Freitag, 19. Februar 2021

KW 7, 2021: Die luserlounge selektiert!

Bild: cleanpng.com
(ms/sb) Heute kann es nur ein Thema geben, über das wir hier zu Beginn berichten können. Heute ist der 19. Februar. Vor einem Jahr hat ein kranker Rassist in Hanau neun Menschen getötet. Aus einem ekelerregenden, widerwärtigem Grund: blanker Rassismus. Aus weiter unerfindlichen Gründen durfte dieser Mann scharfe Waffen besitzen. Vor seiner Tat soll er sich eine Rede vom Faschisten Bernd Höcke angesehen haben. Anscheinend hat tatsächlich nur das Aussehen der Menschen eine Rolle gespielt, um sie zu töten. Wie niederträchtig kann man sein? Woher kommt ein derart gepolter Hass?
Er fuhr durch Hanau, machte an zwei verschiedenen Orten Halt und riss Menschen aus dem Leben. Menschen, die hier wohnen, leben, Familie und Freunde haben, ihren Alltag bestreiten. Wie alle anderen auch. Nur wohl nicht aus Sicht des Täters, weil sie eine andere Hautfarbe haben als hellhäutig. Das ist grauenhaft. Zudem ist das, was mit den Hinterbliebenen und Überlebenden passiert ist, ein Zeugnis, wie Behörden, Polizei, Staatsanwaltschaften, Sondereinheiten die Menschen sehen. Das möchte ich hier nicht wiederholen. Viel eindrücklicher, luftabschneidender ist es, wenn man den Menschen zuhört, die ihre Lieben, Freunde, Kinder in dieser Nacht verloren haben. Die ARD hat mit Hanau - Eine Nacht Und Ihre Folgen ein klares, hartes Bild gezeichnet. Die Fragen stellen sich: Wie wollen wir zusammen unsere Gesellschaft gestalten? Wie können wir Menschen schützen, die Rassismus ausgeliefert sind? Wie können wir es endlich mal auf die Kette kriegen rechtsnationale Parteien bundesweit vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen?

Nun sind wir in erster Linie musikalische Dienstleister. Hier das Hörenswerte dieser Tage! Ab dafür:

Mädness
(ms) Das Gute am Thema Beziehungen ist ja, dass es eine endlose Quelle der Kreativität sein kann. Das Verliebt-sein genauso wie der Trennungstrümmer. Anstatt es in sich hinein zu fressen, kann es kreative Auswüchse haben. Wirklich spannend und hörenswert wird es aber erst dann, wenn die Musik, die dabei heraus kommt, das Herz berührt. So pathetisch darf man das sicher ausdrücken. Entweder man findet sich darin wieder oder man kann es zumindest nachempfinden. Mädness hat darüber ein Album geschrieben: Mäd Love (VÖ: 16. April). Nein, nein, das ist keine Liebes- und auch keine Trennungsplatte. In erster Linie setzt er sich in den neuen Tracks mit sich selbst auseinander. Persönliche Reflexion in Musik - das gefällt mir extrem gut. So menschlich, so nah. Denn der Rapper ist von dem Menschen dahinter auf diesem Album kaum noch zu unterscheiden. Und das beweist er auch auf der Single Boot, die er mit der phantastischen Mine eingespielt hat. Gemeinsam alleine. Hart, so hart. Und wer kennt es nicht, wenn eine Beziehung ausläuft, dass die Zusammenzeit eher aufgesplittet ist in zwei Einzelzeiten. Hörenswert! Und sehenswert! Denn der Track bekommt durch das tolle Video eine weitere Bedeutungsebene hinzu. Doch seht selbst:



Dino Paris & Der Chor Der Finsternis
(ms) Wann bleibt man bei einem Musikvideo hängen? Klar, wenn es originell ist, unterhaltsam. Witzig auch. Oder spannend wie in einem Kurzfilm. Oder wenn sich der Text stark vom Bild abgrenzt oder sich widerspricht. Oder wenn man darauf wartet, dass überhaupt etwas passiert, so wie bei Dino Paris & Der Chor Der Finsternis und seinem neuen Lied Mein Garten. Ha, ja! Das gefällt mir sehr gut. Wie er einfach nur da so rum steht und bewässert. Punkt. Mehr passiert nicht. Eine Kameraeinstellung und das war's. Man könnte es als kleines Heimwerker-Tutorial bezeichnen, Training für den grünen Daumen, Anleitung zum Müßiggang, Unkrautjäte-Soundtrack, Bewässerungsbass, Ernteautotune. Und eigentlich stellt sich nur eine Frage: Meint er es ernst oder nicht?! Das Urteil bleibt in den Ohren der HörerIn. Unterdessen ist hier gätnerisch-musikalische Kurzweil zu genießen. Stark!

 

NOFX
(sb) Keine Frage, NOFX sind absolute Legenden in der Punkrock-Szene und nicht umsonst seit 1983 erfolgreich am Start. Sänger Fat Mike hat sich zudem mit seinem Label Fat Wreck Chords ordentlich Meriten verdient und zahreichen Bands (z.B. Lagwagon, Mad Caddies, Rise Against, Less Than Jake und Sick Of It All) zum Aufstieg verholfen. Wie nicht anders zu erwarten, kommt nun das "aber"... Vergangenheit und Fame schön und gut, aber Single Album (VÖ: 26.02.), die neue Scheibe der Kalifornier, zündet nicht so wirklich, sondern dudelt über weite Strecken vor sich hin. Die Vorab-Single Fuck Euphemism hingegen hebt sich wohltuend aus der Masse ab und besticht durch eine eingehende Melodie, ideenreiche Lyrics und ein cooles Video. Hilft aber alles nichts: Das Album kann diesen Standard leider nicht mal ansatzweise halten und ist alles in allem elend fad. Gefühlt sind die besten Zeiten da auch zwanzig Jahre her...


Kali Masi
(sb) Bereits seit 2012 sind Kali Masi aus Chicago aktiv, bei mir hatten sie sich bis zu dieser Woche noch nicht vorgestellt. Sei ihnen verziehen. Mit ihrer Single Guilt Like A Gun samt großartigem Video haben sie das nun nämlich beeindruckend nachgeholt. Feinster Indie-Rock, dem man die Wurzeln im Bereich Emo durchaus noch anhört, der dem Winsel-Modus jedoch entflohen ist und stellenweise an Weezer und die großartigen PUP erinnert. Ich hatte auch bereits die Möglichkeit, das komplette Album [laughs] zu hören und bin schwerstens begeistert - aber dazu in einem Monat mehr. Das gute Stück soll nämlich erst am 26.03. erscheinen und wird dann zeitnah in der luserlounge nochmal besprochen. Tour-Termine für Ende 2021 gibts auch schon; ob das allerdings klappen wird, steht noch in den Sternen...
 
19.11.2021 GER-Braunschweig, B58
22.11.2021 GER-Trier, Lucky's Luke 
23.11.2021 GER-Wiesbaden, Kreativfabrik 
24.11.2021 GER-Stuttgart, JuHa West 
25.11.2021 GER-München, Backstage Club
07.12.2021 GER-Köln, Blue Shell 
08.12.2021 GER-Münster, Gleis 22 
09.12.2021 GER-Kassel, Franz Ulrich 
10.12.2021 GER-Leipzig, Conne Island 
11.12.2021 GER-Hamburg, Hafenklang 
12.12.2021 GER-Berlin, Cassiopeia

 
 
Der Plan
(ms) Frank Fenstermacher: Mitte der 50er geboren, gründete in Wuppertal das Ata Tak-Label, veröffentlichte die erste Platte der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft, Saxophonist bei Fehlfarben. Moritz R. (Reichelt): Im gleichen Jahr wie Fenstermacher geboren und ebenso künstlerisches Allround-Genie, gestaltete sogar zwei Singles von Depeche Mode. Kurt Dahlke: Gab sich selbst den Namen Pyrolator - wie geil ist das denn bitte?! Spielte schon früh mit Robert Görl (später DAF) zusammen Jazzrock, machte viel Solo, ist aber auch Teil von Fehlfarbens Monarchie Und Alltag gewesen! Zusammen haben sie die Gruppe Der Plan gegründet: Frühe 80er und entwickelten wegweisende Ideen der Neuen Deutschen Welle. Sie veröffentlichten zahlreiche Platten bis zur Auflösung 1993. 21 Jahre später standen sie wieder gemeinsam auf der Bühne, veröffentlichten sogar wieder neue Musik - stark! Doch in den 80ern entwickelten sie Maschinen, die sie selbst darstellen sollten unter den Namen Fankus. Sie sollten ewig Musik produzieren. Klappte nicht ganz. Doch als letztes Jahr das unermessliche Werk der Band betrachtet wurde, fielen dem Trio sechs Stücke von damals in die Hände, die nun endlich veröffentlicht werden. Zusätzlich erscheinen auf Save Your Software (16. April) drei weitere Lieder, die auf den gleichen Tracks beruhen. Zurück in die Zukunft hört sich also so an - unglaublich frisch, sehr tanzbar, völlig visionär, bassig: forget Darft Punk!


Smith & Burrows
(ms) Für die erste, wegweisende und wichtige Phase des Britrock und -pop bin ich einfach zu spät geboren und konnte auch nie so viel mit Oasis oder Blur oderoder anfangen. Mein musikalisches Erwachen begann später. Nur wenig von der Insel hat mich über viele Jahre hinweg stabil überzeugt, ergriffen. Zum Einen Art Brut mit ihrer wundervollen Ironie und den Alltagsgeschichten. Und dann sind da die Editors, die ich nie aufhören werde zu verehren. Dynamik, Stimme, Texte, Wahnsinn. Tom Smith singt aber auch abseits der Band, am liebsten zusammen mit Andy Burrows; seines Zeichens Razorlight und We Are Scientists, also ähnliches Kaliber. Vor zehn Jahren veröffentlichten sie zusammen unter dem einfachen Namen Smith & Burrows ein Weihnachtsalbum. Puh, sollte aber wohl gut gewesen sein. Nun folgt eine richtige Platte Namens Only Smith And Burrows Is Good Enough, die heute (!) erschienen ist. Bescheidenheit sieht anders aus. Können sie sich aber auch erlauben! Allein die Single Parliament Hill ist wundervoll, vereint beide Stimmen auf das Allerbeste, erzeugt eine wundervolle Stimmung, überzeugt mit einem nahe gehenden Text und einem unglaublich schönen Video! Also, worauf noch warten?!


Etaoin
(sb) "Ich mag dich, aber ich mag sie mehr als dich." Uncoole Ansage von jemandem, den man gerne an seiner Seite hätte. Schmerzhaft, verletzend - und das nachhaltig. Da hilft es auch nicht, sich einzureden, dass alles gut ist oder wird. Oder davonzulaufen, die Wut runterzuschlucken. Die Narbe bleibt, das Gefühl kommt wieder. Genau davon handelt Pale Damp Cheeks, die neue Single von Etaoin. Sanft, einfühlsam und doch zutiefst getroffen präsentiert sich die irische Sängerin, sodass man sie am liebsten in die Arme schließen und trösten möchte. Aber das hilft ja auch nicht...

 
Eydís Evensen
(ms) Oh Island, du verwunschene Insel. Du Land der Träume und der TräumerInnen! Was strahlst du nur eine nicht-greifbare Faszination aus! Nachdem ich vor zwei Jahren dort gewesen bin, wusste ich sofort, dass ich nochmal hin muss. Oder zwei, drei Male. Niemals hätte ich gedacht, dass der reine Anblick der Natur derart überwältigend sein kann. Dass einen das emotional so ergreift, nicht loslässt. Immer mehr verstehe ich die enorme kreative Energie, die von der Insel kommt, literarisch und musikalisch. Das neueste, wunderbare Beispiel: Eydís Evensen. Die junge Pianistin spielt rein instrumental. Brotin heißt das erste Stück ihres Debuts Bylur, das am 16. April erscheint. Brotin - gebrochen. Ein Lied, das die emotionale Brüchigkeit der Musikerin darstellen will. Zusammen mit dem mystisch-tänzerischen Video kommt das Gefühl packend rüber. Obwohl es eine warme Grundstimmung hat, bricht die gefühlte Struktur immer wieder auf. Durch die dunklen Töne, das Langsamerwerden und die melancholische rechte Hand, die einem Falten auf die Stirn runzeln kann. Auch dazu ist instrumentale Musik im Stande zu! Faszinierend, anziehend, beeindruckend. Das wird ein extrem hörenswerter, stimmungsreicher Erstling der Isländerin.
Mit ihrem Album ist sie Teil des von Sony neu gegründeten Instrumental-Labels XXIM. Damit könnten Neo-Klassik, Post-Rock und Ambient ihren Siegeszug weiter fortsetzen! Spannende Entwicklung!


Fatoni & Edgar Wasser
(ms) Was ist wichtig im deutschen Rap? Genau: Den anderen ihre Grenzen aufzeigen! Wer könnte die einzige Instanz sein, um genau das zu tun? Richtig: Fatoni und Edgar Wasser. Wie gelingt es ihnen? Meisterlich! Nicht nur Der Beste ist eine Manifestation des eigenen Standpunkts: Geil auf dem Olymp, aber auch bisschen langweilig. Der Track ist bereits die zweite Auskopplung ihres gemeinsamen Albums Delirium, das am 7. Mai erscheinen wird. Nichts anderes als eine wegweisende Platte darf also zu erwarten sein. Punkt.

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