Donnerstag, 18. März 2021

L'Impératrice - Tako Tsubo

Foto: Théo Gosselin
(ms) Die Musik erklingt und ich mache mir unweigerlich Gedanken über die Funktion und Wirkung der selbigen. Gerne hätte ich darüber theoretisches Wissen, auch über die psychologischen Faktoren. Doch so muss hier mit dem stream of concsiousness des Laien Vorlieb genommen werden. Hört man ein gewisses Genre, sagen wir mal elektronisch geprägten Pop, liegt die Frage wie bei jeder anderen Musikrichtung auf der Hand, was die KünstlerInnen damit beabsichtigen. Was soll die Musik bewirken? Und das nicht mal im Sinne einer Revolte durch die Texte, Selbstreflektion oder sonst einen überbordend herbei fabulierten Quatsch, was Musik - und da sind wir mal ganz ehrlich - in den meisten Fällen dann doch nicht schafft. Und auch gar nicht schaffen muss, der Anspruch wäre viel zu hehr.
Also: Kann oder will ich als KünstlerIn 'einfach' nur wollen, dass ich die Menschen gut unterhalte? Anderen einfach eine gute Zeit bescheren? Ein bisschen den Alltag vergessen machen und eine Dreiviertelstunde Unbeschwertheit zaubern? Ist das zu wenig, zu plump oder verklausuliere ich das Thema in zu hohen Anspruch? Auf der anderen Seite: Was ist Pop - neben der wirtschaftlichen Vermarktung - anderes als eine Branche, die alles ein bisschen lockerer macht?! Genau. Zur Revolte haben Taylor Swift oder Daft Punk nie aufgerufen (glaube ich).
Also: Ist es völlig ausreichend, wenn Pop 'nur' unterhält? Dafür darf er selbstredend auch nicht zu verschnörkelt, wild, komplex, vielschichtig, verschoben sein. Die Mittel müssen so ausgerichtet sein, dass die Musik auf die beste Art unauffällig aber beschwingt bleibt. Und: Muss man Musik vor diesem Hintergrund anders bewerten?

Es ist klar, womit ich damit hinaus will. Das verrät ja die Überschrift. Das französische Kollektiv L'Impératrice veröffentlicht kommende Woche (26. März) ihr neues Album Tako Tsubo. In ihrer Heimat sind sie wirklich erfolgreich. Haben, bis vor einem Jahr alles still stand, große Hallen voll gemacht, Klick- und Schau-Zahlen auf den einschlägigen Portalen unterstreichen diese Beliebtheit. Vor zwei Jahren erschien der Vorgänger und ich habe mich gerne mitnehmen, verzaubern lassen auf klangliche Gefilde, die nicht immer bei mir daheim laufen.
Nun läuft und läuft das neue Album und es läuft... nur nebenbei. Klar, es ist schöne, feine Popmusik. Doch über 48 Minuten kommt nicht ein Moment, wo ich denke: Ja, jetzt haben sie mich. Ja, jetzt habe ich die Musik verstanden. Ja, jetzt weiß ich, was sie von mir wollen. Jetzt wippt der Fuß und auch das Gemüt.
Leider habe ich das nicht verstanden. Ja, die Platte plätschert so im Hintergrund und stört nicht. Nicht bei den ausgekoppelten Singles und auch nicht bei den anderen Stücken. Mir fällt es absolut schwer einzelne Lieder und deren Besonderheiten zu beschreiben, weil ich sie nicht fühle.

Jetzt bin ich kurz davor, dieses Album zu zerreißen, weil für mich kein Drive aufkommt. Davor will ich mich hüten. Und die Frage vom Anfang stellen: Welche Funktion will Musik haben, welchen Effekt hat sie dann? Ist es okay, wenn sie einfach nur ein bisschen beschallt und nicht ablenkt? Dann stellt sich automatisch die Frage, wo diese Stücke laufen. Ja, ich möchte auch daheim im Hintergrund beschallt werden, wenn ich arbeite oder mich mit unseligen Steuerangelegenheiten beschäftigen muss. Da brauche ich Konzentration und die ist nur garantiert, wenn die Schallwellen sich nicht in den Vordergrund drängen. Deutschsprachige Musik geht schon mal gar nicht. Tako Tsubo könnte klappen, aber es ist mir fast schon zu beliebig. Konzentration wird garantiert mit feiner (Neo-)Klassik oder Easy Listening. L'Impératrice bewegen sich dort nicht. Viel mehr ist die Platte eine etwas weniger scheinwerferlastige Version von den bereits erwähnten Daft Punk. Und die haben mich spätestens seit der furchtbaren Kooperation mit Pharell Williams zunehmend abgeschreckt.

Nein, diese Platte wird bei mir daheim nicht laufen.
Doch wo könnte sie dann zum Einsatz kommen? Klar, in unzähligen anderen Haushalten - Musik ist und bleibt immer noch bitte Geschmackssache und daran wird mein Geschreibsel auch nichts ändern. Ist die Idee erlaubt, es in Einkaufszentren, Supermärkten oder im Schwimmbad laufen zu lassen?! Klar! Der Begriff Fahrstuhlmusik hat einen faden Beigeschmack, doch sie ermöglicht das entspanntere, stressfreie Einkaufserlebnis. Völlig okay. Oder den Hintergrund bei Langzeitsporterlebnissen.
Mist, jetzt klingt es doch wie ein Verriss.
Ist es nicht.
Ist halt nur nicht die Musik, die mich mitzieht.
Sei es Charles de Boisseguin und seinen MitmusikerInnen gegönnt, damit Erfolg zu haben.

 

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