Mittwoch, 24. September 2025

ClickClickDecker - Wir Waren Schon Immer Da

Foto: Lucja Romanowska
(Ms) Wenn diese Töne erklingen, beginnt die Zeitmaschine zu arbeiten. 2005 und 2006 erschienen die ersten Alben von Kevin Hamann alias ClickClickDecker und der Name prägte sich in mein jugendliches Gehirn schnell ein. Seine Musik lief ab sofort oft, laut und zu vielen verschiedenen Begebenheiten. Wenn diese Töne erklingen, kommen sehr viele Bilder aus dieser Zeit zurück. Das erste Mal mit der Bahn nach Münster, da ClickClickDecker dort bei der Visions Party im Gleis22 gespielt hat. Zu dem Zeitpunkt war mir noch unklar, dass ich später gut acht Jahre in dieser Stadt leben sollte. Später Fahrten aufs letzte Dorf: Stemweder Openair. Heute ein etabliertes Festival, 2007 noch in den Kinderschuhen. Damals spielte Audiolith-Kopf Lars Lewerenz noch Bass. Noch später verlor ich ein wenig den Bezug zu Kevin Hamanns Musik. Wieso und warum ist mir völlig schleierhaft. Und dann trat eine ClickClickDecker-Pause ein, bei der (mir) nicht ganz klar war, ob sie jemals enden oder eine auf Dauer sein wird.
In diesem Frühjahr gab es mit Am Ende eine eindeutige Antwort drauf: Pause vorbei, neues Album und Tour. Da hüpfte mein Herz und die ganzen Bilder von oben ploppten auf. Das sind Zeitpunkte, an denen klar wird, welche Bedeutung Musik für einen als Mensch hat. Wenn mit einer Art des Indiepop eine Phase des Lebens verbunden ist, mag ich nur noch von Zauber sprechen.

Wir Waren Schon Immer Da heißt das neue Album, das diesen Freitag (26. September) erscheinen wird und besser kann ein Titel ja gar nicht passen. Verrückt: Kevin Hamann macht von seiner Art und Weise des Textens einfach dort weiter, wo er zuletzt aufgehört hat. Wobei sein Name ja nicht mehr das Alias der Band ist. Seit Langem sind Sebastian Cleemann und Oliver Stangl mit ihm zusammen diese Gruppe. Ein Großbuchstabe für jedes Mitglied quasi.
ClickClickDecker-Texte sind stets ein großes Labyrinth gewesen. Worum geht es nochmal? Wo war nochmal der rote Faden? Und warum packt mich das so? Wie passen diese ganzen tollen Verse nur auf ein einziges Lied? Oft bleiben Bilder offen oder im Unklaren. Aber gerade das macht ja einen großen Reiz aus. Ich muss hier nicht alles verstehen. Hier herrscht kein klassisches stringentes Storytelling vor, sondern eher ein Bewusstseinsstrom (wenn ich mich interpretatorisch mal so weit aus dem Fenster legen darf).

Dass der erste Track Am Ende heißt, ist auch ein wenig der Beweis, dass dieses Trio eine gewisse Unterhaltungsader hat. Diese hoch gespielte Akustikgitarre - peng! Ein Signature Move! „Das hier ist ein Aufwind / Alle Lampen an“ - los geht‘s! Dass Songtitel und inhaltliche Struktur Hand in Hand gehen, ist bei Die Permanente Gleichzeitigkeit der Dinge wundervoll umgesetzt. Ein Text, der pickepackevoll ist mit Momenten, Situationen und Gefühlen. Die Überforderung des Alltags und dem ganzen Mist, den das Erwachsenenleben so mit sich bringt, aber: „Halte deine Arme wenn es sein muss / Ich weiß du, du machst das auch“. Hier schenkt jemand Trost in Zeiten, wenn alles zu viel wird. Hach, wie schön ist das denn bitte?! Manche seiner Worte erzeugen auch einfach nur ein gutes, beruhigendes Gefühl. Worum es genau in Breitmaul geht, habe ich nicht durchdrungen. Aber vielleicht ist das auch manchmal gar nicht so wichtig. Wenn er „Meine Gedanken gehören dir“ singt, dann tut das einfach nur gut. Und eine seichte Instrumentierung im Hintergrund streichelt sanft die Seele. Musik als Heilmittel, deren Wirkung manchmal schleierhaft ist. Ohnehin: Trost. Davon (und sicherlich von noch viel mehr) erzählt auch Auf Dem Grund / Am Apparat. „Vielleicht geht‘s nicht / Vielleicht reicht‘s nicht“. Ja, manchmal stimmt das. Dann ist man am Grund angekommen, aber „Da ist doch noch viel mehr“. Ja, eventuell ist da noch mehr Schmerz oder vielleicht ist das Loch manchmal noch größer, aber wenn das Ich auf dem Lied singt, dass es das nicht leid ist, weder gestern noch morgen, dann zeig mir mal jemand anders, was denn nun Liebe bedeutet. Oder? 

Die zehn neuen Stücke haben eine angenehme Spieldauer von 30 Minuten. Vielleicht ist der Kopf auch nicht dafür gemacht, um noch mehr ClickClickDecker-Verse aufzunehmen. Geschweige denn, sie alle zu verstehen. Muss ja auch wirklich nicht sein. Wir täten gut daran, Musik nicht zu verkomplizieren. Manchmal erzeugt sie ein Gefühl, spendet Trost, unterhält oder ist Selbstzweck. Wir Waren Schon Immer Da ist ganz viel davon. Aber in erster Linie ist es ein ganz phantastisches Werk, lyrisch klug und voll, musikalisch herrlich unaufgeregt. Ein Glück, dass diese drei Typen immer noch Musik machen, mögen sie nie aufhören und immer da bleiben.

16.10. Kiel, hansa48 (ausverkauft)
17.10. Hamburg, Knust (ausverkauft)
18.10. Köln, Artheater (Restkarten)
19.10. Hannover, Mephisto (Restkarten)
20.10. Mainz, schon schön
21.10. Nürnberg, Club Stereo
22.10. München, Milla (Restkarten)
23.10. Leipzig, Naumanns
24.10. Dresden, GrooveStation
25.10. Berlin, Lido


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