Quelle: ventil-verlag.de |
Da alles das bei mir fehlt, hatte ich lange den Eindruck, dass ich nicht das 'Recht' habe, darüber zu schreiben. Dass das Quatsch ist, wurde mir erst später bewusst. Auch beim Lesen dieses sehr guten und vielseitigen Sammelbandes von Anne Hahn und Frank Willmann. Beide Herausgebenden haben große Expertise auf dem Feld des Punks aus der DDR. Sie waren mit dabei und schreiben seit vielen Jahren darüber. Die allerbesten Voraussetzungen also mir als absoluten Laien dieses sehr, sehr spannende, erschütternde und unterhaltsame Kapitel der DDR-Historie nahezubringen. 48 kleine Kapitel versammeln sich auf 259 Seiten. Da es so viele kleine Episoden sind, lässt sich dieses Buch extrem gut weglesen. Durch diese vielen, so unterschiedlichen Blickwinkel wird das Untergrundphänomen Punk in der DDR aus mannigfaltigen Perspektiven beschrieben, die immer wieder klarmachen: wir scheißen auf alles, wir haben Bock, wir machen einfach, wir waren eine sehr kleine Szene, wir wurden von Anfang an infiltriert.
Es gibt so viel, was ich durch dieses Buch gelernt habe. Maßgeblich dafür verantwortlich ist die Art und Weise der Beiträge. Denn sie sind derart authentisch (auch wenn dieses Wort ein wenig verbraucht klingen mag, es passt leider so gut hier), dass diese aufregende Zeit sehr gut aus den Seiten schwappt. Ja, die Punks aus der DDR waren eine sehr kleine Gruppe. Von wenigen Hundert Menschen kann man ausgehen, die das wirklich gelebt haben. Und sie waren auf Strukturen angewiesen, die sie selbst qua Staatsräson nicht aufbauen konnten. So gingen sie vielerorts eine Liaison mit den Kirchen ein, die Räume bereitstellen konnten, die nicht staatlich kontrolliert wurden. Dass Bands wie Schleim-Keim, Wutanfall, Namenlos und Unerwünscht dort aufgrund ihres Punkerdaseins nicht viel Gegenliebe erfahren haben, sollte nicht verwundern. Dennoch ein bemerkenswerter Zusammenschluss.
Was mir auch haften blieb, ist, dass die Szene nicht nur sehr klein war. Daraus ergibt sich automatisch, dass es wenige Veranstaltungen und Treffpunkte gab, wo sie sich treffen konnten. Oft waren es nur zwei, drei, vier Gigs pro Jahr, wo Menschen aus Zwickau, Erfurt und sonst wo dann angetingelt kamen. Allzu romantisch darf man sich das nicht vorstellen.
Was mir auch haften blieb, ist, dass die Szene nicht nur sehr klein war. Daraus ergibt sich automatisch, dass es wenige Veranstaltungen und Treffpunkte gab, wo sie sich treffen konnten. Oft waren es nur zwei, drei, vier Gigs pro Jahr, wo Menschen aus Zwickau, Erfurt und sonst wo dann angetingelt kamen. Allzu romantisch darf man sich das nicht vorstellen.
Doch was dieses Buch am allerbesten transportiert, ist, dass Punk immer schon weit mehr als Musik war und ist. Das weiß selbst ich als Punk-Laie. Es war immer Lebenskonzept und Einstellung, die nicht verhandelbar gewesen ist. Daher auch der Titel des Sammelbandes. Als negativ-dekadent wurden die Punks bezeichnet, um dann in den Knast oder zumindest ins Verhör zu gelangen. Selbstverständlich wurde diese kleine Szene auch beobachtet und unterwandert. Doch als Punk erkannt zu werden, war in der DDR gar nicht so leicht. Und das lag an ganz praktischen Gründen. Woher eine Lederkluft bekommen?! Woher die Schuhe?! Und wenn man diese wichtigen Utensilien anschaffen konnte, konnte man sich ebenso sicher sein, dass man massiv damit auffiel. Klar, das war beabsichtigt, bleibt aber nicht selten ohne Konsequenzen.
Dieses sehr gute Buch ist nicht nur etwas für Nostalgiker, Altpunks und Soziologiestudenten. Sondern auch für Menschen, die sich für die Geschichte dieses Landes, Menschen an sich und die wunderbare Kraft der Musik interessieren, die oft so viel stärker ist als jede einschränkende Propaganda.
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