Mittwoch, 21. März 2012

Deichkind ist auf Tour. Auch im tirolerischen Hinterland. Leider geil.


(ke) Vom Deich auf den Berg: Die wohl skurrilste Boyband der Postmoderne, ihres Zeichens Flachlandhanseaten, lieferten gestern Abend ihre Show im tieftirolerischen Hochgebirge des Ötztals ab. Die frisch geschlüpfte „Event Area 47“ befindet sich irgendwo in the middle of nowhere und diente Deichkind als Bühne vor circa 3000 Fans. Leider hat der „Area Dome“ aber eine Kapazität von 8000 Personen und es war ein bisschen leer, aber wen wunderts in Anbetracht der Venue Koordinaten? Auf dem Weg vom Parkplatz zur Halle passiert man sogar weidende Hochlandrinder.
Mit dem Gedudel von drei Liedchen der Vorband Moonbootica, klarer Schwachpunkt des Konzertabends, war das Publikum aus typischen Tiroler Burton-Burschen, Hipstern, Junggebliebenen und Zahnspangenträgern weder zu begeistern noch ausreichend aufgewärmt.  So blieb der Part des Stimmung Generierens gänzlich dem Hauptact zuteil. Und dieser schaukelte die Menge langsam, aber sicher, über die Luftbahn ans Limit.
Aber man will ja nicht mit der Tür ins Haus fallen.

Also, musikalisch wirkte Deichkind anfangs etwas festgefahren, mitten auf dem Weg in die Sackgasse „neuer Stil: elektronisch“. Dieses Vorhaben sollte wohl auch mit der Wahl Moonbooticas als „Special Act“ unterstrichen werden, ließ aber ein Happy End missen. Es gefiel zwar in Teilen und die Boyband ähnliche Performance, die durchaus von einem ausgezeichneten Sinn für Humor bürgt, machte das Ganze auch recht unterhaltsam, zu Eskalieren gabs aber noch reichlich wenig.  Man wippte derweil brav mit und grinste hin und wieder- auf Requisiten wie Fitnessräder, ein überdimensionales Fass oder Bademeisterhochsitze muss man auch erstmal kommen. Die Bühne war relativ simpel aus dreieckigen Säulen gehalten, die dafür aber ganz toll beweglich und beleuchtbar war! Außerdem zog sich jeder der fünf Jungs wahrscheinlich öfter um als Katy Perry bei ihrer Bühnenshow in Las Vegas und an Pathos wurde auch nicht gespart. Visuell war also von Anfang an einiges geboten.
Zur auditiv bedingten Explosion der Menge kam es zwar spät, dann aber richtig. Während der 45-minütigen Zugaben wusste plötzlich jeder, wofür er eigentlich den Weg vorbei an reißenden Bächen und Hochlandrindern auf sich genommen hat. Einen gesunden Beitrag dazu hat der Neuzugang Harris geleistet, der vor allem bei den fast schon antiquaren HipHop-Hits punkten konnte. Auch wenn die Band zugibt, dass sie mittlerweile mehr Wert auf das Gefallen Dritter als auf das Ihrige legt, bleibt nur zu sagen: guter Mann! Und den Geschmack der 3000 haben sie letzten Endes auch getroffen. 

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