Freitag, 8. August 2025

KW 32, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Genug vom Watt En Schlick an dieser Stelle, aber über die Art und Weise so eines Festivals musste ich doch noch einige Zeit nachdenken. Es gibt Lesungen über Politik, Gesellschaft, Inklusion. Es gibt Bands, die wirklich was zu sagen haben - an vorderster Front Ebow, deren Auftritt immer noch bei mir nachhallt. Aber was genau findet da eigentlich statt für drei Tage?! So ein Festival ist Eskapismus, klare Sache. Drei Tage abschalten, keine Sorgen haben, den Alltag ausklammern, träumen und besser nicht ins Portemonnaie gucken. Denn das wird zügig leer an so einem Wochenende. Merch für 60 oder 70 Euro. Ein 0,4-Bier für 5,50 Euro, ein Burger (ohne Pommes!) für 10 Euro. Eine Kugel Eis für 2,50 Euro. Wer ist dort auf so einem Festival?! Ein unglaublich solventes, weißes Publikum auf jeden Fall, das auch 5 Euro für einen kleinen Kaffee ausgibt. Die Schlange war lang. Ich habe auch einen gekauft. Das ist null inklusiv. Exklusiver geht es ja gar nicht. 150 Euro für das Ticket und dann ein bisschen Gesellschaftskritik auf der Bühne und alle sind sich einig, dass alles ganz schlimm ist, aber erstmal tanzen. Ja, ich bin auch dabei. Ja, ich tanze auch mit. Aber geiler wäre doch, wenn alle 6.000 Menschen danach zusammen demonstrieren gehen, oder?

Farewell Dear Ghost
(Ms) Frage: Hat diese Wiener Band ihren Namen aus einem Monta-Track entnommen?
Noch eine Frage: Wer hat heute schon ein Lächeln erzwungen, obwohl ihm/ihr gar nicht danach war? Ein ungeschriebenes, gesellschaftliches Gesetz sieht vor, dass es möglichst viel gute Laune geben soll, viele Lacher, seichte, kurzweilig Unterhaltung und die Frage „Wie Geht‘s?“ sollte maximal mit „Gut“ beantwortet werden. Denn wenn wir wirklich offen legen, wie es eigentlich ist, braucht man mehr Zeit. Zum Denken, Reden, Zuhören. Farewell Dear Ghost haben dazu einen richtig starken Indierock-Song geschrieben. Modern Smile heißt er und es geht genau darum: Etwas vorgeben statt sich zu öffnen, obwohl letzteres so gut tut. Vielleicht ist es hart und schmerzvoll, aber auch befreiend. Das Trio ermutigt uns dazu, das Lächeln vielleicht auch auf später zu verschieben und davor sich mal wirklich auszutauschen. Das Lächeln kommt dann wieder, wenn dieser Track läuft, denn er ist ganz großartig arrangiert und macht sehr viel Lust auf noch viel mehr - musikalisch und inhaltlich!


Honig
(Ms) Kann Musik eine Form des Zuhausefühlens darstellen? Ein ortsunabhängiges Gefühl des Wohls? Gewissermaßen auch des Verstandenwerdens, obwohl man erstmal ganz allein ist mit der Musik? Ich bin davon fest überzeugt und zumindest für mich gibt es ein paar KünstlerInnen, die dieses Gefühl unumwunden erzeugen oder auslösen. Honig gehört ganz weit vorne mit dazu. Ich weiß gar nicht genau, was es ist, was Stefan Honigs Musik ausmacht, dass sie in mir diese wohligen Wogen auslöst, aber es ist schön. Vielleicht ist es die Energie des Golden Circle, die mächtig ist. Wie dem auch sei: Zusammen mit Meursault hat er kürzlich eine EP veröffentlicht. Jede Band mit 3 neuen Stücken. Zu Horrible Birthday gibt es ein tolles Video zu sehen, mit leichten Travis-Vibes zum Schluss. Ein sanftes Lied mit vielen guten Fragen wie „How could you know how I feel?“ oder „Did you ever need this Love?“ Herz und Hirn werden bei Honig mal wieder angeknipst und dafür mag ich seine Kunst so sehr!

19.09. Jever - LOK 
20.09. Berlin - Emmauskirche Kreuzberg 
21.09. Erfurt - Universaldrogerie 
22.09. Münster - Pension Schmidt 
23.09. Düsseldorf - ZAKK 
24.09. Wuppertal - Loch 
25.09. Mönchengladbach - Kultur im Zelt 
26.09. Karlsruhe - NuN 
27.09. Köln - Schmitzundkunzt 
28.09. Langenberg - KGB


Our Shame 
(Ms) Den Horizont erweitern, auch auf der musikalischen Landkarte. Kennt jemand eine Band aus Taiwan?! Eben, genau. Hier kommt sie und sie bringt großartige Musik mit sich. Our Shame haben diese Woche ihre zweite Platte Namens Hidden Album veröffentlicht. Estelle H und Isan machen Musik, in die es sich hineinzulegen gilt. So sanft, behütet, weich. Und dennoch durchziehen die Tracks des Albums leichte Risse. Anflüge von Selbstzweifel, verbotene Liebe oder gar Auftragsmorde. Und schon hören sich die entspannten Electrosounds gar nicht mehr so gelassen an und die inhaltlichen Risse werden größer. Das ist natürlich sehr geschickt, Klang und Text so gegensätzlich zu gestalten. Schaf im Wolfspelz quasi. Klingen tut es grandios - bitte reinhören: 


Betti Kruse
(Ms) Axel Prahl ist ein guter Schauspieler, ich mag einiges, was er macht und der Tatort gehört da noch nicht mal zwingend mit hinzu. Doch seine Musik finde ich ganz furchtbar. Dieses seemännisch-maritime Gedudel nervt. Und jetzt dampft das Hirn ein wenig. Weil: Die neue Single von Betti Kruse klingt jetzt nicht nach Axel Prahl, aber Jeden Tag Fährt Ein Zug ist so eine süße kleine Geschichte von der Küste. Der Schauspieler könnte ähnliches singen, doch Betti Kruse nehme ich das viel mehr ab, verstehe, was sie meint. Eine kleine schwelgerische Episode, die den Glanz und den Zauber des Moments behandelt und aufzeigt, wie sehr es sich lohnt, mal die Leute anzuschauen oder sogar anzusprechen, die neben einem sitzen oder stehen oder warten. Wieso nicht?! Uns verbindet doch so viel, doch die meisten schauen ja eh aufs Handy. Betti Kruses Musik klingt ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Chanson? Schlager? Retro-Pop? Keine Ahnung, aber es ist schön, ganz ungefiltert und aufrecht. Das ist zu hören. Und das finde ich gut. Bei Axel Prahl höre ich keine Aufrichtigkeit sondern eher Vermarktung und eine irgendwie verballhornte maritime Romantik. Die Hamburger Musikerin bringt im November ihr Album raus und ich bin mir sehr sicher, dass das ganz großartig sein wird!


BSK
(Ms) Vor sechzehn Jahren im Sozialwissenschaften-Leistungskurs haben wir über Rollenmodelle gesprochen. Das war super interessant, weil irgendwie augenöffnend. Der etwas biedere, junge Lehrer meinte dann: Morgens Anzug, abends Lederjacke. Klingt ein bisschen plump, fasst das ganze aber recht gut zusammen. Kleider machen Leute, man erkennt einander, fühlt und sieht Gemeinsamkeiten, egal, welchen Kreisen man sich zugehörig fühlt. Ziemlich genial hat die Band BSK das in ihrem Video zu Linksradikal Gelesen bildlich umgesetzt. Den Track haben sie mit Ein Punk Band aufgenommen. Am 12. September erscheint ihre erste Platte Keine Bewegung und BSK beweisen, dass Punk immer noch wichtig ist, funktioniert, anecken kann und halt auch eine Menge Spaß macht. Wer erkennt also wen und woran und wiesoweshalbwarum?! Alle Fragen und alle Antworten liefert uns diese Band mit ihrer Platte!


Mola & Fatoni
(Ms) Never change a winnig Team: Mola und Fatoni zum Beispiel. Was schon mehrfach sehr gut funktioniert hat, funktioniert heute ein weiteres mal exzellent! Am 26. September erscheint Molas neues Album Liebe Brutal und heute die neuste Single Menschen. Und wenn Molas unverwechselbare Gänsehautstimme auf Fatonis Art zu Rappen stößt, kommt einfach ein großartiger Track dabei heraus. Eine kurzweilige Abhandlung darüber, was für einer merkwürdigen Gattung wir angehören. Genie, Wahnsinn, Irre, Gute - all das sind wir. Und ich glaube es ist sehr geschickt, dass wir uns das immer wieder bewusst machen. Es ist leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Aber wie anders sind diese Leute denn, wenn sie uns doch sehr ähnlich sind?! Eben. Laut aufdrehen, bitte!


Die Höchste Eisenbahn
(Ms) Thema Nummer 1: Es klingt so platt, aber: Jeder kennt das. Oder den oder die. Diese eine Person im näheren Umfeld, die permanent zu spät kommt, oder - wenn man sie abholen will - erstmal noch alles fertig machen muss. In meinem Freundeskreis war das früher F. Immer wenn wir ihn abholten, war klar, dass er noch Zähne putzen, Frisur richten und/oder endlos lang die Schuhe zumachen musste. Wir haben die Abholzeit für ihn oft extra 15 Minuten vorverlegt, obwohl wir kamen wie sonst auch. Hat nicht geholfen. Dieses Zuspätkommen oder Immeraufsichwarten lassen kann wahnsinnig doll nerven und dazu bringen, über das Thema Zeit im Allgemeinen nachzudenken. Das tut die wunderbare Gruppe Die Höchste Eisenbahn auf ihrer neusten Single Ich Komm Gleich Nach. Sagt alles, oder?
Thema Nummer 2: Kunst. Denn die Band ließ zu dieser neuen Single ein Musikvideo machen. Das lag in den Händen von Elena Nyffeler und es ist wunderschön geworden! Mit Menschen und Schnecken aus Knete und einem liebevoll gestalteten Umfeld, lässt dies nur staunen. Und ich finde es wunderbar, dass in dieser schnelllebigen Kunstwelt Menschen dafür die Muße haben. Ganz viel Liebe!
Die neue Eisenbahn-Platte Wenn Wir Uns Wiedersehen Schreien Wir Uns Wieder An erscheint am 12. September!



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