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Die luserlounge ist im Stress.
Das Wochenende steht vor der Tür.
Wir hatten endlich wieder Zeit, euch Perlen zu präsentieren.
Welche werden Eure sein?
Manchmal können wir uns auch nicht entscheiden.
Nur dazu, diesen Text auf bizarre Weise in die Länge zu ziehen.
Luserlounge. Freitag. Selektion. Abfahrt!
Asian Dub Foundation
(sb) Gefühlt war die Asian Dub Foundation schon immer da. Zwar stets so ein wenig im Hintergrund und nie so, dass ich sie aktiv gehört hätte, aber in meinem Kopf geistern die Briten schon ganz lange rum, einzelne Tracks erreichten auch meine Gehörgänge, zu mehr reichte es jedoch - warum auch immer - nicht. Das ändert sich jetzt, denn Access Denied (VÖ: 18.09.!) ist ein vielschichtiges, hochpolitisches Album, das Tanzbarkeit mit Social Consciousness paart und keine Kompromisse duldet. Dieser Ansatz ist bei der Asian Dub Foundation gewiss nicht neu, dennoch erfinden sich die Künstler mit jedem Album wieder neu, um thematisch jederzeit aktuell zu sein. So stehen diesmal soziale Ungerechtigkeit, die Grenzpolitik und auch der Klimawandel im Mittelpunkt und sogar Greta Thunberg leistet einen Gastbeitrag zu diesem hörenswerten Werk, das sicher nicht über die gesamte Laufzeit glänzt, aber dennoch so viele Höhepunkte vereint, das ich ohne schlechtes Gewissen eine Kaufempfehlung aussprechen kann. Dub, Jungle, Breakbeat, Rap, Drum'n'Bass - da ist für jeden was dabei!
Smokey Brights
(sb) Die gemeinsamen Aufnahmen von John Lennon mit Yoko Ono waren sicher nicht seine Glanzstücke. Cher ging es ohne Sonny auch deutlich besser und bei ABBA folgte dem privaten Aus bald das berufliche. Bei den Smokey Brights hingegen klappt die Verknüpfung zwischen Ehe und Karriere bis dato bestens: Kim West und Ryan Devlin veröffentlichen heute ihr drittes Album - endlich! Mehrere Male wurde der Release von I Love You But Damn verschoben, seit Monaten liegt das gute Stück bei mir auf der Festplatte. Klingt nach Datenfriedhof, isses aber nicht, denn die Scheibe der Musiker aus Seattle überrascht durch seine Vielseitigkeit, regt des Öfteren zum Mitsingen an und versprüht einen Charme, der sowohl an die Hippie-60's, als auch an die Glanzzeit des Funks denken lässt. Mit anderen Worten: Zeitreise! Und das Ganze für ca. 10-14 Euro - kann man nicht meckern!
Kaffkiez
(sb) Wie ist das zu beurteilen, wenn sich eine Band selber mit AnnenMayKantereit vergleicht? Die Kölner leben ja mehr oder weniger von der Stimme ihres Sängers Henning May und konnten zu Beginn ihrer Karriere die Herzen der Hörer im Sturm erobern. Dass quasi ab der Veröffentlichung des zweiten Albums nichts Brauchbares mehr kam, steht auf einem anderen Blatt Papier...
Aber zurück zu Kaffkiez: Der Name setzt sich zusammen aus Herkunft (Rosenheim, m.E. übrigens alles andere als ein Kaff!) und Wunsch (Durchbruch in einer größeren Stadt) und der stimmliche Vergleich mit AMK ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Da haben die Produzenten zudem ganze Arbeit geleistet, denn das durchaus vorhandene rollende R von Sänger Johannes Eisner ist auf der Debütsingle Nie allein (VÖ: heute!) nicht mehr zu hören. Geht gut ins Ohr und wird seinen Weg gehen! War wohl eine weise Entscheidung, den Bandnamen (vorher: Maybe) zu ändern und nun auf das Pferd deutschsprachige Musik zu setzen, zumal die Single schon reichlich Airplay im Radio bekommen hat. Als Nächstes steht natürlich die Aufnahme eines Albums auf dem Programm und wir werden Euch gerne auf dem Laufenden halten.
Love Fame Tragedy
(sb) Nach zwei vielversprechenden EPs (I Don't Want To Play The Victim, But I'm Really Good At It und Songs To Briefly Fill The Void) folgt heute endlich das langersehnte Debütalbum von Love Fame Tragedy. Auf Wherever I Go, I Want To Leave versammelt Matthew "Murph" Murphy erwartungsgemäß die Highlights der EPs und ergänzt diese um sieben neue Tracks, die qualitativ keineswegs hintanstehen.
Als Laie geht man vermutlich viel zu schnell davon aus, dass es jemandem, der mit seiner Hauptband The Wombats vier (auch in den Charts) erfolgreiche Alben aufgenommen hat, die in düsteren Indie-Schuppen genau solche Begeisterungsstürme auslösen wie auf Studi-Parties oder großen Festivals, leicht fallen dürfte, auch solo zu Potte zu kommen. Doch weit gefehlt: Der Entstehungsprozess des LFT-Erstlings war geprägt von Rückschlägen, Schreibblockaden und dem Überwinden des inneren Schweinehundes. Umso tröstlicher ist es, dass das Ergebnis derart erfreulich ausfällt und die Synthie-Pop-Hymnen mit Alternative-Anspruch nicht nur spontan ins Ohr gehen, sondern in vielen Fällen auch dort bleiben. Gelernt ist gelernt!
The Baboon Show
(ms) Tief im Norden. Da schlummert etwas. Und mit dem Astrid Lindgren-Syndrom lässt sich das nicht mehr erklären. Natürlich ist Schweden das Sehnsuchtsland von uns Kartoffeln, absolut nachvollziehbar für jeden, der mal dort gewesen ist. Doch irgendetwas muss in deren Leitungswasser schwelen, was den Schweden einen unheimlichen Groove in der Musik beschert. Es gibt viele gute Beispiele. Viele. Eines davon ist The Baboon Show. Und das Quartett überzeugt nicht nur durch seine kompromisslose Gitarrenrockmusik, die vor Tempo und Energie strotzt. Die genau im richtigen Maße dreckig und rotzig ist. Sie schaffen es zudem regelmäßige Ohrwürmer in die Welt zu setzen! Genau damit machen sie im Dezember weiter. Ja, etwas Geduld ist noch geboten. Doch keine Ankündigung ohne Vorboten! Denn die Band um Cecilia Boström und ihre wundervolle energische Stimme begann im März ein neues Album aufzunehmen. Zack - Corona - alles anders. Sie sind halt ehrliche Musiker. Durch ihre DNA fließt auch das Live-Spielen-Wollen. So stand die Entscheidung fest: Kein Album ohne in Bälde live aufzutreten. Doch: Ein paar Songs waren schon eingespielt. I Never Say Goodbye wird im Dezember als 12" erscheinen! Das wird dann so klingen - wir sind gespannt wie ein Flitzebogen!
Sandra Hüller
(ms) Schlechtes Beispiel für schreibende Sänger: Frank Spilker (fand das Buch doch eher zäh). Gutes Beispiel für schreibende Sänger: Sven Regener und Thorsten Nagelschmidt. Schlechtes Beispiel für singende Schauspieler: Jan Josef Liefers und Axel Prahl - zugegeben gehen sie mir auch als ehemaligen Wahl-Münsteraner in ermittelnder Funktion auf die Nerven, zu plump, zu wenig Reibung (ich persönlich bin Team Dortmund). Gutes Beispiel für singende Schauspieler: Robert Gwisdek (Käpt'n Peng) und Sandra Hüller! Und damit haben wir in dieser extrem männlichen Riege (ich gelobe Besserung) auch eine Dame. Über ihre Brillanz in Toni Erdmann müssen wir eigentlich nicht sprechen. Mir ist sie schauspielernd noch stärker als Gast beim Tatortreiniger haften geblieben. Und das wirklich Tolle: Sandra Hüller ist so wunderbar vielseitig. Diese tolle Chamäleoneigenschaft beweist sie auch auf Be Your Own Prince, ihrem ersten Album. Einer größeren EP, so könnte man sagen: Es sind sieben Songs plus ein Remix.
Es startet ganz verhalten mit Dear Sailor. Im Hintergrund ist leichtes Rauschen zu hören (vom Aufnahmegerät?) und dazu erklingen begleitend Gitarrenakkorde. Ob der Segler jedoch wirklich auf dem Wasser irrt oder durch sein Leben - die Interpretation bleibt den Hörenden offen. My Love (Last Breath) hingegen ist eine swingende Free Jazz-Nummer im allerweitesten Sinne: Ausufernder Gesang trifft auf mäandernde Trompete. Die Single The One wiederum ist ein sanftes Pop-Stück, das an Dear Reader oder Justine Electra erinnert. Alle Texte stammen aus Hüllers Feder, bei der Umsetzung half ihr Daniel Freitag. Noch so ein musikalischer Tausendsassa, der nicht nur selbst musiziert, sondern auch die Musik zu Decamerone am Deutschen Theater Berlin produzierte. Das ist eine Erwähnung wert, da das Stück von Kirill Serebrennikow inszeniert wurde, der bekanntermaßen nun nicht hinter Gitter muss.
Es startet ganz verhalten mit Dear Sailor. Im Hintergrund ist leichtes Rauschen zu hören (vom Aufnahmegerät?) und dazu erklingen begleitend Gitarrenakkorde. Ob der Segler jedoch wirklich auf dem Wasser irrt oder durch sein Leben - die Interpretation bleibt den Hörenden offen. My Love (Last Breath) hingegen ist eine swingende Free Jazz-Nummer im allerweitesten Sinne: Ausufernder Gesang trifft auf mäandernde Trompete. Die Single The One wiederum ist ein sanftes Pop-Stück, das an Dear Reader oder Justine Electra erinnert. Alle Texte stammen aus Hüllers Feder, bei der Umsetzung half ihr Daniel Freitag. Noch so ein musikalischer Tausendsassa, der nicht nur selbst musiziert, sondern auch die Musik zu Decamerone am Deutschen Theater Berlin produzierte. Das ist eine Erwähnung wert, da das Stück von Kirill Serebrennikow inszeniert wurde, der bekanntermaßen nun nicht hinter Gitter muss.
Also: Sandra Hüller, Be Your Own Price. Fein und mit musikalischem Fingerabdruck produziert. Wir fordern: Mehr derart toll singende Schauspielerinnen!
Großstadtgeflüster
(ms) Eins dieser Phänomene in der hiesigen Musiklandschaft sind Großstadtgeflüster. Ballern mit Haltung, könnte man sagen. Fickt Euch Allee ist bereits ein moderner Klassiker der exzessiven Feierei; den Tischtennisballsound auf Wie Ein Dschungel mit Fatoni finde ich bis heute äußerst kreativ und ohrwurmverursachend! Man ist leicht geneigt, das Wort 'unkonventionell' oder 'authentisch' zu benutzen. Aber wie eben jener Toni schon meinte: Ich will einfach nur ich selbst sein. Und das tut das Berliner Trio. Tief dröhnende Technobeats, mal leichtfüßige Gagatexte, mal hauen sie voll auf den Putz. So auch mit Diadem: "Ich poliere der Stadt ihre Fresse mit Stickern, ich bin eine Prinzessin, du Ficker!" Das ist eine klare Ansage. Gegen Fixierung auf Körper, Schminke, Äußerlichkeiten, gegen ein bizarres Frauenbild, das es so nirgends gibt. Außer in der Glotze oder in der Werbung halt. Pah, geht uns gar nichts an, denken Jen, Chriz und Raphael. Gut so, einfach bisschen locker bleiben und das eigene Ding kompromisslos durchziehen. Ihr Erfolg ist ihr Beweis. Und so ist bereits letzten Freitag Jens persönlicher Geburtstagssong erschienen. Doch auch eine Woche später kann man den lautstark durch die Boxen krachen lassen! Ich will jetzt mein Diadem...
JW Francis
(ms) Wer hier regelmäßig liest, was wir beide an Tipps und Verrissen in die Welt schreiben, dem wird auffallen, dass ich mich gerne mal an Genres abarbeite. Also an den Zuschreibungen. Den Genre-Namen. Oft finde ich die, die in den Pressetexten genannt werden, schwer entzifferbaren Quatsch. Doch hier muss ich eine Ausnahme machen. JW Francis' Musik wird als Bedroom Dream Pop bezeichnet. Stark. Ja. Es passt hervorragend. Es hat etwas leicht verträumtes, verschlafenes, aber ist auf Zack. Die Musik des Tausendsassas (Reiseleiter, Musiker, Geschäftsführer einer Firma, die sich Murder Mystery nennt...) ist DIY im besten Sinne und irgendwie wahnsinnig charmant. Einfach und bestechend. Und davon kann man sich bald in Albumlänge überzeugen. Doch als Einstiegsdroge fungiert seine Ode an den Big Apple: New York. Ein herrlich simpler und schön eingängiger Song. Im ähnlichen Stil wird dieses Jahr noch eine Platte erscheinen (wir halten euch auf dem Laufenden!). Nachdem er mehrere Singles veröffentlicht hat, unterzeichnete er auf Sundays Best - Label aus UK! Hier kann etwas Großes wachsen!
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