Mittwoch, 29. November 2017

Live in Köln: Kettcar!

Kettcar im Gloria. Foto: luserlounge
(ms) Die Gerüche nach gebratenen Mandeln und billigem Glühwein der Kölner Weihnachtsmärkte sind zum Glück noch nicht in die Räumlichkeiten des Gloria eingedrungen. Zwischen Kölsch und Pils haben gestern Abend Kettcar und Fortuna Ehrenfeld gespielt. Die Hamburger sind derzeit auf Mini-Tour, spielen an vier Abenden hintereinander ihr aktuelles, neues Album Ich vs. Wir in kompletter Länge. Nach dem Auftakt am Montag in Berlin, Dienstag also Köln. Wer noch nicht im Gloria gewesen ist - ich war es zuvor auch nicht - dem sei versichert, dass es ein enorm schöner Club ist, in dem man sich sehr schnell sehr wohl fühlt. Das typische Kettcar-Publikum lässt sich als Spiegelbild der Band am besten charakterisieren: durchschnittlich relativ hohes Bildungsniveau, Akademikerkreise, okayes Einkommen und die Jüngsten sind sie auch nicht mehr. Daher: Stets angenehme Stimmung, kein Gedränge, genügend Platz für alle (700 waren es mindestens) und wie immer erschreckende Textsicherheit.

Pünktlich um 20 Uhr war jedoch erstmal Zeit für Martin, Paul und Jenny aka Fortuna Ehrenfeld oder die Frage: Wie geil kann man einen Abend einstimmen? Es ist nicht nur Konzert, es nicht nur Lied, Melodie, Stimme und Klang. Es ist auch Performance. Martin Bechler, Schreiber und kreatives Genie, natürlich stilecht in Schlafanzug und Puschelpuschen schreit, singt zerbrechlich, lacht sich kaputt. Dabei bewegt er sich zwischen Liebeslied (Hundeherz), Komik (Puff von Barcelona) und Gefühl (Zuweitwegmädchen). Die Zuhörer haben es ihnen mit fulminantem Applaus gedankt, als Ehrenfelder war es natürlich auch ein starkes Heimspiel. Große Klasse.
Kurze Umbaupause und dann wurde es wieder dunkel.
Entgegen den Erwartungen haben Kettcar nicht mit dem neuen Album angefangen, sondern das Publikum und sich erst einmal warm gespielt. Der Startschuss mit Balkon Gegenüber ist natürlich äußerst gut gewählt. Es kamen noch unter anderem Rettung und 48 Stunden, bevor das Besondere des Abend begann: Alle 11 neuen Songs am Stück! Viele Besucher konnten auch hier schon fehlerfrei mitsingen, die Hausaufgaben wurden also erledigt. Mit der Ansage, dass das Lied, welches am meisten Applaus bekommt, die dritte Single nach Ankunftshalle und Sommer '89 (Er schnitt Löcher in den Zaun) wird, wurde es spannend. Im Nachhinein sollten Benzin und Kartoffelchips und Mannschaftsaufstellung sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.
Dabei war es in jedem Takt, zu jedem Song so wunderschön anzusehen, wie enorm viel Spaß die Fünf hatten. Lars und Christian scherzten herum, Erik ließ die Gitarrenriffs satt klingen, Marcus verlor sich im rockigen Sound und Raimer strahlte wie ein kleiner Junge voller Freude ins Publikum! Bemerkenswert: Sie haben nicht Balu gespielt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Verfasser gestern auf seinem 19. Kettcar-Konzert war und dies wohl noch nie der Fall war. Irgendwie tat es dem Auftritt aber gut. Es war viel lauter, gitarrenlastiger, rockiger, kerniger. Mit Klassikern wie Deiche, Ich danke der Academy oder Kein Außen mehr verabschiedeten Kettcar dann die begeisterte Menge in den Abend. Marcus Wiebusch verharrte noch einige, wenige Momente auf der Bühne, kratzte sich am Kopf mit den Worten: "Köln. Das war sehr speziell heute Abend."
Ja, das war es!



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