(ke) Vom Deich auf den Berg: Die
wohl skurrilste Boyband der Postmoderne, ihres Zeichens Flachlandhanseaten,
lieferten gestern Abend ihre Show im tieftirolerischen Hochgebirge des Ötztals
ab. Die frisch geschlüpfte „Event Area 47“ befindet sich irgendwo in the middle
of nowhere und diente Deichkind als Bühne vor circa 3000 Fans. Leider hat der „Area
Dome“ aber eine Kapazität von 8000 Personen und es war ein bisschen leer, aber
wen wunderts in Anbetracht der Venue Koordinaten? Auf dem Weg vom Parkplatz
zur Halle passiert man sogar weidende Hochlandrinder.
Mit dem Gedudel von drei
Liedchen der Vorband Moonbootica, klarer Schwachpunkt des Konzertabends, war
das Publikum aus typischen Tiroler Burton-Burschen, Hipstern, Junggebliebenen
und Zahnspangenträgern weder zu begeistern noch ausreichend aufgewärmt. So blieb der Part des Stimmung Generierens
gänzlich dem Hauptact zuteil. Und dieser schaukelte die Menge langsam, aber
sicher, über die Luftbahn ans Limit.
Aber man will ja nicht mit
der Tür ins Haus fallen.
Also, musikalisch wirkte
Deichkind anfangs etwas festgefahren, mitten auf dem Weg in die Sackgasse
„neuer Stil: elektronisch“. Dieses Vorhaben sollte wohl auch mit der Wahl
Moonbooticas als „Special Act“ unterstrichen werden, ließ aber ein Happy End
missen. Es gefiel zwar in Teilen und die Boyband ähnliche Performance, die
durchaus von einem ausgezeichneten Sinn für Humor bürgt, machte das Ganze auch
recht unterhaltsam, zu Eskalieren gabs aber noch reichlich wenig. Man wippte derweil brav mit und grinste hin
und wieder- auf Requisiten wie Fitnessräder, ein überdimensionales Fass oder
Bademeisterhochsitze muss man auch erstmal kommen. Die Bühne war relativ simpel
aus dreieckigen Säulen gehalten, die dafür aber ganz toll beweglich und beleuchtbar war! Außerdem zog sich jeder der fünf Jungs wahrscheinlich öfter um
als Katy Perry bei ihrer Bühnenshow in Las Vegas und an Pathos wurde auch nicht
gespart. Visuell war also von Anfang an einiges geboten.
Zur auditiv bedingten
Explosion der Menge kam es zwar spät, dann aber richtig. Während der
45-minütigen Zugaben wusste plötzlich jeder, wofür er eigentlich den Weg vorbei
an reißenden Bächen und Hochlandrindern auf sich genommen hat. Einen gesunden
Beitrag dazu hat der Neuzugang Harris geleistet, der vor allem bei den fast
schon antiquaren HipHop-Hits punkten konnte. Auch wenn die Band zugibt, dass
sie mittlerweile mehr Wert auf das Gefallen Dritter als auf das Ihrige legt,
bleibt nur zu sagen: guter Mann! Und den Geschmack der 3000 haben sie letzten
Endes auch getroffen.
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