben, zu behaupten, sie haben eine ganz eigenständige Musikrichtung erschaffen. Wer sie auf Tour sehen kann, sollte das auf jeden Fall wahrnehmen - grooooße Empfehlung!

Oct 20 - Cork (IE) - Live at St. Luke's
Oct 21 - Kilkenny (IE) - Set Theatre
Oct 23 - Dublin (IE) - National Concert Hall
Oct 24 - Manchester (UK) - Band On The Wall
Oct 25 - Glasgow (UK) - Mono
Oct 26 - Birmingham (UK) Hare & Hounds
Oct 27 - London (UK) - Islington Assembly Hall
Oct 28 - Utrecht (NL) - TivoliVredenburg
Oct 29 - Luxembourg (DE) - Rotondes
Oct 30 - Frankfurt (DE) - Zoom
Oct 31 - Hamburg (DE) - Kampnagel
Nov 01 - Berlin (DE) - SO36
Nov 03 - Vienna (AT) - Flex
Nov 23 - Toulouse (FR) - Le Metronum (Pre-sale starts soon)
Nov 24 - Barcelona (ES) - Razzmatazz
Nov 25 - Madrid (ES) - Café Berlin

 
Pabst
(sb) Oha, das geht aber gut! 12 Tracks, 12 Treffer - Pabst hauen mit Crushed By The Weight Of The World ein Highlight des Musikjahres 2022 raus und fliegen doch noch immer ziemlich unter dem Radar. Schade eigentlich, aber das Business ist halt ein Arschloch. Der leicht psychedelisch angehauchte Grunge mit Punk-Attitüde der drei Berliner ist jedoch ziemlich unique und lässt sowohl die Beine zappeln als auch die Mähne wirbeln. Geordnetes Chaos in Reinkultur, das gerne auch mal (Brit-)Pop-Töne zitiert und sich so zu einem einzigartigen Klangerlebnis mausert. Holla die Waldfee, ist das stark!

Live hier:
 
16.09.2022 D, Koblenz, Circus Maximus
20.09.2022 D, Regensburg, Alte Mälzerei
21.09.2022 D, Nürnberg, Club Stereo
22.09.2022 D, München, Milla
23.09.2022 D, Freiburg, Räng Teng Teng
24.09.2022 D, Karlsruhe, KoHi
25.09.2022 D, Augsburg, SoHo Stage
27.09.2022 CZ, Prag, Rock Café
28.09.2022 AT, Wien, Rhiz
29.09.2022 PL, Krakau, Klub RE
30.09.2022 PL, Warschau, Chmury
06.10.2022 CH, Basel, Hirscheneck
07.10.2022 CH, Winterthur, Gaswerk
 
 

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