Montag, 17. Februar 2025

Shirley Holmes - Mein Bestes Selbst

Foto: Christoph Mangler
(Ms) Folgende Frage stellt sich mir seit Monaten und Jahren in immer regelmäßigen Abständen. Mitunter täglich, je weiter die Zeit voran schreitet. Die Frage: Wie begegne ich den allgemeinen globalen, nationalen, lokalen Negativtrends? Mittlerweile erstarre ich nur noch, wenn ich lese, wie der amerikanische Staat derzeit abgebaut wird. Wenn ich lese, dass es Bestrebungen in der CDU gibt, eine Minderheitsregierung unter Mitarbeit der AfD zu tolerieren. Wenn ich lese, wie Übergriffe instrumentalisiert werden und das Thema Migration völlig aufgepumpt wird, obwohl es (in meinen Augen) ein Männlichkeitsproblem ist. Denn in Dortmund, Bremen, Ratingen gab es auch Messerangriffe, aber halt von „Deutschen“ ausgeübt. Oft hat die Polizei die Schusswaffe dann gebraucht. In weiten Teilen der Medien und Politik tauchen diese Fälle kaum auf.

Wie damit umgehen? Reicht es, auf die großen Demos zu gehen? Dass man dahin muss, ist klar. Muss ein humanes Engagement, das die freiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigen will, noch anders aussehen? Wer Ideen für mich hat: Meldet euch gerne!

Wut ist dabei definitiv ein Gefühl, das sicher nicht nur mich erwischt. Doch wenn die Wut alleine bleibt, bekommt sie Schaum vorm Mund, trampelt auf der Stelle oder führt zu falschen Entscheidungen. Eine Prise Ironie darf dabei nicht fehlen. Ein bisschen Erdung. Eine Möglichkeit, um nicht völlig durchzudrehen. An dieser Stelle kommen Shirley Holmes aus Berlin ins Spiel. Am 14. Februar haben sie ihr neues Album Mein Bestes Selbst veröffentlicht und es ist großartig geworden! Wie das Trio hier Wirklichkeit und Ironie verbindet, ist phantastisch. Denn es ist genau das richtige Maß: Der Witz bleibt so lange lustig, wie die Nervenbahn ihn ans Hirn gesendet hat und dann wiederum im Hals stecken bleibt. Puh! 

Es sind 11 Tracks, die etwas über eine halbe Stunde Spieldauer haben. Es ist Punkrock. Es ist schnell. Es ist laut. Es ist wild. Es ist kompromisslos. Es ist selbstgemacht. Am besten beschreibt die Band ihren Sound auf dem Track Aggressive Musik, denn es ist die, die ihrer Stimmung entspricht. Und wenn man sie woanders nicht findet, dann muss man sie halt selbst machen. Wow, das geht enorm gut auf. Die Band behandelt nicht nur die großen Probleme, sondern auch die Privaten. Auf Übermorgen geht es um die gute alte Prokrastination und manchmal aufflackernde Überforderung bei all den To Dos, die sich sammeln. Manchmal nervt dieses Erwachsenenleben total ab - hier kommt die Erlösung! Die aufkommende Wut lähmt auch manchmal, schlägt mitunter in Furcht um. Darum gehts in Angst & Hobbys. Diese Angst muss mich nicht einfrieren, ab und an ist sie auch gut, um zu schauen, was denn überhaupt los ist. Sie ermöglicht auch einen Blick auf die Realität und wie damit umzugehen ist. Aus der Angst muss immer eine Aktion folgen, sonst gewinnen die anderen. 

Ein paar Songs singen Shirley Holmes auch auf Englisch. So einen Sprachwechsel finde ich manchmal etwas schräg, ist aber nur meine persönliche Empfindung. Ich kann es nicht genau erklären, wieso, aber es geht auf dieser Platte richtig gut auf, wenn Tracks wie Wanna Fck Your Reflection durch die Boxen scheppern. Die ganze Angst, die Wut, die Lähmung, das Versteinern wäre nichts, wenn es nicht auf aufgelöst wird. Sommerstadt (Recharge Me) ist dabei nicht nur der poppigste Track von Mein Bestes Selbst, sondern auch der Positivste. So ist diese Platte wahnsinnig ausgewogen, voller Emotionen, klug getextet, wuchtig arrangiert, inhaltlich super wichtig und live bestimmt enorm!

07.03.25 Dresden, Chemiefabrik (+ Riot Spears / One Hit Rüdiger)
08.03.25 Erfurt, Museumskeller (+ POLL3)
14.03.25 Hamburg, Nochtwache (+ Surreal Fatal)
15.03.25 Bremen, Lagerhaus
27.03.25 Hannover, Lux
28.03.25 Essen, Don't Panic (+ The Destruents)
29.03.25 Würzburg, Immerhin
05.04.25 Berlin, SO36 (+ Fil)
09.10.25 Nürnberg, Z-Bau
10.10.25 Graz (AT), tba
11.10.25 München, Milla
07.11.25 Bielefeld, Forum (+ SAFI)
08.11.25 Köln, Blue Shell
06.06.25 Beverungen, Orange Blossom Special
07.06.25 Merkers, Rock am Berg Open Air
28.06.25 Hergensweiler, Woodstockenweiler Festival
05.07.25 Remchingen, Steinbruch Benefiz Open Air

Sonntag, 16. Februar 2025

KW 7, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(ms) Alles zu viel. Alles zu wild. Mal wieder wird der Kopf völlig überfrachtet von Nachrichten, die schockieren und bedrohlich sind. Wie dabei noch auf dem Boden bleiben? Mit einer kleinen Zeitreise!
Ort: Supermarkt. Als erwachsener Mensch bin ich, wenn überhaupt, im Supermarkt, um recht zweckorientiert einzukaufen. Dinge des täglichen Bedarfs, das, was zum Kochen vergessen wurde, frisches Obst und Gemüse. Vor zwanzig Jahren sah das ganz anders aus. Das sah ich, als ein paar Teenie-Jungs durch den gleichen Gang strömten wie ich. Sorgsam zählten sie ihr Taschengeld, um es möglichst effektiv für Süßigkeiten und irgendwelche Schrottdrinks, die ich selbstredend früher auch alle getrunken und genossen habe, auszugeben. Sie haben auch gemerkt, dass Milka-Schokolade teurer geworden ist. Haben sich dann für Weingummi oder sowas entschieden - selbstredend ein großer Fehler. Warum nichts Salziges? Ist doch viel besser! Herrlich…

Jenny Thiele
(Ms) Im Moment sein. Sich verlieren. Flow-Zustände erreichen. Ein wenig durch die Welt schweben, leicht über dem Boden und vom Rest nicht ganz so viel mitbekommen. Vielleicht jemanden entdecken, der oder die fasziniert. Ein Funkeln in den Augen, eine Aura, die anzieht. Tanzen, tanzen, tanzen. Davon singt Jenny Thiele in ihrer neuen Single Dancer In The Blue. Nein, sie singt nicht auf Englisch, nur ein paar Verse sind nicht auf Deutsch gesungen. Sie sieht den Tänzer im blauen Licht und ist im Sog gefangen, schaut zu, will vielleicht mittanzen in seinem Pulsschlag. Ganz im Moment, versunken und verträumt. Das ganze ist eingebettet in einem frischen NDW-Sound, der vom Bass und Synthies dominiert ist. Pop ohne korrigierende Effekte und mit mehr Sinnlichkeit, als er woanders auftaucht. Das dazu passende Album Platz wird am 27. Juni erscheinen. Dann ist klar, zu welchen Songs die Sommernächte durchgetanzt werden, oder? Genau!

21.03.25 Wuppertal - Songs & Arien (solo)
30.03.25 Emmendingen – Songcafé (solo)
22.05.25 Mannheim – Casino (solo)
23.05.25 Blaubeuren – Zum Fröhlichen Nix (solo)
26.06.25 Darmstadt – Campusfestival (Band)
02.08.25 Dessau – Dessauer Sommer (Band)
18.09.25 Herne – Flottmann Halle (Band)
19.09.25 Langenberg – KGB (Band)
25.09.25 Waiblingen – Schwan (Band)
12.10.25 Karlsruhe – Tollhaus (Band)
05.12.25 Oberhausen – Druckluft (Band)
06.12.25 Wolfsburg – Hallenbad (Band)


Epoilog & Léon The Singer
(Ms) Augen zu. Runterfahren. Langsam sein. Alles ausschalten, was ablenken könnte. Entspannen und Ruhe genießen. Dann nach und nach realisieren, dass Autotune auch richtig gut eingesetzt werden kann. Eine Erkenntnis, die ich mir nie getraut hätte, sie einzutippen. Doch wenn ich Epilog und Léon The Singer mit ihrer neuen Single One Of Them höre, dann wird mir das ganz schnell klar. Der Track mäandert wundervoll durch die Luft, dicht und warm. Ein Lied, das einem beim Hören eine Schutzschicht zulegt, weil es so weich, ruhig und bezaubernd ist. Ein ruhiger Bass schwebt im Hintergrund, leichte Percussion, die kam wahrnehmbar ist und dazu Sythies, die insbesondere im letzten Dritten richtig Energie entfachen. Das ist musikgewordene kraftvolle Ruhe - wow!


Kochkraft durch KMA
(Ms) Zeitreise, die Zweite! 2016. Duisburg. Ruhrgebiet never dies! Mehrere Jahre war ich hintereinander beim Traumzeit Festival im Landschaftspark Nord. Dort habe ich enorm viel Neues und Gutes kennengelernt. Auf der kleinen Bühne, die damals für alle Menschen zugänglich war, spielte eine Band, die Kochkraft Durch KMA hieß. Ich war neugierig, schaute mir das an und war …verwundert? …verwirrt? …sprachlos? Denn das, was diese Band da abgeliefert hat, war extrem! Schnell, wild, exzessiv! Neun Jahre später sind sie immer noch da, haben sich nicht unterkriegen lassen, bringen ihre neue Platte sogar beim Grand Hotel van Cleef raus. Hardcore Never Dies Das erscheint am 11. April und lena_v@gmx.de ist ihre neue Single mit einem enorm geilen Namen! Ein Track über den Druck in der Musikbranche, den man so auch für den eigenen Job übernehmen kann. Zweieinhalb Minuten Power, kompromissloser Krach! Dass das live immer noch wahnsinnig Spaß macht, bewiesen sie unter anderem als Support von Kettcar im letzten Frühjahr. Demnächst gehen sie selbst wieder auf Tour und das wird richtig gut - versprochen!

29.03. Reutlingen, franz.K
30.04. Regensburg, Alte Mälzerei
16.10. Karlsruhe, Substage
17.10. Stuttgart, ClubCANN
18.10. Dortmund, FZW
19.10. Langenberg, KGB
21.10. Wiesbaden, Schlachthfo
22.10. Saarbrücken, Garage
24.10. Konstanz, Kulturladen
25.10. CH - Aarau, Kiff
26.10. CH - Luzern, Sedel
28.10. Augsburg, Soho Stage
29.10. Erlangen, E-WerK
30.10. München, Ampere
01.11. AT - Graz, Music-House
03.11. AT - Wien, B 72
05.11. Leipzig, Naumanns Tanzlokal
06.11. Wolfsburg, Hallenbad
07.11. Erfurt, VEB
08.11. Köln, Club Volta
12.11. Osnabrück, Kleine Freiheit
13.11. Bremen, Lagerhaus
14.11. Hamburg, Molotow
15.11. Berlin, Badehaus



Waving The Guns
(Ms) „Körperkontakt mit dir heißt / Ich bin peinlich berührt!“ Bäm!
Waving The Guns sind wieder da und viel stärker, als ich es mir nur ausmalen konnte. Zwischen Wand Und Tapete erscheint Ende des Monats, am 28. Februar und es wird ein brutales Album. Denn Milli Dance trumpft auf. Er hat einen klaren Blick für alle gesellschaftlichen Schräglagen und bringt sie allesamt auf den Punkt! Auch auf der neuen Single ist das der Fall. Beeindruck Sie Mit Mir ist ein satter Beweis, dass WTG da ist, stark ist und im Rap-Business mitspielt. Und gewinnt.


Herrenmagazin
(Ms) Wenn eine Band viele Jahre nicht da war und dann wiederkommt, ist der Sound von damals ja ein wenig das, was man sich in der besten Variante im Heute wünscht. Mit der ersten Single haben Herrenmagazin das außerordentlich gut geschafft. Gibt es gerade noch eine Band, die ähnlich schreibt wie sie? Mir fällt keine ein und daher ist die Freude immens, dass das Quartett wieder da ist. Nun gibt es ein neues Lied, Alter Debütant heißt es. „Alles, was mit den Blick verstellt, ist mir lange schon bekannt.“ Genau das sind Lieder, die auf wundersame Weise das Sein eines (erwachsenen) Menschen so leicht, klar und klug in Worte fasst, wie es mir niemals gelingen würde. Genau das ist dann doch der Punkt, wo Musik viel mehr als Klang und Text ist. Dann hat sie auf einmal was mit mir selbst als Person zu tun. Sie drückt aus, wofür ich keine Worte finde. Vielen Dank, Herrenmagazin, das tut richtig gut! Du Hast Hier Nichts Verloren erscheint am 28. März und wird heilsam werden!

11.04.25 Frankfurt, Nachtleben
12.04.25 Stuttgart, JuHa West
01.05.25 Hamburg, Uebel & Gefährlich
02.05.25 Hannover, Bei Chéz Heinz
03.05.25 Berlin, Bi Nuu
17.10.25 Dresden, GrooveStation
18.10.25 München, Kranhalle
20.10.25 Leipizg, Naumanns
21.10.25 Kassel, Goldgrube
22.10.25 Essen, Zeche Carl
23.10.25 Köln, Gebäude 9
24.10.25 Bremen, Tower


Vlimmer
(Ms) Vor gut zwanzig Jahren wurde mir mal gesagt, dass ich zu jung sei, um Die Sterne zu verstehen. Das ist richtig. Vor zwanzig Jahren war ich 14, wer soll so jung Frank Spilkers Texte verstehen? Das gelingt mir heute ja gerade mal ansatzweise. Auch Genres brauchen Zeit, um sie zu verstehen - behaupte ich jetzt einfach mal. Dark Wave zum Beispiel. War mir lange zu … ja, was eigentlich? Benennen kann ich es nicht, aber mir fehlte der Zugang. Das hat sich geändert und den tiefen, elektronischen Töne mit dem rollenden Bass kann ich etwas abgewinnen. Irgendwie ist es auch schön, dass nicht immer alles an Text zu verstehen ist. Das Dunkle verströmt Magie, breitet einen Sog aus, in den ich mich gern hineinfallen lasse. Vlimmer ist genau das, was dem Genre gut tut, denn das, was Alex Donat macht, ist sehr abwechslungsreich. Bei allem, was er mit Vlimmer macht, ist vorher nie klar, in welche Richtung es geht. Wird es härter, schneller, krasser, weicher, zugänglicher, tanzbarer?! Am 31. Januar erschien eine neue EP mit sechs Liedern, die wieder eine klarere Version vom Projekt abgibt. Die Songs auf Diskomfort sind greifbar und dennoch bleibt der Klang, der Gesang, die Stimmung im Nebulösen. Das macht den Reiz aus, so wird Musik doch spannend!

Mittwoch, 12. Februar 2025

Tocotronic - Golden Years

Foto: Noel Richter
(Ms) Wenn Golden Years an diesem Freitag (14. Februar) erscheinen wird, ist es das 14. Album in 33 Jahren Bandgeschichte von Tocotronic. Was für eine Zeit! In den letzten zwanzig Jahren war Rick McPhail maßgeblich am Sound der Band beteiligt. Ihn live spielen zu sehen, ist ein Genuss. Wie sehr er in das Gitarrenspiel versunken sein kann, wundervoll! Auf der kommenden Tour wird er nicht dabei sein, da er aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen vorerst aus der Band ausgestiegen ist. Alles Gute auf diesem Wege! Live wird Felix Gebhard von Muff Potter seine Rolle einnehmen - ein extrem würdiger Ersatz!

Golden Years!
Ja, wenn Tocotronic für eins bekannt ist, dann sind es die großen Gesten. Textlich und auch visuell. Insbesondere Dirk von Lowtzow kann wirklich allem mit seinem Körper, seiner Gestik, Mimik, seinem Sein viel Bedeutung verleihen. Viel Pathos. Viel Ernsthaftigkeit. Vielleicht ist es nach all den Jahren mal Zeit, einen etwas anderen Blick auf diese Band zu werden. Können Tocotronic lustig sein? Hat diese Band Humor? Könnte in den Texten etwas zum Schmunzeln drin stecken? Nehmen sie sich vielleicht doch gar nicht mal so ernst?

Wenn die neuen Stücke der Platte laufen, fällt direkt auf: Musikalisch werden wir hier nicht überrascht! Das ist Tocotronic-Gitarrenrock, wie man ihn seit langer Zeit kennt. Wenn nun ein eventueller humoristischer Zug in ihrem Texten erkennbar sein sollte, müssen die Erwartungen dafür klar sein. Hier spielen nicht Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen, die witzige, kurzweilige Geschichten erzählen. Tocotronics Humor funktioniert anders. Auch bei weitem nicht auf jedem Stück, das wäre ja auch falsch. Aber er lässt sich finden und tut dem Bild dieser Band mal ganz gut. Es müssen nicht immer die großen Gesten und die große Bedeutungsaufladung sein. 

Das Titelstück ist zum Beispiel so eins, wo man schmunzeln kann. Ein Rückblick auf zahlreiche Zugreisen und Konzerte, die die Band gespielt hat. Freilichtbühne Recklinghausen, Motel One, Schlafmittel. Dazu beinahe eine Musik, zu der man schunkeln kann. Dass es hier Verse gibt, die mal ein wenig profaner sind, ist schön und nicht einfallslos. Mein Unfreiwillig Asoziales Jahr ist ja per Titel schon unterhaltsam. Worum es genau geht, bleibt im Unklaren. Doch es kann sein, dass es um massiven Handykonsum geht - sitzen und starren auf den tiefblauen Bildschirm. Dazu Dirk von Lowtzows herrlicher Bariton - tolle Kombination! Nach all den Jahren darf man auch definitiv über mäßig gut gelungene Zeilen amüsieren. Zum Beispiel: „Vergiss die Finsternis / Finsternis ist Mist.“ Puh, da gilt es mal eben durchzuatmen. Zum Schmunzeln ist auch Bye Bye Berlin mit all seinen Kischees, um die es im Text geht. Insbesondere von außen darf man ja Berlin als Stadt, als Lebenskonzept gar nicht so ernst nehmen, das tun die BewohnerInnen der Stadt schon zu Genüge. Doch: Schließen Tocotronic hier ihre Berlin-Jahre? Keine Ahnung. Schöne Ungewissheit.

Und dann sind Tocotronic zurecht für gute, wahre, dringend benötigte Parolen bekannt. Dafür brauchen wir diese Band unbedingt. Denn Sie Wissen Was Sie Tun ist die erste Singleauskopplung gewesen und seitdem läuft das Lied immer wieder bei mir, weil es so einfach, so klar, so klug, so wahr ist. Insbesondere die Entwicklungen in den letzten Wochen in Österreich, den USA oder hier Bundestag zeigen, dass es viele recht Hardliner gibt, denen alles vollkommen egal ist. Außer die Superreichen werden noch superreicher. Neben den ganzen faschistischen Einstellungen ist und bleibt die AfD eine Partei der Bestverdienenden, die schonungslos den Staat abschaffen will. Diese Menschen sind gefährlich.
Doch mein ganz persönliches Highlight von Golden Years ist Wie Ich Mir Selbst Entkam. Es ist ein typisches Tocotronic-Lied, das ein Szenario eröffnet, das unklar ist. Ein Lied, das in einem philosophischen Metastadium funktioniert. Das erzählende Ich findet sich im „Asyl für Tagediebe“ ein und findet dort Erlösung. Ein Sanatorium, um sich selbst zu finden. Oder sich zu entkommen. Vielleicht ist beides ja das gleiche, je nachdem, woher man kommt. Die Liebe dieser Erde und die Veränderung begegnen sich dort und beobachten sich. Ein schwer zu greifendes Lied, das mich aber ganz enorm berührt. Mystisch, wundervoll!

Golden Years! Die 14. Platte von Tocotronic kommt ohne einen großen Knall daher. Damit muss diese Band auch gar nicht aufwarten. Wer so lange unterwegs ist und so erfolgreich ist und stets kreativ bleibt, der muss niemandem etwas beweisen. Es ist ein tolles Album zum Schmunzeln, Skandieren und Träumen. Wenn die Band demnächst auf Tour ist, bin ich extrem gespannt, wie sie als „neues“ Quartett funktionieren. Bestimmt gut!

19.03.25 Leipzig, Felsenkeller
20.03.25 Stuttgart, Im Wizemann
21.03.25 Nürnberg, Z-Bau
22.03.25 Wien, Konzerthaus
26.03.25 München, Tonhalle
27.03.25 Freiburg, E-Werk
28.03.25 Zürich, X-tra
29.03.25 Wiesbaden, Schlachthof
09.04.25 Bremen, Schlachthof
10.04.25 Dortmund, FZW
11.04.25 Hannover, Capitol
12.04.25 Köln, E-Werk
20.04.25 Berlin, Columbiahalle
26.04.25 Hamburg, Große Freiheit


 

Sonntag, 9. Februar 2025

Live in Bremen: 100blumen

Unscharfes Foto: luserlounge
(Ms) Bremen. Die Stadt platzte gestern fast aus allen Nähten. Und es gab zahlreiche gute Gründe dafür. Preminale im Schlachthof, Konzerte im Pier2 oder im Club des Theaters. Vor allem aber kamen gestern zwischen 35.000 und 50.000 Menschen auf den Domplatz, um für Solidarität einzustehen. Das war wirklich schön, dass es so viele Menschen gibt, die für das Wir stehen, egal wer wer ist und woher jemand kommt. Mögen einzelne PolitikerInnen das ignorieren. Dann machen wir unsere Gesellschaft halt selbst. Am eindrücklichsten fand ich bei der Kundgebung den Part der Omas Gegen Rechts. Wie cool, aufrichtig, besorgt und kreativ kann man eigentlich sein?! Finde ich genial, inklusive Gänsehaut! Es war kalt, aber egal. Es gibt Wichtiges für das es sich einzustehen lohnt. Auch der Adenauer-Bus des Zentrums Für Politische Schönheit war anwesend und zugegebenermaßen sehr imposant!

Gut, dass es am Abend unter solch solidarischen Menschen, die ihrem Unmut musikalisch Ausdruck verleihen, weiterging. 100blumen aus Düsseldorf sind an die Weser geschippert, haben Es War Mord mitgebracht und die Lila Eule fast zum Einsturz gebracht. Auf das Quartett vom Rhein bin ich erst im vergangenen Oktober aufmerksam geworden, als sie beim Rookie Fest spielten. Hui, was für eine Livemacht - das hat mich sehr beeindruckt! Und was im Hamburger Knust funktioniert, kann im Bremer Kellerclub auch funktionieren.

Leider muss an dieser Stelle ein nicht unwichtiges Aber eingeschoben werden. Um kurz nach Acht haben Es War Mord begonnen, bedingungsloser Punk, der keine Pausen macht. Aber gerne hätte ich verstanden, worum es geht. Insbesondere den Gesang habe ich gestern bei beiden Bands als echt schlecht verständlich empfunden. Ein paar Mal habe ich die Positionen gewechselt, mit und ohne Gehörschutz, aber viel verstanden habe ich leider nicht. Es hätte sich bestimmt gelohnt, so kann ich ganz wenig über den Auftritt sagen, außer dass es cool wäre, wenn der Sänger nicht auf der Bühne raucht.

Was mich bei 100blumen im Herbst so begeistert hat, war die wahnsinnige Wucht, die sie auf die Bühne bringen. Das ist echt kein Punk mehr. Es ist viel intensiver, phasenweise nicht ganz so typisch schnell und in jedem Fall mir viel mehr Bass aus den Synthies, die Sänger Marcel vor sich stehen hatte. Hin und wieder ist sogar das Wort Industrial zu sehen. Falsch ist es nicht. Gut 80 Minuten haben sie gespielt und auch wenn ich nicht alle Texte verstanden habe, hat es tierisch Bock gemacht. Diese Energie, die die Band erzeugt hat, ist enorm! Enorm sind auch die Reaktionen des Publikums auf diese Musik. Einige Menschen stehen recht stoisch dabei, andere wippen punkig den Kopf, wieder andere tanzen wild und ausgelassen und noch ganz andere versorgen die Band mit Schnaps. Sehr gut!
So ging ich mit einem weinenden (wegen des Sounds) und einem lachenden Auge (wegen der Dynamik) nach Hause und freue mich auf das nächste Mal, wenn 100blumen spielen - es sei jedem und jeder ans Herz gelegt!

Samstag, 8. Februar 2025

KW 6, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Sb/ms) Wahlplakate. Heikles Thema. Sind sie wirklich notwendig? Findet der Wahlkampf nicht hauptsächlich auf Social Media statt? Aber was ist mit den Leuten, die da nicht sind (möglicherweise auch aus guten, nachvollziehbaren Gründen)? Also wieder pro Plakat. Nun las ich, dass PolitikerInnen verschiedenster Parteien eine sehr hohe Anzahl an zerstörten Plakaten verzeichnet haben. Das sollte sicher jedem von uns bekannt sein, dass sie entweder runtergerissen, zerrissen am Straßenrand liegen oder beschmiert wurden. Das ist und bleibt Sachbeschädigung und damit theoretisch strafbar. Nur: Müssen wir es aushalten, wenn Parteien, die die freiheitlich demokratische Ordnung willentlich zerstören wollen, so Werbung machen? Muss das eine Demokratie aushalten? Ich sage: Nein! Das muss niemand aushalten, es ist einfach nur falsch, dass die AfD Plakate aufhängt, um ihre gesellschaftlich zerstörerischen Ideale zu verbreiten. Weg mit ihnen!

Andreas Dorau
(Ms) Besser spät als nie! Kurz nach Weihnachten war Andreas Dorau Gast bei der Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen auf der traditionellen 3-Städte-Tour und für ein paar Lieder stand er mit auf der Bühne. Logisch, er hat mit der Band ja auch ein Album gemacht! Tatsächlich kannte ich bis dato auch nur Fred Vom Jupiter. Aber das ist ja wirklich lange her. Nach dem Bremen-Konzert der Liga mit Andreas Dorau waberte tagelang ein hartnäckiger Ohrwurm von Flaschenpfand durchs Haus - und alle haben mitgemacht! Nun kommt ein neues Album, samt Konzept dahinter. Und es offenbart sich am Titel direkt: Wien wird es heißen und am 14. Februar erscheinen (nächste Woche!). Ja, es dreht sich alles um die österreichische Hauptstadt. Das Konzept ist nicht objektiv, sondern Andreas Doraus Blick auf die Donaustadt. Die tanzbare, elektronische Single über die prägnanten Straßenlaternen 45 Lux ist schon draußen und wieder sehr ohrwurmig. Ungern zitiere ich Presse-Texte, aber das hier ist einfach zu gut: „Wenn es dann auch noch ein norddeutscher Musiker ist, der ein monothematisches Album über die österreichische Hauptstadt macht, drängt sich fast zwangsläufig die Frage auf: Ist das schon Austro-Pop?“

13.02. Hamburg, Hanseplatte (Q&A mit Gereon Klug)
14.02. Berlin, HHV Recordstore (Q&A mit Maurice Summen)
04.04 Berlin, Monarch
11.04.Hannover, Lux


Horsegirl
(Ms) Female fronted soll eine Musikkategorisierung sein. Warum um Himmels Willen?! Allein, weil eine Frau dabei ist, wird eine Schublade aufgemacht. Das ist doch nicht alles das Gleiche! Dennoch traurig, dass das oft passiert. Dann ist da nämlich eine Schublade, die geöffnet wird und all die Bands, in denen Frauen singen, werden miteinander verglichen. Stellt euch das mal bei Männern vor. Tja. Geht halt nicht.
Also: Horsegirl aus den Staaten. Drei Schülerinnen aus Chicargo gründeten eine Band, wurden von namhaften Leuten produziert und jetzt kommt die zweite Platte! Yeah! Das Trio macht reduzierte, unkomplizierte, verspielte, ohrwurmige Musik, die ein wenig an 90er/00er-Indie erinnert und bei mir sofort Momente von durchtanzten Nächten aufflimmern lässt. Das ist sehr leichtfüßig, beschwingt und einfach richtig schön! Nächste Woche Freitag erscheint das Album Phonetics On And On und könnte richtig gut werden!

10.06.25 Hamburg, Molotow Club
11.06.25 Berlin, Badehaus Szimpla
16.06.25 Köln, Bumann & Sohn


Shirley Holmes
(Ms) Man muss ja nicht mal in die Nachrichten gucken, um zu wissen, dass es hier und global gerade an vielen Stellen den Bach runter geht. Was macht der orangene Mann? Was passiert mit den Blauen und Schwarzen? Ich sehe manchmal nur Rot! Zum Glück geht es anderen genauso. Shirley Holmes zum Beispiel. Die Berliner Band singt in ihrem neuen Track unmissverständlich davon, denn er heißt Angst & Hobbys. Damit ist doch alles gesagt, oder? Fast: Wie gut es das Trio rüberbringt sei unbedingt erwähnt. Druckvoll singen sie davon, dass es schlimm ist, diese Zukunftsangst zu haben. Wobei diese Zukunftsangst unmittelbar greifbar ist. Da hilft nur eins: Diesen Song laut drehen, sich zusammen tun und dagegen angehen! Das ganze Album Mein Besseres Selbst erscheint nächste Woche Freitag bei Rookie Records!

07.03.25 Dresden, Chemiefabrik
08.03.25 Erfurt, Museumskeller
14.03.25 Hamburg, Nochtwache
15.03.25 Bremen, Lagerhaus
27.03.25 Hannover, Lux
28.03.25 Essen, Don't Panic
29.03.25 Würzburg, Immerhin
05.04.25 Berlin, SO36
06.06.25 Beverungen, Orange Blossom Special
07.06.25 Merkers, Rock am Berg Open Air
28.06.25 Hergensweiler, Woodstockenweiler Festival
05.07.25 Remchingen, Steinbruch Benefiz Open Air
09.10.25 Nürnberg, Z-Bau
10.10.25 Graz (AT), tba
11.10.25 München, Milla
07.11.25 Bielefeld, Forum
08.11.25 Köln, Blue Shell


Alicia Edelweiss
(Ms) Klar, Musik ist eines der schönsten Dinge auf der Welt. So facettenreich und wichtig. Und so wunderbar, der Entwicklung von KünstlerInnen zuzuschauen. Oder zuzuhören. Vor Jahren war Alicia Edelweiss Vorband von Voodoo Jürgens und Teil seiner Band. Dann stieg sie bei den Ansa Panier aus und intensivierte ihre bereits begonnenen Solo-Pfade. Die waren vielleicht ein bisschen schräg, weil ungewohnt zu Beginn (bei Songs wie Dreck), doch dann - so vermute ich mal - hat sie immer mehr ihren eigenen Sound gefunden. Es ist folkig, Avantgarde, breit und sphärisch. Nun ist sie bei Glitterhouse Records und hat eine neue Single veröffentlicht. Behind The Gates kommt nicht nur mit einem tollen Video daher, sondern vor allem mit beeindruckendem Klang! Nimmermüdes Schlagzeug, Glocken, Streicher, ganz breit angelegte Arrangements und ein phantastischer, gänsehautiger Gesang darüber! Wow, das ist großartig und sehr beeindruckend, was die Österreicherin hier wieder macht! Am 9. Mai wird ihr Album Furie erscheinen und sicher für große Ohren sorgen - versprochen!

 
Marble Sounds
(sb) Pop as Pop can. So gut. Nicht sonderlich spektakulär, aber ungemein eingängig, dazu eine tolle Stimme, zeitlose Melodien, außerordentlich gutes Songwriting und eine stimmige Linie, die sich durchs ganze Album zieht. Mit Core Memory hauen Marble Sounds am 07.03. eine Scheibe raus, die es verdient hätte, richtig durch die Decke zu gehen. Mastermind Pieter Van Dessel fasst zusammen:
 
"Das Vorgängeralbum zielte auf das Herz ab, während dieses Album auf das Bauchgefühl abzielt und mehrere Verweise auf musikalische Erinnerungen aus meiner Kindheit enthält, insbesondere aus den 80er Jahren.“
 
Hört Euch das an. Von mir aus auch erstmal als Stream und legt Euch dann das Album zu. Das ist ganz großartig!

 
The Roxies
(sb) Mist, voll in die Falle getappt! Nein, The Roxies sind keine Frauenband und es ist noch nicht mal eine Roxy dabei. Am 07.03. veröffentlicht die Band aus Berlin ihr neues Album Keep You Up At Night und lässt aufhorchen. Sehr hörenswerter Powerpop mit Punkrock-Anleihen und (meist) - tadaa - männlichem Gesang. Wem The Cribs gefallen, der wird das lieben. Isso.


Freitag, 7. Februar 2025

Live in Bremen: Blush Always

Foto: luserlounge
(Ms) Dies ist ein Text über die wundervollen Effekte von guten Support-Bands.
Obwohl. Der Name ist ja irgendwie doof, oder? Support, Unterstützung. Martin Bechler von Fortuna Ehrenfeld hat auch schon mal mit dem Namen gehadert. Nein, die Gruppe, die mit einer anderen auf Tour geht und als erstes spielt, ist nicht nur schmückendes Beiwerk. Oft haben sie die Chance, ihre Musik einem größeren Publikum vorzustellen, als sie selbst erreichen würde und oft geht das richtig gut aus. So wie gestern Abend in Bremen.
Begonnen hat das alles aber gut ein Jahr vorher. Da haben My Ugly Clementine im Lagerhaus gespielt und Blush Always war als eröffnende Band dabei, damals solo mit ordentlich Wumms vom Band. Das hat mir enorm gut gefallen, war ein beeindruckender Auftritt, der zudem viel Spaß gemacht hat. Also: Direkt abgespeichert.
Im September kam dann Katja Seifferts zweites Album raus: An Ode To? Ja, genau, mit dem Fragezeichen dahinter. Sie bringt 90er-Jahre-Gitarrenrock auf die Bühne ohne nur im geringsten Maße damit nostalgisch zu wirken. Im Gegenteil! Das, was sie macht, ist sehr frisch und sehr persönlich und sehr gut!

Nun ist sie auf eigener Tour und das natürlich nicht alleine. Als sie am Donnerstag im Tower gespielt hat, hat sie Wohinn? mitgebracht. Ja, auch hier ist das Fragezeichen an der richtigen Stelle. Die junge Hamburger Band hat den Abend vor gut 70 BesucherInnen eröffnet. Und wie?! Das Quartett hatte nicht nur enorm viel Energie, sondern auch eine brillante Instrumentierung. Die eingesetzte Querflöte und allerlei Sounds aus unterschiedlichen Drumcomputern und Synthies haben einen wahnsinnigen Klang erschaffen. Es war dicht und sehr atmosphärisch. Hier wissen vier Leute ganz genau, wie man mitreißende Musik arrangiert, das war genial, hat richtig viel Spaß gemacht! Also: Direkt abgespeichert!

Eine kleine Umbaupause später betraten Blush Always dann die Bühne! Die Gitarren waren gestimmt, das Schlagzeug bereit und dann ging es los. Gut 80 Minuten hat Katja Seiffert mit ihren drei Musikern gespielt und es war ein tolles Konzert! Ja, es ist 90er-Gitarrenrock. Aber: das ist erstmal nur das musikalische Gewand. Dahinter verstecken sich Texte, auf die es zu achten gilt. Zum Glück - denn nicht alles war soo gut zu verstehen - hat die Sängerin zu einigen Tracks etwas erzählt. Katja Seiffert singt in ihren Liedern viel über ihren eigenen Weg. Vom Zweifeln und sich Trauen. Vom Dankbarsein und sich Besinnen. Wie es ist ein Girl In A Band zu sein in einem Musikbusiness, wo ganz schnell gelabelt wird und female frontet bizarrerweise zum Teil ein Genre darstellt. Und die, die früher so oft so schnell errötet ist, steht selbstbewusst auf die Bühne, singt immer wieder aus voller Kehle, hat mir ihrer Band richtig viel Spaß und sehr aufmerksame Menschen vor der Bühne, bei denen viele lächelnde, glückliche Gesichter zu sehen waren. Insbesondere für ein paar jüngere Frauen im Publikum ist Katja Seifferts Geschichte, ihre Musik und das, was sie dazu zu erzählen hat, ein tolles Beispiel von Mut, Kreativität und Zusammenhalt. Zusätzlich auch einfach richtig gute Musik, die wahnsinnig viel Spaß macht!

Zwei Gigs kommen heute und morgen noch dazu, geht da unbedingt hin, es wird toll!

07.02.25 DE - Münster, Gleis 22
08.02.25 DE - Berlin, Neue Zukunft

PS: Wann geht denn Wohinn? auf Tour?





Samstag, 1. Februar 2025

KW 5, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Es ist Samstag am frühen Nachmittag und ich sitze im Kurzurlaub an der Nordsee und schaue aufs Watt. Was für eine Woche?! Die Rede von Merz am Mittwoch im Bundestag habe ich mir live im Fernsehen angeschaut. Das war schon beeindruckend, wie verlogen ein Mensch sein kann, dem scheinbar alles egal ist. Seine persönliche, moralische Integrität. Der Ruf seiner Partei. Bündnisse mit Faschisten eingehen. Und dann kam das allerbeste oder -schlimmste: Er hat, wie ein kleines, beleidigtes Kind, danach die Grünen und die SPD dafür verantwortlich gemacht! Ha, genial wenn es nicht so dumm wäre. Die Logik ist: Wir mussten ja mit den Faschisten stimmen, weil ihr nicht mitgemacht habt. Heißt in der kleinkindlichen, beleidigten Welt: Ich musste mir das Eis ja klauen, weil ihr mir kein Geld gegeben habt. Ich bin nicht Schuld, das war kein Fehler, ihr hättet es ja anders machen können. Alter, Kotzreiz! Zum Glück haben ein paar Menschen in seiner Partei dann ja doch ein Gewissen, er selbst ja nicht. Ich schau jetzt wieder aufs Watt.

AB Syndrom
(Ms) Diese Musik ist vollkommen frei! Es gibt keinen Vergleich, es darf keinen geben, weil es hier keine Regeln gibt. Ob AB Syndrom ein eigenes Genre sind?! Ja, das kann gut sein. Doch es ist schwer zu füllen. Im weitesten Sinne besteht es aus Sprechgesang, vielen ohrwurmigen Melodien und bestechenden Rhythmen! Doch darüber gibt es noch ein Prinzip, das dominiert. Und das liegt in der Art und Weise zu texten: Es ist total frei, sehr nah, zerbrechlich, ehrlich, ungeschminkt. Das beweisen sie schon seit Langem und nun wieder ganz frisch auf I Can Make It Better zusammen mit Futurebae. Woher kommen denn die Idee zu diesen Sounds und so einem Arrangement?! Klar, das ist schon ziemlich Pop, aber das ist auch im wahrsten Sinne genial! Das Album Implosion erscheint am 28. März und wird sicher ein Meilenstein des Jahres sein, nach dem sich noch viele umdrehen werden - versprochen!


Odd Couple
(Ms) Mittwochabend, ich habe einige Zeit die politischen Entwicklungen des Tages verfolgt und konnte nur noch kotzen. Dann war ich ein wenig leer am Abend und brauchte etwas anderes. Anderen Input, einen Schwenk. Musik muss her. Dann lief plötzlich Die Deko von Odd Couple bei mir auf dem Gerät und ich war stockstarr. Was ist das? Was will es von mir? Warum ist das so schrill? Warum finde ich das so gut? Wieso tanzt der Bass so geil? Wie herausragend ist die Gitarre, die sich darüber legt? „Verlieb dich in meinen Kontostand, verlieb dich in Nichts.“ Haha, was ist hier denn los?! Hier wird aufgeräumt, alles muss weg, insbesondere die Deko. Mal wieder klar werden, sich auf das Wesentliche besinnen. Wie auf diesen großartigen Track dieser Band! Es sind dreieinhalb Minuten, die lohnen! Und schnell werden mehr draus - versprochen!


Echolalia
(Ms) Zu viele Köche verderben den Brei?! Klar, an Sprichwörtern ist immer etwas dran aber sie haben ja zum Glück keine universelle Gültigkeit. Wenn gut zehn KünstlerInnen aus der kreativen Szene Nashvilles sich zusammen tun, könnte es magisch werden. Das ist nun eingetreten und zusammen nennen sie sich Echolalia und veröffentlichen am 24. Februar ihr gleichnamiges Album. Miranda Lambert und Spencer Cullum stehen in der ersten Reihe, dahinter haben sich weitere phantastische Musikerinnen versammelt. Und was spielen sie zusammen?! Sie machen eine Zeitreise in die 70er Jahre. Es wird wild, psychedelisch, man denkt sofort an die Energien, die zu der Zeit in Düsseldorf umhergeisterten. Can oder Amon Düül. Ein kraftvoller Sog breitet sich aus und nimmt alles in sich auf, was daher kommt. Wenn die Musik läuft, möchte man schnell Teil davon sein und sich einsaugen lassen. Los, das ist es wert!


Lizki
(Ms) Vor vier Jahren kam eine Single raus, die mich ziemlich doll umgeworfen hat. Press Rewind heißt sie und hat alles, was ein wirklich perfekter Popsong braucht. Wumms, brillante Eingängigkeit und tolle Melodien. In diesem Track ist schon zu hören, dass die Künstlerin viel Gespür für das hat, was sie tut. Mit einem guten Grund: Sie hat Gesang und Klavier studiert. Statt in die Klassik vorzupreschen, hat sich Lizki (bei der ich die ganze Zeit ein t vor das z setzen will) für Popmusik entschieden. Und legt nun nach! Back Out Alive heißt ihre neue Single und sie macht einfach da weiter, wo sie einst begann. Das neue Stück ist nicht mehr ganz so derbe, sondern unterstreicht musikalisch den Inhalt: Die Angst vor dem Verlieben - in welche Richtung geht das und wie geht das weiter… oder wie komme ich da wieder raus?! Die großen Fragen mit großer Musik beantwortet! Yes! 


Kodder
(Ms) Wir rufen nach Erlösung! Bitte komm herab und rette uns! Schick uns deine Kraft und Macht und schlag zu! Schlag doll zu! Laut und kompromisslos und unmissverständlich! Oh Punkrock, komm zu uns und mach alles kaputt! Dann stell die Band Kodder in die erste Reihe und lass ihre Musik scheppern, bis es wirklich alle verstanden haben! Führer In Den Krieg heißt ihr Song, heißt ihre Parole. Und die bringen sie in einer selten da gewesenen Härte im Punkrock zu uns. Hui, das scheppert und knallt aber! Wenn die ganzen Arschlöcher schon Krieg führen wollen, dann sollen sie wenigstens in der ersten Reihe stellen. Oder: „Schickt doch eure Kinder in euren beschissenen Krieg, macht was ihr von uns fordert!“ Verstanden?! Okay! Im April kommt dann ein ganzes Album. Nie war Punk wichtiger!

21.2. - Greifswald, Klex
22.2. - Rostock, Bagehl
28.2. - Neubrandenburg, AJZ
01.3. - Rostock, PWH
07.3. - Berlin, Wild at Heart
08.3. - Hamburg, Monkeys
25.4. - Potsdam, Archiv
26.4. - Halle, Alte Schule
30.4. - Schwerin, Komplex
02.5. - Hannover, Nordstadtbraut
03.5. - Rendsburg, Teestube
09.5. - Dresden, Chemo
10.5. - Chemnitz, AJZ
23.5. - Altenburg, Alte Bremsenwerkstatt
24.5. - Erfurt, TIKO
14.6. - Dahmen, Normalböse Festival
11.7. - Juroto Festival, Schwerin
22.8. - bei Perleberg, Resist to exist Festival
23.8. - OWOC Festival Harz
03.10. - Neumünster, AJZ
04.10. - Ahoi Festival, Husum
17.10. - Hildesheim, Thav
18.10. - Brand Erbisdorf IMI e.V.
23.10. - Oberhausen, Druckluft
24.10. - Köln, Sonic Ballroom