Freitag, 20. Mai 2022

KW 20, 2022: Die luserlounge selektiert

Quelle: dribbble.com
(ms/sb) Dass ich Fynn Kliemann doof finde, wusste ich schon ziemlich lange. Jetzt gibt es noch mehr Gründe dazu, danke Jan Böhmermann. Das, was da jetzt ans Tageslicht gekommen ist, ist das Bild eines skrupellosen, unmoralischen, raffgierigen Wannabes. Zugegebenermaßen hat er sich aber auch sehr gut verkauft. Sein Heimwerkerkram habe ich nie gesehen, bis auf eine Ausnahme. Denn irgendwann war mal Dittsche zu Gast und ließ mit F.K. ein Terrarium für einen würdigen Nachfolger vom verstorbenen Schildkröte bauen. Was ging der Schrauber mir da auf den Sack. Irre. Aber nun gut, man muss nicht alles mögen. Ja, er wurde da dadurch so beliebt und geschätzt, da er sich so viele Standbeine aufgebaut hat. Klar, kann man gut finden. Ich kann das sehr gut verstehen. Doch dann fing er auch noch an zu singen. Das waren zwei Alben, für die er zu dem Zeitpunkt eigentlich schon gechasst hätte werden müssen. Das war auch unmoralisch und skrupellos, so schlecht wie das war. Es bleibt zu hoffen, dass es nun ganz, ganz, ganz still um ihn wird. Hart, aber fair.

Jetzt gehts endlich um wirkliche Musik. Das ist unser Job. Es ist Freitag, wir haben selektiert.

Trixsi
(ms) Jörkk Mechenbier. Was ist das nur für ein abgefahrener Typ. Woher nimmt der das alles? Was geht in ihm vor? Woher die ganze lyrische Energie? Wie kriegt er das alles nur zusammen? Und das nun wirklich in einer heftigen Gleichzeitigkeit! Die neue Single von Love A hat mich schon dezent gesprengt. Letzte Woche gab es dann auch noch neue Töne von Schreng Schreng & La La und nun auch noch Trixsi. Das sind alle seine musikalischen Projekte. Und sicher wird er noch Ideen, Liederschnipsel und Melodien für fünf andere Bands auf Halde haben. Ich bin sehr beeindruckt. Da ich auch alle drei Formationen sehr gut finde. Nun dachte ich aber, bis ich Schlangenmann gehört habe, dass er bei jeder Band einen anderen Kanal bedient. Schreng eher fürs Gefühl, Love A für die Sturm und Drang und bei Trixsi ein kruder Mix aus Humor, Blödelei, Tiefgang, allen Ideen, die dann so übrig geblieben sind. Das neue Lied klingt ernst, hätte ich nicht erwartet. Danke für die Überraschung. Das eindrückliche Video unterstreicht diesen Eindruck. Das Lebens eines Menschen, der alles mit sich machen lässt und zu allem Ja und Amen sagt. Traurig. Doch dazu gibt es keinen Grund, denn die Allstar-Band bringt am 3. Juni ihr neues Album And You Will Know Us By The Greatful Dead raus. Hehe. Erstaunlicherweise dieses Mal bei Glitterhouse und nicht bei Rookie, aber das wird schon seine Gründe haben…


Kat Frankie
(ms) Sie ist schon ein Phänomen. Das möchte ich genauso hier festgehalten wissen. Nichts alles holt mich ab, doch vieles definitiv. Zudem stehe ich einfach unglaublich stark darauf, wenn zu spüren, sehen und vor allem zu hören ist, wenn wirkliches Talent und wirkliches Können am Start ist. Das trifft auf Kat Frankie so sehr zu. Sie hat einen starken, warmen, wunderschönen musikalischen Sinn und ist einfach toll in der Lage, all das so zum Ausdruck zu bringen. Sie kann laut und leise, melodisch und eingängig, wuchtig und zart. Und immer sehr, sehr gut. Nun hat sie ein neues Album draußen, für das ich leider noch gar keine Zeit hatte. Shiny Things ist letzte Woche raus gekommen und passend dazu gab es auch noch ein neues Video zu Spoiled Children. Das Lied packt mich gar nicht mal so sehr, aber das Video finde ich irgendwie schön. Es passiert nicht viel, und genau das ist der Clou. Als ob sie versucht, alle Stimmen im Kopf zu bändigen, es nicht schafft und diese jubeln, wenn die Herrin im Hause Ruhe gibt. Es wäre spannend zu sehen, was passieren würde, wenn sie wieder den Saal betritt. Das bleibt zum Glück uns Hörenden und Sehenden übrig, diese Geschichte weiter zu spinnen. Kat Frankie. Super! Immer schon!

 
Entropy
(sb) Im Juli 2020 hatten Entropy ihr Debütalbum veröffentlicht und ich vollmundig verkündet, mir das sicher noch öfter anzuhören. Pustekuchen. Aus den Ohren, aus dem Sinn. Warum eigentlich? Saudumm von mir! Allerdings hatte ich so die Möglichkeit, die Band aus Hamburg wieder völlig neu für mich zu entdecken und auf ihre Death Spell EP (VÖ: 29.07.) steil zu gehen. Leider umfasst diese nur drei Tracks, aber die gehen dafür ab wie Schmidts Katze. Da setzt Du Dich in Dein Auto, schaltest die Anlage ein und der Titeltrack pustet Dir erstmal ordentlich die Gehörgange durch. So muss das! Ich bin mit Mitte 40 ja ein bisschen Berufsjugendlicher, aber das passt perfekt dazu. Überragender Song ist m.E. übrigens Unrelenting und wer weiß: Vielleicht gibts da ja auch bald noch ein Video dazu! Diesmal gebe ich zwar kein Versprechen ab, aber, äh, ich geb mir Mühe, die Band auch in Zukunft nicht zu vergessen...
 


Sohn
(ms) Ja, es bietet sich mehr als an, diesen kleinen Abschnitt mit einem biblischen Wort einzuleiten. Aber das war mir dann doch zu doof. So lange war Sohn nicht mehr präsent. Bereits 2014 erschien sein erstes Album Tremors und derart elektronische Musik war zu diesem Zeitpunkt gar nicht auf meinem Schirm. Dennoch hat es mich auf zauberhafte Art und Weise überzeugt. Ja, ich mag den Drive, das leicht Poppige aber vor allem den Groove, der bei mir sofort in die Glieder übergegangen ist. Drei Jahre später erschien dann Rennen, es packte mich nicht mehr ganz so stark, aber Hard Liquer ist immer noch ein großartiger Track. Zu allem Überfluss nahm er vor zwei Jahren mit dem niederländischen Metropole Orkest einen immensen Konzertmitschnitt auf, der die Grenzen von analoger und digitaler Musik komplett aufgelöst hat. Ein eindrücklicher Beweis, was für ein sinnlicher und professioneller Musiker Christopher Taylor ist. Ja, hier geht es viel um die Vergangenheit. Denn als ich nun mitbekam, dass es endlich wieder neues Material gibt, war ich selbstredend sehr neugierig. Aber dann leider auch schnell enttäuscht. Denn sein neuer Track Figureskating, Neusiedlersee haut mich überhaupt nicht vom Hocker. Berührt mich gar nicht. Ist mir viel zu poppig-austauschbar, als ob das eine ganz andere Band wäre... Schade, schade. Aber es ist ja auch „nur“ der erste Eindruck des wahrscheinlich auf den Namen Trust hörenden Albums, das noch kommt. Denn immerhin gibt es unter dem gleichen Namen eine angekündigte Tour für den Herbst. Bis dahin hoffe ich ganz stark, dass in weiterem, neuen Hörmaterial wieder mehr Zug und Tiefe enthalten ist.


Enno Bunger
(Ms) Er hört einfach nicht damit auf. Er trifft immer wieder ins Schwarze. Ob es jetzt die ganze, eigene Gefühlswelt ist, die große Gabe, Empathie in Musik zu übertragen oder auch politischen Diskurs in Liedform zu bringen, Enno Bunger ist einer der großen Poeten hierzulande. Und ich dankbar, dass es ihn gibt. Dieses Mal trifft es mich noch ein kleines Stückchen mehr, wenn er Kein Mensch Startet Einen Krieg singt, ein Stück, das seit heute draußen ist. Es trifft mich auf vielen Ebenen. Denn nun oute ich mich hier mal als Grundschullehrer. Bei uns an der Schule gibt es derzeit ein paar Gruppen an aus der Ukraine geflüchteten Kindern, denen von engagierten Menschen aus der VHS Deutsch beigebracht wird. In den kommenden Tagen landen sie dann ganz normal in unseren Klassen. Wie damit umgehen mit der Klasse? Wie erzählt man Kindern davon? Das war eine wichtige Frage. Wir haben es gemacht und es gelingt sehr gut. Kinder verstehen gut. Nicht alles, nein, das müssen sie auch nicht. Auch wenn sie vieles noch nicht in den passenden Worten ausdrücken können, so haben sie doch ein immenses Gespür für andere und deren Schicksal. Das mag sich nun bizarr anhören, aber ich denke, dass ich verstanden werde: Vielleicht ist es ja sogar von irgendeiner Art von Vorteil, dass ich Kinder aus Syrien oder Afghanistan bei mir sitzen habe, die das verstehen, vielleicht ähnliches gesehen haben. Wer weiß… Ja, Enno Bunger singt mal wieder ein todtrauriges, aber irgendwie auch wunderschönes Lied über den Zustand der Zeit. Das muss man ihm hoch anrechnen. Denn vieles bleibt so unbegreiflich. Kurz nachdem Russland mit seiner völkerrechtswidrigen Invasion begann, saß ich mit einem meiner besten Freunde zusammen. Wir sind beide Anfang dreißig. Und ich sagte zu ihm: „Scheiße, wenn wir da jetzt wären, wir dürften nicht fliehen, sondern müssten kämpfen.“ Kein Mensch startet einen Krieg.


Sofia Portanet
(Ms) Ja, das ist einfach richtig gute Popmusik. Kann man nicht anders sagen. Und da darin so viel Pfiff und Drive zu hören und spüren ist, bin ich sofort immens empfänglich dafür. Sofia Portanet. Im Pressetext, dass sie eine der schillerndsten Gestalten der hiesigen Musikszene sei. ‚Schillernd‘ finde ich ziemlich unpassend. Eher talentiert, facettenreich und aufgeschlossen. Man muss nicht schillernd sein, wenn man mit Kreator und Chilly Gonzales gleichermaßen zusammen arbeitet. Aufgeschlossen ist Sofia Portanet. Zudem weiß sie genau, wie Musik haften bleiben kann. Mit Mi Amor hat sie es ein weiteres Mal geschafft. Schon nach den ersten Takten wusste ich, dass mir das Stück sehr gut gefallen wird. Ihre Art der Popmusik hat den Anschein, gleichermaßen einfach und ausgetüftelt zu sein. Genau das gefällt mir so sehr daran und steigert die Vorfreude auf ein neues Album, das sicher noch dieses Jahr erscheinen wird!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.