Freitag, 5. März 2021

Sam Vance-Law - NDW EP

Foto: Jannik Morton Schneider
(ms) Gerry Boulet, Lee Aaron oder Red Rider. Diese Namen waren (bestimmt nicht nur) mir bis zu einer klitzkleinen Recherche gänzlich unbekannt. Was hat es also mit ihnen auf sich? Alle hatten in den 80ern große Hits zu verzeichnen. Nein, nicht hier, sondern in Kanada. Würde man dort auf eine Ü40 Party gehen, sollten ihre Erfolge bestimmt erklingen. Das kollektive Gedächtnis knallt in die Beine, man denkt an vergangene Lieben, Affären und vielleicht den ein oder anderen Drogentrip. Zeitgleich waren hierzulande Nena oder Trio enorm erfolgreich. Diese Namen und auch ihr Stil wiederum sind den meisten KanadierInnen zurecht unbekannt.
Bis auf einen. Und der veröffentlicht heute (!) mit einer charmant-tanzbaren best of both worlds-Version dieser Zeit und Musik. Es geht um Sam Vance-Law. Talentiert, humorvoll und irre sympathisch. Doch was hat ein junger kanadischer Musiker mit der Neuen Deutschen Welle zu tun?
Vertraut mit den hiesigen Bühnen wurde er als Teil von Dear Reader. Mit Emma Greenfield tauchte er kurz unter dem Namen Traded Pilots auf, ehe er dann mit Konstantin Gropper im Studio stand. Heute lebt er in Berlin und ist im Dunstkreis von Drangsal unterwegs. Letzterer singt hier sogar mit Sam im Duett! Wie kann man nur so viele begabte und gute Menschen um sich vereinen? Wahrscheinlich, indem man selbst einer ist! NDW heißt seine kleine 4-Track-EP, die man nun hören kann. Es ist ein herrlich kurzweiliges Vergnügen. Nicht mehr, aber halt auch nicht weniger! Die Idee dazu hat Sam schon länger. Bereits vor zwei Jahren auf der Tour zu seinem ersten Album Homotopia spielte er Eisbär von Grauzone. Eigene Versionen von Ina Deter, Peter Schilling und Bärchen Und Die Milchbubis hat er eingespielt.
An (mindestens) einer Stelle wird es semantisch doch spannend! Besang er auf seinem Album eine schwule Utopie, singt er nun 'Neue Männer braucht das Land'. Das bekommt aus seinem Mund eine ganz andere Bedeutungsebene à la J.J. Bola oder Raewyn Connell! Das gefällt außerordentlich gut!

Bei allen vier Liedern bewegt er sich nicht weit weg vom Original, was ja auch gar nicht sein muss. Während die Beatsteaks beispielsweise eine ähnlich strukturierte EP kurz vor Weihnachten veröffentlichte, die mich enorm gelangweilt hat, geht das Konzept bei Sam Vance-Law komischerweise auf. Da ist mehr Pfiff, Energie und Musikalität zu hören. Irgendwo im wilden Netz las ich einen Kommentar, dass es doch arg billig sei, nach seinem Erstling eine Cover-EP zu veröffentlichen, die dann noch so wenig eigene Handschrift in sich trägt. Was für ein hohler Anspruch an Musik! Es muss ja nicht immer alles völlig genialisiert werden sondern kann einfach für gut empfunden werden. Und sind wir ganz ehrlich: Die EP ist auch "nur" eine schöne, kleine, fröhliche Überbrückung zu seinem kommenden Album! Eben. Also. Tanzen wir uns also im Indiegewand in vergangene musikalische Zeiten und genießen den Moment. So einfach!

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