Samstag, 3. September 2022

KW 35, 2022: Die luserlounge selektiert

Bild: magenta-mannheim.de
(ms/sb) Hier stand schon eine Einleitung. Durch irgendeinen Fehler wurde das ganze aber nicht abgespeichert und ging verschütt. Vielleicht war das gut, vielleicht auch nicht. Ich stecke in einem Dilemma. Denn eigentlich weiß ich, dass eine kleine Passage unfair war, ließ sie aber dennoch stehen. Es ging unter anderem um einen fülligen Mann, der rauchend und oberkörperfrei ein Fenster im ersten Stock rausrauchend ausfüllte. Und ich schrieb, ich hoffte, er käme wieder hinaus. Kann das nun unterhaltend sein oder ist es diskriminierend? Oder beides? Ich las, dass die mich nicht interessierende Band Die Ärzte ein altes Lied nicht mehr spielen würde, weil sie sich da (auch) über vollschlanke Menschen lustig gemacht haben. Was ist nun Kunst, was ist ein satirischer Kommentar und was gehört verboten? Ehrlich gesagt, bin ich da ziemlich überfordert. Klar, man kann alles Diskriminierende verbieten. Das Antidiskriminierungsgesetz regelt das sogar und stellt sich auf die Seite der Diskriminierten. Richtig so. Ist die Kunstfreiheit damit auch betroffen oder nicht? Ist die Position von Serdar Somuncu, dass jede Minderheit ein Recht auf Diskriminierung hat, einfach nur ekelig oder für die Kunst gültig? Ich komme da echt nicht weiter. Daher als intellektuelle Pause eine Runde Musik. Bitte sehr:
 
Talco
(sb) Talco sind Talco sind Talco. Soll heißen: So wirklich überraschend kommt der Sound auf dem neuen Album der Italiener nicht daher, aber das ist in ihrem Fall alles andere als negativ zu verstehen. Videogame (VÖ: 30.09.) versorgt die zahlreiche Fangemeinde mit mitreißenden Bläsern, wunderbaren Gitarrenriffs und stets treffenden politischen Texten. Alles beim Alten also - und das ist gut so! Aufgenommen wurde das gute Stück bereits im Jahr 2020, die Veröffentlichung erfolgt coronabedingt jedoch erst jetzt, was durchaus nachvollziehbar ist, da sich Talco in erster Linie als Liveband verstehen und ihre Musik natürlich auch auf die Bühne bringen wollen - und dort sind sie bekanntlich eine Wucht. 

Apropos:

04.11. Hamburg, Fabrik
05.11. Berlin, Astra
18.11. Bochum, Bahnhof Langeneder
19.11. Stuttgart, Im Wizemann
25.11. Nürnberg, Hirsch
26.11. Köln, Live Music Hall
27.11. Amsterdam (NL), Melkweg
01.12. Wiesbaden, Schlachthof
02.12. Leipzig, Felsenkeller
03.12. München, Backstage
04.12. Zürich (CH), Dynamo
08.12. Prag (CZ), Futurum
09.12. Dresden, Tante Ju
10.12. Magdeburg, Factory
11.12. Hannover, Faust
 

The Hirsch Effekt
(sb) Oha, was haben wir denn hier Schönes? Zwei EPs zu einem Album zusammengefasst klingt erstmal nach Mogelpackung, stellt sich im Falle von Solitaer / Gregaer jedoch als wunderbare Symbiose zweier diametraler Ansätze heraus. The Hirsch Effekt hauen zunächst mit Paligenesis, Nares und Amorphus drei komplett neue Tracks raus, die es ordentlich krachen lassen, ehe sie mit der Bandversion des Songs Gregaer auf gleichnamige EP überleiten. Dort hat die Band drei bekannte Songs neu arrangiert und mit orchestralen Elementen versehen. Komplettiert wird das Werk durch den Titeltrack, der auch im ursprünglichen Gewand bestens funktioniert. Das ist ganz große Kunst und so verwundert es nicht, dass das Genre der Hannoveraner auch als Artcore bezeichnet wird.

Live hier - also hin da:
 
02.09. Bremen, Tower
03.09. Erfurt, Engelsburg
08.09. Bochum, Rotunde
09.09. Saarbrücken, Garage
10.09. Augsburg, Soho Stage
11.09. Luzern (CH), Sedel
14.09. Leipzig, Naumanns
15.09. Marburg, KFZ
16.09. Siegen, Vortex
17.09. Düsseldorf, Tube
21.09. Hamburg, Logo
22.09. Wiesbaden, Schlachthof
23.09. Göttingen, Exil
24.09. Braunschweig, Eulenglück
24.02. Rostock, MAU Club
25.02. Kiel, Die Pumpe
01.03. Nürnberg Z-Bau
04.03. Stuttgart, JuHa West
 
 
Pogendroblem
(sb) Manchmal reichen im Musikbusiness eineinhalb Minuten, um auf den Punkt zu kommen. Pogendroblem können im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen. Dieses heißt Wie betäubst Du Dich und ist ein Vorbote auf den bevorstehenden Album-Release Alles was ich noch hab sind meine Kompetenzen (VÖ: 18.11.). Ein Titel, der auch von Tocotronic stammen könnte, es aber (Gott sei Dank) nicht tut. Egal. Die Single kommt mit reichlich Punkattitüde daher und handelt vom Klarkommen und Nichtklarkommen, vom Aufwachsen und dem Umgang mit Problemen und Herausforderungen. Schau ma moi, was da noch kommt...
 
 
 
Paul Gerlinger
(sb) Natürlich könnte ich jetzt zeilenlang von Paul Gerlingers Stimme schwärmen und, na klar, jedes einzelne Wort wäre gerechtfertigt und hochverdient. Das wäre aber natürlich nur die halbe Wahrheit und würde dem Talent des Künstlers nicht gerecht werden. Auf seinem Mini-Album Keine Kompromisse glänzt der Mannheimer auch mit astreinem Songwriting und bezaubert ganz besonders mit dem Track Mond. Hach, was ist das schaurig schön! Repeat immer und immer wieder... Das unten verlinkte Nachricht von Dir ist zwar fast schon wieder ein bisschen zu radiotauglich, aber alles in allem hält der Sänger an seinem Indie-Ansatz fest und lässt Konventionen Konventionen sein. Wie man textlichen Schwermut mit teilweise so spielender Leichtigkeit transportieren kann, ist mir ein Rätsel, aber ich bewundere das sehr. Wieder mal sehr stark!
 

 
Team Scheisse
(ms) Ob sie in den nächsten Jahren auf den mittelgroßen Festivals einen späten Slot bekommen oder ob der Hype bald wieder vorbei ist, das wird die Zeit zeigen. Mich hat die Band voll in ihren Bann gerissen. Und das liegt definitiv auch am Namen. Team Scheisse. Was war das für ein kranker Abriss beim Appletree Festival?! Die Band sprach von Heftigness und das ist wohl auch der richtige Begriff, um den Wahnsinn zu beschreiben. Vor ein paar Wochen erschien ihre neue 4-Track-EP 20:15. Bei dem letzten Besuchs meines Lieblingsplattenladens Greenhell in Münster hatte ich das große Glück noch eine abzugreifen und die ballert nun regelmäßig durch meine Bude. Der Titeltrack eine Ode an Gottschalk, Rich Kids ein EC-Karten-Traum, Dudelsack ein Abgesang auf eben jenen und Gott Snoozt ein gehöriger Tritt gegen jede Kirchenmauer. Ich bin Fan.

07.09.22 - Dresden, Groovestation
08.09.22 - Berlin, SO36
09.09.22 - Erfurt, Kalif Storch
14.09.22 - Köln, Gebäude 9
15.09.22 - Osnabrück, Kleine Freiheit
28.09.22 - Dortmund, FZW
29.09.22 - Wiesbaden, Schlachthof
30.09.22 - Karlsruhe, Alte Hackerei
01.10.22 - München, Feierwerk
19.04.23 - Münster, Gleis22
20.04.23 - Köln, Kantine
21.04.23 - Frankfurt, Zoom
22.04.23 - Stuttgart, Im Wizemann
03.05.23 - Kiel, Die Pumpe
04.05.23 - Hamburg, Markthalle
05.05.23 - Wolfsburg, Hallenbad
06.05.23 - Bremen, Schlachthof
18.05.23 - Berlin, Festsaal Kreuzberg
19.05.23 - Leipzig, Conne Island
20.05.23 - AJZ Talschock


NEU!
(ms) Seit ein paar Jahren interessiere ich mich mit wechselnder Intensität für experimentelle elektronische Musik aus den 60ern bis 80ern hierzulande. Mittlerweile wird das unter Krautrock geführt, ein Begriff der erst viel später kam und auch suggeriert, dass diese Gruppen und MusikerInnen irgendwie ein Netzwerk bildeten. Das war nicht so. Klar, die Düsseldorfer Fraktion kannte sich schon untereinander, aber was aus München oder Berlin kam, blieb dann meist auch unter sich. Eine der wichtigsten Bands dieser Zeit war NEU! Die als Duo von Michael Rother und Klaus Dinger gegründete Band hat einen noch nie da gewesenen Sound entwickelt, der sich auf die Generation danach auswirkte. Zur aktiven Zeit blieb der Formation der große Ruhm eher aus, das kam dann danach. Und so ist es auch nur logisch, dass zum 50. Geburtstag des Debuts eine Werkschau erscheint. Sie enthält die ersten Alben und eine Tribut-Platte, auf der große Namen ihren Hut vor der Band der 70er ziehen. Unter anderem sind darauf Yann Tiersen, Mogwai oder The National vertreten. Der Einfachheit halber heißt das Ding 50! Erscheinen wird es am 23. September und ist auch ein halbes Jahrhundert danach noch mehr als wert, diese Band zu entdecken. 


Sebastian Madsen
(Ms) Jan Delay bringt ein neues Album raus. Ah, nee. Es gibt ein neues Best Of von Udo Jürgens, das in der Vorweihnachtszeit erscheint, um die Kassen mal wieder klingeln zu lassen. Ah, auch nicht. Nein, es ist Sebastian Madsen, der Ende September ein Solo-Album rausbringt, und wenn das so wie die titelgebende Single klingt, die diese Woche erschien, dann wird das ganz, ganz, ganz schlimm. Diesen gewollten Bläser-Sound finde ich bei Jan Delay schon schlimm, aber beim Madsen-Frontmann klingt es noch aufgesetzter. Zumindest in meinen Ohren. Sicherlich wird Ein Bisschen Seele die kreative Ader ausleben lassen, für die es in der Band keinen Platz gibt und das ist ja auch ganz schön so. Aber ich habe das ganz schnell wieder ausgemacht, alle Nackenhaare waren überzeugt, dass das eine ganz geringe Halbwertzeit hat. 




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