Mittwoch, 18. Juni 2025

GoGoPenguin - Necessary Fictions

Foto: Mark Gregson
(Ms) Es ergibt Sinn, für dieses Album beim letzten Track anzufangen. 
Dazu eine kleine Anmerkung von hinter den Kulissen. Wenn neue Musik erscheint, wird diese natürlich auch vermarktet, beworben. Für Rezensionen darf ich die Musik ein paar Wochen vor der Veröffentlichung hören. Und da gibt es ein spannendes Detail. Bei der Tracklist einer Platte kommt eine Info bei einzelnen Liedern hinzu. Focustrack nennt sich diese Information. Also die Lieder, die eine besondere Erwähnung haben sollen. Als ob ich das nicht selbst entscheiden könnte, was in meinen Ohren stark oder nicht so pralle ist. Diese kleine Info kommt regelmäßig vor.

Den Fokus gewollt auf das letzte Lied zu setzen, wäre eh etwas ungewöhnlich. Doch das letzte Stück auf GoGo Penuins neuem Album Necessary Fictions hat einen fantastischen Titel, der das Schaffen des modernen Jazz-Trios sehr gut zusammenfasst. Ein Fokus muss hier gar nicht vorgesehen sein, es ist das gesamte Album!
What We Are And What We Meant To Be heißt dieses letzte Stück. Wie genial ist es bitte, den Hörenden elf neue Lieder zu präsentieren, auf denen die Band durchaus ausprobiert und neue Wege geht, um am Ende eine eindeutige Message zu tätigen: Bei all dem, was es gerade zu entdecken gibt, ist dies hier, der zwölfte Track, die Essenz unseres Schaffens, so klingen wir im Kern. Kein gewollter Fokus, aber doch eine aussagekräftige Entscheidung.

Vor zwei Jahren kam erst die letzte Platte raus. An Kreativität mangelt es den drei Briten ohnehin nicht. GoGo Penguin sind 2025 Chris Illingworth am Piano, Nick Blacka am (Kontra-)Bass und neu Jon Scott an den Drums. Dies ist ja eine ziemlich klassische Jazz-Besetzung. Doch GoGo Penguin stehen fürs Experimentieren und Grenzen ausloten. Das zu hören macht seit vielen Jahren sehr viel Spaß! Das kann mal sehr melodiös aber auch im besten Sinne herausfordernd werden. Und auch verhältnismäßig poppig, wenn sie sich Gastsänger Daudi Matsiko für Forgive The Damages dazu holen. Hinter dem zarten Gesang tanzen die Saiten unterm Hammer und die dicken auf dem Kontrabass. Insbesondere der wunderbar weiche Klang vom großen Streichinstrument ist ein wahnsinniges Plus im Schaffen dieser Band!

Apropos Bass und Neues ausprobieren. Auf dieser Platte nutzt das Trio hörbar häufiger Synthie-Effekte. Wie der digitale Bass sich durch Living Bricks In Dead Mortar schleicht, ist großartig. Da sind die hohen Pianoklänge gar nicht mal so fröhlich, wenn zudem auch das Schlagzeug in dezente Hektik verfällt. Hier haben drei Instrumente drei Geschwindigkeiten und das Ergebnis ist umwerfend! Denn der ganze Track ist ein irres Crescendo, bis der Bass fast technomäßig überstrapaziert ist. Orientalisch-tanzbar geht es auf Luminous Giants daher. Ein sanftes Stück mit perfekt sitzender Melancholie, die ihren Charme nicht verliert. Über fünf Minuten verliert sich dieses Lied in purer Schönheit - was für ein phantastisches Arrangement! Der Trick ist, dass sie dabei mit weiteren Streichern und dezentem Gesang arbeiten - zusammen schlicht große Kunst!
Mit dem Manchester Collective, einem achtköpfigen Streicherensemble, spielen sie auch auf State Of Flux zusammen. Scheinbar nur im Hintergrund tauchen die feinen Instrumente auf, doch wenn sie gezupft die Klaviermelodie doppeln, dann entsteht ein ganz großartiger Sog an Musikgenuss, dem ich mich nur zu gern hingebe.

Doch wie klingen GoGo Penguin nun auf dem neuen Album? Was ist die Essenz der Band neben ihre Mut Neues in ihre Songs einzuweben? Läuft der letzte Track, ist direkt klar, dass das Neue schon zur DNA des Trios gehört. Wieder eine herrliche Portion an waberndem Synthie-Bass, über den sich der Analoge legt. In höhere Sphären erhebt sich das Klavier. Das Schlagzeug bewegt sich sehr geschickt zwischen dominanter bis zu kaum wahrnehmbarer Rolle. Zusammen erschaffen sie kraftvolle Rhythmen, die immer wieder fein und andächtig die Melodien scheinen lassen. GoGo Penguins Necessary Fictions wartet nicht mit dem einen großen Knall daher, es ist ein Album, da erlebt werden will.


Sonntag, 15. Juni 2025

Live in Bremen: Fair Weather Fest

Fotos: Luserlounge
(Ms) Seit einer Woche ist das Fair Weather Fest vorbei - gut Ding will Weile haben. Am Freitag und Samstag des Pfingstwochenendes war das Bremer Viertel richtig gut besucht. Ja, das Wetter war nicht besonders fair, aber das Programm, das die Veranstalter hinter diesem Festival aus dem Boden gestampft haben, war großartig! Hardcore, Punkrock, Power Pop, Indie, Singer/Songwriter, Screamo, Shoegaze. Stilistisch war für alle etwas zu haben zwischen Lila Eule, Calavera und dem Lagerhaus. Und auch bei Titus, Black Plastic und im Eisen gab es auf die Ohren. Am Freitagnachmittag wurde ausverkauft gemeldet - nur zurecht bei diesem Line-Up.

Wobei ich erst im Nachhinein zu diesem Fazit kommen kann. Denn bevor ich am Freitag in Bremen ankam, kannte ich bis auf die Deadnotes keine einzige Band. Ich war neugierig und wurde reichlich belohnt!

Das erste, was ich hörte, waren die letzten zwei Song von The Pill, die das Lagerhaus gut zum Beben gebracht haben. Und schon danach kam das erste große Highlight: Between Bodies war anscheinend so etwas wie der geheime Headliner, es war schlagartig voll und nicht wenige Leute konnten bei nicht wenigen Liedern recht sicher die Texte mitsingen. Wie geil war das denn?! Obendrein war der Auftritt dieser Band wahnsinnig sympathisch und sie haben Rockmusik einfach verstanden, so einfach kann es sein. Dieser Name sollte dringend überall abgespeichert werden! Giver hingegen tendierten wesentlich stärker in einige Metal-Sphären. Ich finde es immer wieder großartig, dass die Bands mit den härtesten Tönen die humanistischsten Ansagen bereit haben! Musikalisch bleiben sie bei mir aber weniger haften. Zwischendurch dann mal ins kleine Calavera, Neugier, Neugier! Als Pluto The Racer aus Hannover dort spielten, war der Laden schon rappelvoll, auf der Treppe tummelte es sich schon. Skatepunk, so wie er klingen sollte, richtig gut! Weiter ging es im Lagerhaus mit Rauchen und bis heute weiß ich diesen Gig nicht so sehr einzuordnen. Ja, war schon irgendwie geil, aber von dem ganzen Geschrei hätte ich gern auch was verstanden. Als Smile And Burn die Bühne betraten, wurde schnell klar, dass diese Band etwas professioneller unterwegs sind. Plötzlich war der Sound viel klarer. Ohnehin leider ein Detail, das ich im Lagerhaus so gar nicht kenne, am Freitag hat es immer wieder ganz schön geschrabbelt und oft war der Sound etwas verwaschen.

Fotos: luserlounge
Einschub.
Leider konnte ich den letzten Auftritt vom Freitag nicht ganz sehen. Ich war noch angeschlagen aus den Tagen davor und wollte langsam heim. Mit der Bahn wäre das in der Regel kein Problem. Doch am ganzen Wochenende fuhr ab 22 Uhr nur noch der Bus in meine Richtung. Was für eine miese Sache. Klar, es müssen Strecken saniert werden, aber zweieinhalb mal so lang unterwegs zu sein, ist wenig geil.
Einschub Ende.

Auf dem Hinweg am Samstag ließ ich den Freitag etwas Revue passieren und kam zu keinem rechten Ergebnis. Es war spannend und cool, viel Neues kennenzulernen, aber so richtig abgeholt wurde ich halt nicht. Ein Glück, dass das am Samstag ganz anders aussehen sollte! Insbesondere das Programm in der Lila Eule ließ keine Wünsche offen! Mundane aus Schweden haben mich direkt abgeholt und halb sechs. Gitarrenlastiger Indierock genau nach meinem Geschmack, yeah! TI:ED im Lagerhaus legte durchaus wieder härtere Zähne zu, war gut, aber nicht so meins. Ebenso wie Wrong Man - sie holten mich nicht so sehr ab. Das gute in diesen ganzen Momenten war hingegen, dass zahlreiche andere BesucherInnen viel Freude und Spaß hatten - so soll das doch sein! Mein Highlight des ganzen Wochenendes war Flight Mode aus Oslo, die in der Lila Eule spielten. Erstens super sympathisch. Zweitens spielten sie feinsten Indierock à la Nada Surf oder Death Cab For Cutie - da bin ich doch dabei. Das war richtig, richtig gut! Phantom Bay, die Band, in der sich einige der Veranstalter versteckten, gehörte für mich auch zur Kategorie: hart und wuchtig, aber nicht so meins. Richtig geil wurde es noch bei Emperor X! Was war das denn bitte?! Zwischen all dem wohltemperierten Krach ein Singer/Songwriter mit soliden Deutschkenntnissen und wahnsinnig unterhaltsamen Texten und tanzbaren Effekten aus seinem Zauberkasten. Das sollte jeder Mal live gesehen haben! Dann zu The Deadnotes, die ja bekanntermaßen beim Grand Hotel Van Cleef unter Vertrag sind, aber außer großen Bühnengesten ist da echt nicht viel dabei. Gemütlicher Rock, den man schnell wieder vergisst. Anders als bei Shoreline. Die zimmerten einem nochmal richtig einen ins Gebälk!

Und wieder in den Bus.
Und verarbeiten, einordnen.

Die erste Ausgabe vom Fair Weather Fest war nichts anderes als ein großer Erfolg. Die Bands entsprangen fast allem einem großen Freundeskreis, die Stimmung war super und sehr rücksichtsvoll. Die Zeiten haben sich jedoch sehr stark überschnitten. Da könnte man etwas mehr Luft reinpacken. Denn: Nächstes Jahr geht es in die zweite Runde und Tickets sind jetzt schon zu haben. Ich hab meins, was ist mir dir!?


Freitag, 6. Juni 2025

KW 23, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Jetzt mal ganz ehrlich: An dieser Ü-30-die-Gebrechen-kommen-immer-häufiger-Sache ist doch auch ein bisschen was dran, oder? Zumindest ist es geil, wenn es manchmal etwas bequemer ist. Zum Beispiel im eigenen Bett schlafen oder, wenn man von Festivals spricht, zumindest nicht in irgendeinem Zelt auf irgendeinem Acker. Furchtbar! Da ich keinen Van oder Camper habe, ist für das einzige Festival, das ich im Sommer besuche - das großartige Watt En Schlick - eine Ferienwohnung gebucht. Richtig geil! Schön gemütlich schlafen, eine fest installierte Dusche nutzen und ein bisschen mehr Urlaubsfeeling genießen. Wobei ich persönlich zelten schon immer scheiße fand.
Aber egal. Bequem soll es durchaus sein. Da kommen Indoor-Festivals genau richtig! Was für eine super geniale Idee, am Wochenende einen oder mehrere benachbarte Clubs mit Konzerten voll zu packen und man kann da entspannt abhängen, viel Neues entdecken, wird nicht zwingend nass und kann danach einfach entspannt zu Hause nächtigen. Das ist wirklich eine ganz hervorragende Sache! Und wenn so ein Festival dann noch um die Ecke ist, einige der liebsten Clubs da mit machen und es ordentlich Punk und härtere Töne auf die Ohren gibt, dann sage ich: Geil, ich bin dabei! Heute und morgen findet in Bremen das erste Fair-Weather-Fest statt. Gute, unabhängige Adressen des Viertels werden bespielt: das Calavera, die Lila Eule, das Lagerhaus und auch bei Black Plastic, bei Titus und im Eisen (ganz viel Liebe!) finden Konzerte statt. Genial, bis später!

Water From Your Eyes
(Ms) Wo bleibt das Ohr hängen, wenn es neue Musik hört? Was ist das genau, was den einen Track skippen und den anderen lauter drehen lässt? Das würde ich richtig gerne wissen, das sind doch irgendwelche Synapsen, die da hellhörig werden. Der neue Song von Shame beispielsweise interessiert mich null, wobei Life Signs von Water From Your Eyes echt ein krasses Ding ist! Meine Vermutung ist Folgende: Die verspielte, aber dunkle Gitarre öffnet einen Sog, in den ich mich gern hinein ziehen lasse. Dann kommt das Lied mit derart überraschenden Parts daher, das die Neugier bis zum letzten Ton bleibt, was denn alles passieren könnte! Von recht verträumten bis brachialen Parts ist ganz schön viel dabei! Und das macht Musik doch spannend oder?! Wenn sie Schema F durchbricht und mit etwas haften bleibt, das irritiert und genau deshalb laufen bleibt. Das neue Album It‘s A Beautiful Place erscheint am 22. August und könnte echt genial werden!

21.11.25 Köln, 674 FM
24.11.25 Hamburg, Aalhaus
26.11.25 Berlin, Lark
28.11.25 München, Import Export


Yasmo & Die Klangkantine
(Ms) Es kann nicht genug Lieder über das unbeschwerte Leben geben. Es gibt doch echt genug Dinge im Alltag, die nervig und blöd sind. Manchmal habe ich dieses Erwachsenenleben echt satt mit den ganzen Formalitäten und bürokratischen Hürden, die am Wegesrand lauern. Pausen davon sind bitter notwendig und die besten Pausen sind doch die, die gut klingen und richtig viel Leichtigkeit reinbringen. Mit Das Gute Leben haut Yasmo mit ihrer Klangkantine einen ganz wunderbaren Sommertrack raus, der überall laut laufen sollte! Bläser und Sprechgesang - was ist das denn für eine geniale Mischung. Eben! „Lass es mir gut gehen.“ Wohin soll ich mir das tätowieren lassen?!
Das richtig Gute an diesem Track ist, dass er Yasmos Werk super gut ergänzt. Es ist gut und richtig, dass sie eine starke Stimme gegen viele Ungerechtigkeiten ist. Genauso gut ist es, mit ihr das Leben zu feiern! Viel zu oft das Wort gut in diesen Zeilen verwendet - ach Quatsch, das ist halt genau das, was dieses Lied ist!


Chantal Acda
(Ms) Es gibt Musik, die für mich nur über den Klang funktionieren. Das ist immer etwas gemein, wenn mir persönlich der Text dann nicht so wichtig ist, aber es kommt vor. Zum Beispiel immer wenn ich die Musik von Chantal Acda hören. Diese Arrangements, Melodien, Dynamiken und Stimmungen sind so großartig, dass mir echt egal ist, worum es geht. Ihre Lieder sind klanglich so gut gemacht, dass alles andere für mich in den Hintergrund gerät. Das war schon beim tollen Heads so und ihre neue Single Make It Work schafft das in meinen Ohren erneut. Die Niederländerin weiß sehr genau, wie sie mit ihrer Band spielen muss, um solch einen intensiven Sound zu erschaffen: Chöre im Hintergrund, eine schwere Gitarre, Bläser mit tollen Melodien - ein Track, der sich stetig erweitert und immer größer wird. Warm und mächtig. Wow, wie wundervoll kann Musik eigentlich sein?! Wenn am 19. September ihr neues Album The Whale erscheint, wird es ein musikalischer Meilenstein diesen Jahres werden. Das traue ich mich jetzt schon zu sagen!


Die Höchste Eisenbahn
(Ms) Sie können das Schwelgerische, das Verträumte, das leicht Schwermütige. Für die große Leichtigkeit ist Die Höchste Eisenbahn nicht zwingend bekannt. Müssen sie ja auch gar nicht, diese tolle Band hat genug Stärken. Doch, dass sie auch Leichtigkeit können, ist ein großer Beweis eines ganz einzigartigen Songwritings! Dieses Leben heißt ihre aktuelle Single und es ist eine Ode genau auf jenes! Die Ruhe des Schönen, die Liebe, die einen ausfüllt, die pure Eleganz der Natur. Jede Band sollte so ein Stück im Repertoire haben, da es immer gut tut, so viel Kraft zu versprühen und den Blick nach vorn zu richten. Dieses Leben - juhu!


Nina Caroline
(Ms) Vergangene Beziehungen waren nicht zwingend Fehler. In diesen Verliebtheitsphasen fühlte sich ja immer irgendetwas richtig an. Doch oft hat man sich selbst ja was vorgemacht, eine Geschichte aufrecht erhalten, die so gar nicht stimmte. Daher ist es im Nachhinein, wenn diese Beziehungen beendet sind, oft schwer vorstellbar, dass man das alles selbst war. Dass ich mich in diese Person verliebt habe, die mir nicht gut tat. Dass ich das war, der das dennoch lange geglaubt hat. Genau davon singt Nina Caroline auf ihrem neuen Song It‘s Not Me Who‘s Missing You - selten hat ein Titel den Inhalt eines Liedes so gut wiedergegeben. Ein entspannter Indiepopsong erzählt diese Geschichte. Die Künstlerin tritt damit selbst zum ersten Mal mit eigenen Liedern ans Tageslicht. Mit 11 gewann Nina Caroline bei KIKAs Dein Song, später ging sie zum Musikstudium nach England, sie schrieb schon mit anderen KünstlerInnen zusammen doch dies ist der erste Track, der ihren eigenen Namen trägt und dazu noch so ein schöner! Im Herbst folgt eine EP und man darf sehr gespannt sein, wohin diese tolle Reise noch geht

Dienstag, 3. Juni 2025

Die luserlounge - geschlechtergerecht?

Quelle: pixabay.com
(Ms) Rike van Kleef hat mit Billige Plätze ein sehr gutes Buch über die enorme Schieflage zwischen den Geschlechtern im Musikgeschäft geschrieben. Nicht nur bei Acts, die auf der Bühne stehen, sondern auch bei den großen, verflochtenen Strukturen dahinter. Von TechnikerInnen über BookierInnen bis Toilettenvermietungsfirmen.
Ganz kurz zusammengefasst: Es sieht gar nicht gut aus, Männer haben in fast allen Bereichen das Sagen. Die gute Nachricht ist aber: Es tut sich ganz viel vor und hinter den Kulissen und mein Gefühl sagt mir: Ja, das merke ich auch.

Dieser Blog ist weder groß, noch sonderlich einflussreich und graphisch nicht nicht mal so geil. Aber egal - er ist ein Mosaik im Geschäft. Ich freue mich immer über Rückmeldungen, Zitationen, liebe Nachrichten und Empfehlungen.
Das Buch ist ein guter Grund, mal selbst zu schauen, wer hier in der luserlounge eigentlich am meisten Gehör bekommt und wem am meisten Platz gegeben wird. Bevor ich die Ergebnisse präsentiere, ist es meines Erachtens wichtig zu schildern, wie dieser Blog funktioniert. Diese Seite entsteht in der Freizeit. Zum Einen berichte ich über das, was ich selber gern höre und zum Anderen über das, was an mich herangetragen wird. Dafür bin ich in einigen Newslettern und Verteilern von PR-Agenturen und Labels, die sich natürlich freuen, wenn ich über deren Bands schreibe. Einiges ist deckungsgleich. Zum Beispiel höre ich viel Kettcar und bekomme von deren Agentur Mails. Mittlerweile ist die Schnittmenge enorm, da diese Seite zu einem Pertpetuum Mobilé meines eigenen Musikgeschmacks geworden ist: Was mir gefällt bekommt hier Platz. Dabei gibt es keine Quote. Weder für Genres, noch für Herkünfte oder Geschlechter. Was qualitativ in meinen Ohren hörenswert ist und neugierig macht, darüber schreibe ich.

Fünf Bereiche dieser Seite habe ich mir für dieses Kalenderjahr angeschaut: Interviews, Buch-Rezensionen, Konzert-Rezensionen, Album-Rezensionen und die Selektionen, also die kleinen, wöchentlichen Newsmeldungen. Folgendes sind die Kategorien: FLINTA*-Acts, männliche Acts, Duos, die 50/50 sind und Bands, in denen FLINTA* einen kleinen Anteil haben (beispielsweise spielen bei pogendroblem drei Typen und eine Frau). Ob das besonders sinnvoll ist, weiß ich nicht, aber es erschien mir naheliegend. FLINTA*-Solokünstlerinnen, die eine Band mit Typen dabei hat, werte ich als FLINTA*-Act, da ihre Stimme und ihre Texte im Vordergrund stehen, zum Beispiel Dota. Zudem kommen einige KünstlerInnen mehrfach vor, ich habe sie immer neu gewertet, da es ja um einen Gesamteindruck gehen soll (habe ich drei Mal über Waving The Guns berichtet, kommen sie drei Mal als männlicher Act vor).

  • Interviews: 1 Interview, 1x männlich (100%)
  • Buch-Rezensionen: 2 Rezensionen, 1x männlich (50%), 1x FLINTA* (50%)
  • Konzert-Rezensionen: 7 Rezensionen, 3x männlich (43%), 4x FLINTA* (57%)
  • Album-Rezensionen: 14 Rezensionen, 1x 50/50 (7%), 1x FLINTA* mit kleinem Anteil innerhalb der Band (7%), 3x FLINTA* (21%), 9x männlich (64%)
  • Acts, über die in der wöchentlichen Rezension berichtet wurden: 122 Berichte, 5x 50/50 (4%), 13x FLINTA* mit kleinem Anteil innerhalb der Band (11%), 38x FLINTA* (31%) und 66x männlich (54%)
Das wenig überraschende Ergebnis ist, dass auch auf dieser Seite männliche Künstler wesentlich mehr Platz bekommen als alle anderen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das vor vier Jahren sicher noch krasser ausgesehen hat. Was also anfangen mit dieser Erkenntnis? Das ist gar nicht mal so einfach zu sagen. Es fiele mir schwer, per Quote auch dann über mehr FLINTA*-Musik zu berichten, wenn ich sie mich gar nicht so sehr anspricht und mir nichts dazu einfällt. Auch über männliche Musik, die mich nicht neugierig macht, berichte ich nicht. Doch ich kann einfach mehr hinhören, das ist nicht unmöglich und vielleicht der erstbeste Schritt, der zu gehen ist. Wenn jemand noch einen guten Tipp hat, schreibt es gern in die Kommentare, per Mail (luserlounge@gmail.com) oder via Instagram (luserlounge_blog) oder Bluesky (luserlounge.bsky.social).

Montag, 2. Juni 2025

Leselounge: Rike van Kleef - Billige Plätze

(Ms) Es läuft einiges schief.
Ein Beispiel vom vergangenen Wochenende: Ich machte ein paar Besorgungen, im Auto lief Radio21. Aber nicht besonders lang. Denn zuerst machten sich die Moderatoren darüber lustig, dass in Magdeburg ein Theaterstück von oder über Tokio Hotel lief. Danach wurde über prominente weibliche Groupies berichtet und mit welchen Männern sie denn alles Sex hatten. Der Tonfall eher salopp und völlig normal. 
Der schale Beigeschmack: Hier machen sich die Radioleute über eine Band lustig, die eine wichtige, laute Stimme für die queere Community ist und Frauen im Rockgeschäft werden komplett sexualisiert dargestellt. Was P. Diddy oder Til Lindemann tun ist denen aber hoffentlich bekannt. 
All das im Frühsommer 2025. Es läuft einiges schief.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Das Musikgeschäft hat irgendwie einen recht fortschrittlichen, liberalen Charakter was Gleichberechtigung angeht und irgendetwas suggeriert Offenheit gegenüber allen Geschlechtern. Dass das nicht so ist, zeigt Rike van Kleef sehr eindrucksvoll in ihrem neuen Buch Billige Plätze, das just im Ventil Verlag erschienen ist. Auf gut 300 Seiten fasst sie wahnsinnig umsichtig und sehr gründlich recherchiert zusammen, wo vor und insbesondere hinter der Bühne die Probleme der Gleichberechtigung liegen. Ob es um die Zusammenstellung von Teams geht, einer Konzert- und Festivalorganisation, die Eltern berücksichtigt, Livestätten, die sich auf Menstruation einstellen bis zu all den sexuellen Übergriffen und Machtverhältnissen, für die sich Männer verantworten müssen. Ja, es gibt mittlerweile viele Künstlerinnen, die groß, erfolgreich und als Vorbilder dienen. Aber wenn die Musikerinnen von Blond erzählen, dass sie lange die Dusche für Frauen auf einem Festival suchen mussten und die dann auf einem Parkplatz stand und nicht abgeschlossen werden konnte, wird klar, dass die Problemfelder tief sitzen. Sehr tief.

Rike van Kleef berichtet nicht nur sehr eindrucksvoll und erschütternd von eigenen Erfahrungen, sondern lässt zahlreiche AkteurInnen zu Wort kommen, die aus ihren Metiers berichten. So viele Jobs gibt es in der Musikbranche. BusfahrerInnen, LichtechnikerInnen, Menschen am Ton und im Bühnenbau. BookerInnen, JournalistInnen, PR-Agenturen und all die Menschen auf der Bühne. Als Fan, der auf Konzerte und Festivals geht, bekommt man von vielen dieser Jobs gar nicht so viel mit. Daher ist dieses Buch nicht nur eine sehr klare Auflistung all der Probleme, sondern beleuchtet auch eine Branche, bei der enorm viele Handgriffe im Hintergrund verlaufen und die uns erst all die schönen Live-Momente ermöglichen.

In wenigen Tagen habe ich dieses Buch gelesen, da ich aus dem Staunen gar nicht mehr rauskam, was denn alles schief läuft. Ich habe viel gelernt! Als Typ, der hier über Neues berichtet, auf Konzerte geht und darüber schreibt, hauptberuflich aber etwas ganz anderes macht, ist dies ein wahnsinnig wichtiges Buch. Denn es macht bekannt, was intern zu Teilen schon besprochen wird. Die Musikbranche ist eine große Kunst- und Unterhaltungsindustrie. Eine Branche, in der es schon einige Netzwerke gibt, die FLINTA-Stimmen lauter werden lässt und in der schon viel passiert. Und wo es noch viel zu tun gibt.

Billige Plätze ist nicht nur eine fundierte Zusammenstellung der Bereiche, in denen mehr getan werden muss. Dieses Buch steckt den Kopf nicht in den Sand - obwohl ich mir beim Lesen oft an den Kopf gefasst habe. Es zeigt zahlreiche Felder auf, an denen gearbeitet werden kann und muss - und das ganz undogmatisch, sondern positiv in die Zukunft schauend. Es ist eine Ermunterung auch an alle Männer, dass sie immer von Gleichberechtigung profitieren werden! Es nichts anderes als eine Pflichtlektüre für jede Person, der die Kunst wichtig ist und sie liebt.

Und was hat das Buch mit mir zu tun? Groß und besonders einflussreich ist dieser Blog nicht. Aber egal, er ein Mosaik des Geschäfts. Ich setze dieser Seite keine Quote für FLINTA-Artists, hoffe aber, recht ausgeglichen zu berichten. Ob das wirklich so ist, möchte ich in einem zweiten Schritt herausfinden mit einer Reflexion dessen, worüber hier eigentlich berichtet wird. Stay tuned und lest dieses Buch!

Freitag, 30. Mai 2025

KW 22, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Arbeit soll keine lästige Unterbrechung der Freizeit sein. So oder so ähnlich hat der Bundeskanzler es in letzter Zeit mehrfach geäußert. Das Land wirtschaftlich mit mehr Arbeit voran bringen. Was für eine Wirtschaftswunderjahrementalität ist das denn bitte!? Und was für ein verzerrter Blick auf die Realität schwingt da denn bitte mit?! Herr Merz soll das mal den Kolonnen an Amazon-Lieferanten sagen, die wegen eines völlig krank gewordenen Konsumdenkens tagelang unterwegs sind. Oder Pflege- und Reinigungskräften. Oder Handwerkern, die alle einen tollen, aber wahnsinnig anstrengenden Job machen. Oder den Leuten, die hier gerade in allen Ortschaften die Glasfaserleitungen verlegen, 12, 13, 14 Stunden am Tag über einen Subsubsubunternehmer. Vielleicht könnte man die Probleme ja mal dort beheben, wo sie wirklich sind. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es so viele faule Leute gibt, wirklich nicht! Und wenn es dem Staat an Geld fehlen sollte, dann könnte man ja mehr Steuerfahnder einstellen, die Reichen mehr zur Kasse bitten und die ganzen Bankenarschlöcher, die mit Cum Ex die Staatskasse geplündert haben, zur Rechenschaft ziehen. Aber es ist ja immer einfacher nach unten als nach oben zu treten. Insbesondere, wenn der Kanzler selbst von sehr weit oben kommt.

Betti Kruse
(Ms) Lässigkeit ist ein 10-Buchstaben-Wort. Und dieses Lied hier ist musikgewordene Lässigkeit! Es ist der Soundtrack für entspannte Tage mit guten Menschen bei sonnigem Wetter und die Zeit verfliegt und es ist völlig egal, dass sie das tut. Das spielt alles keine Rolle, denn das Wird Schon Gutgehn. Genau das singt uns Betti Kruse hier in einem großartigen Soundgewand! Hier sind Bläser, satte Bässe, fetzige Gitarren und ein Schlagzeug, das so verspielt ist wie der Text. Darin singt sie uns von einem Tag, an dem so einiges schief geht, aber das ist halt alles auch nur halb so wild! Denn es passieren stets genauso viel gute Dinge! Oft ist die Richtung des Lebens nicht ganz klar, daher gilt es all die wunderbaren, schönen, lustigen, kurzweiligen Momente zu genießen: „Denn eines wird sich nie ändern / Dass das Leben dich bald fickt.“ Recht hat sie! Endlich mal wieder Popmusik, die so unbeschwert und leichtfüßig und auch sehr unterhaltsam ist. Im November erscheint ihre erste Platte, die so wie die Single heißt und dann wird dazu halt drinnen getanzt!


Joe La Truite
(Ms) Achtung, vor diesem Track sollte man kurz - oder doch etwas länger durchatmen -, vielleicht einmal in Ruhe ein Tier beobachten, die Augen schließen, einen Tee getrunken haben. Denn wenn Joe La Truite läuft, dann werden alle Nerven des Körpers beansprucht und sämtliche Reize komplett überflutet. Aber in richtig geil! Die aktuelle Single des französischen Trios heißt Octogone 8000 und ist komplett wahnsinnig! Keine Ahnung, welches Genre das sein soll: Metal, Hardcore, Psychorock?! Egal, die drei Minuten geht es richtig rund und es lohnt sich, das Video dazu anzuschauen. Es offenbart, dass recht wilde, laute Musik durchaus einen unterhaltsamen Aspekt haben kann. Selten habe ich Menschen so aggressiv Schach spielen sehen! Am 13. Juni gibt es noch mehr aus diesem Klangkosmos. Dann erscheint ihre neue Platte mit dem einprägsamen Titel Ultimate Ninja Storm 2: Full Zguen. Noch irgendwelche Fragen?! Ne, ich auch nicht!


Dota
(Ms) Letztens meinte ein Kind aus der 3. Klasse zu mir, ob wir uns nicht ein Video von irgendeinem YouTuber anschauen können, der Bruder sei darin. Pädagogisch wertvoll meinte ich: Okay, am Ende der Stunde, wenn ihr gut mitgemacht habt. Zwischendurch wollte ich dann danach suchen, um das Ganze einmal abzuchecken. Besagtes Video war leider noch nicht online, aber dieser YouTuber hatte sage und schreibe 1,4 Millionen Abonnenten, alle Kinder kannten ihn und ich habe noch nie davon gehört. Aber: Warum auch?! Womit die wertvolle eigene Zeit verschwenden?
Die Tage hing ich erschöpft und kaputt zu Hause auf dem Sofa und das ist ja ganz schlimm, wie oft ich das Handy in der Hand hatte. Spätestens am Mittag kam ja nichts Neues mehr hinzu, der Blick war leer und ich irgendwann auch vollkommen genervt vom Bildschirm. Lieber Ein Gutes Buch zur Hand nehmen und darin versinken. Davon singt auch Dota auf ihrem neuen Song. Wobei, „neu“ relativ ist, sie spielte ihn schon öfter auf ihren tollen Konzerten. Tut der Qualität ja keinen Abbruch. Ein wunderbarer, verspielter Track, der mit einem Schmunzeln die bittere Wirklichkeit behandelt. Was ist nun echt und wirklich wichtig? Das um mich herum oder das auf dem Bildschirm? Es ist eine komische Welt (geworden).
Dotas neues Album Springbrunnen erscheint am 27. Juni und wird diesen Sommer sicher überall aus den Lautsprechern tönen!

07.06. Greifswald – Straze (Springbrunnen Tour)
17.06. Meissen – Albrechtsburg (DOTA singt Kaléko)
27.06. Dortmund – Junkyard Open Air (Springbrunnen Tour)
03.07. Regensburg – Thon-Dittmer-Palais (Springbrunnen Tour)
04.07. Reichertsheim – Fichters Biergarten in Ramsau (Springbrunnen Tour)
05.07. Halle (Saale) – Volkspark Open Air (Springbrunnen Tour)
10.07. Erfurt – Barfüßer Open Air @ Barfüßerruine (Duo)
17.09. Dresden – Alter Schlachthof (Springbrunnen Tour)
18.09. Leipzig - Felsenkeller (Springbrunnen Tour)
19.09. Berlin – Columbiahalle (Springbrunnen Tour)
20.09. Bremen – Modernes (Springbrunnen Tour)
21.09. Hamburg – Große Freiheit 36 (Springbrunnen Tour)
18.11. Erlangen - E-Werk (Springbrunnen Tour)
19.11. St. Wendel – Saalbau (Springbrunnen Tour)
20.11. Stuttgart - Im Wizemann (Springbrunnen Tour)
21.11. Karlsruhe - Tollhaus (Springbrunnen Tour)
22.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof (Springbrunnen Tour)
23.11. Darmstadt – Centralstation (Springbrunnen Tour)
11.12. Jena – Kassablanca (Springbrunnen Tour)
12.12. Augsburg - Kantine (Springbrunnen Tour)
13.12. Freiburg - Forum Merzhausen (Springbrunnen Tour)
14.12. Marburg - KFZ (Springbrunnen Tour)
16.12. Aachen – Musikbunker (Springbrunnen Tour)
17.12. Köln – Carlswerk Victoria (Springbrunnen Tour)
18.12. Oberhausen - Druckluft (Springbrunnen Tour)
19.12. Münster – Skaters Palace (Springbrunnen Tour)
15.01. München - Muffathalle (Springbrunnen Tour)
16.01. Wien - Arena (Springbrunnen Tour


HAAi
(Ms) Geduld haben, nicht direkt wegklicken, warten, was da kommt und gespannt sein. Es lohnt sich so oft, mehr als die 30 Spotify-Sekunden zu warten, um wirklich gute Musik zu entdecken. Insbesondere wenn ein Track mal 6 Minuten und 40 Sekunden geht. Umso mehr Zeit, uns Hörende mit auf eine Reise zu nehmen, einen Sound zu entwickeln. Es muss ja nicht alles immer direkt da sein. Es tut auch so gut, das Ohr langsam an die Tiefe der Musik heranzuführen. Dann ist die Überraschung umso größer! Heutiges Beispiel: HAAi und ihre neue Single Satellite, die die Ankündigung ihres neuen Album HUMANiSE ist, das am 10. Oktober erscheinen wird. Ein spannender elektronischer Track mit einzelnen Gesangsparts. Ruhige, sphärische Momente werden von satten Beats und tanzbaren Rhythmen abgelöst oder viel mehr gehen diese Teile geschickt ineinander über. Teneil Throssell, die Künstlerin hinter dem Projekt, gestaltet diesen Song nicht allein, sondern hat sich Jon Hopkins, Obi Franky, Ilā und den Trans Vioces-Chor dazu gehört, um diesen breiten Sound entstehen zu lassen. Die Arbeit hat sich gelohnt - das ist ganz großartig geworden!


My Baby
(Ms) Na Sommer, da hast du eine kleine Pause gemacht, oder? Hast ja auch in den letzten Wochen schon mal gezeigt, was alles so in dir stecken kann, hat mir gefallen. Insbesondere, dass es nun schon bis 22 Uhr abends einigermaßen hell ist - es ist jedes Jahr aufs Neue so toll! Dann sitze ich gern auf dem Balkon und genieße den Blick nach draußen. Mal ist Stille dabei perfekt oder halt kurzweilige Musik fürs entspannte Gemüt! Damit sind wir automatisch bei My Baby aus Amsterdam, die wissen wie das geht. Entspannt, tanzbar, verspielt, leicht psychedelisch! Ihr neues Album Echo erscheint am 11. Juli und sorgt für vielfältige Stimmungslagen - versprochen. Zur Single Smiley Virus gibt es einen ganz hervorragenden Live-Mitschnitt, der zeigt, wie gut diese Band ist. Kaum zu glauben, dass die das zu dritt erschaffen, aber staunt selbst:


Wet Leg
(Ms) Derzeit lese ich Billige Plätze von Rieke Van Kleef, die sehr umfassend und sehr gut aufgearbeitet die Misere um Geschlechtergerechtigkeit im Musikgeschäft beschreibt. Aus meiner Sicht tut sich da in den letzten Jahren sehr viel. Aus Blogger-Sicht kann ich sagen, dass ich auf wesentlich mehr Bands mit FLINTA-Personen aufmerksam gemacht werde. Sichtbarkeit ist die eine wichtige Sache. Qualität die andere. Klar, es gibt auch Bands mit FLINTA, genauso wie mit vier Typen an den Instrumenten, die ich sofort wieder abdrehe, weil schlimm. Hohe Qualität bringen Wet Leg an den Start und das in ganz krassem Maße! Dieses Duo hat sich in echt schneller Zeit weit nach oben gespielt und darf sicher als tolles Beispiel dienen, dass FLINTA mit ziemlich viel Wumms Bühnen zum Beben bringen können. Dieser Tage ist ihre neue Single CPR erschienen und die E-Gitarre kracht in allerbester Manier. Ihre neue Platte Moisturizer, das am 11. Juli erscheint, hat sehr viel Potential das Indierockalbum des Jahres zu werden mit einem Sound, der so lange nicht zu hören war. Das ambivalente Liebeslied werden sie auf einigen Shows dieses Jahr hierzulande noch darbieten!

21.06.2025: Scheessel, Hurricane Festival
22.06.2025: Neuhausen ob Eck, Southside Festival
31.10.2025: Düsseldorf, New Fall Festival
07.11.2025: München, Theaterfabrik
09.11.2025: Berlin, Columbiahalle
10.11.2025: Hamburg, Docks


Ghostwoman
(Ms) Eine der stärksten Neuentdeckungen für mich aus den letzten zwei, drei Jahren ist in jedem Fall das Duo Ghostwoman. Eher durch Zufall sah ich sie vor zwei Jahren auf dem Watt En Schlick, wo mir ihr irrer Sound schon sehr imponiert hat und letztes Jahr dann im Bremer Lagerhaus. Es war sicher eines der lautesten Konzerte, die ich je erlebt habe und war heilfroh, Gehörschutz dabei gehabt zu haben. Es war ein dichter, irrer, energiegeladener Auftritt! Nun legen sie nach! Alive ist die erste Single vom kommenden Album Welcome To The Civilized World, das am 5. September erscheinen wird. In ungewohnt psychedelischer Manier kommt dieser Track daher, der im Video Evan Uschenko und Ille Van Dessel zeigt, wie sie unterwegs sind. Auf einer 12-saitigen Gitarre hat Evan Uschenko einen Sound aus den 60er wieder aufleben lassen wollen und meines Erachtens ist ihnen das hiermit sehr gut gelungen. Ein toller Track, der insbesondere zum Ende hin nochmal ordentlich Fahrt aufnimmt.

10.08.2025 - PALP Festival Rocklette, Bagnes
10.11.2025 - Gebäude 9, Köln
11.11.2025 - Molotow, Hamburg
12.11.2025 - Festsaal Kreuzberg, Berlin
13.11.2025 - Moritzbastei, Leipzig
15.11.2025 - Loft, Wien
17.11.2025 - Live/Evil - München
18.11.2025 - Manufaktur, Schorndorf
19.11.2025 - Bogen F, Zürich

Donnerstag, 29. Mai 2025

Ain‘t Ur Enn - Languish

Foto: Jessica Christ
(Ms) Vor einigen Wochen, zum neuen Album von Yann Tiersen, schrieb ich an dieser Stelle, wie schön es ist, sich einem sehr langen Album hinzugeben. 83 Minuten dauert sein neues Werk, fast die Länge eines Spielfilms. Ja, hat durchaus seinen Reiz. Wenn man denn die Zeit dazu hat.

Manchmal ist es auch richtig geil, wenn es über einen kurzen Zeitraum, aber dann auch richtig geballt und intensiv und abwechslungsreich ballert. Ein Glück, dass es Ennio De Caro aus der Schweiz gibt. Der 19-jährige Musiker nennt sein Alter Ego Ain‘t Ur Enn und veröffentlicht am 30. Mai seine erste Platte namens Languish. Die 9 Tracks haben eine Spieldauer von 18 Minuten und 30 Sekunden. Also eher die Länge einer Serienfolge. Ennio De Caros Musik basiert auf Synthies, E-Gitarren, zahlreichen Effekten, Stimmverzerrern und sehr dichten Arrangements.
Es ist ein Album, das sich wie ein unscharfer Rausch anfühlt, auf wackligen Beinen, aber mit enorm viel Kraft. Ein Album, das ab der ersten Sekunde einen wahnhaften Sog entstehen lässt, aus dem man ebenso unvermittelt am Ende wieder rausgeschmissen wird.

Key Puncher heißt das erste Stück und hat so viel Kraft, wie 69 Sekunden denn auch gerade hergeben können! Hier sind alle Regler weit aufgedreht, hier gibt es keine Kompromisse, hier heißt es nur: Haltet euch fest für das, was jetzt noch kommt. Okay! Hug Me And It‘s Gonna Be Okay schraubt das Gewitter unmittelbar zurück, Akustikgitarre, unverzerrte Stimme. Stark wie daraus ein herrlich psychedelischer Track wird! 74 Sekunden dauert danach I Still Blame Myself Fot Things I Couldn‘t Coltrol und ich finde den Titel dieses Krachers unglaublich genial. Einige Ideen und Aussagen müssen ja auch nicht in den 3-Minuten-Track eingepfercht werden, wenn es auch schneller geht. Warum das ganze ausschmücken, wenn schon weit vorher alles gesagt ist?! Eben! Eine richtig coole Nummer ist Japanese Rockbands in der es halt drum geht, wie cool es denn wäre, in eben so einer zu spielen. Mit 2 Minuten und 37 Sekunden der längste Track des Albums! Whore ist ein richtig starker 00er-Jahre Skate-Punk-Track mit leichten Emo-Allüren. Manchmal muss auch die ganze Wut, die sich angestaut hat, raus. Das passiert in diesem Track und zwar auf sehr eindrückliche Weise! Und dass ein Song Namens Cat nicht ohne Katzengeräusche auskommt, ist auch klar. 

So ist Languish ist qua natura ein sehr dichtes Erlebnis. Vielleicht ist es die Platte, die am besten in unsere Zeit passt. Viele Emotionen in kurzen Abständen und das von einem jungen Musiker, der auf diesem Album viel Freiheit genießt, weil es keine Zwänge gibt. Geschrieben und eingespielt hat er alles allein und sein Label Tomatenplatten gibt da auch keine Vorgaben. So soll Kunst doch funktionieren, oder? Eben! 

Man darf sehr gespannt sein, wie lang seine Auftritte sein werden:
05.06. - Kriens, Miles
07.06. - Berlin, Schokoladenladen
21.06. - Herford, SZ Flafla
03.07. - Brugg, tba
05.07. - Luzern, tba


Freitag, 23. Mai 2025

KW 21, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Wie, schon Mitte/Ende Mai?! Wie um alles in der Welt ist das denn passiert?! Keine Ahnung, aber die letzten drei, vier Wochen sind wie im Nu an mir vorbei gerauscht. Unter der Woche zieht die Arbeit die ganze Energie, am Wochenende auch manchmal und die Sehnsucht nach Pausen pochert immer wieder deutlich an Herz und Hirn. Dann und wann schaffe ich es aufs Rad. Aber einer der schönsten Momente war Mittwochabend. Ich habe das große Glück, dass ich kaum Nachbarn habe und die Sicht vom Balkon auf die Felder wunderschön ist. Da tummeln sich insbesondere Abends gerne mal ein paar tierische Besucher. Es raschelte und ein paar ungewohnte Geräusche waren zu hören und dann sah ich ihn: Ein Igel tapste durch den Garten auf der Suche nach Nahrung. Wenig später gesellte sich noch ein Reh dazu. Ob die beiden sich kannten?! Es war so ein friedlicher, wunderschöner Moment, ich habe ihn direkt für mich konserviert!  

No Body
(Ms) Beim Macher hinter der Frisch und Haltbar-Playlist habe ich die wohl beste Beschreibung des Albums Loves You von No Body gelesen: Das beste Blackmail-Album seit Jahren! Und das sogar ohne die Ebelhäuser-Brüder aber halt mit Aydo Abays Stimme. Und die wiegt schwer, weil so einprägsam und genial zu dieser Art von Musik passend! Im März kam dieses großartige Album raus, das sich Sascha Wiercinski ausgedacht hat. Jemand, der leidenschaftlich, aber eher für sich Musik macht und Aydo Abay und Thomas Götz von den Beatsteaks für sich gewinnen konnte, um diese Platte rund zu machen. Wie gelungen das ist, ist kaum in Worte zu packen. Diese Dichte, diese Dynamik, diese wunderbare dunkle Seite in der Musik - sie ist wunderschön! Zu Computer Yearbook 72 erschien nun noch ein Video, das das vorzeitige Ende dieses großartigen Projektes markieren soll. Hoffentlich nur vorerst…


The Sophs
(Ms) Zig Mal habe ich an dieser Stelle in Erinnerungen geschwelgt. In einer Zeit, in der Indie so eine wahnsinnige Wichtigkeit hatte. Zumindest für mich, aber sicher auch für die Menschen, mit denen ich am ersten Freitag des Monats auf Eavos Take Me Out-Party war. Eine großartige Zeit. Ein kollektiver Rausch im Club, extrem fein ausgesuchte Clubs und nie enden wollende Nächte. Immer, wenn ich nun Musik höre, die neu ist, aber genau in diese Zeit passt, fühle ich mich in diesen Rausch katapultiert. Heute sind The Sophs dafür verantwortlich, eine ganz frische, junge Band, die mit Sweat ihre erste Single bei niemand anderem als Rough Trade veröffentlichen! Quasi ein Ritterschlag ganz zu Beginn. Erst knarzen ein paar Sounds, dann kommt eine wunderbare Indie-Melancholie an den Start, die sicher niemals an Faszination verlieren wird. Könnte groß werden!


Fazerdaze
(Ms) In meinen Ohren gibt es ein Genre für rauschhafte Fahrten durch Großstädte. Dieses Genre ist aber nicht auf eine klassische Musikrichtung gemünzt, sondern kann ganz unterschiedliche Klangschichten mit sich bringen. Einige Tracks von The Streets zählen für mich genauso dazu wie die neuste Single von Fazerdaze. Passenderweise heißt der Song auch Motorway. Darin sind so viele, groß produzierte Synthies-Sounds, dass die Lichter nur so an mir vorbei rauschen und ich mittendrin bin. Und nicht in irgendeiner beliebigen Großstadt, sondern Metropole. Einmal durchs Ruhrgebiet oder London, diese Größenordnung. Wahnsinn, was Amelia Murray, die Schöpferin hinter diesem Projekt, in Musik packen kann - ein phantastischer Track!


Grandbrothers
(Ms) Ende Oktober 2021 war ich auf einem Konzert, bei dem ich aus dem Staunen und Beobachten voller Neugier nicht mehr rausgekommen bin. Die Grandbrothers spielten in Rotterdam in einem Kino und es war enorm! Zum Glück haben sie nach gut einer Stunde ein wenig erklärt, wie das, was sie auf der Bühne machen, funktioniert. Sie spielen mit einem präparierten Klavier, aber nicht wie bei Hauschka - was auch ganz großartig ist - sondern noch zwei, drei Ebenen weiter gedacht. Im, am, unterm, auf dem Klavier sind derart viele elektronische Spielereien gebaut, dass der gesamte Sound live erzeugt wird. Kaum zu glauben, aber wahr! Zwischen Neoklassik und Techno bewegt sich dieses Duo und sie bringen im Herbst ihr neues Album raus. Mit We Collide ist schon die erste, phantastische Single draußen, die mich mit dem ersten Takt ummantelt und aus dem Alltag trägt. Sanft, behutsam, aber auch bestimmt. Ein Song, der einen Sog erzeugt und davon eine Pause schafft. Das, was die beiden erzeugen, ist richtig große Kunst und ein Besuch bei der anstehenden Tour sei wirklich allen Menschen ans Herz gelegt! Elsewhere erscheint am 26. September!

31.10. - Osnabrück, Botschaft
01.11. - Köln, Stadthalle
02.11. - Bremen, Schlachthof
05.11. - Hamburg, Gruenspan
06.11. - Berlin, Huxleys
07.11. - Leipzig, UT Connewitz
10.11. - Wien, Konzerthaus
19.11. - München, Muffathalle
20.11. - Zürich, Rote Fabrik
01.03. - Münster, Theater


Christl
(Ms) Die Liebe als musikalisches Thema ist ja deshalb so wahnsinnig gut, weil sie nie auserzählt sein wird. Alle Menschen, die im weitesten Sinne ein Liebeslied schreiben, erweitern das Mosaik. Insbesondere der schier unendliche Facettenreichtum macht das Thema so charmant. Denn fast jede Verliebtheit hat auch eine düstere Seite. Eine voller Enttäuschungen, vergebenen Hoffnungen, unausgesprochenen Bedürfnissen, voller Schmerz und Niedergeschlagenheit. Alles das bringt Christl auf ihrem neuen Track Kopf Verdreht zusammen. Ein Track, der ganz großartig arrangiert ist, sich leise steigert. Die Stimme im Vordergrund mit dem tollen Text und zum genau richtigen Zeitpunkt setzt die Band ein und schafft eine tolle, sehr runde Atmosphäre! Wer Christl, so wie ich, vorher noch nicht kannte, denen sei gesagt: hier singt nicht nur eine Musikerin, sondern eine 360°-Künstlerin, die gerade ihr erstes Buch schreibt, Audiovisuelles erschafft, demnächst mit einem Podcast an den Start geht - halt allem, was ihr in den Sinn kommt. Ganz großartig!

Samstag, 17. Mai 2025

KW 20.2, 2025: Die luserlounge selektiert

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Quelle: de.wikipedia.org 
(Ms) Wer hat Angst vor Menschen aus anderen Ländern? Die, die nichts mit denen zu tun haben. Das zeigen nicht nur Studien, sondern auch meine Nachbarschaft. Hier im kleinen niedersächsischen Ort ist das echt krass! Allein stehende Häuser, Gärten, Stihl-Werkzeuge, Engelberg Strauß-Klamotten. Ich nehme mich da mittlerweile nicht mehr aus. Aber gestern meinten doch Nachbarn wirklich: „Ja, stell dir mal vor, da wären Ausländer mit 5 Kindern eingezogen?!“ Ja, wie furchtbar. Oder wie nett. Dann kann man die nämlich kennenlernen, deren Geschichte hören, etwas voneinander lernen, füreinander da sein und gute Menschen um sich herum haben. Das ist ganz leicht. Man sollte halt nur anfangen und zuhören.

Pilod
(Ms) Letztens war ich in Groningen, eine tolle Stadt. Da kam mir der Gedanke, warum ich kaum Musik aus den Niederlanden kenne. Oder aus Belgien und Luxemburg. Da muss ich extrem nachdenken, bis ich was finde. Groningen ist von mir aus näher als Hamburg! Keine Ahnung, woran das liegt. Wäre doch viel geiler, wenn diese politischen Grenzen keine musikalischen sind. So schrieb mich dieser Tage die Band Pilod aus Leuven, Belgien, an. In ihre neue Single Anticipate The Fall habe ich richtig gerne reingehört, weil mir die Intensität sehr gefällt. Es ist ein schwerer Rocksong, der mit Shoegaz-Elementen spielt, um so noch mehr Dichte zu erzeugen. Das Melancholische und Schwere dieses Tracks ist etwas, das uns als Menschen immer wieder anspricht und es ist toll, dass es einen musikalischen Kanal dafür gibt, um all diese Emotionen nach außen ausleben zu können. Die Band bringt noch in diesem Jahr ihr neues Album raus. Für weniger Grenzen!


puls.
(Ms) Aufmerksamkeit ergattern. Als Schreiber ist mir das natürlich genauso wichtig wie für Bands. Nur: Wie geht das eigentlich?! Ganz ehrlich: Keine Ahnung! Aber ein guter Bandname oder ein guter Titel für einen Song landen manchmal schnell im Auge! Zum Beispiel bei der Kölner Band puls. . Klein und mit Punkt! Ähnlich wie bei Portugal. The Man. Realität heißt die neuste Single dieser Band und eröffnet mit Worten, die wir alle kennen: „Hallo Realität / Es ist nicht schön, dich gerade zu sehen“. Ist halt wirklich so. Wie oft habe ich keine Lust auf diese ganzen Erwachsenensachen, Versicherungen, Finanzierungen, Absicherungen, für alle da zu sein. Davon singt die Band mit wuchtigem Sound auf diesem Stück. Markant ist der Bass, der herrlich satt eingestellt ist. Ein Lied über den zwingend notwendigen Eskapismus, der aber nicht immer erreichbar ist. Dazu sehr derbe Instrumentierung, die mich doll anspricht!


Captain Gips
(Ms) Der prägendste Moment vom Thees Uhlmann-Konzert im Eisen am Dienstag war, dass er eine klare Ansage an alle Typen vor Ort hat: Kümmert euch um euch. Geht zum Arzt. Sucht euch einen Therapeuten. Sprecht mit Leuten über eure Ängste, Unsicherheiten, Sorgen. Wichtiges Thema, richtig wichtig! Und ich glaube, dass unsere Gesellschaft da gerade erst am Anfang eines langen, langen Prozesses ist. Darüber spricht, nein rappt auch Captain Gips auf seiner neuen Single King, die auf der Meuterei Til I Die-EP vor kurzem erschienen ist. Captain Gips ist seit jeher starke Stimme, wenn es darum geht, auch mental wichtige Themen anzusprechen. Dass das dann noch im Rap-Format passiert, ist ja wahnsinnig schlau! Man könnte es Strategie nennen oder es ist halt seine Geschichte, die er in seinem Stil präsentiert. Immer zwischen Ernst und Humor. Was für ein wichtiger Song, der dann noch mit so einem geilen Beat von Jellybeatz daher kommt! 


QUINQUIS
(Ms) Warum Musik ein Teil der Kultur ist, muss man sich manchmal vergegenwärtigen. Ich bin davon überzeugt, dass sie uns Geschichten erzählen kann, die wichtig und lehrreich sind und das auch wahnsinnig unterschwellige Art! Wann würden wir denn schon auf die bretonische Sprache stoßen, wenn wir nicht zufällig in der Bretange wären?! Eben! Ein großer Dank an dieser Stelle an QUINQUIS, die in ihrer aktuellen Single Dec‘h auf Bretonisch singt! Wie geil ist das denn bitte?! Die Künstlerin Emilie Quinquis lebt seit einiger Zeit auf der Insel Ushant und um unabhängiger zu sein, hat sie sich das Segeln beigebracht. So ist ihr aktuelles Album eor, das letzte Woche erschien, eine Platte über die Wogen des Meeres, eine Musik gewordene Reise über Gefahren, Unwägbarkeiten aber auch über Freiheit und Selbstbestimmung. Wie dicht und wertvoll und lehrreich Musik nur sein kann, was für ein Schatz!

Freitag, 16. Mai 2025

KW 20, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: Wikipedia.org
(Ms) Bremen, du mächtige Stadt! Was hast du nur alles zu bieten?! Seit gut sechs Jahren wohne ich in Norddeutschland und jedes Mal wenn ich in Bremen bin, verliebe ich mich immer ein Stück mehr in diese Stadt. Weil sie wirklich schön ist und wirklich gute Orte mit hervorragenden Menschen zu bieten hat! Im Viertel ist es das Eisen. Da sind sich alle sicher. Die folgende Formulierung klingt immer so ein bisschen doof: Aber das Eisen ist eine Institution dieser Stadt. Das zeigte der Dienstagabend. Denn Inhaber Nando feierte Geburtstag und das Eisen auch. Und alle kamen. Ehrlich! Einige Male war ich schon in dieser Kneipe und es waren immer tolle Momente, denn sie haben ein immenses Eigenleben. Man lernt schnell gute Menschen kennen, kommt in unkomplizierte Gespräche, trinkt leckere Getränke. Der Schmelztiegel von St Pauli und Werder! Nandos Netzwerk ist groß und es wurde über viele Jahre sorgfältig gepflegt. So kam niemand anders als Thees Uhlmann vorbei und spielte ein schönes, kleines Konzert im Eisen! Ist echt wahr und wir waren mittendrin, hatten Losglück. Vor den offenen Fenster weitere, glückliche, mitsingende Menschen. Und Andreas Bovenschulte, Bremens erster Bürgermeister, kam auch vorbei, stieß mit an, schaute das Konzert. Uhlmann, Bürgermeister, Bremen. Danke Nando, dass du diesen Ort betreibst. Danke Tanja! Ich schreibe das und bin kein Stammgast, kenne die Menschen nicht persönlich. Aber als reinkommender Mensch wird man derart herzlich, warm und überaus freundlich begrüßt, als ob man sich schon lange kennen würde. 50 Leute waren drinnen, viele draußen. Und für einen wie Thees Uhlmann ist so ein Ambiente eine perfekte Einladung, die Leute mit Geschichten, Anekdoten, SPD-Klingonen-Ansagen zu begeistern. Und mit Liedern. Lieder aus großen Tomte- bis aktuellen Uhlmann-Tagen. Alles für die Seele. Alles für Nando. Alles für überstandene Krisen. Alles für das Eisen. Ganz viel Liebe an dieser Stelle!

Das Paradies
(Ms) Vor einigen Jahren beim Reeperbahn Festival war ich nicht nur überfordert, sondern auch sehr glücklich. Sehr glücklich darüber, irgendwann in der Großen Freiheit 36 gelandet zu sein und einen guten Blick nach vorn zu haben. Denn auf der Bühne stand Das Paradies und hat ein wunderschönes Konzert gegeben! Es blieb hängen bei all dem, was an so einem Event nicht hängen bleibt. Insbesondere der Sound war total gut. Die Paradies-Texte haben es mir vorher schon angetan. Und tun es nun wieder. An Einem Kirschbaum Im Sommer heißt die neue Single, die heute raus gekommen ist. Eine Hymne auf den Moment, den es zu genießen gilt in einer Welt, die fix ist und wir fertig. Dies ist - nach guter, alter Musikveröffentlichungslogik - die Ankündigung zum Album Überall, Wo Menschen Sind, das am 26. September erscheint! Wie wunderbar!



pogendroblem
(Ms) Zur Arbeit müsste echt nicht gehen. Also so prinzipiell. Arbeit als Tätigkeit, um den ganzen Rest zu finanzieren. Wäre auch cool, wenn das ohne ginge - geht aber nicht. Einen niemals endenden Feierabend, davon träume ich sicher nicht allein. Mindestens auch die Band pogendroblem, die im Herbst eine neue Platte rausbringt. Das Quartett beherrscht die Kunst Texte so spaßig zu gestalten bis zu dem Punkt, wo der Spaß, rutscht er die Kehle runter, doch bitter schmeckt. Great Resignation heißt die Scheibe, die am 10. Oktober rauskommt und so heißt auch die neue Single, die ab heute zu hören ist! Ein Liebeslied auf den Moment, wenn man nach Hause kommt und den guten Menschen trifft, küsst und den Job endlich hinter sich lässt, ach - könnte dieser Moment nicht nur endlos sein. Mit der Realität humorvoll umgehen und sie dennoch ernst nehmen, das kann die Band! Dazu knallen Gitarre, Bass, Schlagzeug und Stimme in wuchtigen Takten. Das wird richtig gut!



Malta Mina
(Ms) Am langen 1. Mai-Wochenende war ich mit Freunden unterwegs. Wir kennen uns zum großen Teil seit der 5. Klasse. Das ist richtig schön. Wenn man dann so unterwegs ist, kommen natürlich viele alte Geschichten auf den Tisch. So weit, so normal. Aber auch recht nostalgisch. Ein bisschen in schönen Erinnerungen schwelgen, obwohl wir uns alle aktuell in ganz anderen Leben befinden. Und ganz ehrlich gesagt: So geil war es damals dann doch unterm Strich nicht. Genau dazu hat Sebastian Witte, musikalisch besser bekannt als Malta Mina, einen herrlich verträumten 80er-Jahre-Synthie-Popsong geschrieben. Zwischen Dark Wave, Kraut und Glitzerpop. Supernostalgia heißt das Stück, in dem der Bass so wunderbar wummert und die Synthies einen abheben lassen - herrlich!


Herman Dune
(Ms) Manchmal tue ich mich richtig schwer, gesungene englischsprachige Texte zu verstehen. Letztens sah ich bei einem Karaoke von Feel Good der Gorillaz zum ersten Mal den Refrain und hatte ein wahnsinniges Aha-Erlebnis: „Windmill, windmill for the land…“ das habe ich so zum ersten Mal gehört. Verrückt. Da freue ich mich immer doppelt doll, wenn mir ein englischsprachiger Text sofort ins Ohr geht und das geschah dieser Tage bei Odysseús von Herman Dune! Was für ein toller Track! Selten hat mich ein Lied übers Vermissen stärker angesprochen, weil die Bilder in den Versen so stark sind. Was ist ein Sonnenuntergang ohne dich?! Eben! Hinzu kommt, dass der Track wahnsinnig gut arrangiert ist. Das ist Folk, klar, aber die Melodien und Harmonien, die immer stärker im Laufe des Liedes durchscheinen, sind wunderwunderschön! Außerdem lohnt es sehr, das Video zu schauen. Das nicht mal unbedingt, um den Sänger in der Wüste tanzen zu sehen, sondern wegen des Intros, man sollte aufmerksam mitlesen - kein Spoiler. So wird Kunst gemacht! Am 13. Juni folgt das zur Single gleichnamige Album und könnte tolltolltoll werden!

Donnerstag, 15. Mai 2025

Wieder da: ClickClickDecker mit Single, Album und Tour!

Foto: Lucja Romanowska
(Ms) Es ist der 5. Januar 2007. Gut zwanzig Jahre her! Aus meiner kleinstädtischen Heimat setze ich mich in den Zug und fahre das erste Mal ins schöne Münster. Ich bin 16 Jahre alt und auf dem Weg zum ehrwürdigen Gleis22. Dass ich später in diese Stadt ziehen werde und noch einige Male dort aufschlage, wusste ich damals natürlich noch nicht. Da wusste ich nur, dass ich eines meiner ersten Indie-Konzerte sehen werde und die Vorfreude enorm ist. Es war die Zeit der Visions Partys, als das Magazin regelmäßig Konzerte mit tollen Bands und danach berauschende Partys veranstaltet hat. An diesem Abend ins Gleis22 kamen ClickClickDecker und Monta. Beide sollten noch einige Jahre meine Top10 bei last.fm dominieren. Beide höre ich immer noch gerne, haben mich also gut zwanzig Jahre begleitet. Beide haben zwischendrin längere Pausen gemacht und beide sind zurück gekommen.
In diesem Jahr kommen Kevin Hamann, Oliver Stangl und Sebastian Cleemann als ClickClickDecker zurück. Für mich eine ordentliche Zeitreise mit vielen intensiven Gefühlen. Denn Kevin Hamanns Texte haben mich immer schon auf eine ganz direkte Art angesprochen, mir sofort die Worte ins Ohr gelegt, die ich mir selbst gar nicht ausdenken konnte und so genau für eine Situation passten. Was für ein berauschender Moment voller Dankbarkeit. Dazu seine immer wieder enorm emotionale Stimme. Hier sind Text und Texter eine Person und das macht den Reiz aus.
Am Ende heißt ihre neue Single, die heute erscheint. Tja, stimmt gar nicht so sehr, oder? Wenn direkt zu Beginn die markante, hoch gespielte Gitarre einsetzt, ist das aus-der-Seele-sprechen-Gefühl direkt wieder da. Faszinierend, welche Kraft die Musik hat, welche Hirnzellen sie wieder aktivieren kann. Und dann ein Text dazu, der Hamann‘scher kaum sein kann. Vollgepackte Zeilen, tausende Bilder, viele Gefühlte, ganz viel Glück nah am melancholischen Zusammenbruch. Gut, dass sie wieder da sind! 
Damit nicht genug: Natürlich kommt eine Platte und Tour dazu. Sie heißt Wir Waren Immer Schon Da und erscheint am 26. September bei Audiolith und das insgesamt recht schräg begonnene Jahr wird noch richtig toll! Versprochen! 

16.10. Kiel, Hansa48
17.10. Hamburg, Knust
18.10. Köln, Artheater
19.10. Hannover, Faust
20.10. Mainz, SchonSchön
21.10. Nürnberg, Club Stereo
22.10. München, Milla
23.10. Leipzig, Naumanns
24.10. Dresden, Groovestation
25.10. Berlin, Lido

Freitag, 9. Mai 2025

Im Interview: Carsten Friedrichs, DLDGG

(Ms) Heute erscheint die neue Platte von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen. Egg Benedict heißt sie, und sie ist sehr gut geworden, wie die Rezension auf dieser Seite zeigt. Dennoch sind im Text ein paar Fragen offen geblieben. Abhilfe schafft die Band zum Glück selbst und wir hatten die Möglichkeit, mit Carsten Friedrichs zu sprechen, der gerne ein bisschen aus dem Nähkästchen plauderte. Man muss sagen: Auch am Hörer ein wahnsinnig sympathischer Typ! 

„Es Ist Immer Sommer Irgendwo“, „Ferien Für Immer“. Diese und weitere Lieder der Liga schwelgen in die Ferne. Wie groß ist die Sehnsucht, das Fernweh? Bist du satt von Hamburg oder ist es einfach woanders auch sehr schön?

Man sagt ja, das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite. Aber ich habe relativ spät das Mittelmeer gesehen aus Flugangst und weil ich kein Geld hatte. Und dann war ich mal da und fand das dort so toll und dachte: Da kann man mal ein paar Songs drüber machen. Und tatsächlich ist das Wetter hier ja auch echt scheiße. Das Regnerische in Hamburg geht an die Substanz. Worüber soll man Songs schreiben?! Über das, was einen beschäftigt.

Bleiben wir draußen. “Ein Dienstag in Dur (Es ist Frühling)” behandelt eine ganz andere Jahreszeit. Der Frühling - unterschätzt als musikalisches Thema?

Ja, eigentlich schon. Es gibt sehr viele Sommerhits, von Frühlingshits habe ich noch nie gehört und da dachten wir: Mit einem Sommerhit hat es noch nicht geklappt, vielleicht klappt es mit einem Frühlingshit. Der Song entstand so, dass ich den Titel im Kopf hatte und dann fing bei uns zu Hause die Wand an zu schimmeln und im Büro stand ganz viel Flaschenpfand und daraus entstand dann irgendwann der Text. Die Musik mache ich dann mit Gunther zusammen, arrangieren tun wir das mit der ganzen Band, die dann noch den tollen Liga-Sound dazu bringt.

Zum Titel der Platte. Ich las, dass “Egg Benedict” keine größere Bedeutung mit sich trägt, sondern einfach gut klingt, für sich steht. Ist die Pop- und Rockmusik an anderen Stellen viel zu kompliziert?

Ich habe mir mal aus Spaß so eine Band ausgedacht, die Egg Benedict heißen sollte und die sollten Musik wie Zoot Woman machen. Und die erste Single sollte Adamskostüm heißen. Als wir dann als Band zusammen saßen und einen Titel für das Album zu suchen, da fiel mir der Name meiner imaginären Band ein und das war beschlossene Sache.

Ob Popmusik zu kompliziert geworden ist, weiß ich nicht. Vom früheren Label L’Age D’Or gab es einen Satz: Popmusik darf nicht dumm sein. Den habe ich nie verstanden und das widerspricht sich meiner Ansicht auch gar nicht. Kunst ist ja auch zu einem Selbstzweck da und soll Aufmerksamkeit generieren. Und der Titel ist so beknackt, dass Leuten das im Gedächtnis bleibt.

Auf jeder Liga-Platte gibt es ein, dies mal sogar zwei Instrumentals. Woher kommt die Tradition, immer ein Instrumental dabei zu haben?

Man muss Ohren und Gehirn mal eine Pause gönnen. Den Ohren von meiner Stimme und dem Gehirn von den anspruchsvollen Texten. Deshalb achten wir darauf, dass immer ein paar Instrumentals dabei sind. Wir sind auch alle große Fans von Soundtracks. Wir schreiben imaginäre Soundtracks für imaginäre Filme. Außerdem finde ich es gut, wenn man nicht die ganze Zeit vollgelabert wird, sondern auch die tolle Band mal im Vordergrund steht.

Auch das Thema Film kommt immer wieder in Liga-Songs vor. Ihr singt auf dieser Platte von Hedy Lamarr. Ich habe den Namen vorher noch nie gehört und ihre durchaus bewegende und spannende Geschichte kurz nachgelesen. Ist sie eine Figur, die ihr alle kennt und woher kommt die Idee, ihre Geschichte zu erzählen?

Ja, wir kannten sie alle. Der Song entstand so, dass Gunther und ich mit unserem Freund Andreas Dorau nach Wien gefahren sind. Er hat ja ein Konzeptalbum über die Stadt geschrieben, das dieses Frühjahr erschienen ist. Wir saßen zusammen im Heurigen und suchten nach der nächsten Idee und ich glaube es war Andreas, der dann meinte: Lasst uns mal was zu Hedy Lamarr machen. Dann ist der Song so gut geworden, dass wir Andreas angebettelt haben, dass der auf unsere Platte kommt. Außerdem ist das ein sehr großzügiger und netter Typ, der dann meinte: Ja, macht Jungs!

“Ist Gunther da” - wie entstand der Text? Standet ihr nur zu viert im Proberaum oder bist du tatsächlich, wie in den Zeilen, durch Hamburg gefahren, um deine neusten Ideen mit ihm auszutauschen?

Ne, es gibt einen Song der Band Deparment 5 und der heißt “Is Vic There”. Den fand ich schon immer gut und das wollte ich schon immer mal in einem eigenen Stück verwursten. Und da war ich mal auf dem Weg zu Gunther, um Musik zu machen und dann ist mir der restliche Text eingefallen. Man muss einfach nur die Antennen aufstellen und dann kommen die Ideen und Songs fast von alleine.

Die Liga und Fußball gehen stets einher. HSV und St. Pauli in einer Band. Gönnt man sich gerade gegenseitig den nahenden Aufstieg und den wahrscheinlichen Klassenerhalt? Wie groß ist die Vorfreude auf die nächste Stadtmeisterschaft?

Ich kann da nur für mich sprechen (als HSVer), ich gönne St. Pauli das. Gunther gönne ich das auch, wie der das aber mit dem HSV sieht... da möchte ich jetzt meine Hand nicht für ins Feuer legen. Vielleicht würde er sich auch freuen, wenn der HSV den vierten Platz belegt.

Ihr seid dieses Jahr oft unterwegs, um das neue Album zu präsentieren. Nach Weihnachten seid ihr seit Jahren, und meines Wissens schon zu Superpunk-Zeiten, immer in Bremen, Hamburg und Berlin in den gleichen Läden unterwegs. Wie kam es zu dieser Tradition?

Das ist tatsächlich schon viele Monde her, da war noch zu Superpunkt-Zeiten. Da dachten wir: Zwischen Weihnachten und Neujahr ist so wenig los. Und es sind ja eh alle zu Hause, da sollten wir einfach mal spielen und dann kommen viele Leute und so war das dann auch. Inzwischen ist zu der Zeit mehr los, aber die Leute kommen immer noch gerne. Und das ist auch so ein Highlight des Jahres und da freue ich mich jetzt schon drauf.

Touren und Konzerte werden immer teurer aus vielerlei auch guten Gründen wie faire Löhne etc. Bleibt vom Touren was bei der Liga hängen oder seit ihr maximal kostendeckend unterwegs?

Ja, da bleibt schon immer was hängen aber reich wirst du dabei nicht. Ein normaler Mensch würde fragen: Warum macht ihr das?! Und ich würde ihm antworten: Weil es geil ist!

Dazu die nächste Frage: Im letzten Jahr fand das erste mal das “Treffen” im Hamburg statt - ein Gegenfestival zum Reeperbahn-Fesival. Ihr ward dabei: Was sind die Beweggründe und weißt du, ob es dieses Jahr einen Nachfolger gibt?

Es war kein Gegenfestival sondern viel mehr eine Ergänzung. Gerade Bands aus Hamburg haben gar nicht mehr beim Reeperbahn Festival stattgefunden. Und es machen ja auch lange nicht alle Läden mit beim Reeperbahn Festival. Außerdem ist es recht preiswert gewesen - ein 10er pro Konzert!

Seit vielen Jahren schreibst du unterhaltsame Lieder mit wunderbaren Geschichten. Sind sie ein bewusster Gegenpol gegen eine überhitzte Welt? Oder macht es einfach furchtbar viel Spaß Songs wie “Wenn du ein Problem hast” zu schreiben?

Ja, es macht Spaß und ich hoffe, dass sämtliche Songs von uns einen unterhaltenden Charakter haben. Zudem hat Popmusik ja immer was mit Eskapismus zu tun, der Alltag ist eine Tretmühle. Und was bringt einem da weiter?! Ein Abend mit guter, lauter Musik hilft aus der Mühsal des Alltags raus. Für mich ist Popmusik, dass man drei Minuten was Schönes hat.

Zudem möchten wir als Band Musik machen, die wir selber gerne hören, Wir möchten die Songs machen, dir wir selber gerne spielen wollen. Wir sind Dr. Jekyll und Dr. Jekyll in einer Band.

Welches ist denn dein Lieblingslied vom neuen Album?

Richtig gut finde ich „Ein Dienstag In Dur“. Den mag ich richtig gern und jedes Mal wenn ich den höre, bin ich richtig stolz ein Teil der Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen zu sein!

Vielen Dank für deine Zeit, für ein weiteres tolles Liga-Album und wir sehen uns in Bremen!


Mittwoch, 7. Mai 2025

Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen - Egg Benedict

Foto: Bernd Jonkmanns
(Ms) Herrje, neulich habe ich den Begriff Overthinking aufgeschnappt. Was soll das denn nun schon wieder?! Und wieso denn auf Englisch? Ich verstehe das manchmal alles nicht mehr. Und musste darüber nur kurz nachthinken, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Ziel sollte es doch viel mehr sein, zum Underthinking zu kommen, oder? Singletasking. Oder halt gar nichts mehr tun. Die leichte Brise des frühen Sommers genießen, im Garten, im Park, am See, irgendwo und einfach mal die Seele baumeln lassen. Und bloß nicht so viel nachdenken - oft kommt man entweder gar nicht so weit, oder der Strudel nach unten rauscht in beträchtlichem Maße. Weniger denken und auf jeden Fall weniger nachhaken. Die Dinge nehmen, wie sie sind. Ich glaube, damit kann man ganz gut fahren.
Und wenn das neue Album von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen dann Egg Benedict heißt, dass ist das halt so. Bloß keinen Gedankenkosmos aufmachen und nach der Bedeutung fragen. Nur weil die Amis nun keine Eier mehr haben!? Nur weil der nächste Papst nun von uns gegangen ist?! Ist da jemand aus der Band scharf auf das nächste Omlett? Oder Rührei? Oder klassisch mit Sollbruchstellenverursacher?! Nein, alles Quatsch! Egg Benedict ist einfach ein super Name für ein super Album und damit hat sich die Sache! Und für sonstige Probleme hat die Band auch noch einen guten Rat!

Die Liga also - sie hat wieder zugeschlagen. Nach den Gschichterln Aus Dem Park Café kommt jetzt also der nächste Kracher! Hat ja auch vier Jahre gedauert. Elf neue Tracks für die Ewigkeit bietet diese Platte und es ist eine ganz gewöhnliche Gentlemen-Platte geworden. Denn die fünf Herren aus Hamburg wissen einfach wie es geht - schmunzelige Unterhaltung mit zackigen Rhythmen und ohrwurmigen Melodien. Warum denn auch noch die musikalische Welt mindestens genauso kompliziert machen wie die, die da draußen lauert?! Und bei all den genialen Liedern, die die Liga seit vielen Jahren komponiert, dichtet und zum Besten gibt, muss ich eine ganz unironische Bemerkung fallen lassen: Auf jedem Album gibt es immer ein, zwei Lieder, in denen ich richtig was lerne. Diese Band erzählt Geschichten um wahre Begebenheiten, die richtig spannend sind! Musik hören und was dazu lernen - genial!

Den Namen Hedy Lamarr habe ich vorher zum Beispiel noch nie gehört. Doch auf Hedy Lamarrs Siebter Mann singen sie zusammen mit Andreas Dorau ihre Geschichte. Sie hat nicht nur eine Funkfernbedienung für Torpedos erfunden und zahlreiche Filme in Österreich und den Staaten gedreht, sondern auch satte sieben Ehen geführt! Was für ein Leben. Und die Liga hält es hoch - genial! Auch die ALU sagte mir nichts, ist auch kein metallischer Begriff. Denn die Liga singt seit jeher auch Lieder über die, die eine starke Stimme brauchen. Zum Beispiel die Amazon Labour Union! Dass die großen Steuern-lieber-nicht-Zahler ungern eine Gewerkschaft haben wollten, war mir klar, doch hier ist der passende Track dazu: Song Für Die ALU. „Lasst uns organisier’n / Wir haben nichts zu verlier’n!“ Super genial! 

Doch fangen wir mal vorne an. Ganz optimistisch startet Egg Benedict mit einem von zwei Jahreszeitensongs! Wenn das Jahr so dahin scheidet, kommt die Trauer auf, alles wird trist und dunkel. Doch wieso nicht mit einer einfachen Erkenntnis wieder gute Laune haben: Es Ist Immer Sommer Irgendwo. Warum denn nicht?! „Ein schwacher Trost, doch auch wunderbar.“ Logisch - genial! Man könnte ja sagen, dass sowas wie Jahreszeiten ja ein billiges Thema seien, aber weit gefehlt - die Liga zeigt wie es geht! Bloß nicht so viel nachdenken. Dazu reiht sich auch noch Ein Dienstag In Dur (Es Ist Frühling) ein, sogar mit Mundharmonika - genial! Zwei Gute-Laune-Jahreszeiten-Lieder auf einer Platte - das ist Servicemusik!
Achja - ein Instrumental darf auf einer Liga-Platte auch nicht fehlen: Sonniges Süd Schwabing und Chez Delmonico’s erfüllen diese Aufgaben - zum Mittanzen! Warum, wieso, weshalb - besser nicht so viel thinken! Doch das philosophische Highlight kommt mit Wenn Du Ein Problem Hast daher. Auch hier musikalisch klassische Liga-Manier, auch wieder mit Saxophon am Start! Nicht nur, dass das Leben ein Selbstzweck ist, wird hier gelernt sondern auch eine Problemlösung im PeterLicht‘schen Sinne: „Wenn du ein Problem hast / Scheiß drauf!“ Genial! Danke dafür und liebe Grüße nach Rotterdam!
Am meisten interessiert mich jedoch die Hintergrundgeschichte von Ist Gunther Da? Standen vier Gentlemen eines Tages im Proberaum und der Keyboarder fehlte? Ein Streifzug durch die Nacht zum Labelchef, um ihm die neue Songidee zu präsentieren? Egal, nicht so viel denken - mit Off-Beat gehts hier weit nach vorne!

Wenn man Egg Benedict so hört könnte auch der Gedanke kommen: Mensch, hört sich doch an wie die anderen Liga-Alben, oder?! Ja, das musikalische Rad erfinden Carsten Friedrichs, Tim Jürgens, Fabio Papias, Heiko Franz und Gunther Buskies nicht neu. Und ganz ehrlich: Das müssen sie doch auch gar nicht. Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen liefert seit Jahren derart konstant ab - das haben sie gar nicht nötig. Genial! Geht zu den Konzerten - es lohnt enorm. Versprochen!

08.05.25 Hamburg – Goldener Salon
09.05.25 Münster – Gleis 22
10.05.25 Köln – Gebäude 9
28.05.25 Hannover – Lux
29.05.25 Dortmund – Ska im Westpark
12.06.25 Göttingen – Nörgelbuff
13.06.25 Stuttgart – Goldmarks
14.06.25 Mainz – Schon Schön
11.09.25 Karlsruhe – Kohi
12.09.25 München – Live/Evil
13.09.25 Nürnberg – Club Stereo
17.10.25 Flensburg – Volksbad
18.10.25 Kiel – Hansastraße
27.12.25 Bremen – Lagerhaus
28.12.25 Hamburg – Knust
29.12.25 Berlin – Bi Nuu