Freitag, 12. Mai 2023

KW 19, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: sportzforless.com
(Sb/ms) Vielleicht hätten wir es früher wissen können. Aber: Wer tut das schon?! Also: Vor zwei Wochen gab es im Oldenburger Staatstheater eine scheinbar spannende Veranstaltung. Maja Göpel, die umsichtige Zukunftsforscherin, hat mit allerhand anderen guten Köpfen die Doku-Reihe „Wir können auch anders“ für die ARD produziert und mit Hilfe des Nachhaltigkeitsvereins Save The World ist die Crew auf eine kleine Tour gegangen, um von ihren Erlebnissen zu berichten. Um das alles ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten, hat das Team sich musikalische Unterstützung ins Boot geholt. In Oldenburg niemand anders als Thees Uhlmann. Wow! Klar, das ist um die Ecke. Also hin da. Aber seltsam war das trotzdem alles, denn im Vorhinein gab es keine wirklichen Infos, wie der Abend ablaufen soll. In meinem Kopf sah es so aus: Es gibt einen Gesprächskreis von Menschen, die berichten, wie wir die Zukunft so wuppen können, ohne unsere liebe Erde komplett vor die Wand zu fahren, dann gibt es ein wenig Musik, dann vielleicht noch ein paar Gespräche über nach wie vor große Probleme und dann geht man mit noch einem Push Musik fröhlich in den Abend. So, oder so ähnlich halt. Wie es lief: Im Foyer des Theaters hatten ein paar gute Vereine und Initiativen aus der Region Stände aufgebaut, an denen man sich informieren konnte, wie man vor Ort die Erde besser behandeln kann. Da konnte man stöbern. Dann ging es los und es wurde angekündigt, dass der Abend drei Stunden gehen würde. Oha! Viel! Dann hat Thees Uhlmann drei wunderbare Lieder gespielt und mir standen mal wieder die Tränen in den Augen, weil dieser Typ einfach der Knaller ist. Super Lieder und super Geschichten. Ein echt aufrichtiger Mensch! Und - ungelogen - danach wurde eine Folge der Doku im Theater gezeigt. Fernsehen also. Eine Dreiviertel Stunde. Für etwas, dass es in der ARD Mediathek gibt. What?! Das war wohl ein schlechter Scherz. Und danach konnte man sich nochmal bei den Ständen informieren. Wozu denn das bitte?! Vorher wurden auch alle Vereine in gähnender Länge vorgestellt. Also, echt. Hier wurde man einfach nur für dumm verkauft. Und das lag nicht am Grundgedanken der Menschen, die sich hier zeigten. Sondern an miserabler Organisation. Es hatte den reinen Anschein, als ob die Menschen hinter diesem Abend selbst nicht wussten, was sie den Leuten, die immerhin 25€ Eintritt gezahlt haben, berichten wollten. Vielleicht hätten wir es früher wissen können. Ob Uhlmann wusste, worauf er sich einließ…?!

Schwarz
(Ms) Vor zwei Jahren erschien die überaus bemerkenswerte Serie Wie Ein Fremder. Sie ist eine beeindruckende Langzeitdokumentation über das Musizieren, Wirken und Leben von Roland Meyer de Voltaire, der früh als Wunderknabe tituliert war, aber nie so wirklich durchbrach. Seine frühere Band Voltaire sah ich ein paar Mal live, dann verschwand er ein wenig von der Bildfläche und kam langsam, nach mehreren auch privaten Tiefs, zurück. Erst als Ideengeber und Mitmusiker vieler anderer und dann mit seinem eigenen neuen Projekt: Schwarz. Die mitunter scheppernde Gitarre, die er früher spielte, hat er gegen Synthies ausgetauscht, vom Indierock zur Elektronik. Nun gibt es wieder neue Töne von ihm und er bleibt seinen vorherigen Wegen treu: Kräftige Stimme und stimmungsvoller elektronischer Unterbau samt clever eingesetzter akustischer Elemente. Die Single Time To Sleep ist nicht nur ein Track, der Lust auf mehr macht, sondern auch der Titeltrack der Serie Two Sides Of The Abyss ist, die nun irgendwo laufen wird. In allererster Linie wünsche ich Roland von Herzen den Erfolg, den er seit langer Zeit verdient. Ich muss auch gestehen: Ja, das ist schon sehr schön und dynamisch, aber packen tut es mich persönlich nicht. Aber vielleicht kommt dieses Jahr ja noch mehr…


Klebe
(Ms) Deutschsprachige Popmusik hat ja irgendwie ein kleines Problem, oder?! Entweder sie bleibt klein und brillant. Oder sie wird groß und brillant. Oder ist mittelgroß und mitreißend. Oder sie ist sanft und wie eine Streicheleinheit. Oder sie versinkt irgendwo im Radio, auf YouTube oder einer Playliste. Bei Klebe habe ich fast die Befürchtung, dass das passieren wird, die Versenkung. Wieso genau, kann ich aber nur so schwer sagen. Vielleicht, weil die Musik ein wenig beliebig klingt. Aber halt auch nur fast. Denn darin ist eine eigene Handschrift schon klar erkennbar. Und auch ein wirklich gutes Gefühl, dass ihre neue Single Hell Hier verströmt. Denn das, was mir dabei so gut gefällt, ist der Wink auf die schönen Seiten im Leben. Ja, das erwachsene Dasein bringt so unendlich viel lästigen Kram mit sich, vom Badputzen über Steuererklärung hin zum verzweifelten Versuch alle Freundschaften aufrecht zu halten. Es ist so leicht, dann im Dunkel zu versinken. Aber das ist gar nicht nötig. Klebe sagt uns, dass es schon immer so viele helle, schöne, tolle Momente gibt. Wir müssen sie nur anschauen und wertschätzen! Also: Los! Dann hat auch deutschsprachige Popmusik kein Problem mehr, wenn sie so lieb ist wie dieses Lied!


Daniel Blumberg
(Ms) Wie überwindet man eigentlich eine Krise? Für die kleinen aus dem Alltag hat sicher jeder selbst sein Werkzeug, um an den richtigen Schrauben zu drehen. Das ist dann schnell repariert. Aber was ist mit den großen Sachen? Die, die wirklich richtig runter ziehen, wo man unten kleben bleibt? Die einem die Energie aussaugen? Trauerfälle, Schicksale, schlimme Krankheiten?! Wie kommt man dann wieder auf die Beine? Wissen tue ich es auch nicht, aber Ende diesen Monats wird eine Platte zu hören sein, die genau das beinhaltet. Daniel Blumberg hatte wirklich große gesundheitliche Schwierigkeiten. Der Darm war krank und hat den Menschen erschöpft. Das Album GUT, das am 26. Mai erscheinen wird, ist eine Reise durch den Körper. Krankheit, überwundene Krankheit kann ja auch einen sehr klaren, nüchternen Blick auf die Dinge ermöglichen. So ist dieses Werk. Sehr klar, sehr reduziert. Es sagt nur das aus, was wirklich ausgedrückt werden will. Es braucht nicht mehr als die halbe Stunde. Es braucht nicht mehr als eine klare, helle, feste Stimme, die mich sehr an SOHN erinnert. Dazu eine überraschende Percussion, verschiedene Bläser und Streicher und eine Bass-Mundharmonika, die vielen Momenten den satten Boden schenkt, auf dem diese wunderbaren Lieder erklingen! Es wird ein dunkles Album sein, das irgendwie ruhig macht, aber das auch viel Aufmerksamkeit braucht, um wirklich zu erstrahlen. Das es ist es so, so, so wert. Denn das ist groß Kunst hier!


Dino Paris & Der Chor Der Finsternis
(Ms) Kann Trash, Sozialkritik, Ironie und Lyrik guten Gewissens miteinander schwingen?! Klar, die Frage ist blöd, da solche Fragen im Nachgang immer bejaht werden. Klar, alles das ist möglich. Es braucht nur einen verrückten Kopf, der sich das ausdenkt und dann auch in die Tat umsetzt. Und das ist an dieser Stelle (mal wieder) Dino Paris & Der Chor Der Finsternis, der eine weitere Single im Gepäck hat. Vor einem Monat erst besang er die Ballade Vom Sterbenden Mann und nun geht es thematisch auf vergleichbarer Linie weiter mit Sodomie. Es geht auch wieder um Männerbünde, die vollkommen anachronistisch agieren, die aber immer wieder die Schlagzeilen beherrschen und viel mehr Macht haben, als wir uns wünschen würde. Die gute alte Kirche und ihre seltsamen Brauchtümer mit seltsamen Herrn in seltsamen Verkleidungen. Wenn es um dringende Probleme in der Kirche geht, dann sitzt ein Haufen alter Herren unter sich und klärt das, oft sogar mit eigenen Rechtssprechungen. Verrückt genug, dass das überhaupt geht. Ich wünsche denen allen, dass sie nach ihren Treffen gemütlich miteinander kuscheln, um auch etwas Wärme abzubekommen, aber lieber hetzen sie gegen gleichgeschlechtliche Liebe, ja, alles wird in bösen, großen, überlegenen Worten abgekanzelt. Aber Dino Paris ballert zurück mit einem trashigen Elektrohit:


Element Of Crime
(Ms) Letzte Woche habe ich noch das Musikvideo als leicht anachronistisch dargestellt. Was für ein fataler Fehler, wenn man das Gegenteil serviert bekommt. Verantwortlich dafür ist die Gruppe Element Of Crime, die zu ihrem Lied Das Leben Ohne Liebe einen tollen kleinen Film gedreht hat. Maßgeblich tragen Lina Beckmann und Charly Hübner dazu bei, die auf der Theaterbühne den Swing diesen Stückes in ihren Gesichtern tragen. Dass es auch ohne Liebe gehe, ist natürlich ein wahnsinniger Trugschluss. Und sie steckt halt in so vielen kleinen Momenten drin. Im Polizisten, der die Tür aufhält. Bei sonderbaren Marktangeboten oder guten Nachrichten aus der Familie. Trotzig sagt der ein oder andere - oft nach großer Enttäuschung oder Trennung oder nach großem Schmerz -, dass es jetzt ohne Liebe weitergeht. Ganz richtig resümieren Sven Regener und Co, die später auch die Bühne entern, dass so ein Leben dann wohl nicht viel taugen würde. So einfach, so bitter, so hart, so ein schönes Video!

1 Kommentar:

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