ticktickboom. Quelle: ticktickboomcrew.de |
(ms) Okay. Halten wir fest: Punk ist (politisch) tot.
Pop, Rock, Electro, Techno und Klassik sind per se keine politischen Musikgenres. Klar, jede Band aus diesen Kategorien kann es natürlich sein, das ist niemandem abzusprechen. Was bleibt dann noch? Reggae und Ska vielleicht. Beides Musikrichtungen, die immer sich schon gegen die Obrigkeiten aufgelehnt haben, allerdings eher mit einer Friede-Freude-Eierkuchen-Mentalität.
Es bleibt energisch wie seit Jahren nicht die Rap-Musik, HipHop, whatever.
Rap war immer schon politisch. Allein aus seinem Selbstverständnis heraus. Wenn man sich anschaut, wo Rap seine Ursprünge hat, in den Klassenkämpfen der schwarzen Bevölkerung in den USA, weiß man sofort Bescheid. Der sogenannte Gangster-Rap hat eben dort seine Quelle, weil die Schwarzen bis heute eine unterprivilegierte Bevölkerungsgruppe sind.
Deutscher Gangster-Rap hat vor 10 bis 15 Jahren um Sido, Bushido, Fler und Konsorten etwas Aufschwung erlebt. Davon ist nichts übrig geblieben, außer Bushido, der immer noch in Ich-ficke-deine-Mutter-Mentalität vor sich hin brabbelt. Unerträglich. Unerträglich kommerziell.
Ansonsten ist deutscher Rap immer stets um das ein oder andere brilliante Wortspiel bemüht, siehe EinsZwo. Fettes Brot und Die Fantastischen Vier haben sich da schon vor ein paar Jahren abgemeldet.
Das Kerngeschäft des Rap, auf den Putz zu hauen, aber so richtig kräftig und seine Hörer zu überraschen, vor den Kopf zu stoßen und aufzurütteln, war lange Zeit in der Öffentlichkeit nicht recht zu greifen. Mit ein paar Kreisen und Netzwerken ist das seit einigen Jahren ganz anders.
Antilopen Gang, Neonschwarz, Kobito, Sookee, Spezial-K, Form, Johnny Mauser, Marie Curry, Captain Gips, Waving The Guns. Bis auf die tierische Gang besteht der Rest dieser Künstler aus einem großen Freundeskreis. Sie finden sich wieder unter dem Namen ticktickboom und bei den Labels Audiolith und Springstoff.
Sie sind klug, gebildet, links und sehen zum Großteil auch noch gut aus.
Ticktickboom sind nicht nur Musiker, sondern auch Veranstalter und Grafiker. Sie haben sich zusammengeschlossen um Lärm und auf sich aufmerksam zu machen. Bislang tun sie das sehr erfolgreich. Vertrieben werden die meisten auf den beiden oben erwähnten Labels.
Was sie zudem von vielen Bands aus anderen Genres kennzeichnet ist eine hohe Reaktionsschnelligkeit zu aktuellen Themen und Debatte. Das meist sogar in Videoform, ohne dass gleichzeitig ein Album rausgekommen ist. So kann man agieren und reagieren. Ob sie damit wirklich viel Geld verdienen, kann man bezweifeln, wahrscheinlich gehen alle Rapper und Rapperinnen noch einem Zweitberuf hinterher. Insbesondere ihre Statements gegen rechts, PEGIDA, Hetze, Hass und Extremismus lassen aufhorchen und sind ihre große Stärke.
Insbesondere Kobitos und Spezial-Ks "The Walking Deutsch" tut so richtig weh. Und ist so wahr!
Rappers not dead!
Interessanter Artikel, was Rap mit Meinung und politischer Haltung betrifft empfehle ich unbedingt Zugezogen Maskulin (zB "Oranienplatz"), Chefket und Credibil. Vor allem letzterer nimmt aktuell eine Sonderrolle ein, weil er vom Hintergrund her "Gangster" ist, aber von der Lyrik her außergewöhnlich stark ist und komplexe Themen nicht zu plakativ darstellt (z.B: "Bang Bang" vom neuen Album Renaessance). Gangsterrap auf die genannten Mainstreamkünstler zu reduzieren lässt viele spannende Künstler außen vor, die durchaus eine Meinung haben. Da sollte man auch nochmal reinhören. Was Celo&Abdi (Parallelen), Nate57 (Blaulicht) und Haftbefehl ("Skit" vom Album Kanackis) erzählen folgt zwar nicht immer den Argumentationsmustern aus dem Sozialkundeunterricht, zeigt aber unsere Gesellschaft nochmal aus einem anderen Blickwinkel als wir es meist gewohnt sind.
AntwortenLöschenHi Raph!
LöschenVielen Dank für dein Kommentar und die Vorschläge für andere Bands.
Stimmt, Zugezogen Maskulin hätten hier auftauchen müssen, sind mir gut bekannt und ein starkes Rap-Duo!