(ms) Das Bremer Viertel lag am Freitagabend noch im Schlaf. Woran es lag, ist schleierhaft, doch die Vermutung, dass die Bremer Bäuche vom Weihnachtsfressen noch gut gesättigt waren, liegt nahe. Mit dem heimischen Hemelinger bewaffnet, taperten wir Richtung Lagerhaus. Das Besondere an diesem Veranstaltungsort: Auf den Sitzklos wird per Fußbedienung gespült! Enorme Sache das.
Der Grund für diesen postweihnachtlichen Ausflug war aber ein Anderer. Denn Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen lud zum Jahresendtanz ein. Wie auch schon unter dem Namen Superpunk werden zwischen den Jahren hintereinander Bremen, Hamburg und Berlin bespielt. Auftakt also an der Weser.
Gemütlich war es. Gar familiär. Denn nicht nur die Kinder der Vorband, sondern auch Szenegrößen wie Grillmaster Flash tummelten sich im Publikum. Special Guest Werner Enke war dieses Jahr leider nicht anwesend.
Dafür aber die Band Dr. Orgel. Ohne Witz: Ich habe lange nicht so einen genialen Bandnamen gehört. Die waren mir schon vor dem Auftritt sympathisch. Und während des halbstündigen Gigs fragten wir uns, ob das eine Lehrerband sei. Das sagte zumindest unser Bauchgefühl. Mit viel Beat-Pop, Saxophon, Trompete und Liedern wie Das Mädchen Aus Der Wodkabar wussten sie zu begeistern. Stark auch, dass die Hälfte ihrer Lieder instrumental waren. Die andere Hälfte mit teils programmatischem Text versehen. So zumindest der kurzweilige Eindruck.
Kurze Umbaupause, noch ein neues Erfrischungsgetränk geholt und dann ging es mit Der Letzte Große Bohemien los! Eins war garantiert: Zu leise war es nicht. Anders im Bild der Liga: Gitarrist Fabio war abwesend (dem Facebook-Posting nach zu folge, steht familiärer Nachwuchs bevor; Gratulation). Dafür: Timo Blunck an der Gitarre. Er ist nicht nur Bestandteil von Parlais Schaumburg, sondern auch Designer im weitesten Sinne (hat einige Expo-Häuschen in den letzten Jahren gestaltet), sondern überzeugt derzeit mit Hits wie Hatten Wir Nicht Mal Sex In den 80ern?
Es war klar: Es wurde standesgemäß abgeliefert. Und Unterstützung in Sachen Percussion gab es auch (leider ist mir der Name entfallen).
Es wurden nicht nur die Kracher aus dem aktuellen Album Fuck Dance Let's Art dargeboten, sondern auch bereits vorher bestehende Klassiker wie Arbeit Ist Ein Sechsbuchstabenwort, Der Große Kölner Pfandflaschenbetrug, Alleine Auf Partys oder The Out-Crowd!. Beachtlich dabei ist nicht nur die irgendwie lakonische Entertainergabe von Carsten Friedrichs, sondern auch die abgezockte Ruhe von Bassist Tim Jürgens. Wie kann man nur so cool sein?! Ausrasten geht auch. Und das bewies über die gesamte Konzertlänge Gunther Buskies am Keyboard. Der Tapete-Chef würde mit seinem Instrument am liebsten tanzen gehen, so hat man den Eindruck. Reine Spielfreude.
Ja, ein Konzert der Liga ist großer Spaß und große Unterhaltung. Locker, kurzweilig, tanzfreudig. Und da können die Bremer noch ein wenig dazulernen. Die ersten vier, fünf Reihen hatten keine Probleme, sich etwas gehen zu lassen, der Rest wippte eher so mit. Das wird nächstes Jahr bitte besser gemacht. Immerhin scheut die Band auch keine Kosten und Mühen und brachte eine nigelnagelneue Lichtshow auf die Bühne. Stark!
Und: Wer kann, der kann. Der neue Evergreen Ein Leben In Rot Mit Purpurnen Blitzen wurde glatt zwei Mal gespielt!
Glücklich, beseelt und leicht bierselig eroberten wir noch die Bremer Nacht.
Die Liga spielt heute Abend noch im Berliner Lido und geht kommendes Jahr wieder auf Tour. Also bitte dick im Kalender eintragen!
06.03. - Reutlingen, Franz K
30.04. - Schwäbisch Hall, Anlagencafé
01.05. - Nürnberg, Club Stereo
02.05. - Weinheim, Café Central
21.05. - Wiesbaden, Schlachthof
22.05. - Essen, Grend
23.05. - Bielefeld, Bunker Ulmenwall
(ms) Ganz ehrlich: Wir luserlounger haben mit dieser Anzahl an Rückläufern der Jahresrückblicke nicht gerechnet. Umso glücklicher sind wir, dass wir den größten Adventskalender der Welt gestalten konnten! Die Spannbreite war enorm und für uns als Leser sehr überraschend. Einige Wiederholungstäter waren dabei und umso mehr, das wir vorher nie kannten.
Nun kommt wirklich der Abschluss. Das 28. Türchen öffnet Simone, die zwar in Hamburg wohnt, aber mit ihrer Kamera in der Hand in irrer Regelmäßigkeit vor den Bühnen dieser Republik steht und knipst und sich an der Musik erfreut. Schaut mal auf ihrer Foto-Facebook-Seite vorbei, es lohnt sich wirklich!
Also: Vorhang auf für den letzten Adventsstreich!
Bei Musik gibt es bei mir persönlich keine Ranglisten, weil Musik für mich kein Wettbewerb ist.
Alben des Jahres 2019:
Alben aus 2019 die mich dieses Jahr begleitet haben sind:
Glen Hansard – The Wild Willing: Die Musik von ihm hatte für mich schon immer etwas Magisches und berührt immer wieder aufs Neue.
Enno Bunger – Was berührt das bleibt: Enno Bunger ist einfach ein Meister darin, die ganz großen und schweren Gefühle in einfache Worte zu fassen.
Fortuna Ehrenfeld – Helm ab zum Gebet, Die Lieder vom Regenradar und den Mandelviolinen und Debout pour ma prière: Ich liebe diese Band einfach!
Niels Frevert – Putzlicht: Dieses Album ist einfach eine wunderbare musikalische Umarmung.
Pizzera & Jaus – Wer nicht fühlen will, muss hören: Die beiden Österreicher singen im Dialekt und machen einfach ganz großes Musikkabarett.
Philipp Rohmer – Mycelium: Philipp Rohmer veröffentlichte am 21.11.2019 sein erstes Album, auf dem er zeigt, wie vielseitig der Kontrabass als Instrument ist.
Bestes Live-Erlebnis 2019:
Es gab so viele wunderbare Konzertmomente, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann.
Einen ganz besonderen Zauber hatten aber auf jeden Fall das Konzert von Tim Neuhaus & Band im Auster Club in Berlin und das Konzert von Glen Hansard in der Elbphilharmonie.
Aber auch jedes einzelne Fortuna Ehrenfeld Konzert war ganz großes Kino. Diese Band muss man einfach mal live erlebt haben. Ich bin schon gespannt, welche Überraschungen sie 2020 aus den Hut zaubern.
(ms/sb) Na, Weihnachten gut überstanden? Reich beschenkt worden? Auch das ein oder andere Präsent mit Bezug zur Musik bekommen? Bei uns war PR-technisch ziemliche Flaute, aber zum Glück haben wir uns ein paar Alben aufgehoben, um Euch auch diese Woche eine Selektion präsentieren zu können. Denn Ihr wisst ja: Heute ist Freitag. Wir sind die Luserlounge. Und das ist die letzte Selektion des Jahres 2019 und zugleich Türchen Nummer 27 unseres legendären Adventskalenders.
Und ab!
Christmas (sb) Wie jetzt? Christmas? SEO-technisch ist der Bandname der Saarländer natürlich desaströs gewählt, der Sound hingegen bläst die Lauscher mal ordentlich durch. Hardcore, Punkrock und das alles bitte ordentlich laut - bitte mehr davon! Go Hard Or Go Home ist der erste Vorbote des neuen Albums Hot Night In Saint Vandal, das am 28.02. veröffentlicht werden wird. So ganz unbekannt sind Christmas übrigens keinesfalls: 13 Releases in 10 Jahren und über 500 Shows in 13 Ländern sprechen eine deutliche Sprache.
14.02.20 Kassel, Kesselschmiede
15.02.20 Hamburg, Lehmitz
29.02.20 IRL-Dublin, The Thomas House
13.03.20 Würzburg, Immerhin
14.03.20 Gotha, Ju.w.e.l. e.V.
27.03.20 Nürnberg, Kunstverein
02.04.20 Trier, Lucky’s Luke
03.04.20 Dinslaken, Kutscherstube
25.04.20 UK-Manchester, Manchester Punk Festival
30.04.20 Viersen, RKW
Apocalyptica
(sb) Bekannt wurden Apocalyptica hierzulande einst duch die famosen Metallica-Cover und auch die nachfolgenden Alben erreichten teils hohe Chartpositionen ehe es zunehmend ruhiger um die Finnen wurde. Das lag jedoch keineswegs an der Untätigkeit der Band - ganz im Gegenteil: am 10.01. ercheint mit Cell-0 bereits das neunte Studioalbum der Cello-Virtuosen und verspricht wieder sehr viel Gutes. in ihrem Genre Symphonic Metal tummeln sich zwar mittlerweile noch zahlreiche Mitbewerber, Apocalyptica verteidigen jedoch tapfer ihre Position als Platzhirsch.
Balbina
(sb) Der PR-Text spricht bei Balbina von der "deutschen Björk", für uns ist Punkt. (VÖ: 10.01.) trotz eigentlich interessanter Themen wie der Verarbeitung von Erfahrungen als Migrantenkind oder Female Empowerment musikalisch leider die reinste Folter. Aber bildet Euch selbst ein Urteil:
Radio Havanna (sb) Was sind Radio Havanna nur für krasse Refrain-Monster? Wahnsinn, da gibts auf dem neuen Album Veto (VÖ: 17.01.) ja nicht einen einzigen Track, der nicht zum Mitgrölen einlädt. Nur zum Verständnis: diese Zeilen werden am (sehr späten) Heiligen Abend geschrieben, nebenbei wird ein Hösl Märzen aus Mitterteich gezischt und es läuft Punkrock. Gehts besser? Das Quartett aus Suhl, das bereits vor Jahren nach Berlin umsiedelte, pendelt unverschämt lässig zwischen Pop und Punk, zwischen Spaß und Politik und macht einfach richtig Bock. Kauft Euch das Teil, geht ab, freut Euch auf die Tour, bleibt links und lasst Euch nicht den Mund verbieten. Manchmal kann alles so einfach sein. 28.02.2020 DE - Hamburg - Molotow 29.02.2020 DE - Bremen - Tower 05.03.2020 DE - Stuttgart - Goldmarks 06.03.2020 CH - Zürich - Dynamo 07.03.2020 DE - München - Backstage 13.03.2020 DE - Dresden - Chemiefabrik 14.03.2020 DE - Hannover - Indiego Glockensee 27.03.2020 DE - Düsseldorf - Zakk 28.03.2020 DE - Frankfurt - Nachtleben 03.04.2020 DE - Leipzig - Werk2 04.04.2020 DE - Berlin - SO36
(ms) Ungelogen: Christian und ich haben Portugal. The Man entdeckt. Es begab sich im Jahre des Herren 2008, am 3. Oktober. Wir haben sage und schreibe 7 Euro Eintritt gezahlt. Das mag man sich heute nicht mehr vorstellen. Bevor die Jungs aus dem eisigen Teil Amerikas auf die Bühne stapften und uns aufzeigten, was denn alles möglich sei, hat eine Band gespielt, die Herrenmagazin heißt. You know.
Christian ist sicherlich derjenige in meinem Freundeskreis, der an guter, dynamischer und mitreißender Indierockmusik niemals genug bekommen wird. Diese Töne strömen einfach durch sein Blut und wenn wir tanzen sind, kann er wirklich wesentlich mehr mitsingen als ich. Er ist ein Kenner, ein Könner und auf dem Dancefloor ein Held, der seinesgleichen sucht. Durchgetanzte Schuhe sind das stolze Ergebnis dessen! Alben des Jahres 2019
Platz 3: Faber – I fucking love my life
In Zeiten, in denen es in der Öffentlichkeit anscheinend zum guten Ton gehört nicht anzuecken und selten eindeutig Stellung zu beziehen, kam in diesem Jahr ein Album heraus, das einen Querschnitt durch die Gesellschaft gewährte, das eindeutiger nicht hätte sein können. Während man sich besonders in letzter Zeit zurecht fragt, was mit der Menschheit los ist und wohin sich diese noch entwickeln wird, gelingt es Faber so eindeutig die aktuellen Geschehnisse zu besingen, dass es einem beim Zuhören schon fast unbequem wird. Fabers Songwriting ist geprägt von Aussagen, die kontrovers erscheinen und den Hörer gewissermaßen herausfordern aktuelle gesellschaftlich Tendenzen zu hinterfragen. Insbesondere die erste Single 'Das Boot ist voll' polarisierte mit einem so provokanten Text, sodass dieser kurzerhand für eine Alternativversion geändert wurde.
Ein erfrischend ehrliches Album, das sich musikalisch zwar in demselben Raum bewegt wie das Erstlingswerk, dessen Referenzen aber gerade in der heutigen Zeit zum Nachdenken anregen.
Platz 2: Andrew Bird – My finest work yet
Besonders die ersten Alben von Andrew Bird begleiten mich immer wieder. In der Zwischenzeit kamen zwar einige weitere Werke hinzu, aber erst My findest work yet führten mir wieder vor Augen wie filigran dieser Künstler seine Songs schreibt. Wiederkehrendes Element in allen Stücken ist die wohl platzierte Geige, das markante Pfeifen des Sängers und die Fähigkeit all diese Elemente immer wieder gekonnt aufeinander abzustimmen. Auch wenn der Album-Titel überheblich klingen mag, aber Herr Bird hat hier ein wirklich stimmiges Album hervorgebracht, das einen fast vollständig einlullt, sodass man sich dieses Album ganz wunderbar in der dunklen Jahreszeit bei einem gemütlichen Abend zu Gemüte führen kann.
Platz 1: Foals – Everything not saved will be lost Pt.1 + Pt.2
Bringt eine Band anstatt eines Albums direkt zwei LPs in einem Jahr heraus, werden im ersten Moment die Zweifel erweckt, ob dies nun aus reinem wirtschaftlichen Interesse geschieht oder ob wirklich gute Ideen hinter diesem Konzept stehen. Oftmals wirkt es so, dass ein zweites, hinterhergeschobenes Album all die Stücke verwertet, die es auf das erste Werk nicht geschafft haben. Recycling der eigenen Musik sozusagen, damit bloß kein eingespieltes Stück verloren geht.
Und so bestand auch bei der Ankündigung, dass die Foals direkt zwei Alben innerhalb eines Jahres herausbringen werden die Sorge, dass es sich hier eher um eine Marketing-Masche als wirklicher kreativer Output handelt.
Was die Engländer aber in den insgesamt 20 Songs geschafft haben ist ein wohl durchdachtes Doppel-Album, deren Teile auch jeder für sich sehr gut bestehen können. Mit allen Facetten der Foals ausgestattet, mal energiegeladen und ungetüm, mal nachdenklicher und etwas ruhiger, wurde ich positiv überrascht und konnte dieses Mal zwei direkt quasi zwei Alben auf den ersten Platz wählen.
Song des Jahres 2019
Platz 3: Temples – Hot Motion
Retro-Bands tauchen in der Musiklandschaft immer mal wieder auf. Gutes aus der Vergangenheit wird hervorgeholt und mehr oder minder gut zitiert, um daran zu erinnern, worin die Ursprünge aktueller Musik liegen. Die Temples bedienen genau dieses Konzept, führen es aber so gut aus, dass man teilweise gar nicht mitbekommt, dass es sich hierbei um eine Band aus unserer Zeit handelt. Hier werden psychedelische Klänge gepaart mit einprägsamen Melodien so gut kombiniert, dass daraus ein Lied entsteht, das mich das ganze Jahr begleitet hat.
Platz 2: Giant Rooks – 100 mg
Oftmals wird die deutsche Musiklandschaft im internationalen Vergleich belächelt, dabei tummeln sich wirklich wunderbare Schätze in der deutschen Szene. Als ich die Giant Rooks zum ersten Mal gehört habe, war ich überrascht, wie ausgereift und durchdacht ihre Lieder sind. Was diese jungen Männer da auf die Beine stellen ist etwas wirklich wunderbares, das unbedingt von mehr Leuten gehört werden sollte. Bislang kamen nur zwei (wirklich gute) Eps heraus, aber spätestens mit der Wild Stare EP, auf dem auch 100 mg zu finden ist, haben sie gezeigt, dass sie auch für Größeres bestimmt sind. Eine Band, die man sich für das nächste Jahr unbedingt vormerken sollte.
Platz 1: Bon Iver – Hey Ma
Bon Iver hat seinen Zuhörern mit seinen bislang vier erschienenen Alben auf eine rasante Reise durch unterschiedlichste Musikstile mitgenommen. Nachdem das Über-Folk Album 'For Emma, Forever Ago' wohl in jeder Musiksammlung einen Ehrenplatz hat, wurden daraufhin immer wieder neue Gefilde erkundet. So auch in dem diesjährig erschienenen Album mit dem Titel 'i,i', das nach dem etwas konfusen Album '22, A Million', wieder etwas geradliniger aufgestellt ist. So finden sich neben wirklich verrückten Ideen auch das Lied 'Hey Ma', das eine Quintessenz dessen darstellt, was Bon Iver (für mich) ausmacht. Ein Lied, versehen mit elektronische Einflüssen, die dennoch nicht an Gefühl verlieren und durch eine bezaubernde Melodie bestechen.
Bestes Live Erlebnis Foals – Huxleys Neue Welt Berlin
Das Live-Erlebnis des Jahres war für mich das Konzert der Foals im ausverkauften Huxleys Neue Welt in Berlin. Was diese Band in knapp 1 ½ Stunden präsentiert hat war ein mitreißendes Feuerwerk aus Musik, das jeden Zuschauer innerhalb kürzester Zeit zum Tanzen bewegt hat. Hier konnten neben den alten Songs auch die neuen Songs bestehen, sodass schon ab dem ersten Song eine Party losgetreten wurde, die nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Besonders der letzte Song des Abends 'Two Steps, Twice', das bis zum Ende zelebriert wurde und in einem Stage-Dive des Sängers mündete, hat gezeigt, wie sehr diese Band Spaß daran hat ihre Musik live zu präsentieren.
(sb) Wie jetzt? Türchen 25? luserlounge, spinnt Ihr? Zu viel Glühwein gepumpt oder durchs weihnachtliche Fresskoma total verblödet? Ja mei, was sollen wir denn machen, wenn sich so viele Leute zurückmelden, die gerne an unserem Adventskalender teilnehmen wollen?
Wir verraten es Euch: Wir freuen uns wie Bolle, dass wir so viele Rückmeldungen erhalten haben und so setzen wir unsere sympathische kleine Reihe einfach fort und präsentieren Euch heute den Beitrag von Jan. Er hat uns mit seiner Agentur Check Your Head in den vergangenen Monaten unter anderem mit den neuesten Scheiben von Enno Bunger, Refused, Green Day, Rikas, Mädness und Niels Frevert beglückt - und diese Vielfältigkeit findet sich auch in seinem Jahresrückblick wieder. Viel Spaß!
Alben
des Jahres 2019:
Platz 3:
Ilgen-Nur - Power Nap
Platz 2:
Liam Gallagher - Why Me? Why
Not.
Platz 1:
Sam Fender - Hypersonic
Missiles
Songs
des Jahres 2019:
Platz 3:
Rex Orange County - 10/10
Platz 2:
The Screenshots - Wir lieben
uns und bauen uns ein Haus
(ms) Die schwere Bürde, das vierundzwanzigste Türchen zu füllen. Oder ein Privileg? Egal!
Und was war das für ein Jahr! Privat gab es schon einige Tiefs und zum Glück noch mehr Hochs und viele Veränderungen, die auch nötig waren. Weg gehen, ankommen, abbrechen, neu starten, Reset drücken, inne halten und immer wieder die Boxen aufdrehen. 2019 war ein lautes Jahr, in dem die leisen Töne umso wertvoller wurden. Los geht's! Es gibt keine Wertung, keine Reihenfolge. Alben des Jahres
Fortuna Ehrenfeld - Helm Ab Zum Gebet
Wie genial kann man eigentlich sein? Wie kann man ausleben, dass einem alles egal ist? Wie kann man so gradlinig sein Ding durchziehen? Wie kann man so kreativ sein? Wie schafft man es jedes Mal das Publikum so zu begeistern, zum lachen und mitsingen zu bringen? Fortuna Ehrenfeld haben mit Helm Ab Zum Gebet ein großes Indie-Werk veröffentlicht mit Punkattitüde und Schlafanzug und dann noch auf Französisch und mit Männchen. Drei Mal habe ich sie zudem live gesehen und es extrem genossen. Zwischen Worttürmen und -spielen und keiner Angst die Tränendrüsen zu aktivieren.
Turbostaat - Nachtbrot
Ich habe es hier schon erwähnt. Turbostaat haben mit Nachtbrot das perfekte Live-Album schlechthin veröffentlicht. Und seitdem habe ich die Flensburger mitten auf dem Radar. Vor elf Jahren habe ich sie als Vorband der Beatsteaks gesehen. Doch so richtig präsent waren sie mir nie. Es hat sich schlagartig geändert. Möglicherweise ist es das Album, das ich in den vergangenen Monaten am häufigsten gehört habe. Was für eine Energie, was für eine Dynamik, was für ein gnadenlos unglaublicher Sound?! Klar, dass ich beide Gigs dieses Jahr komplett abgefeiert habe und lauthals mitgegrölt habe. Ganz stark. Und im Januar geht's mit der nächsten Platte weiter.
Pascow - Jade
Krasser als bei Turbostaat: Pascow hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Noch nie. Was für ein fataler Fehler?! Was für ein kapitaler Bock?! Wie konnte ich mir das nur antun?! Ihre Art des Punkrock ist ideal: extrem schnell, atemlos, direkt, vulgär wenn es sein muss, stets mit Haltung, kryptische Texte, kompromisslos. Jade haut mich immer noch um. Ein pausenloses, pulsierendes Gitarrengewitter. Ihr Konzert in Osnabrück eine Demonstration von Macht auf der Bühne. Mir hing die Kinnlade runter. Daher freue ich mich extrem auf den nächsten Gig. Warum nicht nach Kiel fahren?! Eben!
Songs des Jahres
Niels Frevert - Brückengeländer
Der Track hat keine Wunden aufgerissen, aber sie nochmal zucken lassen. Das letzte Jahr war zu gewissen Teilen Käse. Doch das Aufrichten, Beenden und Nach-Vorne-Schauen kommt durch dieses wunderbare Lied so stark zur Geltung, das ich Niels Frevert einfach nur danken will.
Enno Bunger - Ponyhof
Mein Gott, was für ein Lied. Jede Zeile geht direkt ins Herz oder lässt die Mundwinkel lachen. Insbesondere, wenn sich viel ändert, schaut man wo die Konstanten sind. Und bei den allerengsten Menschen sind sie natürlich zu finden. Ein Hoch auf all die tollen Leute, die einem nahe stehen!
Ásgeir - Youth
Wie kaum ein anderer mir bekannter Künstler schafft es Ásgeir in einer berührenden Schönheit sanft, direkt und gefühlvoll zu sein. Das zeigt er mit diesem Track in jedem Takt. Zudem erinnert das Video an einen wunderbaren, außergewöhnlichen Urlaub auf Island. Tipp: Geht im Frühjahr auf Tour!
Konzerte des Jahres
Wie auch letztes Jahr waren Kettcar drei Mal dabei, doch interessanterweise sind es drei andere Gruppen, die ich hier herausheben möchte. Zum Einen ist es Dagobert, den ich dieses Jahr auf dem Reeperbahn Festival gesehen habe. Das war schon witzig. Wie kann man als diese Figur mit diesen schlageresken Texten auf der Bühne nur so abgebrüht bleiben?! Das hat viel Spaß gemacht.
Und es kommt ein zweiter Festival-Auftritt hinzu: Tocotronic beim Deichbrand im (Hoch-)Sommer. Auf diesem Festival läuft ja mittlerweile auch viel Billo-Rap und Electro, aber halt auch wirklich gute Musik. Als Tocotronic dann im Zelt die Bühne verlassen haben, dachte ich nur: "Wie kann man bei so einer Saufveranstaltung nur so cool bleiben und Unwiederbringlich in voller Länge spielen?!" Als letztes das schönste Live-Erlebnis in diesem Jahr: Hannes Wittmer im Nachtasyl, Hamburg. Selbstredend sind es seine feinen Lieder, die berühren. Doch die Idee, einen leeren Stuhl für alle, die etwas sagen, fragen, erzählen wollen auf die Bühne zu stellen, gab diesem Abend einen nicht zu erahnenden Zauber!
Geheimtipp für 2020
Das ist wirklich schwer. Alles, worauf ich mich freue, sind keine Geheimnisse oder der neuste heiße Scheiß. Es kommt ein neues Album von Nada Surf, das wird sicher toll. Ich schaue mir zum ersten Mal Voodoo Jürgens an, könnte verrückt werden und ich bin zwei Mal bei Kettcar dabei, kurz bevor sie in ihre nächste Pause gehen. Zwei Kettcar-Konzerte direkt hintereinander. Bremen. Lübeck. Ich habe schon ein paar bescheuerte Sachen gemacht, das ist das nächste Kapitel. Ich freue mich drauf.
(sb) Wieder ein Jahr näher an der Rente! Immerhin. Aufgrund akuten Zeitmangels blieb die Musik dieses Jahr meist ziemlich auf der Strecke, viele Alben wurden lediglich zwischen Tür und Angel angehört, die besuchten Konzerte können an einer Hand abgezählt werden und so wirklich mit Muße konnte die Kunst nur höchstselten genossen werden. Ich wünsche mir sehr, dass das eines Tages wieder anders sein wird, da die Musik seit Jahrzehnten eine der größten Triebfedern meines Lebens darstellt und mich schon aus so manchem Tief rausgeholt hat oder - und das darf man nicht vergessen - Euphoriewellen ausgelöst oder verstärkt hat. Die Kraft der Musik ist schier unendlich, wenn man die Möglichkeit hat und bereit ist, sich darauf einzulassen.
Auf ein cooles, ruhiges, lebenswertes und etwas entspannteres 2020! Aber hier erstmal meine musikalischen Höhepunkte des ablaufenden Jahres - viel Spaß damit!
Alben des Jahres 2019:
Platz 3:
No King. No Crown. - Smoke Signals
Im Dezember 2018 landete Smoke Signals bei uns bereits im Postfach, veröffentlicht wurde es dann im Januar und ist seitdem mein ständiger Begleiter. Was für wunderschöne Musik, die mein Seelenleben in vielen Situationen so unfassbar treffend reflektiert. Ich habe mich auch sehr gefreut, die Dresdner Band im Oktober live erleben und kennenlernen zu dürfen und hoffe sehr, dass man noch sehr viel von No King. No Crown. hören wird.
Platz 2:
Faber - I Fucking Love My Life
2017 lieferte Faber mein persönliches Album des Jahres ab, diesmal scheitert er knapp - und das, obwohl I Fucking Love My Life sogar noch besser ist als sein Debüt Sei Ein Faber Im Wind. Der Schweizer ist ein herausragender Künstler, sein Zynismus geht durch Mark und Bein und die Art und Weise, wie er der Gesellschaft den Spiegel vorhält, sucht ihresgleichen. Seine Texte laden dazu ein, sie falsch zu verstehen und zu interpretieren, wenn man es intellektuell und oder motivatorisch nicht überreißt, sich damit auseinanderzusetzen. Eine perfekte Voraussetzung also, um anzuecken und für reichlich Gesprächsstoff zu sorgen. Ganz großartig!
Platz 1:
Enno Bunger - Was berührt, das bleibt
Ganze fünf Videos veröffentlichte Enno Bunger, bis im Juli dann endlich der Release seines Albums Was berührt, das bleibt folgte. Fünf Songs, fünf Volltreffer, fünf Mal Emotionen pur und fünf gute Gründe, dem Album entgegen zu fiebern. Und ich wurde nicht enttäuscht: Der Longplayer übererfüllte alle Erwartungen, war wochenlang Stammgast in meinem CD-Player und quasi schon vor Release mein Album des Jahres. Wie man seine Gefühle so berührend in Worte und Melodien fassen kann, wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, aber Enno Bunger schafft es spielend, seine Hörer innerhalb weniger Minuten weinen und dann schallend lachen zu lassen. Vielen Dank für dieses überragende Album und das wundervolle Live-Erlebnis im Oktober (siehe unten).
Songs des Jahres 2019:
Platz 3:
Thees Uhlmann - Fünf Jahre nicht gesungen
Mit dem Album Junkies und Scientologen bin ich noch immer nicht warm geworden, der Comeback-Track Fünf Jahre nicht gesungen ist hingegen nachhaltig im Gedächtnis geblieben, zumal er sehr hohe Erwartungen geweckt hatte, die dann aber größtenteils leider nicht erfüllt wurden. Thees Uhlmann ist zurück, er hatte zweifelsohne gefehlt, aber entweder hat er sich weiterentwickelt oder ich - ich habe da so nen Verdacht... Wie dem auch sei: Das Leben ist kein Highway, es ist die B73.
Platz 2:
PUP - Kids
Von Norddeutschland nach Kanada! Zunächst gab es zu Kids, dem ersten Single-Release des aktuellen PUP-Albums Morbid Stuff, nur ein Comic-Audio-Video, später wurde dieses kleine Meisterwerk nachgereicht. Starkes Album, klasse Song - und insgesamt sehr großartige Lyrics einer völlig zu Unrecht viel zu unbekannten Band.
Platz 1:
Fatoni - Die Anderen
Der beste deutsche Rapper der Welt auf Platz 1 - aber knapp wars, zumal sein Album Andorra dann doch doch deutlich seltener lief als erwartet und trotz Vorschusslorbeeren und überragender Vorab-Single nicht so zündete wie erhofft. Versteht mich nicht falsch: das ist Jammern auf höchstem Niveau! Die Anderen ist natürlich ein Mega-Track, der mich wochenlang auf höchster Lautstärke im Auto begleitete, dessen Aussage mir gefällt und der einfach für alles steht, was Fatoni zu leisten imstande ist.
Bestes Live-Erlebnis 2019:
Viele Konzerte habe ich dieses Jahr zugegebenermaßen nicht gesehen, aber die wenigen waren durch die Bank super. Sei es nun Friska Viljor in Dornbirn, No. King. No Crown. in Rorschach oder Enno Bunger im Ampere, München - alle waren super, der Titel geht dann aber doch nach Ostfriesland, weil Enno Bunger nicht nur das in meinen Augen beste Album des Jahres auf die Bühne brachte, sondern darüber hinaus eine ganz wunderbare und Atmosphäre geschaffen hat, in der sich alle Besucher mehr als wohl fühlten. Ganz große Emotionen, politische Ansagen, Komik - da war für jeden was dabei und der Abend war von A bis Z überragend. Und 2020 ist Enno wieder unterwegs, also unbedingt hingehen!
Geheimtipp für 2020:
Kann man bei einer Band, die bereits zwei Top 20-Alben in Deutschland hatte, überhaupt noch von einem Geheimtipp sprechen? Egal! Turbostaat werden im Januar ihr neues Album Uthlande veröffentlichen und die Vorfreude könnte nicht größer sein. Schon ihre ultimative Livescheibe Nachtbrot hätte es verdient gehabt, in die Bestenliste 2019 aufgenommen zu werden, aber diesmal habe ich mich doch dazu entschieden, nur Studioalben zuzulassen, obwohl Nachtbrot zusammen mit Enno Bungers Meisterwerk sicher der Longplayer war, den ich dieses Jahr am häufigsten angehört habe.
(ms) Es weihnachtet. Ja. Auch auf der Reeperbahn. Am frühen Abend ist der Pöbelfaktor noch gering und alle sind sowieso beseelt, weil der magische FC fulminant gegen Besuch aus Ostwestfalen gewonnen hat.
Vor dem Klubhaus St. Pauli spielen sich indes sehenswerte Szenen ab. Denn parallel zum Weihnachtsmarkt erstreckt sich eine lange, schwarze Schlange. Typen mit langen Haaren, Damen mit stark akzentuierter Schminke. Der Grund: Im Docks spielen Eluveitie. Vor dem Bahnhof Pauli, das im durchaus hässlichen Klubhaus im Keller liegt, bildet sich auch gemächlich eine Schlange. Die Stimmung ist auch nach Einlass nicht ganz klar zu greifen: Wehmut, Traurigkeit oder doch Vorfreude? Der Grund hier: Honig sind auf Abschiedstour und machen in Hamburg ihren vorletzten Halt, bevor es am Sonntag in der Düsseldorfer Heimat nochmal richtig rund geht!
Der gut gelaunte Harmen.
Sechs Mal solo und zwei Mal mit der Tour of Tours habe ich (Stefan) Honig gesehen. Es war jedes Mal ein Fest. Und der gestrige Abend hat mal wieder bewiesen, welch wunderbaren Zauber die Musik ausstrahlen kann. Innehalten, die Faust recken, lächeln, lachen, aus voller Kehle mitsingen!
Klar ist auch, dass bei solch einer Abschiedstour gute Freunde nicht fehlen dürfen. So haben Town Of Saints herrlich eröffnet. Das sind einfach sausympathische Menschen. Und sie machen auch noch gute Musik. Verrückt. Bei einigen Songs fühlte man sich mitunter wie in einem britischen Pub, so der Whiskey-Pegel steigt und steigt. Freunde laden Freunde ein. So kam Ian Fisher auch dort schon zum Zuge und unterstützte fleißig mit seinem Banjo. Als Stefan dann zusätzlich die Bühne betrat waren auch 3/5 der Tour of Tours da. Klassentreffen.
Umbaupause. Bier holen. Glücklich sein, dass so viele Leute gekommen sind in den durchaus gewöhnungsbedürftigen Laden. Die U-Bahnhof-Optik ist schon pfiffig. Aber irgendwie schwappt das nicht über. Zudem war auch lange Zeit der Sound weiter hinten nicht so präsent. Haben wir geändert, in dem wir für Honig weiter nach vorn gegangen sind. Gute Entscheidung.
Und dann ging es los.
Ohne Wehmut. Ohne Trauer. Ohne Streit. Denn: Wege im Leben ändern sich. Prioritäten verschieben sich. Nach 12 Jahren Band ist es Zeit für Neues, Anderes. So wurde das gestrige Konzert ein Fest und keine Beerdigung. Gut so! Es herrschte eine ausgelassene, freudige Atmosphäre auf und vor der Bühne. Und es war still. Meine Herren, war das zwischendurch still. Ich mag es, wenn ein Publikum so aufmerksam ist. Dass das für die Band auch irgendwie erschreckend sein kann, hat Stefan durchaus zum Ausdruck gebracht. Sowieso. Es gab viele feine Anekdoten und Geschichten zu hören. Über missglückte Videodrehs, wie man sich kennengelernt hat und wie Lieder entstanden sind.
Ohne Gitarlele kein Stefan Honig
Schön mit anzusehen war, wie es Stefan durchaus nahe ging. Seine Stimmungslage eine kleine Achterbahn, daraus hat er keinen Hehl gemacht. Die vernünftige Abhilfe: Alkohol! Und so wurde die allgemeine Lage auf der Bühne immer gemütlicher.
Logischerweise war das Konzert gewissermaßen auch ein Best of: Overboard, For Those Lost At Sea, Hometowns, In My Drunken Head, Lemon Law, Boulders, Counterfeit Gallery und selbstverständlich zum Schluss mit allen wichtigen, anwesenden Weggefährten der Band auf der Bühne Golden Circle! Ein tolles Fest. Honig haben bewiesen, wie wunderbar begeisternd diese Gitarrenpopmusik sein kann, wie nahegehend, wie euphorisierend!
Daher werden sie eine Lücke hinterlassen.
Bei der Tour of Tours wird er natürlich wieder mit dabei sein. Ihr solltet da wirklich hingehen!
05.02. Essen Zeche Carl
06.02. Köln Gebäude 9
07.02. Osnabrück Kleine Freiheit
08.02. Erfurt FRANZ MEHLHOSE
09.02. Frankfurt Brotfabrik Frankfurt
11.02. München Muffatwerk Ampere
12.02. Hamburg Uebel und Gefährlich
13.02. Berlin Lido Berlin
14.02. Langenberg KGB - Kultur.Güter.Bahnhof
15.02. Hannover Indiego Glocksee
(sb/mb) Die Älteren unter Euch werden ihn noch kennen: Michi gründete anno 2011 zusammen mit zwei Freunden im beschaulichen Pfaffenhofen (Oberbayern) einen kuschligen Musikblog namens luserlounge. Vielen Dank dafür! Über Jahre hinweg bereicherte er die Lounge mit überragenden Artikeln, die es mitunter sogar auf die Homepage diverser Labels und Künstler schafften (Marsimoto!). Aber wie es halt so ist: Prioritäten verschieben sich, diverse Umzüge, Reisen, berufliche Verpflichtungen etc. drängten sich in den Vordergrund und so verlor der Blog immer weiter an Wichtigkeit. Nur verständlich, aber umso mehr freuen wir (ms und sb) uns, dass Michi heute ein (Kurz-?)Comeback in der luserlounge gibt und uns seine Highlights des Jahres 2019 vorstellt.
Und wer weiß, was die Zukunft bringt - vielleicht gibts ja bald wieder öfter Artikel von (mb)! Alben des Jahres
2019:
Platz 3:
Vampire Weekend – Father of the Bride
Mei, jeder wird mal
erwachsen. Auch bei Vampire Weekend ist es nicht mehr ganz so dreckig und
kratzig im Sound. Dafür ist das jetzt wohl der bestmögliche Indie Sound. Ein
wahnsinnig beschwingtes, abwechslungsreiches Album. So viele Kniffe und
Spielereien. Textlich auch äußerst charmant und ansprechend, auch wenn ich ich
vieles wahrscheinlich gar nicht verstehe oder falsch interpretiere…
Platz 2:
Dendemann –
Da nich für
Einer meiner Jugendhelden, dem textlich meiner
Meinung nach keiner das Wasser reichen kann. Irrer Wortwitz, inhaltliche
Spielereien & immense Hooks. Da entdeckt man auch nach dem x-ten Mal hören
noch Neues. Ein wahrer Virtuose, der es verstanden hat, nicht nur in den good
ol´ times hängen geblieben ist, sondern nach wie vor am Zeitgeist agiert. Ich
dende, also bin ich!
Platz 1:
The Menzingers
– Hello Exile
Die Band hat sich mit
Hello Exile endgültig ins Punkrock Olymp katapultiert. Lieder, die mal
politisch sind, mal über eine verlorene Freundschaft berichten oder sich
einfach dem Alkohol und dem Rausch widmen, zu dem man sich schon wieder
verführen ließ, sind allesamt Geschichten aus dem Leben. Hauptsächlich geht es
aber um das Erwachsenwerden und all die Herausforderungen, die damit
einhergehen. Das spricht mir aus der Seele und wird in traumhafte Songs
gebettet.
Songs des Jahres
2019:
Platz 3:
Restorations –
The Red Door
Umziehen ist immer Veränderung. Dieses Jahr ganz
konkret bei mir, der Song war ein treuer Begleiter von diesem Prozess
Platz 2:
Bears Den – Conversations with Ghosts
Ein trauriger, aber auch liebenswerter Song.
Manche Menschen haben mit schweren Schicksalsschlägen zu kämpfen, umso einfach
wenn man weiß, dass jemand für einen da ist..Tolle Ballade.
Platz 1:
The
Menzingers - Anna
Mit dem Älterwerden kommen neue Jobs, neue
Verantwortungen und immer weniger Zeit, die man zur Verfügung hat. Der Song handelt
von einer Beziehung, indem die Partnerin schmerzlich vermisst wird, da sie kaum
noch zu Hause ist aufgrund ihrer Verpflichtungen. Better together und so. Komm
schnell heim, dann kann ich dir alles erzählen, Spatzl!
Bestes
Live-Erlebnis 2019:
The
Bounching Souls – 30 Year Anniversary Tour
Ja wer hätte das gedacht? Die alten Punkrocker kamen nochmal
raus und hatten richtig Bock. Alle Hits gespielt, die Crowd im Mosh-pit
Euphorie auf dem Parkett, Bier im Magen, Bier in den Haaren, Bier am
schwitzenden Rücken, Freunde im Arm…was will man mehr?
(sb) Nick Cave, Kele Okereke, DJ Shadow, Nils Frahm, Efterklang, Vampire Weekend etc. - unser heutiger Gast Sven-Erik beehrt uns PR-technisch durchaus mit A-Prominenz und hohem Charts-Potenzial, versorgt uns aber auch immer wieder mit talentierten Künstlern, von denen wir vorher noch nie gehört hatten. Eine sehr interessante Mischung also, zudem noch ein äußerst sympathischer Kontakt - was will man mehr?
Lieber Sven-Erik, danke für die super Zusammenarbeit und wir freuen uns schon sehr darauf, auch 2020 wieder mit Perlen aus Deinem PR-Portfolio verwöhnt zu werden.
Alben des Jahres 2019:
Platz 3:
Flying
Lotus - Flamagra
Berauschendes, reizüberflutendes und visionäres Werk.
Platz 2:
Vampire Weekend - Father of the
Bride
Unbeschwert und lebensbejahend, trotz ernster Texte.
(ms/sb) Herzlich willkommen in der letzten Selektion vor dem Feste. Kann es sein, dass der Job mit dem generellen Aufkommen der Weihnachtsstimmung zu tun haben kann? Denn: Ich bin null Komma null in Weihnachtsstimmung. Letztes Jahr, so als Student, habe ich gerne und lange und gut gekellnert. Da kommt gewaltig was an Weihnachtsstimmung zusammen! Klar, der Job in dieser Zeit war irre anstrengend, aber unser großartiges Team hat jede noch so chaotische Schicht gewuppt. Früh im Dezember haben (Stamm-)Gäste Wünsche zum Fest geäußert, die erwidert man natürlich. Man fragt, wie es auf dem Weihnachtsmarkt war oder wo die Belegschaft der Firmenfeier gerade herkommt. Zudem wurden weihnachtliche Speisen serviert. Die Nase feiert mit. Das sind durchaus Faktoren, die am Weihnachtsstimmungsbarometer geschraubt haben. Und nun?! Der Job macht sehr viel Spaß, aber der Workload ist sehr, sehr hoch. Da ging es erst heute zu Ende und ganz allmählich kommt die Vorfreude auf die wunderbaren Kitschmomente auf, die für Zauber sorgen!
Weihnachtlich wird es in unserer heutigen Selektion auch nicht. Aber eine kleine Ablenkung kann nicht schaden. Herzlich willkommen in der Luserlounge! Es ist Freitag. Wir haben selektiert.
Terrorgruppe
(sb) Legenden! Ja, das sind sie, die Jungs von der Terrorgruppe! Gegründet wurde die Punkrock-Institution bereits 1993 und in den Folgejahren hatte ich mehrmals das Vergnügen, Archi MC Motherfucker und Konsorten live zu sehen. Was war das geil! Unter anderem lernte ich so auch die Beatsteaks kennen, die damals als Support mit auf Tour waren - Zeiten ändern sich... Die Terrorgruppe pendelte schon damals gerne locker flockig zwischen politischen Themen (Keine Airbags für die CSU oder Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland) und reinem Funpunk (Ich schlafe mit mir selbst oder Neulich Nacht) und war ein fester Bestandteil meiner Jugend. Klar, man entwickelt sich weiter, ich verlor die Band etwas aus den Augen und von 2004 bis 2013 legte die Terrorgruppe eine schöpferische Pause ein, ehe es zum Comeback und 2016 sogar zur ersten Album-Chartsplatzierung kam. Für Juni 2020 wurde nun das mittlerweile achte Studioalbum angekündigt und Jenseits von Gut und Böse dürfte das musikalische Rad der Terrorgruppe nun auch auch nicht nachhaltig neu erfinden. Muss es aber auch nicht. Aggropop kann sowas Schönes sein!
Guranfoe (sb) Sum of Erda (VÖ: 13.12.) ist das erste Studioalbum von Guranfoe, einer englischen Band, die seit mittlerweile fast acht Jahren Live-Musik komponiert, spielt und veröffentlicht. Nach Jahren des Schreibens verbrachten sie viele Wochen in einem Bunker aus Zeiten des Kalten Krieges auf dem Land nördlich von Norwich, um die Platte aufzunehmen und zu mischen. Begleitet von Freunden, die Klarinette, Violine, Vibraphon, Flöte und Blockflöte spielen, ist das entstandene Album der Höhepunkt vieler Jahre, in denen der Guranfoe-Studio-Sound zu etwas Besonderem und Einzigartigem aus dem Live-Sound entwickelt wurde. Progressive Rock, Improvisation und spürbare Spielfreude verschmelzen für Musiktüftler zu einem interessanten Cocktail.
BRDIGUNG
(ms) Na klar, wer kann bei diesem Namen nicht neugierig werden. Wie kommt man auf die Idee, das Wort Beerdigung als Ausgangspunkt für die eigene Band zu nehmen?! Bei BRDIGUNG (ist ja schon ganz pfiffig gemacht) klappt es. Bis zu dieser Woche kannte ich die Gruppe gar nicht. Nun kommt ein Karton: Sie haben schon 6 (in Worten: sechs) Studioalben veröffentlicht!
Manches läuft einfach unter dem eigenen Radar. Das Quartett aus Kempen veröffentlicht - mir nichts, dir nichts - am 31. Januar ihr neues Werk: Zeig Dich! Worauf darf man sich freuen bei BRDIGUNG? Auf eine Menge Gitarrenwumms, Tempo ohne Ende und gehörig viel Ironie. Anders wären Songs wie Ob Du Behindert Bist? oder Hipster Hipster nicht zu denken. Das macht schnell eine Menge Laune. Musikalisch bewegen sie sich irgendwo zwischen Swiss & Die Andern, Die Ärzte und den Donots. Im Grunde genommen Punkrock, nur oft mit einer etwas härteren Gangart. Alles tutti?! Hm, nicht ganz. Ab und an rutscht die Band in ihren Songs textlich in eine Art Santiano-Manier ab (Dreh Die Musik Auf), aber irgendwie... ja, irgendwie stört es nicht. Es passt.
AB Syndrom
(ms) Bennet und Anton waren in den letzten Wochen enorm unterwegs. Manila, Hongkong. Das sind Gegenden, die in einem ganz anderen Tempo leben. Nicht vergleichbar mit unseren Breitengraden. Wuseliger, größer, dreckiger, höher, vielleicht bedrückender. Dass das Duo, das sich AB Syndrom nennt (Kreation des Namens ist jetzt klar, oder?), speziell dort das Video zur neuen Single Highspeedlove gedreht hat, ergibt vollkommen Sinn. Wo der Verkehr, der Alltag, der Konsum schneller läuft, läuft auch die Liebe schneller. Und da kommen wir zum Punkt: Häufig bekommt man zu lesen, dass alles hektischer würde. Kurzatmiger. Die Highlights jagen einander, nichts ist mehr besonders, alles ist wichtig. Alles wird langweilig und beliebig.
Ich bezweifel solche Aussagen ja stark. Sie pauschalisieren viel zu sehr und beschwören ein Weltbild auf, das so gar nicht stimmen mag. Und: Wodurch gehetzt? Jetzt wirklich durch die Informationsflut aus dem Netz? Dem blinkenden Smartphone? Wenn ich mich dadurch hetzen lasse, dann habe ich ja schon komplett kapituliert.
Dennoch scheint das ja ein brandheißes Thema zu sein. Die Frage ist: Wie viel Luft ist darin? Um einmal darüber nachzudenken und auch über die Wertigkeit von Liebe, dazu eignet sich dieser Song hundertprozentig. Ja, es ist nicht ganz mein Genre, aber ich kann ihm dennoch viel abgewinnen. Zum Glück gibt es bald mehr davon, was die grauen Zellen anregt. Denn AB Syndrom veröffentlichen am 27. März ihr neues Album FRONTALCRASH. Wir halten euch ganz entspannt auf dem Laufenden!
Odd Couple
(ms) Im Zuge von Rezensionen zum Beispiel von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen haben wir ja bereits erörtert, wie und ob und in welcher Form Humor gut in Musik unterzubringen ist. Das gelingt durch Texte, klar. Aber es geht auch durch Videos. Und das mit einer unglaublichen Schlichtheit und einer nötigen Portion von durchgeknalltem Geniegeist. Beweis: Odd Couple und ihre neue Single zum Video Fahr Ich In Den Urlaub Rein. Denn es passiert original überhaupt nichts. Nur zwei mittelmäßig gekleidete Typen, die Band, die auf einem dieser waagerechten Flughafen-Fußgänger-Rollbänder (ach, schaut euch einfach das Video an, dann wisst ihr, was ich meine) stehen und in die Kamera schauen. Super. Das ist schon witzig. Denn es fährt da ja auch niemand in den Urlaub. Auch nicht rein. Jascha und Tammo sind Odd Couple. Ihrer Musik wird das irgendwie diffuse Genre Krautrock zugeschrieben. Ich hatte den Begriff immer in Zusammenhang mit Kraftwerk gespeichert. Geschichte und so. Damit haben die beiden Ostfriesen hier überhaupt nichts zu tun. Vielleicht bin ich auch einfach nicht up-to-date was Genrezuschreibungen angeht.
Viel mehr ist in ihrer hervorragenden Musik eine Verwandtschaft zu Die Sterne zu hören, sowohl in den punktuellen Hintergrundgesängen, der bewussten Lethargie und der schrammeligen Gitarre. Das funktioniert großartig! Passend erscheint am 13. März ihr viertes Album Universum Duo. Behalten wir in jedem Fall auf dem Schirm.
Alex Mayr
(ms) Prokrastination und auf Facebook rumlümmeln ist mehr oder weniger das Gleiche. Doch dort warten immer wieder Perlen neben den ganzen "A + G werden in 4 Jahren eine Bar auf Hawaii eröffnen"-Blödsinnigkeiten. Beispiel: Alex Mayr. Wie so oft werden wir über Ecken auf jemanden aufmerksam. Diese Ecke war hier Konstantin Gropper, der wunderbare, kreative Kopf von Get Well Soon. Der hat ihr das neue Album von Alex Mayr mitproduziert. Und ihr Drummer Konrad Henkelüdeke. Erscheinen wird Wann Fangen Wir An? im Februar und dann startet auch eine große Tour der Dame, die ihren Erstling auf dem Markt wirft. Vergleichbar ist ihre Musik mit klugem Pop à la Mine. Doch Mayr spielt in einer anderen Liga. Hier ist nicht Regional- oder Bundesliga entscheidend. Sondern ein anderer Sport. Mine spielt Volleyball, Alex Mayr Federball. Es ist etwas leichter, aber wahnsinnig pfiffig, ausgetüftelt und stets zwischen Humor und Tragik. Das zeigt das herrliche Video zur Single Japan, wofür ihr Drummer ein Ramen-Kostüm bastelte und selbst reinschlüpfte. Es geht um eine Liebe, deren Ende eigentlich schon besiegelt ist. Doch der verkrampfte Wunsch, dass eine gemeinsame Reise dies retten könnte, bleibt. Ein großartiger Track, der bei mir seit Mittwoch auf Heavy Rotation läuft. Große Empfehlung! Haltet diese Frau bitte im Blick!