Freitag, 1. November 2019

KW 44, 2019: Die luserlounge selektiert!

Quelle: ontvtonight.com
(ms/sb) Stichwort neue Musik. Oft ist die Auswahl, die wir hier jeden Freitag präsentieren dem Zufall zu verdanken. Wir schnappen was auf oder klicken die richtige Mail an und werden überrascht, überwältigt und müssen es euch mitteilen. Oder die Gruppen, die wir eh seit neustem oder vielen Jahren verfolgen, versorgen die Welt mit neuen Tönen und Terminen.
Doch vieles bekommen wir ja auch nicht mit, ist klar. Oder klicken wir auch gar nicht an. Das ist auch Zufall. Bis zu einem gewissen Punkt. Dass wir über Peter Maffay, Silbermond, Matthias Reim oder die Kelly Family nicht berichten, ist klar, obwohl es uns angeboten wird. Hinzu kommt eine weitere Kategorie: Junge Bands, die mit Die ... anfangen. Das ist definitiv ein Wink zu pseudointellektuellem Megaschrott. Beispiele: Die Kerzen, Die Quittung oder Die Cigaretten. Sie nehmen das Geniale des 90er-Jahre deutschsprachigen Gitarrenrock à la Die Sterne oder Tocotronic und machen einen furchtbaren Hipsterschrott daraus; schrammelnde Gitarren oder 80er Synthiesound. Weiteres Erkennungszeichen: Schlimme Videos; auch bei diesen Gruppen zu finden.
So. Eine kleine Provokation. Muss ja auch mal sein.
Nun servieren wir die Auswahl der Woche. Hier ist die Luserlounge. Wir haben selektiert!

Turbostaat
(ms) Eine irre Herausforderung. Bestechend viel Energie. Geballte Fäuste. Gitarren, Bass, Schlagzeug, Gesang. Wirklich viel Köpfchen dabei. Ungefähr so kann man die Texte von Turbostaat beschreiben. Was dauert es oft, diese in Gänze zu verstehen? Ja, es geht auch kryptisch zu, aber zu einem Großteil so sehr um die Ecke gedacht, dass die tatsächliche Genialität der Lieder erst spät klar wird. Der Sound ist ja eh immer ungeheuer mitreißend. So auch auf Rattenlinie Nord! Große Vorfreude, dass es neues Material und ein neues Album gibt. Uthlande erscheint über PIAS am 17. Januar und wird nicht nur uns wegblasen, davon gehen wir aus. Über den Inhalt des Songs könnt ihr auch woanders nachlesen, wir möchten nur äußern, dass hier eine der allerbesten deutschsprachigen Bands - ja, genreübergreifend - ein neues Werk ankündigt! Insbesondere das dieses Jahr erschienene Live-Album Nachtbrot ist so irre gut, dass Uthlande nur überwältigend werden kann. Erwartungen: Groß! Wahrscheinlichkeit, dass sie übertroffen werden: Noch größer!
Natürlich halten wir Euch mit einer Review und allem drum und dran auf dem Laufenden. Auf die Tour sei auch hingewiesen, denn: Berlin Nr. 1 ist schon ausverkauft!

13.02.20 - Jena, Kassablanca
14.02.20 - Köln, Kantine
15.02.20 - Mainz, Kuz
19.02.20 - Hamburg, Markthalle
20.02.20 - Berlin, Festsaal Kreuzberg (Zusatzkonzert)
21.02.20 - Berlin, Festsaal Kreuzberg (ausverkauft)
22.02.20 - Dresden, Tante Ju
03.04.20 - Bremen, Schlachthof
04.04.20 - Düsseldorf, Zakk
05.04.20 - Aschaffenburg, Colosaal
07.04.20 - Marburg - Kfz
08.04.20 - Wien, Werk
10.04.20 - Leipzig, Conne Island
11.04.20 - Rostock, M.A.U. Club
30.10.20 - Hannover, Capitol
31.10.20 - Münster, Sputnikhalle



Agnes Obel
(ms) Pssst. Nehmt euch mal eben mindestens fünfeinhalb Minuten Zeit. Handy lautlos, Fenster und Türen zu, vielleicht Kopfhörer aufsetzen, Licht ausmachen um einen möglichst hohen Grad an Isolation zu erschaffen. Den, viel Ruhe und Aufgeschlossenheit braucht es, um die neue Single von Agnes Obel zu genießen. Island Of Doom ist so zart, beinahe zerbrechlich, dass der Track beinahe mit Samthandschuhen angefasst werden sollte, sonst zerschellt er in der Hektik des Alltags. Ganz zurückhaltende Klaviertöne, Chor im Hintergrund und ein wenig Experimentierfreude mit der eigenen Stimme lassen einen beeindruckenden Song entstehen. Worum es geht? Die schmerzliche Erkenntnis, dass man mit jemandem, der einem lieb ist aber verstorben ist, nicht mehr reden kann. Was hätte man alles wissen wollen?! Was wären noch für bleibende Momente da gewesen?!
Das dazugehörige Album Myopia - zu Deutsch Kurzsichtigkeit - erscheint am 21. Februar bei Deutsche Grammophon. Man ahnt, auf welchem Niveau hier Musik gemacht wird. Bitte vormerken!

29.02. Köln, Carlswerk Victoria
01.03. Mannheim, Capitol
02.03. Hamburg, Laeiszhalle
04.03. Wien, Arena
05.03. Zürich, Samsung Hall
16.03. Berlin, Admiralspalast
17.04. München, St Matthäus Kirche



Kele
(sb) Was bisher geschah: Kele Okereke ist in erster Linie bekannt als Kopf von Bloc Party und hat mit seiner Band einige großartige Alben aufgenommen. Als Solokünstler konnte er mich bislang selten überzeugen, mit 2042 (VÖ: 08.11.) unternimmt der Sänger einen neuen Anlauf - und hurra, mir taugts! Die politische Komponente kommt nicht zu kurz, die Tatsache, dass Rassismus im Jahr 2019 präsent wie eh und je ist und selbst (oder gerade?) erfolgreiche dunkelhäutige Menschen diesem ausgesetzt sind, verfolgt Kele auf seinem Album konsequent. Musikalisch beeindruckt vor allem die extreme Bandbreite, die von gefühlvollen Balladen über elektronische Klänge bis hin zu treibenden, Bloc Party-ähnlichen Rhythmen reicht. Erstaunlicherweise hat Kele mit Jungle Bunny, Between My And My Maker und Guava Rubicon bisher ausgerechnet die drei Tracks ausgekoppelt, die mir auf 2042 am wenigstens zusagen - und selbst die fangen einen irgendwann ein. Sehr starkes Album!



Cold War Kids
(sb) Gefühlt schwirren die Cold War Kids ja schon eine Ewigkeit durch meinen Musikkosmos, immer wieder poppt der Name irgendwo auf - und doch habe ich mich bisher noch nie so richtig mit der Band aus Kalifornien auseinandergesetzt. Entsprechend überrascht bin ich jetzt tatsächlich, was meine Ohren zu Hören bekommen. Ich hatte da was anderes erwartet, etwas deutlich Härteres. Hm, viel Pop, wenig Rock, ganz wenig Indie... Da muss ich mich jetzt erstmal dran gewöhnen, der erste Eindruck nach ein paar Mal Durchhören ist jedoch eher durchwachsen, zu austauschbar erscheint mir das Ganze mit ganz wenigen Ausnahmen. Mitunter erinnert es fast ein wenig an Friska Viljor, wobei das ja bekanntlich nicht die schlechteste Referenz ist. Hört Euch New Age Norms, Vol. 1 (VÖ: heute!) einfach mal und entscheidet selber! Die Scheibe stellt übrigens den Auftakt einer geplanten Album-Trilogie dar, man darf also gespannt sein, wie es weitergeht - Hipstermodus oder Indie?


Nosoyo
(sb) Tanzbarer Elektropop mit Attitüde: Willkommen in der Welt von Nosoyo! Mit Glitter schmettern die beiden Wahl-Berliner eine Hymne ans Selbstwertgefühl in die Welt, die Hüften und Beine zum Wackeln bringt. Die Message ist klar: Glaub an Dich, lass Dich nicht von Deinem Weg und Deinen Träumen abbringen. Auch der Rest der famosen Glitter To My Sisters EP (VÖ: 06.12.) fällt qualitativ keinen Deut ab und macht das niederländisch-deutsche Duo zu einem heißen Tipp für die Vorweihnachtszeit. Wer sich das anhören möchte, der hat vorab bereits live die Möglichkeit dazu:

03.11. Leipzig, Täubchenthal
04.11. Berlin, Privatclub
06.11. Zürich, Exil
07.11. München, Muffatcafé
08.11. Wien, Werk
10.11. Köln, Studio 672


Hannes Wittmer & Clara Jochum
(ms) Über Preise berichten wir so gut wir gar nicht. Ab und an mal über den Preis für Popkultur. Diesbezüglich ist die Folge Fest & Flauschig mit Deichkind hörenswert, wo es ein ganz kleines bisschen über Muster bei der Vergabe geht.
Doch hier geht es jetzt um einen anderen. Um einen, den die Ausgezeichneten auch nicht auf sich zukommen sahen: Hannes Wittmer und Clara Jochum. Wittmer ist/war bekannt als Spaceman Spiff und macht nicht nur Musik, sondern sich auch Gedanken über die Wertschöpfungskette Musikbusiness und entzieht sich dieser auf beeindruckende und irre sympathische Art. Für das Stück Das Hirn Ist Ein Taubenschlag am Hamburger monsun.theater haben sie die Musik geschrieben und in den Aufführungen auch gespielt. Äußerst dilettantisch muss ich zugeben überhaupt nicht zu wissen, worum es in dem Stück geht. Egal. Ich möchte hier nur verkünden, dass diese wunderbaren Musiker den Theaterpreis Hamburg für Herausragende Komposition und Musik gewonnen haben. Und es sei ihnen von Herzen gegönnt. Ein Preis für Hochkultur, der den beiden zeigt, auf welchem Niveau sie eigentlich agieren.
Wahrscheinlich spricht Hannes davon auch auf seiner anstehenden Solo-Tour, die wie immer auf Pay-What-You-Want-Basis läuft. Wir sehen uns!

09.11. Osnabrück - Kleine Freiheit
10.11. Haldern - Pop Bar
11.11. Langenberg - KGB
12.11. Hannover - Lux
13.11. Hamburg - Nachtasyl
14.11. Dortmund - Kino im U
15.11. Berlin - Monarch
17.11. Leipzig - Werk 2
20.11. Köln - Artheater
22.11. Mannheim - Forum
23.11. Frankfurt - Brotfabrik



Grim104
(ms) Wie billig ist es eigentlich eine schaurig-gruselige EP am 31. Oktober zu veröffentlichen?! Sehr! Und das hat die Hälfte von ZM mit der Engelsstimme, grim104 überhaupt nicht nötig. Seit gestern könnt ihr die EP Das Grauen, Das Grauen beim Streamingdienstleister eures Vertrauens hören und als Picture-Vinyl erwerben. Satte 10 Titel bietet die Platte, sehr untypisch für eine EP. Einschränkung: Es gibt 3 Skits, Kurzlieder, je nach dem wie man es nennen will, sodass die Netto-Track-Anzahl für eine EP immer noch stark ist. Und worum geht es?! Die Songs machen dem Titel alle Ehre, es geht zum Teil wirklich übel zu. Nicht nur großer Hass auf Berlin und das moderne Leben (Das Grauen) kommen zur Geltung. Sondern vor allem Abel'19 ist hart. Es geht tatsächlich darum, wie der Protagonist in eine Schlägerei gerät, durch physische Gewalt bewegungslos auf dem Boden liegt und schließlich...
Gewohnt aggressiv, vulgär und extrem pointiert. Diese EP ist ein Knaller! Der Release zu Halloween (oder wie wir hier im Norden sagen: Reformationstag) ist nichts als ein PR-Gag, die Songs hart, direkt, teils angsteinflößend. Selten solch eine Art von Musik gehört!

27.11.2019 -  Berlin, Berghain Kantine (ausverkauft)
09.01.2020 - Hamburg, Uebel & Gefährlich
10.01.2020 - Leipzig, Naumanns
11.01.2020 - Wien, Flex Café
12.01.2020 - Nürnberg, Desi


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