Dienstag, 22. Dezember 2020

luserlounge, das Jahr 2020: ms blickt zurück


Kunst in Hamburg. Foto: ms
(ms) Ein verrücktes Jahr. Privat sowieso, aber das bleibt hier außen vor. Seit Mitte März gibt es keinen geregelten Live-Betrieb mehr und die Musikwelt hat sich irgendwie verschoben. Zum Teil ins Netz, aber ohne das gleiche Gefühl. Ja. Da fehlt etwas. Ganz gewaltig. Nach der traurigen Akzeptanz im Frühjahr, dass nun erstmal nichts passiert, kam das träge, lakonische Hinnehmen. Der Sommer wiederum brachte Abwechslung und viele schöne Ideen, dass doch wieder etwas stattfinden konnte. Ja, dezente Hoffnung auf den Herbst/Winter kam auf. Doch es war recht schnell (wieder) klar, dass das alles nichts wird. Keine Band, keine Musikerin, kein Gitarrist kann irgendetwas planen. Voller Zuversicht wird nun für den kommenden Herbst geplant. Dass der Impfstoff hilft und ein Plan entwickelt werden kann, wie man in den Clubs und Hallen des Landes wieder eine Normalität schaffen kann.
Der Sommer fällt noch flach, denke ich. Da wird kein Festival stattfinden, wie man es noch kannte. Doch es wird auch Gutes geben: Immerhin haben viele Veranstalter im vergangenen Sommer einiges mit Abstand draußen organisiert, was wunderbar aufgegangen ist. Da man jetzt mehr Zeit zum Vorlauf hat, wird das sicher noch mehr, besser und breiter stattfinden. Das sind die Hoffnungen für 2021. Blicken wir zurück auf die vergangenen Monate und den Veröffentlichungskalender. Was war das Beste? Was bleibt haften aus zweitausendundzwanzig? Seltsamerweise nicht Turbostaat. Uthlande bliebt überhaupt nicht haften, dafür aber anderes:

Alben des Jahres:
1. Oehl - Über Nacht

Wenn man so zurück blickt, ist es oft gar nicht so leicht zu benennen, was wirklich ganz stark überzeugt hat. Doch einen Gedanken weiter, wird es glasklar: Das, was am häufigsten abgespielt wurde, muss automatisch überzeugt haben. So ist es das isländisch-österreichische Projekt Oehl mit der Platte Über Nacht, was für mich das Beste aus diesem Jahr ist Definitiv. So eine feine, runde und extrem kunstvolle Platte. Purer Genuss, großes Können. Was auf der Platte manchmal so artistisch und feuilleton'esk klingt, ist live die pure Sympathie! Hoffentlich mehr davon im kommenden Jahr!

2. Juse Ju - Millennium 
Nein, das hätte man ihm nicht zugetraut. Nicht in einem Song, nicht auf einer ganzen Platte in jedem einzelnen Takt. Diese Reife, dieses unglaublich gute Songwriting, das Feinfühlige, Pöbelnde und Krasse! So viel Ernsthaftigkeit hätte ich Juse Ju nie zugestanden. Bei mir lief er vorher immer unter 'sehr gut', aber auch unter 'spaßig' und 'flapsig'. Dieses Image hat er mit Millennium definitiv abgelegt und mal ganz oben beim Rap-Olymp angeklopft! Hoffen wir auf die Tour, die endlich zum Album stattfinden soll!



3. Sigur Rós - Odin's Raven Magic
Erst vor wenigen Tagen erschienen und schon im Best Of des Jahres. Das können nur Sigur Rós. Schon bei der Ankündigung war mir klar, dass das Album vieles andere in den Schatten stellen wird. So ist es auch geschehen. Ein formvollendetes Gesamtwerk mit großen Ausmaßen: Endlos vielen Beteiligten, phantastischen Arrangements und einem eigens dafür angefertigten Instrument. Trotz dass die Aufnahme achtzehn (in Zahlen: 18!) Jahre alt ist, ist der Klang richtig rund und toll. Ja, dieses Werk spricht für sich!



Songs des Jahres:
1. Turbostaat - Rattenlinie Nord
Ja, es stimmt, was ich oben geschrieben habe. Uthlande, das aktuelle Album von Turbostaat, blieb nicht haften. Ganz und gar nicht. Ein paar Mal habe ich es durchgehört, doch es hat keine Energie entwickelt. Nichts, was mich dran kleben ließ. Sehr schade. Doch Rattenlinie Nord ist ein Mordstrack. Nicht nur was die Dynamik angeht. Sondern insbesondere der Inhalt! Wie alte Nazi-Kader versucht haben über Flensburg sich abzusetzen, um bloß nicht für ihre Abscheulichkeiten angeklagt zu werden. Das heute in Musik zu packen ist notwendig!



2. The Weather Station - Robber

Dieser Track ist ein gutes Beispiel dafür, wie vielfältig die Quellen sind, mit denen wir diesen Blog füllen. Viel kommt via Mail von Agenturen rein, viel aus dem eigenen Horizont und einige Lieder schnappt man mal so auf. Bei dem sehr guten Online-Radiosender Byte FM habe ich die Ankündigung zu The Weather Station und ihrem Lied Robber gesehen. Es hat keine ganze Abspielung gedauert und ich habe mich in das Stück verliebt. Es ist fein arrangiert, so so fein! Das gefiel mir direkt. Im Februar bringt Tamara Lindeman ihr neues Album raus, ich bin sehr, sehr gespannt!



3. Gorillaz - In The Valley Of The Pagans
Eine Band, die ich seit jeher großartig finde, aber gar nicht so aufmerksam verfolge, sind die Gorillaz. Ja, sie strahlen seit Jahren hell am alternativen Pophimmel und Damon Albarn bleibt ein verdammtes Genie. Ihr neues Album habe ich gar nicht gehört, auch nur am Rande mitbekommen, dass es überhaupt erschienen ist. Darauf ist dieser Track zu hören! Ein irrer Beweis, wie gut es Albarn versteht, Drive, Groove und Pfiffigkeit in ein einziges Stück Musik zu packen, das gerade mal etwas über drei Minuten Spieldauer aufweist. Hach, das macht einfach Bock! 



Konzerte 2020

1. Voodoo Jürgens in Bremen
Ja, es gab sie auch. Die Konzerte, die dieses Jahr stattfanden. Es war bei weitem nicht so viel, wie geplant, erwünscht und gehofft. Aber das Frühjahr war ein Traum. Und diesen Traum hat ein junger, agiler, wortgewandter Mann aus Österreich Wirklichkeit werden lassen: Voodoo Jürgens. Es war ein Mittwochabend, ich reichlich kaputt. Aber das Bier schmeckte schnell und dieser Auftritt im Lagerhaus ein reiner Genuss. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus, wie eiskalt und ohne jeglichen Anflug von Attitüde der Voodoo auf der Bühne abliefert. Unglaublich genial!



2. Fortuna Ehrenfeld in Wilhelmshaven
Hört man Wilhelmshaven und lebt nicht hier im Norden, denkt man bestimmt: Ach, das klingt aber romantisch. Ein kleines Städtchen am Wasser mit Fischbrötchen, Strand und so. Von wegen. Wilhelmshaven ist echt nicht schön. Keinen wirklichen Ausflug wert. Außer die Reisegruppe Seltsam kommt im September vorbei und gibt eines ihrer unzähligen coronakonformen Konzerte in diesem Jahr. Bechler und Co. wissen einfach wie es geht. Da saßen vielleicht 50 Leute auf Bänken, Stühlen und im Strandkorb (!!!) und die liefern einfach komplett ab, als ob das heimische Gloria ausverkauft wäre. Das sind richtig gute Menschen, ehrlich!



3. sookee in Hamburg
Oh, es gibt viele Gründe, warum dieses Konzert hier auftauchen muss! Zum Einen war es die Abschiedtour von sookee. Nora Hantzsch beendet ihre Karriere unter diesem Namen aus vielerlei Gründen, auf ihren Webseiten ist es am Besten nachzulesen. Zum Anderen war es das letzte Konzert, das ich besuchte, bevor die große Absagewelle kam. Ihr Gig im Uebel & Gefährlich war grandios. Ihre Songs hat sie mit Nachdruck und Herzblut dargeboten. Viele Gäste haben den Abend toll abgerundet. So strahlte es hell in Regenborgenfarben vom Bunker über die ganze Stadt! Sookee, du wirst fehlen auf den Bühnen!


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