Freitag, 11. Oktober 2019

KW 41, 2019: Die luserlounge selektiert!

Bild: https://esstisch.azoreangateway.com/41.html
(sb) Nach dem rechtsextremen und antisemitischen Anschlag von Halle am Mittwoch fällt es natürlich schwer, zum musikalischen Alltag zurückzukehren. Da wird ein deutliches "Halt die Fresse" in einem Fußballstadion schnell zum emotionalen Höhepunkt und Mantra im Umgang mit dem rechten Spektrum. Diskutieren hilft da einfach nicht mehr. Man hat es versucht, man hat den Dialog gesucht, man hat Argumente vorgebracht, der Verweis auf die Geschichte ist geradezu höhnisch wie der vielzitierte Vogelschiss von rechtsgerichteten und rechtsextremen Politikern und ihrem Gefolge abgeperlt. Es kotzt mich so dermaßen an, was diese widerliche, ekelhAfDe Partei da in unschöner Regelmäßigkeit an Unverschämtheiten, Hetze und menschenverachtenden Parolen raushaut und sich dann sofort und ganz selbstverständlich in ihre Opferrolle zurückzieht, sobald Gegenwind droht. So kanns nicht weitergehen. Kein Millimeter nach rechts - weder in der Denke, noch in der Diskussion, noch bei Kompromissen! Georg Restle hat es (mal wieder) sehr treffend auf den Punkt gebracht: "Wenn aus Ideologien Taten werden, aus Extremisten Terroristen und aus geistigen Brandstiftern erbärmliche Heuchler, dann ist das kein "Alarmzeichen", sondern die vorhersehbar furchtbare Folge einer viel zu lange verharmlosten politischen Grenzverschiebung in diesem Land."

Von mir aus könnt Ihr an dieser Stelle aufhören zu lesen, denn was Wichtigeres kommt nicht mehr. Sollte Euch dennoch nach neuer Musik zumute sein, dann haben wir natürlich trotzdem ein paar Perlen für Euch, denn: Wir sind die Luserlounge, es ist Freitag und es wird selektiert. Und ab.

Kummer
(sb) Mit seiner Band hat Felix Brummer drei Nummer 1-Alben in Deutschland fabriziert, nun beschreitet der Kraftklub-Sänger als Kummer Solopfade und veröffentlicht sein Album KIOX. Der Name ist da übrigens Programm, denn die Scheibe gibt es offline ausschließlich von heute bis Sonntag im eigens eröffneten und gleichnamigen Plattenladen-Kiosk in Chemnitz. Seiner Heimatstadt hat Brummer auch auf diesem Album wieder einen Track gewidmet und es ist seine bisher beste Hommage an Karl-Marx-Stadt. Überhaupt bin ich - ehrlich gesagt - sehr überrascht, wie gut mir KIOX gefällt, denn besonders der letzte Kraftklub-Longplayer "Keine Nacht für Niemand" kam schon arg platt daher und hat mich extrem abgeschreckt. Kummer hingegen ist textlich deutlich vielschichtiger, scheint wieder etwas geerdeter zu sein und lebt seinen Kraftklub-Sarkasmus im Soloprojekt nicht wie befürchtet ebenfalls aus. Zudem ist KIOX sehr viel rap-lastiger als die eher rock-orientierten Kraftklub-Alben, was zusammen mit den Lyrics eine sehr angenehme und authentische Symbiose eingeht. Natürlich kommt Brummer seine Popularität bezüglich des Release-Brimboriums sehr entgegen, das Album hätte es aber auch so verdient, gehört zu werden.


Dis M
(sb) Das Chiemgau ist eine wunderschöne Gegend in Oberbayern, die nicht nur landschaftlich zu bezaubern weiß, sondern uns auch schon etliche tolle Bands beschert hat, die ihren Platz in der luserlounge gefunden haben: neben LaBrassBanda, der Mundwerk-Crew, Monobo Son und dem Keller Steff fühlen wir uns vor allem Django 3000 verbunden und da schließt sich nun der Kreis zu Dis M. Auf dem neugegründeten Label der Djangos (Crow Records) veröffentlichten nämlich die beiden Cousins Tobi und Elias Ende September ihre EP namens Dachsbau. Dass die bairische Sprache eine per se überaus lyrische ist, ist ja nichts Neues, und auch Dis M setzen das in den acht Tracks beeindruckend um. Auf einen bestimmten Stil beschränken lassen sich die beiden dabei nicht - und das ist auch gut so. Der Spaß an der Musik ist den Künstlern anzumerken, textlich ist das Spektrum überaus vielfältig und man sollte beim Hören der Songs immer ein Augenzwinkern der Musiker im Hinterkopf behalten. Wer Lust auf ein Infusion Lebensfreude hat, der ist bei Dis M jedenfalls bestens aufgehoben, Bairisch-Grundkenntnisse sind jedoch von Vorteil. Aber daran scheitert es ja zumindest bei mir nicht...


Saint Asonia
(sb) Das Attribut "Supergroup" kann man getrost für Saint Asonia nutzen, tummeln sich in der Band doch (ehemalige) Mitglieder von Three Days Grace, Finger Eleven und Staind. Man weiß also, auf was man sich ungefähr einstellen sollte, wenn man Flawed Design (VÖ: 25.10.) in den CD-Player schiebt. Mir klingt das Ergebnis erwartungsgemäß zu glatt, zu perfekt produziert, auch wenn es vom technischen Standpunkt her natürlich nichts auszusetzen gibt. Saint Asonia reihen sich irgendwo zwischen P.O.D., Creed und Linkin Park ein - wer darauf steht, für den ist es riesig. Besonders der nordamerikanische Markt wird es mögen (und kaufen), meins ist es nicht. Leider.


Green Day
(sb) Dookie katapultierte Green Day im Jahr 1994 nicht nur in die Charts, sondern machte Billie Joe Armstrong und seine Kollegen zu den Gesichtern einer ganzen Generation. Zusammen mit The Offspring stellte die Band die Speerspitze einer neuen Punkbewegung dar und war auch in den Medien omnipräsent. Trotz einiger interner Krisen blieb den Kaliforniern der Erfolg treu, Songs wie American Idiot, When September Ends oder Boulevard Of Broken Dreams sei Dank. Auch wenn das musikalische Niveau nach 2005 meines Erachtens doch deutlich sank, war ich gerade zu schockiert, wie uninspiriert und lustlos ihr Live-Auftritt bei Rock am See in Konstanz im Jahr 2012 war. Green Day schienen ihrerselbst überdrüssig zu sein und doch machten sie weiter. Der Lohn: auch im Jahr 2019 sind sie noch am Start, veröffentlichen gerade ihre neue Single Fire, Ready, Aim und lassen im Februar 2020 das Album Father Of All Motherfuckers folgen. Der Vorbote klingt entfernt nach The Hives, aber das ist ja nicht die schlechteste Referenz.


Louka
(sb) Wir bereiten die Karriere von Louka ja schon seit einer geraumen Zeit und sind erstaunt: seit der Flimmern EP und ihrem Debüt-Album Lametta hat sich scheinbar sehr viel getan im Leben und Schaffen der Künstlerin, denn der Sound ist kaum wieder zu erkennen und die Themen sind deutlich vielseitiger geworden. Noch hatten wir zwar noch nicht die Gelegenheit, die komplette EP Feine Gesellschaft (VÖ: 25.10.) durchzuhören, die ersten beiden Vorboten Disko Disko und Dir und den andern lassen jedoch arg darauf schließen. Eine interessante Transformation, zumal Louka nun offensiv als Duo in Erscheinung tritt. Offiziell war das zwar schon immer so, nach außen wurde jedoch fast ausschließlich Lisa Marie Neumann als Gesicht präsentiert, während ihr Partner (sowohl privat als auch musikalisch) Johann Seifert im Hintergrund blieb. Sobald uns die EP vorliegt, werden wir natürlich ausführlich darüber berichten. Seid gespannt - wir sind es auch!


Red Scare Industries
(sb) 15 Jahre Red Scare Industries - wer was wo? Gut, ich erkläre es Euch: Es handelt sich dabei um ein Label aus Chicago, das vom ehemaligen Fat Wreck-Mitarbeiter Toby Reg gegründet wurde und heutzutage Heimat von u.a. The Copyrights, den Broadway Calls, Tightwire oder The Brokedowns ist. Zugegebenermaßen muss man die genannten Bands nicht zwingend kennen, im Punkrock-Genre sind sie aber keine Unbekannten. So, das Label feiert dieser Tage also sein 15-jähriges Bestehen und beschenkt sich (und die Menschheit) mit einem Sampler, zu dem 15 (na klar!) Bands bisher unveröffentlichte Tracks beisteuern. Laut Label sollen einige davon sogar ganz gut sein... Aber im Ernst: 15 Years of Tears and Beers ist außerordentlich stabil, zeichnet ein sehr treffendes Bild vom musikalischen Geschehen bei Red Scare Industries und gibt ordentlich Gas.


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